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Schellings Denken der Freiheit - KOBRA - Universität Kassel

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216<br />

Myriam Bienenstock<br />

Aufmerksamkeit seiner Leser gerade auch auf den Text gelenkt, <strong>der</strong> für ihn<br />

in diesem Kontext das grundlegende Dokument sein sollte, von dem aus die<br />

Frage nach <strong>der</strong> Schöpfung gestellt werden sollte: das Alte Testament, insbeson<strong>der</strong>e<br />

dessen allererste Sätze.<br />

„Gott sprach. Das ist das zweite. Es ist nicht <strong>der</strong> Anfang. Es ist schon die<br />

Erfüllung, die laute, des schweigenden Anfangs. Es ist schon das erste<br />

Wun<strong>der</strong>. Der Anfang ist: Gott schuf.“ 7<br />

„Erschaffen“ ist nicht „sprechen“, trotz alledem, was die vielen Theologen<br />

und Philosophen behaupten, welche die Schöpfung vom Anfang des Johannes-Evangeliums<br />

her verstehen wollen – und nicht, was Rosenzweig doch<br />

viel legitimer erscheint, auf <strong>der</strong> Grundlage <strong>der</strong> Genesis. Es ist gerade Schelling,<br />

dem Rosenzweig hierin folgt – dem Schelling, <strong>der</strong> sich in seinen Weltaltern<br />

die Aufgabe gestellt hatte, die Unterscheidung von Vergangenheit,<br />

Gegenwart und Zukunft auf <strong>der</strong> Grundlage seiner Konzeption <strong>der</strong> Schöpfung<br />

zu verstehen. Aber welchen „Begriff“ <strong>der</strong> Schöpfung schlägt er vor, und wie<br />

stellt er sich damit die ganz begriffliche Aufgabe <strong>der</strong> Philosophie? Ein kurzer<br />

Ausblick am Ende hebt die Bedeutung von Rosenzweig als Interpret von<br />

Schelling und Hegel hervor.<br />

I<br />

Bekanntlich standen sich Schelling und Hegel am Anfang ihrer Laufbahn so<br />

nahe, dass noch heute darüber gestritten wird, ob es denn nun <strong>der</strong> eine o<strong>der</strong><br />

<strong>der</strong> an<strong>der</strong>e <strong>der</strong> Freunde war, <strong>der</strong> solche Texte wie das „Älteste Systemprogramm<br />

des deutschen Idealismus“ geschrieben hätte. Welche Antwort auf die<br />

Autorenfrage auch gegeben werden mag, nicht die Antwort ist entscheidend,<br />

son<strong>der</strong>n die Tatsache, dass die Frage immer noch gestellt werden kann: sowohl<br />

Schelling, als auch Hegel, haben die Thesen des „Systemprogramms“<br />

verteidigt. Es ist deutlich, dass die Erwähnung einer creatio ex nihilo in<br />

jenem brillanten Text nicht als Beleg für die Anerkennung einer Schöpfungsidee<br />

verstanden werden darf. Bei dieser Erwähnung dürfte es sich vielmehr<br />

um eine provokative Antwort auf die Herausfor<strong>der</strong>ung handeln, die Jacobis<br />

Briefe über die Lehre des Spinoza darstellten. In diesen Briefen hatte Jacobi<br />

7 F. Rosenzweig, Der Stern <strong>der</strong> Erlösung, op.cit., S. 124.

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