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Schellings Denken der Freiheit - KOBRA - Universität Kassel

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Die Kontroverse mit Hegel 207<br />

umfassen<strong>der</strong> als die biologische Deszendenztheorie, die erst viel später, in<br />

unseren Tagen versucht hat auch die Entstehung des Lebens durch die Selbstorganisation<br />

<strong>der</strong> Materie (Eigen) zu erklären. Denn Schelling beginnt seine<br />

Evolutionstheorie mit den kosmogonischen Vorstellungen über die Entstehung<br />

des Universums. Er umgeht, die Schwierigkeit einer unvollständigen<br />

Erklärung die sowohl die anorganische als auch die organische Natur umfaßt,<br />

dadurch, daß bei ihm, ähnlich wie schon bei Giordano Bruno, die „Natur in<br />

ihren ursprünglichsten Produkten“ als „organisch“ erklärt wird. 10 An die<br />

Stelle eines mechanistischen Atomismus mit einem mechanistischen Erklärungsprinzip<br />

setzt Schelling einen „dynamischen Atomismus“, <strong>der</strong> in ähnlicher<br />

Weise wie die Monadenlehre von Leibniz die organische und anorganische<br />

Natur miteinan<strong>der</strong> verbindet. Damit gelingt es ihm, jenes zu seiner Zeit übliche<br />

kausalmechanistische Erklärungssystem zu durchbrechen, das in Laplaces<br />

„Exposition du système du monde“ seinen Höhepunkt erreicht hat.<br />

Der Grundgedanke des „dynamischen Atomismus“ ergibt sich für Schelling<br />

aus <strong>der</strong> Wi<strong>der</strong>legung des mechanistischen Atomismus. Er erkennt, daß<br />

die Endlichkeit <strong>der</strong> „mechanischen Teilbarkeit“, die von den „Korpuskularphilosophen“<br />

behauptet wird, eine unbegründete und falsche Annahme ist:<br />

„Denn in jedem materiellen Raum muß wie in dem mathematischen kein Teil<br />

<strong>der</strong> absolut-kleinste sein.“ Was im Raum ist, ist immer „mechanisch o<strong>der</strong><br />

chemisch zerstörbar“ (III, 21ff.). Die letzten konstitutiven Einheiten <strong>der</strong> Materie<br />

sind daher selbst keine räumlichen Materieteilchen, son<strong>der</strong>n „einfache Faktoren“,<br />

d. h. ursprüngliche Aktionen o<strong>der</strong> Aktivitäten, die als solche jedoch<br />

nicht existieren, son<strong>der</strong>n bloß als „ideelle Erklärungsgründe“ gedacht werden<br />

müssen. Auf <strong>der</strong> Grundlage dieses ,,dynamischen Atomismus“ kommt Schelling<br />

notwendig zu <strong>der</strong> Auffassung <strong>der</strong> Natur als reiner Produktivität (natura<br />

naturans), die den Ausgangspunkt für eine alles umfassende Evolutionstheorie<br />

darstellt: Ausgehend von einer Explosion, durch die sich das Universum<br />

selbst hervorgebracht hat, ergibt sich eine „beständige organische Metamorphose<br />

des Universums“, die zu „immer engeren Verwandtschaftssphären“<br />

führt. Dieser allgemeine Evolutionsprozeß umfaßt nicht nur die Entwicklung<br />

unseres Planetensystems, das im Sinne <strong>der</strong> Kant-Laplaceschen Theorie als<br />

„Abkömmling“ <strong>der</strong> Sonne gilt, welche selbst wie<strong>der</strong>um als Abkömmling<br />

eines „Centralkörpers“ verstanden wird. Vielmehr setzt sich diese dynamische<br />

Organisation des Universums in Gravitationssystemen ohne Unterbrechung<br />

in <strong>der</strong> Geschichte <strong>der</strong> Erde und ihren chemischen und geologischen<br />

Entwicklungsprozessen fort und reicht bis zur Entwicklung <strong>der</strong> lebendigen<br />

10 Vgl. E. Oeser, <strong>Schellings</strong> spekulative Rekonstruktion <strong>der</strong> Keplerschen Planetengesetze,<br />

in: Philosophia Naturalis 14 ,1973, S. 136-166.

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