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Schellings Denken der Freiheit - KOBRA - Universität Kassel

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Die Kontroverse mit Hegel 205<br />

<strong>Schellings</strong> universale Evolutionstheorie<br />

Anlaß war <strong>der</strong> berühmte Akademiestreit zwischen den Parteigängern Cuviers<br />

und denen von Geoffroy Saint-Hilaire, die eine Reihe empirischer Untersuchungen<br />

liefern konnten, auf Grund <strong>der</strong>er Geoffroy Saint-Hilaire eine<br />

Demonstration eines Bindeglieds zwischen zwei nach Cuvier vollkommen<br />

voneinan<strong>der</strong> getrennten Bauplänen und damit auch sein Prinzip von <strong>der</strong> Einheit<br />

<strong>der</strong> organischen Komposition verwirklicht sah. Cuvier dagegen lehnte<br />

die Realität einer solchen Analogie schroff ab und brachte sie sogar mit den<br />

Spekulationen <strong>der</strong> Naturphilosophie des deutschen Idealismus in Zusammenhang:<br />

,,Ich weiß wohl, daß für gewisse Geister hinter dieser Theorie <strong>der</strong><br />

Analogien, wenigstens verworrenerweise, eine an<strong>der</strong>e sehr alte Theorie sich<br />

verbergen mag, die, schon längst wi<strong>der</strong>legt, von einigen Deutschen wie<strong>der</strong><br />

hervorgesucht worden, um das pantheistische System zu begünstigen, welches<br />

sie Naturphilosophie nennen.“ 9<br />

Schelling hat sich tatsächlich in <strong>der</strong> letzten Darstellung seiner evolutionistischen<br />

Naturphilosophie ausdrücklich auf Geoffroy Saint-Hilaire berufen<br />

und dessen Lehre von einem Urtypus, auf welchen sich alle an<strong>der</strong>en Typen<br />

o<strong>der</strong> Baupläne <strong>der</strong> Tiere zurückführen lassen, vollständig übernommen. Wie<br />

bereits Goethe festgestellt hat lehnt Cuvier, dem es um Differenzierungen und<br />

Unterscheidungen geht, aus methodischen Gründen alle evolutionistischen<br />

Anschauungen ab, welche diese klar herausgearbeiteten Unterschiede zu beseitigen<br />

drohen.<br />

Das an<strong>der</strong>e Interesse, das „Interesse <strong>der</strong> Einheit“, wird sowohl von Geoffroy<br />

Saint-Hilaire als auch in <strong>der</strong> Naturphilosophie Hegels und <strong>Schellings</strong><br />

vertreten. Es ist im Grunde ein spekulativ-aprioristisches Interesse, das den<br />

Evolutionsgedanken und die damit verwandten Begriffe <strong>der</strong> „Kontinuität“<br />

und <strong>der</strong> „Stufenleiter“, lange bevor diese in <strong>der</strong> Biologie Eingang gefunden<br />

hatten, in mythischen und rein philosophisch-theologischen Lehren vorgebildet<br />

hat. Die Kosmogonie <strong>der</strong> Antike, <strong>der</strong> Gedanke von dem sich selbst<br />

entwickelnden Weltorganismus in <strong>der</strong> Renaissance, das Kontinuitätsprinzip<br />

von Leibniz, die Vorstellung von <strong>der</strong> Stufenleiter in <strong>der</strong> Aufklärungszeit, alle<br />

diese Konzeptionen sind Ausprägungen dieses Interesses <strong>der</strong> „Vernunfteinheit“,<br />

das zum beschreibenden, klassifikatorischen o<strong>der</strong> spezifischen Verfahren<br />

<strong>der</strong> empirischen Naturwissenschaft einen ausdrücklichen Gegensatz bildet.<br />

Aus diesem Grunde wurde auch die Übertragung des Evolutionsgedankens<br />

auf die Biologie aus methodischen Gründen prinzipiell abgelehnt und von<br />

9 Zit. nach Goethes Rezension <strong>der</strong> Principes de philosphie zoologique, Werke, hg. v. K.<br />

Goedcke, Stuttgart o. J., Bd. 33, 231.

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