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Schellings Denken der Freiheit - KOBRA - Universität Kassel

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Christian Danz<br />

Begriffen, den Vorstellungs- und Darstellungsarten, die jener Zeit eigenthümlich<br />

sind.“ 62<br />

Die von Schelling in dem Fragment Entwurf <strong>der</strong> Vorrede angedeutete<br />

Konzeption <strong>der</strong> historischen Interpretation führt ersichtlich das bereits in <strong>der</strong><br />

Magisterdissertation skizzierte Programm einer Verbindung von historischkritischer<br />

Exegese und Geschichtsphilosophie weiter. Allerdings wird mit <strong>der</strong><br />

Neufassung des hermeneutischen Teilschritts <strong>der</strong> historischen Interpretation<br />

im engeren Sinne von ihm die For<strong>der</strong>ung erhoben, die Vorstellungsarten <strong>der</strong><br />

alten Welt aus ihrem eigenen historischen Kontext heraus zu verstehen. Interpretation,<br />

so <strong>Schellings</strong> neue Bestimmung, sei „Entwicklung <strong>der</strong>jenigen Vorstellungen<br />

[...], welche ein an<strong>der</strong>er durch gewisse Zeichen, sie seyen nun<br />

mündliche o<strong>der</strong> schriftliche, in an<strong>der</strong>n hervorbringen wollte, so muß doch<br />

auch Interpretation <strong>der</strong> heil. Schriften nicht nur auf den grammatischen Sinn<br />

ihrer Worte, son<strong>der</strong>n vorzüglich auf diejenige Untersuchung gehen, welchen<br />

Gehalt die Vorstellungen <strong>der</strong>selben in <strong>der</strong> Seele ihrer Vorfahren gehabt haben.“<br />

63 Mit diesem geschichtsmethodologisch vertieften Verständnis <strong>der</strong><br />

historischen Interpretation ist die in <strong>der</strong> Magisterdissertation sowie in dem<br />

Mythosaufsatz sich andeutende Überwindung <strong>der</strong> allegorischen Deutung <strong>der</strong><br />

Bibel von Schelling endgültig aufgegeben worden. Die Theologie, wenn sie<br />

nicht zur Hülle <strong>der</strong> Philosophie werden soll, muss als eine historische Wissenschaft<br />

ausgearbeitet werden.<br />

Dieses Programm einer historischen Theologie, wie es Schelling sich<br />

während seines Studiums erarbeitet hatte, tritt nach 1795 nur scheinbar in<br />

den Hintergrund. Zwar schreibt Schelling in seinem Brief an Hegel vom<br />

Januar 1795, dass ihm seine theologischen Arbeiten zur „Nebensache geworden“<br />

sind. „Das einige, was mich bisher intereßirte waren historische Untersuchungen<br />

über das A. u. N.T. u. den Geist <strong>der</strong> ersten christ[liche]n Jahrhun<strong>der</strong>te<br />

– hier ist noch am meisten zu thun – seit einiger Zeit aber ist auch<br />

diß abgebrochen. [...] Ich lebe u. webe gegenwärtig in <strong>der</strong> Philosophie.“ 64 Man<br />

darf vermuten, dass es die mit dem von ihm zwischen 1793 und 1794 reformulierten<br />

Programm einer historischen Theologie verbundenen methodischen<br />

und begrifflichen Probleme waren, die dazu führten, dass er seine<br />

historischen Untersuchungen abgebrochen hat. In <strong>der</strong> zweiten Hälfte <strong>der</strong> 90er<br />

Jahre des 18. Jahrhun<strong>der</strong>ts und vor allem in den Vorlesungen über die Methode<br />

des akademischen Studiums hat Schelling dieses Programm auf <strong>der</strong><br />

Grundlage seiner inzwischen erarbeiteten Philosophie wie<strong>der</strong> aufgenommen<br />

62 F. W. J. Schelling, Entwurf <strong>der</strong> Vorrede, S. 45.<br />

63 F. W. J. Schelling, Entwurf <strong>der</strong> Vorrede, S. 44.<br />

64 Brief <strong>Schellings</strong> an Hegel vom 06. 01. 1795, AA III/1, 16.

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