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Schellings Denken der Freiheit - KOBRA - Universität Kassel

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162<br />

Heinz Paetzold<br />

Prinzip <strong>der</strong> Dinge (1802). 55 Nach Cassirer unterlag Schelling einer Selbsttäuschung.<br />

Statt wie Goethes Kunst- und Naturbetrachtung zu einer reinen<br />

„Symbolik“ des Wirklichen durchzustoßen, endete <strong>Schellings</strong> Philosophie<br />

„zuletzt in einem bloß subjektiven und zufälligen Spiel begrifflicher Allegorien“.<br />

Das Sicheingestehen dieses „Grundmangels“ könnte – so Cassirer –<br />

Schelling dazu bewogen haben, statt in <strong>der</strong> anfänglich ästhetischen Richtung<br />

des Philosophierens zu verharren, in <strong>der</strong> „Religionsphilosophie“ „einen neuen<br />

Mittelpunkt des Systems“ zu suchen. 56 Natürlich lässt sich gegen Cassirer<br />

fragen: Was heißt es, dass die Kunst Organon <strong>der</strong> Philosophie wird? Bedeutet<br />

das, dass das Philosophische sich nur in <strong>der</strong> Kunst ausdrücken kann? Man<br />

denke etwa an den Dichterphilosophen Jean-Paul Sartre. In diesem Essay<br />

suche ich die Antwort auf <strong>Schellings</strong> Vexierproblem in <strong>der</strong> Richtung <strong>der</strong><br />

Einbettung seiner Thesen in die romantische Bewegung.<br />

VII<br />

Nach <strong>der</strong> immanent philosophischen Analyse von <strong>Schellings</strong> Kunstauffassung<br />

und nach <strong>der</strong> Darlegung des kulturhistorischen Kontextes will ich im<br />

Schlussteil meines Beitrags fragen, ob sie Aktualitätspotentiale besitzt auch<br />

für den Beginn des 21. Jahrhun<strong>der</strong>ts.<br />

Das System des transzendentalen Idealismus erschütterte das neuzeitliche<br />

Ideal <strong>der</strong> mathesis universalis. Statt an <strong>der</strong> Mathematik, soll sich die Philosophie<br />

methodisch an <strong>der</strong> Kunst als ihrem neuen „Organon“ orientieren. Dies<br />

ist Romantik, insofern die Poesie zum Paradigma <strong>der</strong> Menschen für ihre<br />

Orientierung in <strong>der</strong> Welt avanciert. Das Programm <strong>der</strong> „Neuen Mythologie“,<br />

wie es im beginnenden 19. Jahrhun<strong>der</strong>t auftauchte, findet in Schelling einen<br />

beredten Fürsprecher. Gegen die abstrakte Synthesis in den despotischen mo<strong>der</strong>nen<br />

Staaten setzt Schelling die zwanglose Einigung im mo<strong>der</strong>nen demokratischen<br />

Rechtsstaat, <strong>der</strong> sich zur Konfö<strong>der</strong>ation von Staaten verlängern<br />

muss.<br />

55 Schelling, Sämtliche Werke, IV, 231: „Insofern nun <strong>der</strong> Hervorbringende das Göttliche<br />

nicht erkennt, als solcher erscheint er notwendig mehr wie ein Profaner als wie ein Eingeweihter.<br />

Obgleich er es aber nicht erkennt, übt er es doch von Natur aus, und offenbart,<br />

ohne es zu wissen, denen, die es verstehen, die verborgensten aller Geheimnisse ...<br />

[W]erden wir nicht jede Erkenntnis, welche die Ideen nur an den Dingen, nicht an sich<br />

selber zeigt, exoterisch, dagegen die, welche die Urbil<strong>der</strong> <strong>der</strong> Dinge an und für sich<br />

selbst, mit Recht eine esoterische nennen?“<br />

56 Cassirer, Erkenntnisproblem III, 273.

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