Schellings Denken der Freiheit - KOBRA - Universität Kassel
Schellings Denken der Freiheit - KOBRA - Universität Kassel
Schellings Denken der Freiheit - KOBRA - Universität Kassel
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Schelling: Die Gottheiten von Samothrake 147<br />
sich-Seienden‘ ist – ich sage: sich im Menschen selbst unmittelbar erfaßt<br />
und verwirklicht.“ (91)<br />
Das Verhältnis von Mensch, Urgrund, Geist und Drang wird zur Aufgabe,<br />
„den aus dem Urgrunde werdenden ‚Gott‘ als die steigende Durchdringung<br />
von Geist und Drang allererst mitzuerzeugen.“ (91) Bemerkenswert ist dabei,<br />
daß Scheler hier an dieser Stelle Gott in Anführungszeichen setzt.<br />
Wenn man die letzten beiden Seiten <strong>der</strong> Schrift Schelers zusammenfaßt,<br />
kann man folgendes sagen: <strong>der</strong> Mensch, das menschliche Selbst und das<br />
menschliche Herz sind <strong>der</strong> Ort <strong>der</strong> Gottwerdung, <strong>der</strong> uns zugänglich ist. Der<br />
Mensch ist je<strong>der</strong> Treffpunkt von Drang und Geist. Menschwerdung und Gottwerdung<br />
sind aufeinan<strong>der</strong> angewiesen. Das ist die Botschaft aller Mystiker<br />
und vieler Philosophen.<br />
2.) Der Mensch und <strong>der</strong> werdende Gott<br />
Nach allen diesen Ausführungen spricht Scheler von Gott als einem werdenden<br />
Gott. „Geist und Drang, die beiden Attribute des Seins, sie sind, abgesehen<br />
von ihrer erst werdenden gegenseitigen Durchdringung – als Ziel –,<br />
auch in sich nicht fertig: sie wachsen an sich selbst eben in diesen Manifestationen<br />
in <strong>der</strong> Geschichte des menschlichen Geistes und in <strong>der</strong> Evolution des<br />
Lebens <strong>der</strong> Welt.“ (92)<br />
Die Einsicht des Menschen in diese Zusammenhänge setzt eine gewisse<br />
höhere Entwicklung des Menschen voraus, die sich über den Standpunkt<br />
einer stützenden, objektivierenden Sicht Gottes erhoben hat. Mit den Worten<br />
Schelers:<br />
„Man wird mir sagen und man hat mir in <strong>der</strong> Tat gesagt, es sei dem<br />
Menschen nicht möglich, einen unfertigen Gott, einen werdenden Gott zu<br />
ertragen. Meine Antwort darauf ist, daß Metaphysik keine Versicherungsanstalt<br />
ist für schwache, stützungsbedürftige Menschen. Sie setzt bereits<br />
einen kräftigen, hochgemuten Sinn im Menschen voraus. Darum ist es<br />
auch wohlverständlich, daß <strong>der</strong> Mensch erst im Laufe seiner Entwicklung<br />
und seiner Selbsterkenntnis zu jenem Bewußtsein seines Mitkämpfertums,<br />
seines Miterwirkens <strong>der</strong> Gottheit kommt.“ (92)