Schellings Denken der Freiheit - KOBRA - Universität Kassel
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Schelling: Die Gottheiten von Samothrake 145<br />
Ein möglicher Hinweis auf Schelling könnte im Begriff des Grundes o<strong>der</strong><br />
des obersten Grundes zu finden sein.<br />
„Nennen wir das rein geistige Attribut im obersten Grunde alles endlichen<br />
Seins ‚deitas‘, so kommt ihr, kommt dem, was wir den ‚Geist‘ und<br />
die ‚Gottheit‘ in diesem Grunde nennen, keinerlei positive schöpferische<br />
Macht zu. Der Gedanke einer ‚Weltschöpfung aus Nichts‘ zerfällt vor<br />
dieser Folgerung“. (70)<br />
Mit Scheler kann man bei Schelling verstehen, inwiefern <strong>der</strong> Herr <strong>der</strong> Welt,<br />
<strong>der</strong> Demiurg, <strong>der</strong> kommende Gott, auf die Kabiren angewiesen ist, die ihm<br />
dienen. Scheler erklärt es so:<br />
„Wenn in dem ‚Sein durch sich selbst‘ diese Urspannung von Geist und<br />
Drang gelegen ist, dann muß das Verhältnis dieses Seins zur Welt ein an<strong>der</strong>es<br />
sein. Wir drücken dies aus, wenn wir sagen: Der Grund <strong>der</strong> Dinge<br />
mußte, wenn er seine deitas, die in ihr angelegte Ideen- und Wertfülle verwirklichen<br />
wollte, den weltschaffenden Drang enthemmen, um im zeithaften<br />
Ablauf des Weltprozesses sich selbst zu verwirklichen – er mußte<br />
den Weltprozeß sozusagen in Kauf nehmen, um in und durch den zeithaften<br />
Ablauf dieses Prozesses sein Wesen zu verwirklichen.“ (70)<br />
Schelers Anschluß an Spinoza verstärkt die theurgische Evolution im System<br />
<strong>der</strong> Kabiren zu einem Evolutionspantheismus, in dem Gott und Welt am<br />
Ende aller Zeit identisch werden.<br />
„Und nur in dem Maße wird das ‚Sein-durch-sich‘ zu einem Sein, das würdig<br />
wäre, göttliches Dasein zu heißen, als es im Drange <strong>der</strong> Geschichte<br />
<strong>der</strong> Welt im Menschen und durch den Menschen die ewige deitas verwirklicht.<br />
Und nur im selben Maße kann dieser – an sich zeitlose, aber sich für<br />
endliches Erleben zeithaft – darstellende – Prozeß seinem Ziele, <strong>der</strong> Selbstverwirklichung<br />
<strong>der</strong> Gottheit, näher rücken, als das, was wir die ‚Welt‘ nennen,<br />
<strong>der</strong> vollkommene Leib <strong>der</strong> ewigen Substanz geworden sein wird.“ (70 f.)<br />
<strong>Schellings</strong> Zauber <strong>der</strong> Kabiren ist die magische Kraft im Kosmos, die darin<br />
besteht, daß sie Idealität in Realität überführt, d. h. Ideen verwirklicht. Das<br />
ist <strong>der</strong> Vorgang, den Scheler Drang nennt. Hier zeigt sich eine auffällige<br />
Parallele zu Schelling: „Der Kräfte- und Wirkstrom, <strong>der</strong> allein Dasein und<br />
zufälliges Sosein zu setzen vermag, läuft in <strong>der</strong> Welt, die wir bewohnen,<br />
nicht von oben nach unten, son<strong>der</strong>n von unten nach oben!“ (65)