Schellings Denken der Freiheit - KOBRA - Universität Kassel
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Helmut Schnei<strong>der</strong><br />
als in einem Zustand des Unvermögens und kraftlosen Strebens nach Wirklichkeit<br />
dachte.<br />
Schelling führt als weitere Zeugnisse für die Bedeutung <strong>der</strong> Sehnsucht<br />
als Grund aller Dinge zwei Fragmente phönizischer Kosmogonien an. Das<br />
erste Fragment setzt über alle Götter die Zeit, die selbst nicht als Zahl gilt.<br />
Als ihre nächste Zahl wird die „schmachtende Sehnsucht“ genannt, griechisch<br />
pothos. Das zweite Fragment setzt die Sehnsucht als eine Selbtsuche<br />
ein, als ein Entbrennen in sich, das zur Erschaffung aller Dinge führt.<br />
„Zuerst war <strong>der</strong> Hauch einer finstern Luft und ein trübes Chaos, dieß alles<br />
für sich gränzenlos. Als aber <strong>der</strong> Geist von <strong>der</strong> Liebe gegen die eigenen<br />
Anfänge entbrannte und eine Zusammenziehung entstand, wurde dieses<br />
Band Sehnsucht genannt, und dieß war <strong>der</strong> Beginn <strong>der</strong> Erschaffung aller<br />
Dinge.“ (15)<br />
„Hier wird <strong>der</strong> Anfang in ein Entbrennen gegen sich selbst, ein sich selber<br />
Suchen gesetzt, das hieraus entstehende Band ist wie<strong>der</strong>, nur die gleichsam<br />
verkörperte, Sehnsucht und <strong>der</strong> erste Anlaß zur Erschaffung aller Dinge.“<br />
Gemeinsam war also den phönizischen Kosmogonien „die Vorstellung <strong>der</strong><br />
Sehnsucht als Anfangs, als ersten Grundes zur Schöpfung.“ (16)<br />
Schelling fühlte sich in seiner Deutung <strong>der</strong> Axieros, d. h. <strong>der</strong> Ceres/Demeter<br />
als Sehnsucht bestätigt durch eine Mitteilung von Plinius, <strong>der</strong> unter den in<br />
Samothrake verehrten weiteren Gottheiten auch den Pothos nennt, also die<br />
personifizierte Sehnsucht (vgl. Anm. 46 und 47).<br />
3.) Von <strong>der</strong> Sehnsucht zum magischen Zauber<br />
Schelling sucht nach <strong>der</strong> Gemeinsamkeit <strong>der</strong> drei ersten Kabiren, Axieros,<br />
Axiokersa, Axiokersos. Die sofort auffallende erste gemeinsame Silbe in den<br />
Namen wird von Schelling jedoch vernachlässigt (11, Anm. 30). Schelling<br />
geht vielmehr von <strong>der</strong> hebräischen Wurzel keres aus, die in den Namen des<br />
zweiten und dritten Kabiren vorkommt und im lateinischen Namen <strong>der</strong> Demeter,<br />
die Axieros ist, wie<strong>der</strong> auftaucht, nämlich <strong>der</strong> Ceres. Durch diese<br />
Einbeziehung des lateinischen Namens für Demeter, die als die ihre Tochter<br />
Proserpina Suchende, Sehnsüchtige, erkannt wurde, ergibt sich, daß Axiokersa<br />
ebenfalls die suchende Ceres ist, die ihre Tochter, mit dem griechischen<br />
Namen Persephone, Suchende ist. Proserpina ist jedoch auch Ceres, also die<br />
Tochter auch die Mutter, nur in an<strong>der</strong>er Gestalt. Bei<strong>der</strong> Bil<strong>der</strong> und Namen<br />
wurden in <strong>der</strong> Antike häufig verwechselt o<strong>der</strong> wechselseitig vorgestellt.