Schellings Denken der Freiheit - KOBRA - Universität Kassel
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„Ekstasis“ o<strong>der</strong> die Chymische Hochzeit 129<br />
des Seyns“, beginnen. Es wurde oben dargelegt, daß das „will“ des „Ich will“<br />
und die Philosophie als „Wollen“ von <strong>der</strong> <strong>Freiheit</strong>sschrift her, worin das „Urseyn“<br />
als „Wollen“ und das „Wollen“ als „Sehnsucht“ gefaßt ist, so zu lesen<br />
ist, daß in <strong>der</strong> Philosophie als „Wollen“ und in dem „will“ des „Ich will“ sich<br />
jene „Sehnsucht“ sich als „Sehnsucht“ nach dem „Urseyn“, nach dem „Ursprung“,<br />
ausdrückt. Nach dieser Vorbemerkung können wir uns <strong>der</strong> Vorlesung<br />
„Über die Natur <strong>der</strong> Philosophie als Wissenschaft“ (1821) zuwenden,<br />
worin von <strong>der</strong> „Ekstasis“ gesprochen wird.<br />
Zunächst muß kurz erwähnt werden, daß Schelling, daß die „positive“<br />
Philosophie hier in dieser Vorlesung das, womit sie anfängt, unter dem Titel<br />
„das absolute Subjekt“ faßt. Schon die Worte sagen, daß das, was hiermit<br />
genannt, niemals zum „Objekt“ werden darf. Deshalb heißt es nach längerer<br />
Ausführung zu „dem absoluten Subjekt“, daß Philosophie „nicht demonstrative<br />
Wissenschaft“, son<strong>der</strong>n „freie Geistesthat“ sei: „ihr erster Schritt ist nicht<br />
ein Wissen, son<strong>der</strong>n vielmehr ausdrücklich ein Nichtwissen, ein Aufgeben<br />
alles Wissens für den Menschen. So lange Er noch wissen will, wird ihm jenes<br />
absolute Subjekt zum Objekt werden, und er wird es eben darum nicht an<br />
sich erkennen. Indem er sagt: ich, als ich, kann nicht wissen, ich – will nicht<br />
wissen, indem Er sich des Wissens begibt, macht er Raum für das, was das<br />
Wissen ist, nämlich für das absolute Subjekt, von dem gezeigt ist, daß es<br />
eben das Wissen selbst ist. In diesem Akt, da er sich selbst bescheidet, nicht<br />
zu wissen, setzt er eben das absolute Subjekt als das Wissen ein. [...] Jenes<br />
absolute Subjekt ist nur da, sofern ich es nicht zum Gegenstand mache, d. h.<br />
nicht weiß, mich des Wissens begebe; sowie aber dieses Nichtwissen sich<br />
wie<strong>der</strong> aufrichten will zum Wissen, verschwindet es wie<strong>der</strong>, denn es kann<br />
nicht Objekt seyn.“ 55 Nun merkt Schelling an, daß man „dieses ganz eigenthümliche<br />
Verhältniß“ durch „das Wort intellektuelle Anschauung“ auszudrücken<br />
gesucht habe, und führt aus, daß dieser Ausdruck aber „erst <strong>der</strong><br />
Erklärung bedarf“, die angeführt wird, weshalb dann Schelling sagt, daß „für<br />
jenes Verhältniß die Bezeichnung Ekstase“ eher zu gebrauchen sei. 56<br />
Hier angelangt, muß zunächst, auf das zuvor umrissene Verhältnis zurückblickend,<br />
ausdrücklich gemacht werden, daß „<strong>der</strong> Mensch“ das Wissenwollen<br />
aufgeben soll, nicht weil ein solches Wissenwollen etwa anmaßend<br />
wäre, son<strong>der</strong>n nur, weil dadurch „das absolute Subjekt“ zum „Objekt“, zum<br />
„Gegenstand“ werden würde, was allerdings den Begriff „des absoluten Subjekts“<br />
gleichsam sprengen würde, und weil dadurch, daß „das absolute Sub-<br />
55 Schelling: Über die Natur <strong>der</strong> Philosophie als Wissenschaft (1821), in: <strong>der</strong>s.: Schriften<br />
von 1813–1830, Darmstadt 1976, S. 231-268, hier, S. 250f.<br />
56 Ebd., S. 251.