Schellings Denken der Freiheit - KOBRA - Universität Kassel
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Hassan Givsan<br />
(werden soll), daß jenes Prius „Gott ist und also Gott existirt“, wird damit,<br />
was Schelling nicht wahrhaben will, eben „a posteriori“ bewiesen, daß zum<br />
Begriff Gottes, zur Gottheit Gottes die Schöpfung gehört. Zwar wäre das<br />
absolute Wollen nicht daran gebunden, so etwas wie die Schöpfung zu wollen,<br />
denn es könnte ein solches Wollen einfach lassen, aber dann bliebe es als<br />
das absolute Wollen nur dieses und wäre noch nicht „Gott“. Zweitens: Daß<br />
„die Welt“ „die Folge“ sei, heißt, daß jenes „Prius“ logisch „<strong>der</strong> Grund“ sei,<br />
woraus logisch notwendig jene „Folge“ folge, was eben besagt, daß von<br />
„einer freien Schöpfung“ nicht die Rede sein könne. Nebenbei sei gesagt:<br />
Die sogenannten physikotheologischen Beweise sind „a posteriori“ Beweise,<br />
also „faktische Beweise“ im Sinne <strong>Schellings</strong>, womit gesagt sein soll, daß<br />
<strong>Schellings</strong> „positive“ Philosophie auch in dieser Hinsicht nicht son<strong>der</strong>lich<br />
Neues wäre. Drittens: Der ganze Beweis, nämlich daß jenes Prius „Gott ist<br />
und also Gott existirt“, hängt schlicht daran, daß „die Welt“ „die Folge“ sei.<br />
Aber das, daß „die Welt“ „die Folge“ sei, muß allererst bewiesen werden. Wie<br />
aber so ein Beweis geführt werden kann, bleibt ein Geheimnis <strong>Schellings</strong>.<br />
Schaut man jedoch genau hin, so stellt man fest, daß Schelling in seiner<br />
Ontologie Gottes als Darstellung des absolut transzendenten „Prozesses“ des<br />
„schlechterdings transzendenten Seins“ immer wie<strong>der</strong> und zwischendurch<br />
„Gedanken“ und d. h. „Sachen“ einflechtet, die ganz und gar nicht „supramundan“,<br />
54 son<strong>der</strong>n geradezu „mundan“ sind: „Sachen“ nämlich, die von<br />
den Prozessen in <strong>der</strong> Natur und vom menschlichen Bewußtsein handeln. Sie<br />
werden zwar zu dem Zweck eingeflochten, um in Analogie zu ihnen jenen<br />
absolut transzendenten und „supramundanen“ Prozeß zu fassen, was ohnehin<br />
ein sehr fragwürdiges Verfahren ist, aber dann wird das Verhältnis, allerdings<br />
unausgesprochenerweise, umdreht, so daß das „Mundane“, wie gesagt: unausgesprochenerweise,<br />
als „Folge“ angesehen wird, was jedoch vom Grundsatz<br />
her schief ist. So sieht jedenfalls <strong>der</strong> <strong>Schellings</strong>che „a posteriorische“<br />
Beweis aus.<br />
Damit zum<br />
II.<br />
und d. h. zur „Ekstasis“. Um das, was sich dahinter verbirgt, in den Blick zu<br />
rücken, müssen wir noch einmal mit dem Grundsatz <strong>der</strong> „positiven“ Philosophie,<br />
also mit dem Satz: „Ich will Gott als Gott und d. h. Gott als Herrn<br />
54 Schelling: Philosophie <strong>der</strong> Mythologie, Bd. 1, S. 566.