Schellings Denken der Freiheit - KOBRA - Universität Kassel
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„Ekstasis“ o<strong>der</strong> die Chymische Hochzeit 127<br />
Die „positive“ Philosophie als Ontologie Gottes hat wesentlich zum<br />
Thema, Gott als „das schlechterdings transzendente Sein“ und „das schlechterdings<br />
transzendente Sein“ als den absolut transzendenten „Prozeß“ darzustellen,<br />
und den „Prozeß“ darzustellen als den, <strong>der</strong> „dem schlechterdings<br />
transzendenten Sein“ „absolut immanent“ ist, so daß Gott als Gott, Gott in<br />
seiner Gottheit sich als „Resultat“ des „Prozesses“ ergibt. Mit Blick auf so<br />
einen „Prozeß“ sagt Schelling, wie schon angeführt, daß es „völlig gleichgültig“<br />
ist, „ob die Momente des Processes etwa bloß logische o<strong>der</strong> auch<br />
reelle sind“. 51 Von <strong>der</strong> Sache her, d. h. von dem „Prozeß“ her, <strong>der</strong> „dem<br />
schlechterdings transzendenten Sein“ „absolut immanent“ ist, hätte Schelling<br />
jedoch sagen müssen, daß die Momente dieses Prozesses als logische reell<br />
und als reelle logisch sind, sofern vom „Prozeß“ nicht bloß als Schein die<br />
Rede sein soll. Dem steht allerdings <strong>der</strong> schon an an<strong>der</strong>er Stelle angeführte<br />
<strong>Schellings</strong>che Satz entgegen: „Das Eigenthümliche <strong>der</strong> positiven Philosophie<br />
besteht aber gerade darin, daß sie allen Proceß in diesem Sinne verwirft, in<br />
welchem nämlich Gott das nicht bloß logische, son<strong>der</strong>n wirkliche Resultat<br />
eines Processes wäre.“ 52 Und dieser Satz ist insofern höchst bedeutsam und<br />
wichtig, weil dadurch, daß Schelling damit sagt, daß nach <strong>der</strong> „positiven“<br />
Philosophie Gott allein als „das bloß logische Resultat eines Prozesses“ und<br />
d. h. als „Resultat eines bloß logischen Prozesses“ zu denken sei, die Frage<br />
sich in aller Schärfe stellt, was Schelling denn eigentlich <strong>der</strong> „negativen“<br />
Philosophie vorwirft, genauer, ob sein Vorwurf nicht ins Leere läuft, weil<br />
seine eigene „positive“ Philosophie über den „bloß logischen Prozeß“ nicht<br />
hinausgeht, obwohl gefor<strong>der</strong>t, mit dem anzufangen, „was vor und außer<br />
allem <strong>Denken</strong> ist“, wovon man erwarten würde, daß es nicht bloß „Logisches“,<br />
son<strong>der</strong>n auch „Reelles“ sei.<br />
Jedenfalls: Mit <strong>der</strong> Darstellung des absolut transzendenten „Prozeß“ des<br />
„schlechterdings transzendenten Seins“ wäre die Ontologie Gottes noch nicht<br />
zu Ende. Denn es müßt noch gezeigt werden – Schelling sagt dazu: „faktisch<br />
bewiesen“ –, daß Gott <strong>der</strong> freie Schöpfer <strong>der</strong> Welt sei. Was Schelling mit<br />
„faktisch“ bzw. „a posteriori“ meint, ist schon kurz umrissen worden. Aber<br />
<strong>der</strong> in dem Zusammenhang schon angeführte Satz: „Nicht das absolute Prius<br />
selbst soll bewiesen werden [...], son<strong>der</strong>n die Folge aus diesem, diese muß<br />
faktisch bewiesen werden, und damit die Gottheit jenes Prius – daß es Gott<br />
ist und also Gott existirt“, 53 ist in mehrfacher Hinsicht paradox. Denn erstens:<br />
Indem durch „die Folge“ aus „dem absoluten Prius“ bewiesen wird<br />
51 Ebd., S. 286.<br />
52 Ebd., S. 121.<br />
53 Ebd., S. 129.