Schellings Denken der Freiheit - KOBRA - Universität Kassel
Schellings Denken der Freiheit - KOBRA - Universität Kassel
Schellings Denken der Freiheit - KOBRA - Universität Kassel
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
„Ekstasis“ o<strong>der</strong> die Chymische Hochzeit 121<br />
nach dem, was „vor allem <strong>Denken</strong>“ ist, nicht zuletzt nach dem „Vor“ des<br />
„<strong>Denken</strong>s“ selber fragt, eben weil das „<strong>Denken</strong>“ selber nicht nichts ist. Denn<br />
„Gott, <strong>der</strong> gewollt wird“ soll zwar das schlechterdings, das absolut Transzendente,<br />
„nicht transmundan nur [...], son<strong>der</strong>n supramundan“ 33 und als das<br />
„Supra“, als das „Über“ <strong>der</strong> Herr, <strong>der</strong> Herr des Seins sein, son<strong>der</strong>n er soll<br />
auch <strong>der</strong> freie Schöpfer sein: Gott erhebt sich „in seine Gottheit, dadurch,<br />
daß er Schöpfer ist“: 34 Schöpfer <strong>der</strong> Welt und mithin des „<strong>Denken</strong>den“ und<br />
„Wollenden“, <strong>der</strong> sagt: „Ich will den Gott ...“, und sagt: „Wollen wir irgend<br />
etwas außer dem <strong>Denken</strong> Seyendes, so müssen wir von einem Seyn ausgehen,<br />
das absolut unabhängig von allem <strong>Denken</strong>, das allem <strong>Denken</strong> zuvorkommend<br />
ist“. 35 Es soll zwar „absolut unabhängig von allem <strong>Denken</strong>“<br />
sein, aber erstens soll das „<strong>Denken</strong>“ und das „<strong>Denken</strong>de“ und „Wollende“<br />
absolut abhängig von ihm sein: weil es „das Prinzip“, „<strong>der</strong> Ursprung“, „<strong>der</strong><br />
Schöpfer“ sein soll. Und zweitens wird dieses „absolut unabhängig von<br />
allem <strong>Denken</strong>“ Seiende als solches nur gedacht: denkend wird von ihm gesprochen.<br />
Ich sagte, daß <strong>der</strong> Streit <strong>Schellings</strong> mit <strong>der</strong> „negativen“ Philosophie sowohl<br />
wie mit dem Theosophismus sich ausschließlich um den Begriff Gottes<br />
dreht, nämlich darum dreht, wie Gott als Gott zu „denken“ sei bzw. „gedacht“<br />
werden müsse. Man wird mir vermutlich vorhalten, was Schelling<br />
schreibt, nämlich: „im Anfang <strong>der</strong> positiven Philosophie müssen wir noch<br />
davon absehen [nämlich davon absehen, daß das absolut unabhängig von<br />
allem <strong>Denken</strong> Seyendes „schon zugleich Gott ist“], und es als das bloß Existirende<br />
nehmen, wir lassen den Begriff Gottes fallen, eben weil es Wi<strong>der</strong>spruch<br />
ist, einerseits das bloß Existirende, und es schon als etwas, mit einem<br />
Begriffe zu setzen. Denn entwe<strong>der</strong> müßte dann <strong>der</strong> Begriff vorgehen, und das<br />
Seyn müßte die Folge des Begriffes seyn, da wäre es nicht das unbedingte<br />
Seyn; o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Begriff ist die Folge des Seyns, dann müssen wir vom Seyn<br />
anfangen, ohne den Begriff, und eben dieses wollen wir ja in <strong>der</strong> positiven<br />
Philosophie thun.“ 36 Und fortfahrend spricht Schelling von: „dasjenige in<br />
Gott, vermöge dessen er das grundlos Existirende ist“ 37 . Was Schelling hier<br />
sagt, betrifft im Kern die Ontologie Gottes selber, nämlich das, was die „positive“<br />
Philosophie als „Prozeß“ <strong>der</strong> Entfaltung bzw. <strong>der</strong> Hervorbringung <strong>der</strong><br />
33 Schelling: Philosophie <strong>der</strong> Mythologie, Bd. 1, a. a. O., S. 566.<br />
34 Schelling: An<strong>der</strong>e Deduktion <strong>der</strong> Principien <strong>der</strong> positiven Philosophie, in: <strong>der</strong>s.: Philosophie<br />
<strong>der</strong> Offenbarung, Bd. 2, a. a. O., S. 353.<br />
35 Schelling: Philosophie <strong>der</strong> Offenbarung, Bd. 1, a. a. O., S. 164.<br />
36 Ebd., S. 164.<br />
37 Ebd., S. 164.