Schellings Denken der Freiheit - KOBRA - Universität Kassel
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„Ekstasis“ o<strong>der</strong> die Chymische Hochzeit 117<br />
gelsche Philosophie – einen langen Gang durch die weltgeschichtliche Arbeit<br />
machen, um zum Begriff des „Ich“ als Resultat jener weltgeschichtlichen<br />
Arbeit zu gelangen. Daß Schelling, das Sonntangskind, schon „unvordenklich“<br />
kraft des „Wollens als Urseyn“ ein „Ich“ ist, macht, das wird die<br />
Hegelsche und als „negative“ denunzierte Philosophie ohne weiteres konzedieren,<br />
die „Positivität“ <strong>der</strong> „positiven“ Philosophie aus: sie fängt an „unvordenklich“<br />
und bedenkenlos mit <strong>der</strong> Setzung des „Ich“, und sie fängt an in <strong>der</strong><br />
Gestalt des „Ich will den Herrn des Seyns“ mit <strong>der</strong> Setzung des „Gottes“.<br />
Darauf kommt Schelling in <strong>der</strong> Philosophie <strong>der</strong> Mythologie noch einmal<br />
zu sprechen, 11 nämlich darauf, daß die „positive“ Philosophie „rein für sich<br />
[...], mit dem bloßen Ausspruche“: „ ‚Ich will das, was über dem Seyn ist‘ “<br />
anfangen könnte, 12 und darauf, daß in <strong>der</strong> „positiven“ Philosophie „das Prinzip<br />
zum Anfang“ gemacht werde, wodurch „eine Umkehrung“ geschehe, eine<br />
„Umkehr“, wozu es „eines praktischen Antriebs“ bedürfe, denn im <strong>Denken</strong><br />
sei „nichts Praktisches“, so daß es ein „Wille“ sein müsse, „<strong>der</strong> mit innerer<br />
Notwendigkeit verlangt, daß Gott nicht bloße Idee sey“. 13 Und er schreibt:<br />
„Ihn, Ihn will es [sc. das Ich] haben, den Gott, <strong>der</strong> [...] <strong>der</strong> Herr des Seyns<br />
ist“ 14 . Weiter heißt es, daß mit <strong>der</strong> „positiven Philosophie“ „wir erst in das<br />
Gebiet <strong>der</strong> Religion“ kommen, und jetzt erst erwarten können, „daß uns die<br />
philosophische Religion entsteht“, die „mit <strong>der</strong> sogenannten Vernunftreligion<br />
nichts gemein hat“ 15 . (Auf diesen Textpassus in <strong>der</strong> Philosophie <strong>der</strong> Mythologie<br />
komme ich in einem an<strong>der</strong>en Zusammenhang noch einmal und ausführlich<br />
zu sprechen, vor allem deshalb, weil Schelling an Ort und Stelle<br />
ausdrücklich macht, daß das, was er an dem Willen als „praktisch“ bezeichnet,<br />
nichts mit dem „Praktischen“ im Sinne Kants zu tun hat.)<br />
Angeführt wurden die zwei Stellen zunächst nur zu dem Zwecke, um anzeigend<br />
aufzuweisen, daß es in <strong>der</strong> „positiven“ Philosophie allein und wesentlich<br />
um Gott geht, und dies unabhängig davon, ob das Wort Gott ausdrücklich<br />
vorkommt. Damit ist aber keineswegs gemeint, daß <strong>der</strong> Schelling<br />
<strong>der</strong> „positiven“ Philosophie ein mystischer Gottsucher sei, wobei gleich hinzugefügt<br />
werden muß, daß genuine Mystiker nicht bloße Gottsucher seien,<br />
son<strong>der</strong>n daß die genuine Mystik zugleich die Aufdeckung des Mysteriums<br />
Gottes ist. Das hat bereits die Gnostik gleichsam extrem vorgeführt. Geht es<br />
also in <strong>der</strong> „positiven“ Philosophie allein und wesentlich um Gott, so heißt<br />
11 Schelling: Philosophie <strong>der</strong> Mythologie, Bd. 1, Darmstadt 1976, S. 564ff.<br />
12 Ebd., S. 564.<br />
13 Ebd., S. 565.<br />
14 Ebd., S. 566.<br />
15 Ebd., S. 568f.