Schellings Denken der Freiheit - KOBRA - Universität Kassel
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Hassan Givsan<br />
die praktische Aufgabe einer noch über den ‚paradoxen‘ Begriff ‚negativer<br />
Dialektik‘ hinausweisende positive ‚Ekstasis‘ (Schelling) auf eine noch ausständige<br />
Praxis hin anzudeuten.“ 2 Vorgehalten wird Adorno, daß dieser „sich<br />
selber mit einer Negativen Dialektik [begnügt], die [...]Kritik übt an einer vorgängigen<br />
gesellschaftlichen Praxis“ 3 . Im Gegenzug dazu wird „Dialektik“<br />
von Schmied-Kowarzik zunächst als „Selbstbegrenzung <strong>der</strong> menschlichen<br />
Vernunft“, d. h. „negativ“ gedeutet, um sodann zu sagen: „sie ist aber auch<br />
zugleich positiv, insofern menschliche Vernunft aus dem Primat des Sittlichen<br />
einen Auftrag für eine noch ausständige Praxis erfährt. Dieses sich Freimachen<br />
aus dem Vorrang <strong>der</strong> Theorie für eine existentiell-praktische Positionsfindung<br />
unseres geschichtlichen Handelns umschreibt Schelling als<br />
‚Ekstasis‘ des <strong>Denken</strong>s.“ 4 Und den Text abschließend heißt es: „Wo sich<br />
Philosophie in ihrer doppelt bestimmten Dialektik zur Praxis begreift, kann<br />
sie ihre prinzipielle Negativität als Theorie aufheben, das heißt sich negativ<br />
selbstbegrenzend überwinden und positiv ekstatisch über sich hinaus aufheben,<br />
das heißt in die uns aufgegebene menschliche Praxis hinein verwirklichen.“<br />
5 Diese Sätze habe ich nur angeführt, um anzuzeigen, wie Schmied-<br />
Kowarzik die <strong>Schellings</strong>che „Ekstasis“ einsetzt, genauer: was er <strong>der</strong> <strong>Schellings</strong>chen<br />
„Ekstasis“ gleichsam als Funktion zu schreibt. Nämlich das, was<br />
oben vereinfacht ausgedrückt so ins Wort gebracht wurde: daß die <strong>Schellings</strong>che<br />
„Ekstasis“ die Freimachung von dem „Vorrang <strong>der</strong> Theorie“ und die<br />
Versetzung in „eine existentiell-praktischen Positionsfindung unseres geschichtlichen<br />
Handelns“ sei.<br />
Soweit <strong>der</strong> Hinweis darauf, daß Wolfdietrich Schmied-Kowarzik selber<br />
mich auf das Thema gestoßen hat. Daß ich dem Freund, auch zu dem Anlaß<br />
des heutigen Kolloquiums, alles Gute wünsche, und ihm wünsche, daß er<br />
noch weitere Werke mit und zu Schelling verfaßt, ekstatisch ergriffen und<br />
ekstatisch ergreifend, das weiß er schon. Und es erscheint als paradox –<br />
Schmied-Kowarzik würde sagen: dialektisch –, daß unsere Freundschaft durch<br />
Differenzen im „Theoretischen“ nicht getrübt, son<strong>der</strong>n vielmehr angespornt<br />
wurde und wird. Es ist im Kern und im Letzten eine Grunddifferenz, die sich<br />
aus <strong>der</strong> Antwort auf die Frage ergibt, auf welchem letzten und d. h. ersten<br />
Grund als dem gründenden Grund eine humane – Schmied-Kowarzik würde<br />
sagen: sittliche – Praxis <strong>der</strong> Menschen gründe. Dieser letzte und d. h. erste<br />
gründende Grund ist für Wolfdietrich Schmied-Kowarzik – Gott, obgleich er<br />
2 Ebd., S. 61.<br />
3 Ebd., S. 63.<br />
4 Ebd., S. 64.<br />
5 Ebd., S. 65.