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Schellings Denken der Freiheit - KOBRA - Universität Kassel

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„Menschliche Wissenschaft“ 107<br />

meingültige Aussage überschreitet den Bereich des jeweils einzelnen Subjekts,<br />

da sie für alle (sogar: für alle möglichen) Subjekte gilt. Zudem ist für<br />

Schelling, genau wie bereits für Hegel, die Bewegung des Wissenserwerbs<br />

notwendig; ohne Prozesse <strong>der</strong> Rechtfertigung durchlaufen zu haben, kann<br />

kein Wissen bestehen. Auch Wissenschaft ist also in doppeldeutiger Weise<br />

auf Wissenschaftstranszendentes bezogen, ihre untergründige Basis und ihre<br />

wissenschaftliche Objektivität werden zusammengebracht, wobei eine Analyse<br />

des Wissens als Gang <strong>der</strong> menschlichen Erkenntnis die Verbindung liefert.<br />

<strong>Schellings</strong> Gefährdungsanalyse enthält zentrale Elemente traditioneller<br />

Wissenschaftstheorie als eine Teilmenge. An<strong>der</strong>erseits, und hier kommt die<br />

speziell auf den Menschen zentrierte Perspektive zum Tragen: Es ist – ganz<br />

im Sinne einer „menschlichen Wissenschaft“ – gar nicht notwendig, ausschließlich<br />

unbedingte Aussagen zu treffen, wenn man Wissenschaft betreibt;<br />

im Gegenteil, das würde das Ende von Wissenschaft bedeuten. Wissenschaft<br />

als Aktivität wird von <strong>der</strong> Gültigkeit <strong>der</strong> einzelnen Aussage getrennt; Schelling<br />

nimmt, so könnte man sagen, eine anthropologie-konforme Flexibilisierung<br />

von Wissenschaft vor. Die Doppelnatur des Menschen wird in die<br />

Auffassung von Wissenschaft selbst geschoben.<br />

Den Bezug zu Kant einerseits, zur Diskussion klassischen anthropologischen<br />

Gedankenguts an<strong>der</strong>erseits kann man hier direkt herstellen. Kants<br />

Rezension von Her<strong>der</strong>s Ideen zu einer Philosophie <strong>der</strong> Geschichte <strong>der</strong> Menschheit,<br />

einem Urtext <strong>der</strong> Anthropologie-Debatte, wirft Her<strong>der</strong>s analogisierendem<br />

<strong>Denken</strong> seine, in Kants Augen, Wissenschaftsunfähigkeit vor: „Allein<br />

was soll man überhaupt von <strong>der</strong> Hypothese unsichtbarer, die Organisation<br />

bewirken<strong>der</strong> Kräfte, mithin von dem Anschlage, das, was man nicht begreift,<br />

aus demjenigen erklären zu wollen, was man noch weniger begreift, denken?“<br />

(AA VIII,53). Schelling wendet sich nicht nur gegen eine Logik, <strong>der</strong><br />

gemäß Wissenschaft als System formaler Schlüsse aufzufassen wäre; mehr<br />

noch: für ihn ist jede Wissenschaft dadurch gekennzeichnet, daß man aus<br />

dem Nicht-Wissenshaftlichen, also einem Nicht-Begriffenen, über das wissenschaftlich<br />

Begriffene wie<strong>der</strong> in das nicht bloß individuell Gewußte übergeht.<br />

Eine solche Wissenschaftsauffassung unterläuft Kants Vorwurf gegen<br />

Her<strong>der</strong>, ohne dessen Methoden zu übernehmen.<br />

V. Foucaults anthropologische Schlafhöhle und <strong>Schellings</strong> Ausweg<br />

Schelling bewegt sich mit seinen Überlegungen in einem Feld, dem man eine<br />

bestimmende Funktion für die conditio mo<strong>der</strong>na zugewiesen hat. Michel<br />

Foucault entwirft am Ende von Les mots et les choses eine Schlafhöhle, in

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