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WBKi Standortanalyse Kirchheim - Gemeinde Kirchheim-Heimstetten

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Wirtschaftsbeirat<br />

<strong>Standortanalyse</strong> <strong>Kirchheim</strong> bei München<br />

Bericht zur <strong>Standortanalyse</strong><br />

Attraktivität des Wirtschaftsstandorts<br />

<strong>Kirchheim</strong> bei München<br />

Mai 2012<br />

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Wirtschaftsbeirat<br />

<strong>Standortanalyse</strong> <strong>Kirchheim</strong> bei München<br />

Impressum<br />

Autoren<br />

Wolfgang Gerstenberger Kapitel 2, 3, 4 und 5<br />

Dr. Günter Reichart Kapitel 2, 4, 5, 6 und 9<br />

Eberhard Weidner Kapitel 1, 2, 5, 7 und 8<br />

Peter Friederichs Kapitel 5.2.5<br />

Heinrich Kröniger Kapitel 3.5.1, 4.2 und 5.1<br />

Gerhard Ludwig Kapitel 3.4<br />

Redaktion<br />

Bernd Blank, Peter Friederichs, Gerhard Ludwig,<br />

Michael Kolleczek, Gerd Rimner, Frank Stiller<br />

Datenhaushalt<br />

Horst Koeppel (bis 31.12.2011), Wolfgang Gerstenberger<br />

Interviews, Datenbeschaffung, Statistik<br />

Bernd Blank, Peter Friederichs, Wolfgang Gerstenberger, Henry Hartmann, Marko<br />

Kleiner, Horst Koeppel (bis 31.12.2011), Michael Kolleczek,<br />

Heinrich Kröniger, Andreas Kronthaler, Gerhard Ludwig, Dr. Günter Reichart, Gerd<br />

Rimner, Florian Schmidt, Frank Stiller, Eberhard Weidner<br />

Layout und Gestaltung<br />

Bernd Blank<br />

Herausgeber<br />

Wirtschaftsbeirat der <strong>Gemeinde</strong> <strong>Kirchheim</strong> bei München,<br />

Sprecher: Eberhard Weidner,<br />

Stockäckerring 47, D-85551 <strong>Kirchheim</strong><br />

eberhard-weidner@t-online.de<br />

© Wirtschaftsbeirat der <strong>Gemeinde</strong> <strong>Kirchheim</strong> bei München<br />

Alle Rechte vorbehalten. Ohne ausdrückliche Genehmigung ist es nicht gestattet, dieses<br />

Werk auf photomechanischem Weg oder auf andere Art zu vervielfältigen.<br />

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Wirtschaftsbeirat<br />

<strong>Standortanalyse</strong> <strong>Kirchheim</strong> bei München<br />

Danke<br />

sagen wir all den vielen Menschen, die direkt oder indirekt zu dieser Analyse der Attraktivität<br />

des Wirtschaftsstandortes <strong>Kirchheim</strong> bei München, unserer Heimatgemeinde, beigetragen<br />

haben.<br />

Dazu gehören vor allem die Unternehmer und die Personen, die unsere Fragen schriftlich<br />

oder in Interviews beantwortet oder uns bereitwillig und uneigennützig unterstützt haben.<br />

Besonderen Dank auch unseren Familien, die die Entwicklung unserer in mancher Phase<br />

ebenso zeitaufwändigen wie abwechslungsreichen Untersuchungen miterleben konnten.<br />

In der <strong>Gemeinde</strong>verwaltung hat uns Frau Linser manchen Umweg erspart und manche Tür<br />

geöffnet. Ihr gebührt ebenso wie ihren Kollegen, die uns mit Rat und Tat geholfen haben, ein<br />

herzliches Dankeschön.<br />

Die Damen und Herren des <strong>Gemeinde</strong>rates haben uns diesen anspruchsvollen Auftrag -<br />

ohne einen Leistungsnachweis zu verlangen - erteilt und uns jederzeit geholfen. Ohne dieses<br />

außerordentliche Vertrauen würde diese ehrenamtlich erstellte Analyse nicht existieren.<br />

Vorwort des Sprechers<br />

Angefangen hat alles an einem Abend im Frühjahr 2009. Auf Einladung des Bürgermeisters<br />

der <strong>Gemeinde</strong>, Herrn Hilger, besuchte ich erstmals eine <strong>Gemeinde</strong>ratssitzung, um einen<br />

Eindruck vom Zusammenwirken der Fraktionen und Gruppierungen im <strong>Gemeinde</strong>rat und mit<br />

der <strong>Gemeinde</strong>verwaltung zu erhalten.<br />

In der Folge beschäftigte ich mich mit einigen abgelehnten Anträgen zur Wirtschaftsförderung<br />

und den Ursachen dafür, warum sachlich richtige Vorschläge keine Mehrheit<br />

fanden. Bald begannen Freunde, denen ich davon erzählte, sich ebenfalls für dieses Thema<br />

zu interessieren. Dies wiederum führte zur Gründung des ehrenamtlich tätigen, unparteiisch<br />

wirkenden Wirtschaftsbeirates, der <strong>Gemeinde</strong>rat und <strong>Gemeinde</strong>verwaltung in allen wirtschaftlichen<br />

Fragen berät.<br />

Das Ergebnis unseres ersten Auftrages halten Sie nun in der Hand. Wir hoffen, wenn Sie<br />

diese Ausarbeitung durchsehen und lesen, werden Sie Hinweise, Tipps, Ansätze und<br />

Methoden finden, die Ihnen hilfreich sind.<br />

Eberhard Weidner<br />

Sprecher des Wirtschaftsbeirats<br />

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Wirtschaftsbeirat<br />

<strong>Standortanalyse</strong> <strong>Kirchheim</strong> bei München<br />

Vorwort des Bürgermeisters<br />

Liebe Leser,<br />

liebe Bürger und Interessierte,<br />

diese vom Wirtschaftsbeirat <strong>Kirchheim</strong> erarbeitete <strong>Standortanalyse</strong> enthält viele interessante<br />

und wichtige Informationen aus und über unsere <strong>Gemeinde</strong>. Ich freue mich, dass sich so<br />

viele qualifizierte Personen so viel Mühe gemacht haben, Fakten über unseren Ort zu<br />

sammeln und auszuwerten.<br />

Der Bürgermeister und die Verwaltung schauen meistens „von innen“, aus dem Rathaus, auf<br />

die Vorgänge in unserer <strong>Gemeinde</strong>. Deshalb freue ich mich, dass wir mit dieser Analyse jetzt<br />

auch einmal den Blick „von außen“ kennen lernen dürfen. Es wird die Aufgabe der nächsten<br />

Monate sein, diese Erkenntnisse umzusetzen und wenn möglich für die Arbeit in Zukunft zu<br />

nutzen.<br />

Vielen Dank an den Wirtschaftsbeirat für dieses umfangreiche Werk, das uns bei der<br />

weiteren Entwicklung unseres Ortes eine große Hilfe sein kann.<br />

Heinz Hilger<br />

Erster Bürgermeister<br />

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Wirtschaftsbeirat<br />

<strong>Standortanalyse</strong> <strong>Kirchheim</strong> bei München<br />

Inhaltsverzeichnis<br />

Impressum .................................................................................................................................. 2<br />

Danke ......................................................................................................................................... 3<br />

Vorwort des Sprechers ............................................................................................................... 3<br />

Vorwort des Bürgermeisters ........................................................................................................ 4<br />

1. Ziel der <strong>Standortanalyse</strong> .................................................................................................... 7<br />

1.1.<br />

1.2.<br />

Auftrag <strong>Gemeinde</strong>rat ................................................................................................ 7<br />

Gestaltungsspielräume der <strong>Gemeinde</strong> ...................................................................... 7<br />

2. Methodische Grundlagen (SWOT-Analyse) ....................................................................... 8<br />

2.1.<br />

2.2.<br />

2.3.<br />

2.4.<br />

Standortfaktoren ..................................................................................................... 10<br />

Standortvergleiche und Benchmarking ................................................................... 11<br />

Trendanalysen ........................................................................................................ 11<br />

Zur Vorgehensweise bei den Erhebungen .............................................................. 11<br />

3. Wirtschaft - Ausgangslage und Entwicklung in <strong>Kirchheim</strong> ................................................ 13<br />

3.1.<br />

3.2.<br />

3.3.<br />

3.4.<br />

3.5.<br />

3.6.<br />

3.7.<br />

Informationen über Gewerbetreibende in der <strong>Gemeinde</strong> ........................................ 14<br />

Verantwortlichkeiten für Wirtschaftsfragen in <strong>Gemeinde</strong>rat und<br />

<strong>Gemeinde</strong>verwaltung .............................................................................................. 14<br />

Arbeitgeber, Betriebe, Arbeitnehmer und Arbeitplätze ............................................ 15<br />

3.3.1. Arbeitgeber und Betriebe ............................................................................... 15<br />

3.3.2. Arbeitnehmer und Qualität der Arbeitsplätze ................................................ 16<br />

Flächen und Gebäude in Gewerbe- und Mischgebieten ......................................... 21<br />

<strong>Gemeinde</strong>steuern, öffentliche Abgaben .................................................................. 22<br />

3.5.1. Interkommunaler Vergleich der <strong>Gemeinde</strong>steuern ......................................... 22<br />

3.5.2. Gewerbesteuer- und Grundsteueraufkommen nach Gewerbegebieten ......... 24<br />

Gemeindliche Investitionen in die Gewerbegebiete ................................................ 25<br />

Wirtschaftsentwicklung in den letzten Jahren.......................................................... 26<br />

4. Bewertung von Standortfaktoren der <strong>Gemeinde</strong> <strong>Kirchheim</strong> .............................................. 29<br />

4.1.<br />

4.2.<br />

4.3.<br />

Vorbemerkungen .................................................................................................... 29<br />

Objektive Indikatoren für die Ausstattung mit Standortfaktoren .............................. 31<br />

Aussagen der Unternehmen ................................................................................... 38<br />

4.3.1. Gewichtung und Bewertung der erhobenen Standortfaktoren ........................ 38<br />

4.3.2. Zukunftsplanungen der Firmen ...................................................................... 39<br />

4.3.3. Anregungen zu Verbesserungsmaßnahmen für den Gewerbestandort .......... 40<br />

4.3.4. Anregungen für die <strong>Gemeinde</strong>verwaltung / Gewerbepolitik ........................... 44<br />

4.3.5. Spezifika von Handwerkern und Freiberuflern ............................................... 44<br />

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Wirtschaftsbeirat<br />

<strong>Standortanalyse</strong> <strong>Kirchheim</strong> bei München<br />

4.4.<br />

4.5.<br />

4.6.<br />

4.7.<br />

Einschätzungen durch die Fraktionen und Gruppierungen im <strong>Gemeinde</strong>rat ............ 48<br />

Einschätzungen durch Makler und Grundstückseigentümer ................................... 55<br />

Die Sicht von Multiplikatoren ................................................................................... 56<br />

Image des Ortes - Einschätzungen durch Bürger und Unternehmer ....................... 57<br />

5. Zukünftige Herausforderungen bis 2030 und deren Auswirkungen .................................. 59<br />

5.1.<br />

5.2.<br />

Demographische Entwicklung und deren Auswirkungen ......................................... 59<br />

5.1.1. <strong>Kirchheim</strong> im deutschlandweiten Vergleich .................................................... 59<br />

5.1.2. Demographische Veränderungen und deren Auswirkungen .......................... 60<br />

5.1.3. Demographische Entwicklung und Planungen zur Ortsentwicklung bis zum<br />

Jahr 2020 ...................................................................................................... 61<br />

5.1.4. Prognostizierte Wirkungen der „Generation Silber“ ........................................ 62<br />

5.1.5. Kaufkraft der Bürger ...................................................................................... 64<br />

Veränderungen im globalen Umfeld und resultierende Herausforderungen für<br />

<strong>Kirchheim</strong>................................................................................................................ 65<br />

5.2.1. Umstrukturierung Energieversorgung und Energieeinsparung ....................... 66<br />

5.2.2. Recyclingwirtschaft ........................................................................................ 66<br />

5.2.3. Technologische Trends ................................................................................. 67<br />

5.2.4. Globalisierung, Nachfrageverlagerungen und Wettbewerbsdruck .................. 70<br />

5.2.5. Wandel in den gesellschaftliche Einstellungen ............................................... 71<br />

6. Aspekte der Ansiedlung von High-Tech-Branchen und Clusterbildung ............................ 72<br />

6.1.<br />

Infrastrukturelle Voraussetzungen für die Ansiedlung technologie- und<br />

wissensorientierter Unternehmen ........................................................................... 73<br />

6.1.1. Ausgangslage ................................................................................................ 73<br />

6.1.2. Attraktivitätsmerkmale eines Standortes für High-Tech-Branchen ................. 74<br />

6.1.3. Die Chancen der <strong>Gemeinde</strong> .......................................................................... 75<br />

6.1.4. Potentiale für eine Clusterbildung in <strong>Kirchheim</strong> bei München ......................... 75<br />

6.1.5. Fazit .............................................................................................................. 78<br />

7. SWOT-Matrix ................................................................................................................... 81<br />

8. Handlungsempfehlungen ................................................................................................. 84<br />

9. Zur Strategie der künftigen Gewerbepolitik ...................................................................... 90<br />

10. Anlagen ........................................................................................................................... 93<br />

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Wirtschaftsbeirat<br />

<strong>Standortanalyse</strong> <strong>Kirchheim</strong> bei München<br />

1. Ziel der <strong>Standortanalyse</strong><br />

1.1.<br />

Auftrag <strong>Gemeinde</strong>rat<br />

Der <strong>Gemeinde</strong>rat hat einstimmig entschieden, die Attraktivität des Wirtschaftsstandortes<br />

<strong>Kirchheim</strong> zu untersuchen. Den Auftrag erhielten 15 Bürger, die im August 2011 zum<br />

Ehrenamt im Wirtschaftsbeirat berufen worden waren.<br />

Nur was hat die <strong>Gemeinde</strong> veranlasst, in einer SWOT-Analyse sich mit ihren Stärken und<br />

Schwächen, Chancen und Gefährdungen auseinander zu setzen? Denn auf den ersten Blick<br />

scheint schon das Ergebnis der Analyse festzustehen. <strong>Kirchheim</strong> liegt im reichen und vom<br />

wirtschaftlichen Erfolg verwöhnten Speckgürtel von München, wozu braucht es also eine<br />

Analyse? Und noch viel wichtiger, hat denn die kleine <strong>Gemeinde</strong> am Rande der riesigen<br />

EuropaMetropolRegion überhaupt wirksame Gestaltungsmöglichkeiten, um ihre Attraktivität<br />

als Wirtschaftsstandort zu verbessern?<br />

Der Wirtschaftsbeirat soll - so die Erwartungshaltung - auch Fragen beantworten wie “was<br />

veranlasst einen Unternehmer dazu, sich zwar im Landkreis niederzulassen, aber eben nicht<br />

<strong>Kirchheim</strong>?“ oder „wie kommt es, dass manche Orte innovative Unternehmen mit anspruchsvollen<br />

Arbeitsplätzen förmlich anziehen“ oder „haben andere <strong>Gemeinde</strong>n einfach nur Glück,<br />

wenn dort die Einnahmen aus Gewerbesteuer nur so sprudeln?“<br />

1.2.<br />

Gestaltungsspielräume der <strong>Gemeinde</strong><br />

Diese sind weit größer, als sie zuerst vermuten lassen. Wie so oft bei komplizierten Aufgaben,<br />

hilft es, eine einfache Frage zu stellen:<br />

„Was braucht eine <strong>Gemeinde</strong>, um wirtschaftlich attraktiv zu sein?“<br />

Es wird nicht überraschen, dass diese einfache Frage zu mindestens drei ebenso einfachen<br />

Antworten führt:<br />

Erstens: Einen guten Ruf<br />

Zweitens: Gute Rahmenbedingungen für arbeitsplatzschaffende Unternehmer wie<br />

Arbeitnehmer<br />

Drittens: Ausreichende Haushaltseinnahmen für Investitionen<br />

Sollten diese drei elementaren Faktoren nicht „stimmen“, dann lassen sich Unternehmer und<br />

Arbeitnehmer in Regionen mit besseren Verdienstmöglichkeiten und attraktiveren Arbeitsplätzen<br />

nieder.<br />

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Wirtschaftsbeirat<br />

<strong>Standortanalyse</strong> <strong>Kirchheim</strong> bei München<br />

2. Methodische Grundlagen (SWOT-Analyse)<br />

Die SWOT-Analyse (SWOT= strengths-weaknesses-opportunities-threats) haben wir als<br />

Instrument gewählt, um die Position der <strong>Gemeinde</strong> als Wirtschaftsstandort in ihren Stärken<br />

(strengths) und Schwächen (weaknesses) zu bestimmen und sich der Chancen (Opportunities)<br />

und Gefährdungen (threats) im Umfeld bewusst zu machen.<br />

Die Ergebnisse einer SWOT-Analyse bilden die Grundlage für Entscheidungen, welche der<br />

identifizierten Stärken in der Zukunft weiter ausgebaut, welche bisher nicht erkannte<br />

Chancen genutzt, wie Schwächen in Chancen bzw. in Stärken umgewandelt oder wie<br />

Gefährdungen neutralisiert werden können.<br />

Abb.2.1 Die SWOT-Methodik<br />

Aus diesen grundsätzlichen Entscheidungen sind anschließend die Maßnahmen zur<br />

Umsetzung festzulegen. In nächsten Schritten sollten die finanziellen und personellen<br />

Ressourcen bereit gestellt und die Systematik gewählt werden, wie Nutzen sowie Kosten<br />

und Terminvorgaben des Umsetzungsprojektes zu steuern sind. Abhängig von der Tragweite<br />

der Entscheidungen sollen die Bürger so bald wie möglich eingebunden werden.<br />

8 / 124<br />

Gefährdungen


Wirtschaftsbeirat<br />

<strong>Standortanalyse</strong> <strong>Kirchheim</strong> bei München<br />

Abb.2.2 360°-Beurteilung<br />

<strong>Standortanalyse</strong>n sind an sich typische betriebswirtschaftliche Fragestellungen. In der Praxis<br />

hat sich daraus eine durchaus komplexe Aufgabe entwickelt. Vor allem das vollständige<br />

Fehlen von Informationen über die <strong>Kirchheim</strong>er Gewerbebetriebe stellte uns vor erhebliche<br />

Schwierigkeiten. Der Wirtschaftsbeirat hat sich deshalb für ein stufenweises Vorgehen<br />

entschieden und sich an den Entscheidungskriterien von Unternehmern und Investoren<br />

orientiert, wie diese die Standortfaktoren bewerten.<br />

Methodisch unterscheidet sich die vorliegende Analyse von vielen anderen <strong>Standortanalyse</strong>n.<br />

Abweichend zu üblichen standardisierten Abfragen der ansässigen Gewerbetreibenden,<br />

einigen Gesprächen und der Analyse einzelner Kennzahlen haben wir uns für eine Systematik<br />

entschieden, die einer 360°-Grad-Beurteilung entspricht. Alle Gruppierungen, die die<br />

Attraktivität des Wirtschaftsstandortes <strong>Kirchheim</strong> direkt oder indirekt beeinflussen können,<br />

haben wir um ihr Urteil gebeten.<br />

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Gefährdungen


Wirtschaftsbeirat<br />

<strong>Standortanalyse</strong> <strong>Kirchheim</strong> bei München<br />

Unsere Vorgehensweise² (Einzelheiten siehe Anhang) zeigt die nachfolgende Graphik:<br />

Standortfaktoren<br />

Statistische Analyse<br />

Vorbereitung<br />

Umfragen/Interviews<br />

Auswertung der<br />

Befragungen<br />

Literaturauswertung<br />

Verdichtung der<br />

Ergebnisse<br />

Ableitung von<br />

Empfehlungen<br />

Abb.2.3 Unsere Vorgehensweise<br />

2.1.<br />

Standortfaktoren<br />

� Auswahl relevanter harter Standortfaktoren<br />

� Auswahl relevanter weicher Standortfaktoren<br />

� Beschaffung von statistischen Daten<br />

� Bildung von Indikatoren für die Standortfaktoren<br />

� Vergleichende Analyse und Benchmarking<br />

� Erstellung gruppenspezifischer Fragebögen<br />

� Erstellung der Vorlagen für strukturierte Interviews<br />

� Auswahl der Stichproben<br />

� Durchführung der Umfragen und Interviews<br />

� Häufigkeitszählung der Antworten<br />

� Auflistung markanter Einzelaussagen<br />

� Technologietrends<br />

� Sozio-Ökonomische Trends<br />

� Einordnung in S-W-O-T<br />

� Gruppierung in Vierfeldermatrix<br />

� Aufzeigen von Handlungsbedarfen<br />

� Aufzeigen von Handlungsoptionen<br />

Die Bewertung der Attraktivität eines Wirtschaftsstandortes kann anhand harter, weitgehend<br />

objektiver, funktionaler Faktoren (pragmatische Qualität) und anhand weicher, oft nur<br />

subjektiv einschätzbarer Faktoren persönlicher Präferenzen (hedonistische Qualität)<br />

erfolgen. Die Faktoren kann man weiter danach unterscheiden, ob sie von der <strong>Gemeinde</strong><br />

selbst gestaltbar sind (interne Faktoren) oder als Gegebenheiten des Umfeldes zu betrachten<br />

sind (externe Faktoren). 1 <strong>Kirchheim</strong> liegt in der Europametropolregion München und<br />

verfügt über eine Reihe von Standortbedingungen, die sie zwar nutzen aber nicht nennenswert<br />

beeinflussen kann. <strong>Kirchheim</strong> profitiert von den Vorteilen der Region bzw. leidet unter<br />

deren Nachteilen genauso wie alle anderen Kommunen des Landkreises bzw. des Münchner<br />

1 Siehe hierzu auch G. Reichart: Ansätze zur Messung der Standortfaktoren im Anhang<br />

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Wirtschaftsbeirat<br />

<strong>Standortanalyse</strong> <strong>Kirchheim</strong> bei München<br />

Speckgürtels. Die Analyse konzentriert sich deshalb auf solche Standortfaktoren, deren<br />

Ausprägung durch die Kommunalpolitik bestimmt oder zumindest beeinflusst werden kann.<br />

Die Wichtigkeit der und die Zufriedenheit mit den Standortfaktoren haben zum einen die<br />

befragten <strong>Kirchheim</strong>er Firmen, Handwerker und Selbstständigen und zum anderen die<br />

Bürger, <strong>Gemeinde</strong>räte, Grundstückseigentümer und Makler bewertet. Die Einzelaussagen<br />

stellen sicher eine subjektive Sicht dar, in der Häufigkeit bestimmter Antworten lassen sich<br />

jedoch Trends und mehrheitliche Einschätzungen bestimmen. Wo möglich und sinnvoll<br />

haben wir für Standortfaktoren auch objektive Daten erhoben.<br />

2.2.<br />

Standortvergleiche und Benchmarking<br />

Die Ausprägung eines Standortfaktors an einem Ort kann durch den Absolutwert, aber auch<br />

durch den Vergleich mit den Indikatorwerten anderer Standorte bestimmt werden. Für diese<br />

Analyse haben wir <strong>Kirchheim</strong> mit den Nachbargemeinden Aschheim, Feldkirchen, Poing,<br />

Ismaning und Unterföhring verglichen. Ein Benchmarking im engeren Sinn stellt dies nicht<br />

dar, weil hierbei jeweils der Vergleich mit dem Spitzenreiter gesucht wird. Die Unterschiede<br />

zwischen diesen <strong>Gemeinde</strong>n, die durch die Zugehörigkeit zur Region München und durch<br />

ihre verkehrsgünstige Lage (Autobahn, S-Bahn) über viele Standortvor- und -nachteile<br />

gemeinsam verfügen, sind aber dann überwiegend gemeindespezifischer Natur.<br />

2.3.<br />

Trendanalysen<br />

Eine <strong>Standortanalyse</strong> kann nicht nur darin bestehen, die derzeitigen Stärken und Schwächen<br />

herauszuarbeiten. Letztlich kommt es darauf an, wie zukunftsfähig ein Standort ist. Die<br />

Zukunftsfähigkeit ist nicht ohne einen Blick auf die Entwicklungstrends und den sich abzeichnenden<br />

Wandel von Wirtschaft und Gesellschaft und die damit verbundenen Chancen<br />

und Gefährdungen zu beurteilen. Deshalb müssen die Befunde zur derzeitigen Lage um<br />

Trendanalysen ergänzt werden. In dieser Ausarbeitung wurden hierfür Zukunftsaussagen in<br />

der Literatur ausgewertet und/oder auf Prognosen externer Institutionen zurückgegriffen. Auf<br />

dieser Basis haben wir Handlungsoptionen für die <strong>Gemeinde</strong> herausgearbeitet.<br />

2.4.<br />

Zur Vorgehensweise bei den Erhebungen<br />

Wir haben eine Reihe von Fragebögen und Interviewbögen entworfen, die an ausgewählte<br />

Gewerbetreibende versandt bzw. die zu Interviews mit ausgewählten Firmen genutzt<br />

wurden.<br />

Für die Unternehmen setzten wir das Verfahren eines strukturierten Interviews ein, das<br />

einerseits dem Interviewer die Art der zu stellenden Fragen vorgibt, dem Interviewten aber<br />

mehr Raum lässt für die Formulierung seiner Antworten als dies bei einem Fragebogen mit<br />

vorgegebene Antwortkategorien möglich wäre. Ein freies Interview hätte erhebliche Probleme<br />

in der Auswertung der Antworten aufgrund der Variabilität, die der Interviewer verursacht.<br />

Die Auswahl der Gewerbetreibenden stellte uns vor große Schwierigkeiten, da –<br />

ausgenommen der Namen und Adressen aus dem Gewerberegister - keine vollständige und<br />

aktuelle Erfassung der <strong>Kirchheim</strong>er Gewerbetreibenden existierte. Aus unterschiedlichen<br />

Quellen, IHK-Daten, Telefonbuch und Vor-Ort-Begehungen der Gewerbegebiete haben wir<br />

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Wirtschaftsbeirat<br />

<strong>Standortanalyse</strong> <strong>Kirchheim</strong> bei München<br />

in mühsamer Kleinarbeit unter Beseitigung vieler Inkonsistenzen eine einigermaßen aktuelle<br />

und vollständige Ausgangsbasis (Datenpool) geschaffen. Dieser Pool wurde in Cluster für<br />

Handwerker, Freiberufler, große Firmen (ab 20 MA), juristische Personen und kleine Firmen<br />

(1-19 Mitarbeiter) unterteilt.<br />

In einer Fragebogenaktion schrieben wir Firmen aus allen Gruppen an. Wir baten um<br />

Auskunft zur aktuellen Unternehmenssituation und Planungen zur Expansion oder Betriebsverlagerung<br />

sowie auch um die Beurteilung des Standortes. im Die angeschriebenen<br />

Gruppen setzten sich wie folgt zusammen:<br />

� ausgewählte Freiberufler (ca. 50)<br />

� alle Handwerker (ca. 125)<br />

� aus der verbleibenden Menge von ca. 1.700 Betrieben:<br />

� alle Firmen >20 Beschäftigte<br />

� 50% der juristischen Personen (per Zufallsauswahl) ca.250<br />

� 25% der Firmen, die dann noch übrig blieben (per Zufallsauswahl) 1200/4= 300<br />

Angeschrieben Geantwortet Antwortquote<br />

Große Firmen (>20MA) 28 12 42,9%<br />

Juristische Personen 247 45 18,2%<br />

Kleine Firmen 290 21 7,2%<br />

Handwerker 123 8 6,5%<br />

Freiberufler 49 6 12,2%<br />

Insgesamt 737 92 12,5%<br />

Tab.2.4.1 Befragungsumfang<br />

Die Tabelle zeigt die Zahl der Firmen, die zwecks Selbstauskunft oder Interview angesprochen<br />

worden sind, und wie viele Firmen sich beteiligt haben. Im Durchschnitt hat uns jeder<br />

achte Unternehmer geantwortet. Dieses Ergebnis ist weit besser als die übliche Rücklaufquote<br />

bei schriftlichen Umfragen.<br />

Für die Befragungen und Interviews wurde eine so genannte geschichtete Stichprobe<br />

gewählt. Eine zufällige Stichprobe macht für die hier vorliegende Fragestellung keinen Sinn,<br />

weil die einzelnen Gruppen sehr unterschiedlich in der Grundgesamtheit vertreten sind.<br />

Damit sind nur die Methoden der deskriptiven Statistik einsetzbar. Da aber ohnehin nur<br />

Trendaussagen gewonnen werden sollten, ist dies nicht als Nachteil anzusehen.<br />

Insgesamt waren 60 Interviews innerhalb der Gruppen größere Unternehmen, kleinere<br />

Betriebe und juristische Personen geplant. Tatsächlich hatten wir insbesondere bei den<br />

kleineren Betrieben große Schwierigkeiten, die Unternehmer bzw. geeignete Interviewpartner<br />

zu finden. Wir konnten deshalb nur 39 Interviews durchführen.<br />

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Wirtschaftsbeirat<br />

<strong>Standortanalyse</strong> <strong>Kirchheim</strong> bei München<br />

Größere Firmen zeigten eine hohe Auskunftsbereitschaft - 18 von 28 Betrieben haben mit<br />

uns gesprochen. Von den kleineren Betrieben standen uns lediglich 21 von 80 der angesprochenen<br />

Unternehmern Rede und Antwort.<br />

Die sehr positive Auskunftsbereitschaft der größeren Firmen stand im Gegensatz zu der der<br />

kleineren Betriebe. In etlichen Fällen existierte der Betrieb nicht mehr oder unter der<br />

angegebenen Adresse war niemand zu erreichen; ebenso häufig bestand kein Interesse sich<br />

zu äußern.<br />

Ebenfalls in Form strukturierter Interviews haben wir einzelne Unternehmer, die aus <strong>Kirchheim</strong><br />

weggezogen sind bzw. die sich in Nachbargemeinden niedergelassen haben nach<br />

ihren Beweggründen gefragt. Allerdings war die Bereitschaft, uns Auskunft zu geben, recht<br />

gering.<br />

Eine wichtige Zielgruppe für die Entwicklung bzw. zur Beurteilung eines Standortes sind die<br />

Grundstückseigentümer, die Gewerbe-Immobilien-Makler und Investoren. Auch diesen<br />

Personenkreis haben wir interviewt und ausführliche Informationen und klare Einschätzungen<br />

zur Marktentwicklung erhalten.<br />

Multiplikatoren, das sind Personen mit großem Einflussbereich wie die Landrätin, IHK-<br />

Präsident oder der Vorsitzende des Verbandes der bayerischen Industrie haben unsere<br />

Analyse und unser ehrenamtliches Engagement sehr begrüßt, hielten sich aber verständlicherweise<br />

mit konkreten Beurteilungen oder Empfehlungen zurück.<br />

Wie Bürger die <strong>Gemeinde</strong> beurteilen, wie sie das Image von <strong>Kirchheim</strong> einschätzen, war uns<br />

ein wichtiges Anliegen. Es war spannend zu sehen, mit welch großem Interesse der Fragebogen<br />

studiert wurde und wie oft die abgegebenen Bewertungen eingehend erläutert worden<br />

sind.<br />

Die Persönlichkeiten, die die <strong>Gemeinde</strong> gestalten, die die Weichen für die Zukunft stellen,<br />

die mit ihren Entscheidungen langfristig die Attraktivität des Wirtschaftsstandortes <strong>Kirchheim</strong><br />

bestimmen, die <strong>Gemeinde</strong>räte vertreten durch die Fraktionssprecher, Herrn Bürgermeister<br />

Hilger und die leitenden Personen in der <strong>Gemeinde</strong>verwaltung haben einen umfangreichen<br />

Fragenkatalog beantwortet und ergänzend dazu weitere Beurteilungen mit uns erörtert.<br />

3. Wirtschaft - Ausgangslage und Entwicklung in <strong>Kirchheim</strong><br />

Dieses Kapitel untersucht die aktuelle Lage von Wirtschaft und Gewerbe in <strong>Kirchheim</strong> bei<br />

München. Als erstes stellt es die Informationslage über die Wirtschaft in <strong>Kirchheim</strong> dar, wie<br />

sie in der <strong>Gemeinde</strong>verwaltung vor der Tätigkeit des Wirtschaftsbeirats bestand. Ein zweiter<br />

kurzer Abschnitt beschreibt die Rahmenbedingungen für die Gewerbepolitik, wie sie bisher<br />

vom <strong>Gemeinde</strong>rat gesetzt worden sind.<br />

Der Abschnitt 3.3 durchleuchtet dann, auf der Basis von amtlichen Statistiken und den<br />

durchgeführten Erhebungen des Wirtschaftsbeirates, die lokalen Wirtschafts- und Arbeitsplatzstrukturen.<br />

In Abschnitt 3.4 wird auf die Lage bei den Gewerbeflächen eingegangen.<br />

Abschnitt 3.5 befasst sich mit der Situation bei den <strong>Gemeinde</strong>steuern und 3.6 mit den<br />

Investitionen der <strong>Gemeinde</strong> in ihre Gewerbegebiete. Abschnitt 3.7 blickt auf die Entwicklung<br />

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Wirtschaftsbeirat<br />

<strong>Standortanalyse</strong> <strong>Kirchheim</strong> bei München<br />

der Wirtschaft und der Arbeitsplätze in der <strong>Gemeinde</strong>, die sich bei den dargestellten Strukturen<br />

ergeben hat.<br />

3.1.<br />

Informationen über Gewerbetreibende in der <strong>Gemeinde</strong><br />

Jede <strong>Gemeinde</strong> hat die Aufgabe, die An- und Abmeldungen von Gewerbetrieben zu registrieren.<br />

Mit Ausstellen eines Gewerbescheines werden weitere Behörden (Finanzamt usw.) und<br />

Institutionen (Arbeitsagentur, IHK usw.) über eine Neugründung benachrichtigt. Diesen<br />

Grundverpflichtungen kommt auch die <strong>Gemeinde</strong> <strong>Kirchheim</strong> nach; weitere Informationen<br />

über Gewerbetreibende werden allerdings nicht gepflegt.<br />

Es gibt keinen Überblick über die Tätigkeit und Struktur der Betriebe (Branchenmix), die<br />

Arbeitsplatzintensität, den Flächenverbrauch, die Ausbildungsbetriebe, das Arbeitsplatzniveau,<br />

die Absatzmärkte, die Innovationskraft usw. Eine gezielte Gewerbepolitik ist somit<br />

mangels Informationen über die ortsansässigen Unternehmen nicht möglich.<br />

3.2.<br />

Verantwortlichkeiten für Wirtschaftsfragen in <strong>Gemeinde</strong>rat<br />

und <strong>Gemeinde</strong>verwaltung<br />

Die bayerische <strong>Gemeinde</strong>ordnung lässt den <strong>Gemeinde</strong>n viel Spielraum in der Regelung der<br />

Zusammenarbeit in Wirtschaftsfragen von <strong>Gemeinde</strong>verwaltung und <strong>Gemeinde</strong>rat. Klar<br />

geordnet ist die Verantwortung des Bürgermeisters für das „operative Geschäft“ im Rahmen<br />

von Kompetenzen und Vertretungsbefugnissen. In <strong>Kirchheim</strong> ist der Bürgermeister als<br />

oberster Ansprechpartner für Wirtschaftsfragen verantwortlich. Der geschäftsleitende<br />

Beamte unterstützt ihn im Tagesgeschäft. Im Bauamt werden die wesentlichen Anträge über<br />

Neu-Ansiedlungen, Bebauungspläne, Gebäudeveränderungen zur Vorlage beim <strong>Gemeinde</strong>rat<br />

vorbereitet.<br />

Der <strong>Gemeinde</strong>rat hat sich zur Entlastung der Vollversammlungen in vorberatenden und<br />

beschließenden Ausschüssen organisiert. Für Wirtschaftsfragen gibt es keinen dezidierten<br />

Ausschuss. Einzelfallbezogen werden Wirtschaftsthemen im Bau-, Finanz-, Umwelt- oder<br />

Hauptausschuss behandelt.<br />

Das dem <strong>Gemeinde</strong>rat 2009 vorgestellte Verwaltungskonzept der Wirtschaftsförderung sieht<br />

die Wirtschaftsförderung als Chefsache an. Als Hauptaktivität wird die Bestandspflege<br />

gesehen. Wegen der Knappheit von Ressourcen überwiegt derzeit die „passive Betreuung“<br />

der Gewerbebetriebe.<br />

Aus den Protokollen der öffentlichen <strong>Gemeinde</strong>ratssitzungen in dieser Wahlperiode ist nicht<br />

ersichtlich, ob im <strong>Gemeinde</strong>rat strategische Fragen zur Gewerbepolitik behandelt wurden.<br />

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Wirtschaftsbeirat<br />

<strong>Standortanalyse</strong> <strong>Kirchheim</strong> bei München<br />

3.3.<br />

Arbeitgeber, Betriebe, Arbeitnehmer und Arbeitplätze<br />

3.3.1. Arbeitgeber und Betriebe<br />

Auf der Basis von Daten über Gewerbesteuerpflichtige, die von der <strong>Gemeinde</strong> zur Verfügung<br />

gestellt wurden und von Daten der IHK über Gewerbeanmeldungen und in die Handwerksrolle<br />

eingetragen Firmen in <strong>Kirchheim</strong> b. München, hat der Wirtschaftsbeirat für seine Befragungen<br />

eine Adressdatei selbst zusammengestellt. Aus dem Abgleich der verschiedenen<br />

Listen und ergänzenden Telefonbuch- und Internetrecherchen ergab sich, dass derzeit<br />

knapp 1900 Firmen in <strong>Kirchheim</strong> ansässig sind, die einem Erwerbszweck nachgehen. In den<br />

Listen standen teilweise Angaben zum Tätigkeitsgebiet der Firmen und deren Beschäftigtengrößenklasse.<br />

Hiermit und durch zusätzliche Recherchen, konnten die einzelnen Firmen<br />

nach der Klassifikation der Wirtschaftszweige (WZ 2008, Statistisches Bundesamt) geordnet<br />

werden.<br />

Dabei stellte sich heraus, dass es sich beim Gros der Firmen um Kleinunternehmen mit bis<br />

zu 3 Beschäftigten handelt (Tab.3.1).<br />

Bis 3 4 bis 6 7 bis 9 10 bis 19 20 bis 49 50 bis 99 100 + mehr Gesamt<br />

1.302 226 248 56 32 11 11 1.886<br />

Tab.3.1 Unternehmen/Betriebe in <strong>Kirchheim</strong> nach der Zahl der Erwerbstätigen<br />

Quelle: Adressdatei und Berechnungen des <strong>WBKi</strong><br />

Diese Gruppe enthält viele Ein-Personen-Firmen. Über 50 Firmen haben mehr als 20<br />

Beschäftigte. Knapp ein Viertel dieser Betriebe sind allerdings Niederlassungen, wo die<br />

wichtigen Entscheidungen nicht in <strong>Kirchheim</strong> fallen. Von allen Firmen haben 190 ihren Sitz<br />

im Gewerbegebiet „<strong>Kirchheim</strong> I“. 225 sind in „<strong>Kirchheim</strong> II“ (<strong>Heimstetten</strong>) ansässig. Die<br />

meisten Unternehmen haben also den Sitz im übrigen <strong>Gemeinde</strong>gebiet, Kleinunternehmen<br />

logieren häufig im privat genutzten Wohnraum.<br />

Der Großteil der Firmen in <strong>Kirchheim</strong> ist in traditionellen Wirtschaftszweigen (in Abb.3.1 in<br />

blau dargestellt) tätig und hier insbesondere im Handel (Handelsvermittlung, Groß- und<br />

Einzelhandel, Kfz-Reparatur) und in den sonstigen wirtschaftlichen Diensten. Letztere<br />

umfassen ein Konglomerat von Branchen, das von der Vermietung beweglicher Sachen über<br />

Reisebüros, Wach- und Sicherheitsdienste, Gebäudebetreuung und -reinigung bis hin zum<br />

Garten- und Landschaftsbau reicht. Von den wissensgestützten Zweigen 2 (in grün dargestellt),<br />

denen die besten Wachstumschancen im Raum München eingeräumt werden, ist nur<br />

der Bereich „wissenschaftliche und technische Dienste und freie Berufe“ häufiger in <strong>Kirchheim</strong><br />

vertreten. Auch im Bereich Informations- und Kommunikationsdienste sind eine Reihe<br />

von Firmen in <strong>Kirchheim</strong> aktiv. Insgesamt betrachtet stehen einer Firma im wissensgestützten<br />

Bereich fast drei Firmen aus dem Bereich der traditionellen Wirtschaftszweige gegenüber.<br />

2 Hierzu zählen Bereiche der Chemie, des Fahrzeug- und Maschinenbaus, die Elektrotechnik sowie der EDV,<br />

Feinmechanik, Optik. Zu den wissensgestützten Dienstleistungen siehe Fußnote 3. Hierzu zählt auch das<br />

Gesundheitswesen. Die wissensgestützten Zweige zeichnen sich durch hohe F&E-Ausgaben und / oder einen<br />

hohen Personalanteil mit Universitäts- oder Fachhochschulausbildung aus.<br />

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Wirtschaftsbeirat<br />

<strong>Standortanalyse</strong> <strong>Kirchheim</strong> bei München<br />

Wie bei der Verteilung der Firmen nach Größenklassen nicht anders zu erwarten, liegt in<br />

vielen Zweigen die Zahl der Erwerbstätigen pro Firma bei oder unter fünf Beschäftigten. Vor<br />

allem im verarbeitenden Gewerbe weisen einige Zweigeeine höhere Durchschnittsgröße auf.<br />

Abb.3.1 Verteilung der Firmen in <strong>Kirchheim</strong> nach Wirtschaftszweigen<br />

(…) 3 Durchschnitt der Erwerbstätigen aller Firmen des Wirtschaftszweiges<br />

Quelle: Adressdatei und Berechnungen des <strong>WBKi</strong><br />

3.3.2. Arbeitnehmer und Qualität der Arbeitsplätze<br />

Für die sozialversicherungspflichtig (svp) Beschäftigten in <strong>Kirchheim</strong> liegen auch amtliche<br />

Daten vor. Wie die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten am Arbeitsort zeigt,<br />

beschäftigen die hier ansässigen Firmen zuletzt 7000 Arbeitnehmer (Abb.3.2.).<br />

3 Die in Klammern hinter den Wirtschaftszweigen angegebene durchschnittliche Zahl der Erwerbstätigen pro<br />

Firma des Wirtschaftszweiges liefert allerdings nur grobe Anhaltspunkte. Grob deshalb, weil bei allen Firmen, die<br />

sich nicht an der durchgeführten Erhebung des Wirtschaftsbeirates beteiligt haben, angenommen werden musste,<br />

dass diese Firmen die Beschäftigtenzahl der Mitte ihrer Größenklassen haben. Die Einstufung der Firmen nach<br />

Größenklassen durch die IHK kann auch nicht mehr aktuell sein.<br />

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Wirtschaftsbeirat<br />

<strong>Standortanalyse</strong> <strong>Kirchheim</strong> bei München<br />

Abb.3.2 Beschäftigte und Arbeitsplatze in <strong>Kirchheim</strong><br />

Quelle: Bayerisches Statistisches Landesamt, Statistik Kommunal<br />

Der Rückgang in der Zahl der Arbeitsplätze nach 2005 hat sich nicht auf die Zahl der svp-<br />

Beschäftigten ausgewirkt, die in <strong>Kirchheim</strong> wohnen (Beschäftigte am Wohnort). Nur die Zahl<br />

der Einpendler nach <strong>Kirchheim</strong> ist im Vergleich zur Zahl der Auspendler zurückgegangen<br />

(Pendlersaldo). Durch den Arbeitsplatzabbau gingen auch sozialversicherungspflichtige<br />

Arbeitsplätze für Frauen in <strong>Kirchheim</strong> verloren.<br />

Die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten am Arbeitsort <strong>Kirchheim</strong> lässt sich<br />

auch nach großen Wirtschaftsbereichen aufgliedern. In Abbildung 3.3 wird die lokale<br />

Arbeitsplatzstruktur mit der Struktur der Nachbargemeinden verglichen.<br />

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Wirtschaftsbeirat<br />

<strong>Standortanalyse</strong> <strong>Kirchheim</strong> bei München<br />

Abb.3.3 <strong>Kirchheim</strong>er Wirtschaftsstruktur im Vergleich<br />

Verteilung der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten am Arbeitsort nach Sektoren<br />

E= Zahl der Einwohner am 31.12.2009<br />

B= Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten am Arbeitsort am 30.6.2009<br />

Quelle: Bayer. Statistisches Landesamt, Statistik Kommunal, Berechnungen des <strong>WBKi</strong><br />

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Wirtschaftsbeirat<br />

<strong>Standortanalyse</strong> <strong>Kirchheim</strong> bei München<br />

Wie sich zeigt, ist der Sektor der Unternehmensdienste in <strong>Kirchheim</strong> deutlich kleiner als in<br />

Feldkirchen, Aschheim, Ismaning und insbesondere Unterföhring. In diesem Wirtschaftsbereich<br />

sind auch die wissensgestützten Dienstleistungen 4 beheimatet. Unterföhring verdankt<br />

die herausragende Stellung der Ansiedlung diverser Fernsehveranstalter, welche die Nähe<br />

zum Film- und Fernsehcluster Münchens angelockt hat, sowie einem Großbetrieb aus dem<br />

Bereich Finanzdienstleistungen. Im Bereich öffentliche und private Dienste 5 arbeiten in<br />

<strong>Kirchheim</strong> rund 30% aller svp-Beschäftigten und dieser ist damit ähnlich gewichtig wie in<br />

Feldkirchen.<br />

Die günstige Verkehrslage der <strong>Gemeinde</strong>n hat nur in <strong>Kirchheim</strong>, Aschheim und Poing zu<br />

einem großen Logistikbereich (Transport und Handel) geführt.<br />

<strong>Kirchheim</strong>, Feldkirchen und Poing verfügen noch über einen gewichtigen produzierenden<br />

Sektor 6 Aus Abb.3.1 ist ersichtlich, dass dabei nicht die High-Tech-Firmen dominieren, die<br />

am Wissenschaftsstandort München gedeihen und mit Innovationen im globalen Wettbewerb<br />

mit den Unternehmen aus den aufstrebenden Schwellenländern bestehen können. Land-<br />

und Forstwirtschaft haben wegen der forschungsgestützten Aktivitäten in Grub nur in Poing<br />

ein nennenswertes Gewicht bei den Arbeitsplätzen für svp-Beschäftigte.<br />

Die Tatsache, dass in <strong>Kirchheim</strong> traditionelle Wirtschaftszweige dominieren und wissensgestützte<br />

Dienste sowie High-Tech-Industrien vergleichsweise schwach vertreten sind, wirkt<br />

sich natürlich auch auf die in <strong>Kirchheim</strong> bezahlten Löhne und Gehälter aus (Abb.3.4) In<br />

<strong>Kirchheim</strong> verdienen im Mittel svp-Beschäftigte deutlich weniger pro Monat als in allen<br />

Nachbargemeinden, insbesondere aber im Vergleich zu Ismaning und Unterföhring.<br />

Angesichts der geringen Verdienste in <strong>Kirchheim</strong> ist auch zu vermuten, dass die Wertschöpfung<br />

pro Beschäftigen in <strong>Kirchheim</strong> niedriger ist, als in den Nachbargemeinden. Außerdem<br />

umfasst die Bruttowertschöpfung neben der gewichtigsten Komponente, der Lohn- und<br />

Gehaltssumme der svp-Beschäftigten, auch noch die Löhne und Gehälter der geringfügig<br />

Beschäftigen, die Einkommen aus Unternehmertätigkeit und Vermögen (einschl. der<br />

Einkünfte der Selbständigen), die Abschreibungen und den Saldo aus indirekten Steuern und<br />

Subventionen. Angesichts des beträchtlichen Abstands bei den Löhnen und Gehältern pro<br />

svp-Beschäftigten dürfte auch die Bruttowertschöpfung pro Erwerbstätigen (= Arbeitsproduktivität)<br />

in <strong>Kirchheim</strong> niedriger sein als in den Nachbargemeinden.<br />

4 Hierzu zählen die Bereiche Informations- und Kommunikationsdienste (Verlage, Film- und Tonstudios, Hörfunk-<br />

und Fernsehveranstalter, Telekommunikation, Programmierung und Softwareherstellung, Datenverarbeitung,<br />

Hosting und Webportale), Finanz- und Versicherungsdienste und die freiberufliche, wissenschaftlichen und<br />

technischen Dienstleistungen (Rechtsanwälte und Steuerberater, Wirtschaftsprüfer, Unternehmensberatung,<br />

Architektur- und Ingenieurbüros, technische, physikalische und chemische Untersuchung, Forschung und<br />

Entwicklung, Werbung und Marktforschung).<br />

5 Sonstige wirtschaftliche Dienstleistungen, Erziehung, Unterricht, Gesundheits- und Sozialwesen, Kunst,<br />

Unterhaltung und Erholung, Sonstige Dienstleistungen (Interessenvertretungen sowie kirchliche und sonstige<br />

religiöse Vereinigungen), Reparatur von Datenverarbeitungsgeräten und Gebrauchsgütern, Wäscherei und<br />

chemische Reinigung, Frisör- und Kosmetiksalons, Saunas, Solarien, Bäder ,Bestattungswesen)<br />

6 Verarbeitendes Gewerbe, Baugewerbe, Energie, Bergbau<br />

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Wirtschaftsbeirat<br />

<strong>Standortanalyse</strong> <strong>Kirchheim</strong> bei München<br />

Abb.3.4 Bezahlte Monatsgehälter im Vergleich<br />

Quelle: Bundesagentur für Arbeit<br />

Zusammenfassend ist festzuhalten, dass <strong>Kirchheim</strong> über viele Kleinbetriebe verfügt. Die<br />

meisten Firmen sind im Handel, in der Logistik und in traditionellen Industrie- und Dienstleistungszweigen<br />

tätig. Wissensgestützte Aktivitäten, die im Münchner Wirtschaftsraum die<br />

besten Wachstumsbedingungen vorfinden und hohe Verdienstmöglichkeiten eröffnen, sind<br />

vergleichsweise rar. Dies zeigt sich auch an der Struktur Beschäftigten nach dem Ergebnis<br />

der Umfrage des Wirtschaftsbeirates, bei der 55 Firmen Auskunft zur Struktur ihrer Belegschaft<br />

gegeben haben (Tab.3.2)<br />

20 / 124<br />

Firmen mit Beschäftigten<br />

< 4 4 bis 19 20 + mehr<br />

Qualifikation Anteile in % an der Belegschaft<br />

Fachhochschul- bzw.<br />

Universitätsabschluss<br />

35,1% 24,6% 10,3%<br />

Fachkräfte 54,1% 42,1% 68,0%<br />

Angelernte 10,8% 33,3% 21,7%<br />

Zahl Beschäftigte (=100%) 37 183 1.039<br />

Tab.3.2 Beschäftigte nach der Qualifikation<br />

Quelle: Umfrage November Dezember 2011 und Berechnungen des <strong>WBKi</strong><br />

Beschäftigte mit einer Fachhochschul- oder Hochschulausbildung spielen nur bei kleinen<br />

Firmen eine größere Rolle. Häufig verfügt hier der Inhaber über eine akademische Ausbildung.<br />

Bei den Betrieben mit mehr als 20 Beschäftigten, die den Hauptteil der Beschäftigten


Wirtschaftsbeirat<br />

<strong>Standortanalyse</strong> <strong>Kirchheim</strong> bei München<br />

stellen, verfügt dagegen nur ein Zehntel der Beschäftigten über eine akademische Qualifikation.<br />

Insgesamt dürfte nur jeder sechste der in <strong>Kirchheim</strong> Beschäftigten über eine Fachschul-<br />

oder Universitätsausbildung verfügen. <strong>Kirchheim</strong> hat im Vergleich der <strong>Gemeinde</strong>n mit 20%<br />

den höchsten Anteil an Hochqualifizierten am Wohnort, aber mit 10% den niedrigsten Anteil<br />

dieser Gruppe am Arbeitsort. Auch dies kann ein Anknüpfungspunkt sein, technologie- und<br />

wissensbasierte Branchen für eine Ansiedlung zu gewinnen.<br />

3.4.<br />

Flächen und Gebäude in Gewerbe- und Mischgebieten<br />

<strong>Kirchheim</strong> verfügt über vier Gewerbegebiete: <strong>Kirchheim</strong> West, <strong>Kirchheim</strong> Ost, <strong>Heimstetten</strong><br />

West und <strong>Heimstetten</strong> Ost (Luftaufnahmen der Gewerbegebiete siehe Anhang). Diese<br />

historisch gewachsene Verteilung hat zur Folge, dass eine vernünftige Gesamtplanung der<br />

Gewerbegebiete sehr schwierig ist. Jedes einzelne Gewerbegebiet ist in sich noch sehr<br />

heterogen zusammengesetzt.<br />

<strong>Kirchheim</strong> West gliedert sich in 3 Bereiche: Das große Karstadtgelände mit seinen Lagerhallen<br />

entlang der Staatsstraße. Eine kleine Versorgungszone aus Geschäften wie Edeka,<br />

Lidl, Mc Donalds und einer Tankstelle. Zum Ortskern von <strong>Kirchheim</strong> hin gibt es gemischtes<br />

Gewerbe, einige IT-Firmen und noch Baulücken. Es bietet sich an, dieses Gebiet durch<br />

Umwidmung aufzuwerten, damit eine Ausweitung des Ortskerns samt Infrastruktur nach<br />

Osten möglich wird.<br />

<strong>Kirchheim</strong> Ost mit seinen Leerständen an großen Gewerbeimmobilien und an Baulücken<br />

(Brachflächen) sollte auch dringend optisch aufgewertet werden. Bestehende Gebäude<br />

können saniert und die leeren Parzellen aufgefüllt werden. Eine Ausweitung zwischen<br />

Staatsstraße, Boschstraße und Gemarkungsgrenze im Osten ist noch möglich. Dieses<br />

Gewerbegebiet scheint anhand der vorhandenen Betriebe und der Lage, für die Ansiedlung<br />

von verarbeitendem Gewerbe geeignet.<br />

<strong>Heimstetten</strong> West beinhaltet im Süden zwei ausgedehnte Verwaltungsareale. Als großer<br />

Produktionsbetrieb ist an der Autobahn die Firma Farben Huber ansässig. Entlang der S-<br />

Bahn ist ein eher kleinteiliges Gebiet um den Klausnerring, eine unattraktive und optisch<br />

unschöne Gewerbefläche.<br />

Zwei größere Areale sind für Neubebauung noch vorhanden.<br />

Eine bessere Erschließung dieses Gebietes könnte erfolgen, wenn in Zusammenarbeit mit<br />

Feldkirchen eine durchgehende Straße vom Klausnerring zum Feldkirchener Gewerbegebiet<br />

gebaut würde. Die weitere Erschließung des südlichen Gewerbegebietes für Verwaltungsgebäude<br />

legt ohnehin eine gemeindeübergreifende Zusammenarbeit nahe, damit eine<br />

sinnvolle Infrastruktur geschaffen werden kann.<br />

<strong>Heimstetten</strong> Ost ist, was Verkehrsanbindung und Lage zum S-Bahnhof und Ort anbelangt,<br />

besser für die Ansiedlung von Büro- und Verwaltungsgebäuden geeignet. Allerdings fehlen<br />

hier noch die Voraussetzungen in Form einer geeigneten Infrastruktur. Auch hier bietet sich<br />

durch Umwidmung eine Verbesserung an (siehe landwirtschaftlich genutzte Fläche und<br />

Brachen). Die Ansiedlung von weiteren Speditionen und Logistikunternehmen sollte auch im<br />

Hinblick auf den hohen Flächenverbrauch vermieden werden.<br />

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Wirtschaftsbeirat<br />

<strong>Standortanalyse</strong> <strong>Kirchheim</strong> bei München<br />

Eine Ausweisung neuer Gewerbeflächen sollte erst erfolgen, nachdem die noch bestehenden<br />

Lücken und Brachflächen in den vorhandenen Gewerbegebieten aufgefüllt sind. Derzeit<br />

bestehen umfangreiche Leerstände in Lagerhallen. Durch Umwidmung in höherwertigere<br />

Produktionshallen könnte die Neuvermietung erleichtert werden.<br />

3.5.<br />

<strong>Gemeinde</strong>steuern, öffentliche Abgaben<br />

Zu den kommunalen Steuern zählen die Grundsteuern 7 , die Gewerbesteuer, der Einkommenssteueranteil,<br />

die Umsatzsteuerbeteiligung und die sonstigen kommunalen Steuern (z.B.<br />

Hundesteuer). Nur bei den Grundsteuern und der Gewerbesteuer verfügt die <strong>Gemeinde</strong> über<br />

die Möglichkeit, das Aufkommen über die Hebesätze zu gestalten. Der Einkommenssteueranteil<br />

und der Umsatzsteueranteil werden nach einem komplizierten Verfahren 8 von der<br />

Finanzverwaltung ermittelt und können von der <strong>Gemeinde</strong> nicht direkt beeinflusst werden.<br />

3.5.1. Interkommunaler Vergleich der <strong>Gemeinde</strong>steuern<br />

Die Größenunterschiede zwischen den <strong>Gemeinde</strong>n erfordern für einen fairen Vergleich, dass<br />

die Steuereinnahmen auf die Zahl der Einwohner bezogen werden. Da das Aufkommen der<br />

Gewerbesteuer beträchtlich mit der Konjunktur schwankt, werden keine Jahreswerte,<br />

sondern Durchschnitte aus fünf Jahren betrachtet um die Einnahmenstrukturen zu charakterisieren.<br />

Das Aufkommen der verschiedenen <strong>Gemeinde</strong>steuer variiert beträchtlich (Tab.3.3). In allen<br />

Kommunen stellt die Gewerbesteuer die wichtigste Steuerquelle dar. Zweitwichtigste<br />

Einnahmequelle ist der <strong>Gemeinde</strong>anteil an der Einkommensteuer.<br />

Steuerart <strong>Kirchheim</strong><br />

Aufkommen in € pro Einwohner am Jahresanfang<br />

im Durchschnitt der Jahre 2005-2009<br />

Aschheim<br />

22 / 124<br />

Feldkirchen<br />

Poing Ismaning<br />

Unterföhring<br />

Grundsteuer A 1,5 4,3 1,1 1,5 4,1 1,1<br />

Grundsteuer B 110,3 227,0 115,1 103,5 130,8 243,8<br />

Gewerbesteuer (netto) 847,3 1.674,5 1.659,2 570,5 1.750,3 7.989,8<br />

Einkommenssteueranteil 595,1 516,7 515,9 558,7 520,9 503,9<br />

Umsatzsteueranteil 69,8 136,3 88,9 30,9 108,7 185,9<br />

Sonst. <strong>Gemeinde</strong>steuern 2,1 1,8 1,3 1,6 1,1 1,2<br />

<strong>Gemeinde</strong>steuereinnahmen 1.626,1 2.560,5 2.381,4 1.266,7 2.515,8 8.925,6<br />

Tab.3.3 Aufkommen bei den <strong>Gemeinde</strong>steuern im Vergleich<br />

Quelle: Bayer. Statistisches Landesamt, Statistik Kommunal, Berechnungen des <strong>WBKi</strong><br />

Beim Steueraufkommen existieren erhebliche Unterschiede zwischen den <strong>Gemeinde</strong>n. Die<br />

<strong>Gemeinde</strong>steuereinnahmen insgesamt sind in Unterföhring mehr als viermal so hoch wie im<br />

7 Grundsteuer A für landwirtschaftlich genutzte Flächen, Grundsteuer B für bebaute oder bebaubare Grundstü-<br />

cke und Gebäude<br />

8 Im Einzelnen vgl. <strong>Gemeinde</strong>finanzreformgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 10. März 2009<br />

(BGBl. I S. 502)


Wirtschaftsbeirat<br />

<strong>Standortanalyse</strong> <strong>Kirchheim</strong> bei München<br />

Durchschnitt der Nachbargemeinden. <strong>Kirchheim</strong> liegt unter diesem Durchschnitt. Nur Poing<br />

hat ein geringeres Aufkommen an <strong>Gemeinde</strong>steuern.<br />

Ein Blick auf die Tabelle zeigt, dass die Unterschiede im Aufkommen zwischen den <strong>Gemeinde</strong>n<br />

im Wesentlichen auf das Gewerbesteueraufkommen zurückzuführen sind. Der Einkommenssteueranteil<br />

und der Umsatzsteueranteil variieren zwar ebenfalls, die Auswirkungen auf<br />

die Gesamteinnahmen sind aber vernachlässigbar. Das Aufkommen bei den sonstigen<br />

<strong>Gemeinde</strong>steuern (z.B. Hundesteuer), ist zwar von den Kommunen durch die Gestaltung der<br />

Steuersätze beeinflussbar, trägt aber überall nur bescheidene Summen zum <strong>Gemeinde</strong>steueraufkommen<br />

bei.<br />

Der Gestaltungs- und Finanzierungsspielraum der <strong>Gemeinde</strong>n hängt also – abgesehen vom<br />

„Deus ex machina-Zufall“ – maßgeblich auch von der Gewerbe- und Ansiedlungspolitik der<br />

Kommune ab. Wie Abb.3.5 zeigt, variieren nämlich die Hebesätze für die Gewerbesteuer<br />

und die im Steueraufkommen weit geringere Grundsteuer B zwischen den <strong>Gemeinde</strong>n nicht<br />

exorbitant. Höchste Steuersätze bedeuten nicht höchste Einnahmen. Das Aufkommen hängt<br />

vielmehr im Wesentlichen davon ab, wie viele gewerbesteuerpflichtige Unternehmen in der<br />

<strong>Gemeinde</strong> angesiedelt sind und wie diese Firmen florieren. 9<br />

Abb.3.5 Hebesätze bei wichtigen <strong>Gemeinde</strong>steuern<br />

Quelle: IHK München und Oberbayern<br />

<strong>Kirchheim</strong> hat den höchsten Hebesatz bei der Gewerbesteuer, bei der Grundsteuer nimmt<br />

Aschheim diese Position ein. Poing macht sich durch einen niedrigen Hebesatz attraktiv für<br />

Gewerbeansiedlungen. Wie in Abschnitt 3.7. nachzulesen ist, hatte Poing damit durchaus<br />

Erfolge in der letzten Dekade zu verzeichnen.<br />

9 Das Gewerbesteueraufkommen hängt vom Gewinn der Firmen (zu dem noch bestimmte Kapitalkosten<br />

hinzugerechnet werden) und dem gemeindlich festgelegte Hebesatz ab.<br />

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Wirtschaftsbeirat<br />

<strong>Standortanalyse</strong> <strong>Kirchheim</strong> bei München<br />

In einer Bewertung kommt man zum Ergebnis, dass der höchste Gewerbesteuerhebesatz<br />

natürlich auch die höchste Hebelwirkung besitzt und inhaltlich die Qualität der Infrastruktur<br />

zumindest teilweise reflektieren müsste. Umgekehrt sind die Grundsteuern sehr stabil und<br />

klar zu kalkulieren. Entscheidend ist aber der Abstand zwischen den Hebesätzen – hoch und<br />

schwankend zum einen, niedrig und stabil zum anderen. Auf eine bessere Struktur der<br />

Steuersätze für <strong>Kirchheim</strong> wird in Kapitel 8 eingegangen.<br />

Beim Gewerbesteueraufkommen bleibt <strong>Kirchheim</strong> aber unter dem Durchschnitt der Nachbargemeinden,<br />

selbst wenn Unterföhring ausgeklammert wird. Es ist also die Zahl, Größe<br />

und Art der Firmen einer <strong>Gemeinde</strong> dafür verantwortlich, welche Möglichkeiten eine <strong>Gemeinde</strong><br />

hat, Ihre Bürger mit Infrastruktur (z.B. Schulen, Krippen, Kindergärten, Einrichtungen<br />

für Senioren, Sportstätten) und Diensten (z.B. Dienste des Einwohnermelde- und Standesamtes<br />

wie Ausstellung von Ausweisen und Trauungen, Straßenpflege und -reinigung,<br />

Werkstoffhöfe, Pflege Grünanlagen) zu versorgen.<br />

54 Firmen brachten 2011 in <strong>Kirchheim</strong> ca. 80% des Gewerbesteueraufkommens der<br />

<strong>Gemeinde</strong> auf. 10<br />

3.5.2. Gewerbesteuer- und Grundsteueraufkommen nach Gewerbegebieten<br />

Ein erheblicher Teil des gesamten Gewerbesteueraufkommens der <strong>Gemeinde</strong> <strong>Kirchheim</strong> bei<br />

München stammt von Firmen aus den Gewerbegebieten. Die Verteilung des gesamten<br />

Aufkommens an Gewerbesteuer, gemessen an den Gewerbesteuerveranlagungen, auf die<br />

einzelnen Gewerbegebiete ist in Tab.3.6 dargestellt. Zugrunde liegen dabei Gewerbesteuerveranlagungen,<br />

die überwiegend erst vorläufig vorliegen, da die endgültige Veranlagung<br />

noch aussteht.<br />

24 / 124<br />

Anteile im Haushaltsjahr<br />

Firmen aus dem Gewerbegebiet 2009 2010 2011<br />

<strong>Kirchheim</strong>-Ost 8,9% 12,6% 10,8%<br />

<strong>Kirchheim</strong>-West 30,0% 22,2% 25,1%<br />

<strong>Heimstetten</strong>-Ost 22,5% 31,3% 23,9%<br />

<strong>Heimstetten</strong>-West 38,6% 33,9% 40,2%<br />

Alle Gewerbegebiete 100,0% 100,0% 100,0%<br />

Absolut in 1000 € (=100%) 7337,0 6730,0 11060,0<br />

Tab.3.4 Verteilung der Gewerbesteuerveranlagungen nach Gewerbegebieten<br />

Quelle: <strong>Gemeinde</strong> <strong>Kirchheim</strong> bei München, Berechnungen des <strong>WBKi</strong><br />

Entsprechend der Ertragsentwicklung der in den Gewerbegebieten ansässigen Firmen<br />

schwanken die Anteile der Gebiete von Haushaltsjahr zu Haushaltsjahr merklich. Eine Rolle<br />

10 Quelle: <strong>Gemeinde</strong> <strong>Kirchheim</strong>, Broschüre Bürgerversammlung, S.13, Berechnungen und Schätzungen des<br />

<strong>WBKi</strong>


Wirtschaftsbeirat<br />

<strong>Standortanalyse</strong> <strong>Kirchheim</strong> bei München<br />

spielt natürlich auch, wenn größere Firmen verschwinden. Im Durchschnitt trägt <strong>Heimstetten</strong>-<br />

West am meisten zum Gewerbesteueraufkommen der Gewerbegebiete bei und <strong>Kirchheim</strong><br />

Ost vergleichsweise wenig.<br />

Interessant ist auch, wie stark die Gewerbegebiete zum Aufkommen zur Grundsteuer B<br />

beitragen, die nicht nur vom Gewerbe, sondern auch von den privaten Grundeigentümern<br />

(ohne Landwirte) aufgebracht wird.<br />

Abb.3.6 Quellen für die Grundsteuer B in <strong>Kirchheim</strong> bei München<br />

Quelle: <strong>Gemeinde</strong> <strong>Kirchheim</strong> bei München, Berechnungen des <strong>WBKi</strong><br />

Über die Hälfte des Aufkommens an Grundsteuer B erbringen die privaten Haushalte bzw.<br />

privaten Grundeigentümer. Das Aufkommen aus den Gewerbegebieten hängt natürlich von<br />

deren Fläche ab.<br />

3.6.<br />

Gemeindliche Investitionen in die Gewerbegebiete<br />

Öffentliche Flächen in Gewerbegebieten sind wie alle anderen öffentlichen Flächen auch von<br />

der <strong>Gemeinde</strong> zu unterhalten. Informationen über besondere Ausgaben in einzelne Gewerbegebiete<br />

liegen nicht vor.<br />

Die <strong>Gemeinde</strong> hat in der derzeitigen Wahlperiode keine Notwendigkeit gesehen, durch<br />

Investitionen die Infrastruktur der Gewerbegebiete zu verbessern.<br />

Als investitionsähnlich wird der Zuschuss der <strong>Gemeinde</strong> für den Ausbau der Geothermie-<br />

Leitungen in das Gewerbegebiet <strong>Heimstetten</strong>-West gesehen. Betriebswirtschaftlich entspricht<br />

dies jedoch eher einer Vorfinanzierung einer Infrastrukturmaßnahme, die von den<br />

derzeit begünstigten Unternehmen über die Betriebskosten an die AFK – also nicht an die<br />

<strong>Gemeinde</strong> als Zuschuss zahlende - im Lauf der Zeit zurückgezahlt werden wird.<br />

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Wirtschaftsbeirat<br />

<strong>Standortanalyse</strong> <strong>Kirchheim</strong> bei München<br />

Investitionen in einzelne Gewerbegebiete nach dem Prinzip von „return on invest“ in Relation<br />

zu entsprechenden Einnahmen von Grund- und Gewerbesteuer zu sehen, wäre an sich<br />

zweckmäßig, mangels Investitionen aber derzeit nicht aussagefähig.<br />

Keine Wettbewerbsvor- bzw. -nachteile im Vergleich zu den umliegenden <strong>Gemeinde</strong>n<br />

bestehen derzeit bei den öffentlichen Abgaben. Ein allerdings erst langfristig wirksamer<br />

Differenzierungsfaktor (außerhalb der AFK) kann über die weitsichtige und umweltbewusste<br />

Entscheidung für Geothermie entstehen. Derzeit ist zumindest fraglich, ob die Wärmeversorgung<br />

der großen Hallen mittels Fernwärmeanschluss mit den Kosten dezentraler Blockheizkraftanlagen<br />

konkurrieren kann.<br />

3.7.<br />

Wirtschaftsentwicklung in den letzten Jahren<br />

<strong>Kirchheim</strong> bei München liegt in der kaufkräftigen und wirtschaftlich prosperierenden Europa-<br />

Metropolregion München. Diese Region zeichnete sich in der letzten Dekade durch überdurchschnittlich<br />

hohes Wachstum aus und wird allgemein als eine der zukunftsträchtigsten<br />

Räume Europas angesehen (vgl. z.B. Prognos AG: Zukunftsatlas 2010).<br />

Wie hat sich nun <strong>Kirchheim</strong> bei München auf der Basis der in Abschnitt 3.3 dargestellten<br />

Strukturen in diesem positiven Umfeld im letzten Jahrzehnt wirtschaftlich entwickelt?<br />

Antworten hierauf liefert ein Vergleich mit den Nachbargemeinden. Alle Kommunen haben<br />

besten Verkehrsanschluss durch die Nähe zur Autobahn- und zur S- Bahn und bieten<br />

Zugang zu den Attraktionen der Stadt München und von Oberbayern. Wichtige Bildungsinfrastruktur<br />

ist auch vor Ort verfügbar und wird z.T. gemeinsam betrieben.<br />

Einen ersten Anhaltspunkt bietet die Entwicklung der Zahl der Umsatzsteuerpflichtigen 11 .<br />

<strong>Kirchheim</strong> hat hier im Vergleich zu den Nachbargemeinden weniger Dynamik entwickelt<br />

(Abb.3.7). Zwar zeigt sich eine Aufwärtstendenz, diese war aber weniger ausgeprägt als in<br />

den anderen Kommunen. Zwischen 1999 und 2008 bildet <strong>Kirchheim</strong> das Schlusslicht.<br />

11 Firmen und Einzelunternehmer, deren Umsatz 17500 € pro Jahr übersteigt. Die regionale Zuordnung des<br />

gesamten Unternehmensumsatzes einschließlich der Umsätze von Filialen, Zweigstellen und Tochterunternehmen<br />

erfolgt am Sitz der Geschäftsleitung des Unternehmens. In <strong>Kirchheim</strong> ansässige Niederlassung werden<br />

deshalb in der Regel nicht erfasst<br />

26 / 124


Wirtschaftsbeirat<br />

<strong>Standortanalyse</strong> <strong>Kirchheim</strong> bei München<br />

27 / 124<br />

Indexstand 2008<br />

(1999 = 100)<br />

<strong>Kirchheim</strong> 106,0<br />

Aschheim 135,1<br />

Feldkirchen 140,5<br />

Poing 114,9<br />

Ismaning 116,5<br />

Unterföhring 129,5<br />

Abb.3.7 Zahl und Entwicklung der Umsatzsteuerpflichtigen<br />

Quelle: Bayer. Statistisches Landesamt, Statistik Kommunal, Berechnungen des <strong>WBKi</strong><br />

Über alle <strong>Gemeinde</strong>n hinweg sorgt ein Umsatzsteuerpflichtiger im Durchschnitt für 14-15<br />

Arbeitsplätze für svp Beschäftigte. In <strong>Kirchheim</strong> sind es deutlich weniger (Abb.3.8). In den<br />

letzen 5 Jahren sind Defizite bei der Ansiedlung/Erhaltung von größeren Betrieben entstanden.<br />

Was das für die Arbeitsplätze bedeutet, wenn sich große Unternehmen ansiedeln, zeigt<br />

Unterföhring.<br />

Arbeitsplätze pro<br />

Steuerpflichtigen<br />

Mittelwert<br />

2004-2008<br />

<strong>Kirchheim</strong> 9,2<br />

Aschheim 14,2<br />

Feldkirchen 11,8<br />

Poing 13,5<br />

Ismaning 11,7<br />

Unterföhring 27,4<br />

Abb.3.8 Sozialversicherungspflichtig Beschäftigte pro Umsatzsteuerpflichtigen<br />

Quelle: Bayer. Statistisches Landesamt, Statistik Kommunal, Berechnungen des <strong>WBKi</strong><br />

Die geringere Dynamik in der Entwicklung der Zahl der Umsatzsteuerpflichtigen und die<br />

Verlagerungstendenz zugunsten kleinerer Firmen hatte Konsequenzen: In <strong>Kirchheim</strong> ist ein


Wirtschaftsbeirat<br />

<strong>Standortanalyse</strong> <strong>Kirchheim</strong> bei München<br />

Abbau von Arbeitsplätzen für sozialversicherungspflichtige Beschäftigte eingetreten<br />

(Abb.3.9). Zuletzt ist eine Stabilisierung zu beobachten. Unterföhring, die <strong>Gemeinde</strong>, die<br />

aufgrund ihrer Wirtschaftsstruktur die Vorteile des Wissenschaftsstandortes München am<br />

besten nutzen kann, liegt mit per Saldo 3204 neu geschaffenen Arbeitsplätzen, seit 2004<br />

weit vorn. Der Umsatz je Umsatzsteuerpflichtigen hat sich in den <strong>Gemeinde</strong>n. im Zeitablauf<br />

zum Teil massiv verändert (Abb.3.10).<br />

28 / 124<br />

Arbeitsplätze,<br />

Veränderung der<br />

Zahl der Beschäftigten<br />

2009 gegenüber<br />

2004<br />

<strong>Kirchheim</strong> -1259<br />

Aschheim 466<br />

Feldkirchen -20<br />

Poing 41<br />

Ismaning 742<br />

Unterföhring 3204<br />

Abb.3.9 Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten am Arbeitsort<br />

Quelle: Bayer. Statistisches Landesamt, Statistik Kommunal, Berechnungen des <strong>WBKi</strong><br />

Umsatz 2008<br />

Index (2003 = 100)<br />

<strong>Kirchheim</strong> 89,3<br />

Aschheim 108,8<br />

Feldkirchen 96,5<br />

Poing 184,1<br />

Ismaning 94,5<br />

Unterföhring 130,1<br />

Abb.3.10 Umsatz pro Umsatzsteuerpflichtigen<br />

Quelle: Bayer. Statistisches Landesamt, Statistik Kommunal, Berechnungen des <strong>WBKi</strong>


Wirtschaftsbeirat<br />

<strong>Standortanalyse</strong> <strong>Kirchheim</strong> bei München<br />

Aschheim hatte Anfang des Jahrzehnts einen großen Strukturbruch zu verkraften. Auch<br />

Unterföhring musste nach dem Platzen der “dot.com-Blase“ einen Einbruch hinnehmen. In<br />

beiden <strong>Gemeinde</strong>n gelang es jedoch, die Unternehmens- und Betriebsstruktur so zu<br />

stabilisieren, dass ein Umsatzsteuerpflichtiger wesentlich höhere Umsätze generiert als in<br />

<strong>Kirchheim</strong> und den anderen Nachbargemeinden. Poing war von allen Kommunen die<br />

einzige, welche im letzten Jahrzehnt erfolgreich mehr umsatzstarke Steuerpflichtige ansiedeln<br />

konnte.<br />

Dies schlug sich auch in der Umsatzentwicklung nieder. Poing hat im Zeitraum 2003 bis<br />

2008 das mit Abstand kräftigste Umsatzwachstum zu verzeichnen. Es folgen Unterföhring<br />

und Aschheim. <strong>Kirchheim</strong> trägt die rote Laterne.<br />

Fazit: <strong>Kirchheim</strong> war im ersten Jahrzehnt dieses Jahrhunderts noch vergleichsweise wenig<br />

mit wissensgestützten Industrie- und Dienstleistungsunternehmen ausgestattet. Es konnte<br />

damit die reichen Möglichkeiten des Münchner Wissenschaftsstandorts weniger als einige<br />

Nachbargemeinden ausschöpfen. In der Entwicklung der Zahl der Umsatzsteuerpflichtigen<br />

und beim Umsatzwachstum bildet <strong>Kirchheim</strong> das Schlusslicht unter den einbezogenen<br />

Nachbargemeinden. In der Konsequenz gingen gegenüber 2004 mehr als 1250 Arbeitsplätze<br />

verloren.<br />

Für die Antwort auf die Frage, wie <strong>Kirchheim</strong> sich in Zukunft besser entwickeln könnte,<br />

bedarf es zunächst einer Analyse der Stärken und Schwächen des Standortes.<br />

4. Bewertung von Standortfaktoren der <strong>Gemeinde</strong><br />

<strong>Kirchheim</strong><br />

4.1.<br />

Vorbemerkungen<br />

Die Beurteilung eines Gewerbestandorts ist von den Sichtweisen der verschiedenen<br />

Stakeholder (Interessengruppen) abhängig. Derartige Stakeholder sind Unternehmer ,<br />

Freiberufler und Handwerker, die Fraktionen als Vertreter der Bürgerschaft, die Bürger<br />

selbst, Grundstückseigentümer, Makler und Multiplikatoren. Der gleiche Faktor kann daher<br />

unterschiedlich bewertet werden.<br />

So wird die Wohnqualität für die Bürger und Fraktionen einen hohen Stellenwert einnehmen,<br />

während dies für Unternehmen, deren Mitarbeiter kaum am Standort wohnen, eher unwichtig<br />

ist. Ein Grundstückseigentümer möchte möglichst hohe Preise für sein Gewerbegrundstück<br />

erzielen, während ein Interessent möglichst niedrige Kosten anstrebt.<br />

Auch die Unternehmen selbst unterscheiden sich in ihren Anforderungen an den Gewerbestandort.<br />

Für manche Betriebe spielt insbesondere die relative Nähe eines Marktes für die<br />

Produkte oder Dienstleistungen, die das Unternehmen herstellt oder anbietet, eine zentrale<br />

Rolle. Für andere spielt eine gute Verkehrsanbindung oder die Erweiterungsmöglichkeit eine<br />

wichtigere Rolle.<br />

Für die Standortwahl von Handwerkern und Freiberuflern sind vor allem die Standortfaktoren<br />

Nachfrage, Kaufkraft, Kosten für Gewerbeimmobilien, Konkurrenz, Einzugsgebiet und<br />

verfügbares qualifiziertes Personal von Bedeutung. Für Industrieunternehmen spielen die<br />

29 / 124


Wirtschaftsbeirat<br />

<strong>Standortanalyse</strong> <strong>Kirchheim</strong> bei München<br />

Verfügbarkeit von Arbeitskräften (Arbeitsmarkt), die Arbeitskosten, die Anbindung an<br />

Verkehrswege, die Erweiterungsmöglichkeit, die Leistungsfähigkeit und Qualität der Infrastruktur<br />

und steuerliche Überlegungen eine wichtige Rolle.<br />

Mehr und mehr spielen für die Ansiedlung gerade auch innovativer Firmen auch "weiche"<br />

Standortfaktoren wie die Wohnqualität, das kulturelle und freizeitorientierte Angebot in der<br />

Standortgemeinde eine Rolle. Inwieweit sich ein Betrieb an den genannten Standortfaktoren<br />

orientiert, ist im Einzelfall von der Betriebsart (Branche) und vom Wirtschaftssektor abhängig.<br />

Aufgrund der Globalisierung und durch das Vordringen der standortunabhängigen Internet-<br />

Kommunikation verliert die räumliche Nähe bei größeren Unternehmen zwischen Zentrale,<br />

Fertigungsstandort und Vertriebsbüros an Bedeutung.<br />

Art der Standortfaktoren Merkmale Faktorqualität<br />

Lagefaktoren Zugehörigkeit Speckgürtel, Erreichbarkeit<br />

Flughafen, Verkehrsanbindung, ÖPNV,<br />

Telefonnetz München, Hinterland<br />

Kostenfaktoren Standortkosten: Grundstücke/Miete, Steuern;<br />

Energiekosten, Kommunale Gebühren<br />

Infrastrukturfaktoren<br />

(Unternehmensbezogen)<br />

Infrastrukturfaktoren<br />

(Bürger- und Mitarbeiterbezogen)<br />

verkehrsgünstige Lage, Breitbandversorgung,<br />

lokaler Markt, Nähe Zulieferer, Verfügbarkeit<br />

unternehmensnaher DL, Fernwärmeversorgung,<br />

Cluster, Konkurrenz, Fühlungsvorteile,<br />

Verfügbarkeit von Expansionsflächen, Nähe<br />

F&E, lokale Verkehrsführung/Parksituation,<br />

Wohnen und Wohnumfeld, Einkaufs- und<br />

Verpflegungsmöglichkeiten Mitarbeiter,<br />

Verfügbarkeit bezahlbarer Wohnraum, Schulen<br />

und Bildung, KiTa, KiHo, KiGa, Parks, Freizeitmöglichkeiten,<br />

Kulturangebot, medizinische<br />

Versorgung, Senioreneinrichtungen, soziale<br />

Einrichtungen<br />

Arbeitsmarktfaktoren Verfügbarkeit hochqualifizierte AN, Verfügbarkeit<br />

Fachpersonal, Verfügbarkeit AzuBi<br />

Imagefaktoren Image <strong>Gemeinde</strong>, Image Großraum, Engagement<br />

Bürger<br />

Politische Rahmenbedingungen<br />

Unternehmensfreundlichkeit der Verwaltung,<br />

Gewerbepolitik, Einstellung Bürger zur Wirtschaft<br />

Umweltfaktoren Umweltqualität, lokale Umweltschutzauflagen,<br />

2-Schichtbetrieb<br />

30 / 124<br />

hart<br />

hart<br />

hart<br />

weich<br />

hart<br />

weich<br />

weich<br />

Manche Standortfaktoren sind einfach objektive Gegebenheiten, wie die relative Lage zu<br />

München, andere Faktoren sind zwar prinzipiell von der Kommune gestaltbar, wie Flächen-<br />

hart


Wirtschaftsbeirat<br />

<strong>Standortanalyse</strong> <strong>Kirchheim</strong> bei München<br />

ausweisungen oder Bauvorschriften. Diese sind aber, wenn sie einmal entschieden wurden,<br />

kaum oder nur sehr schwer veränderbar, während andere Faktoren durchaus im Gestaltungsspielraum<br />

einer Kommune liegen. Im Rahmen der SWOT-Analyse wurden obige<br />

Faktoren von den verschiedenen Stakeholdern genannt und beurteilt<br />

Ziel der folgenden Abschnitte ist es, die Standortfaktoren der <strong>Gemeinde</strong> zu beleuchten. Wo<br />

immer möglich werden möglichst objektive Daten verwendet und im Vergleich zu Nachbargemeinden<br />

dargestellt. Die Beurteilung der Faktoren durch die verschiedenen Stakeholder,<br />

wie sie in den Befragungen und Interviews erhoben wurden rundet das Kapitel ab.<br />

4.2.<br />

Objektive Indikatoren für die Ausstattung mit<br />

Standortfaktoren<br />

Wegen Problemen bei der Messung 12 oder mangels verfügbarer Daten konnten objektive<br />

Indikatoren nicht für alle Standortfaktoren zusammengestellt werden, die in den Umfragen<br />

und Interviews abgefragt worden sind. In diesen Fällen muss man sich allein auf die Befragungsergebnisse<br />

verlassen.<br />

Die Konstellation bei den erfassten Standortfaktoren wird im Folgenden entweder als Tabelle<br />

oder als Abbildung dargestellt. Der Aufbau ist stets gleich: Nach der Angabe der Kategorie<br />

von Faktoren wird in der Überschrift der Standortfaktor aus der Befragung angegeben. Als<br />

nächstes wird der Indikator angegeben, der zur Messung der Lage bei diesen Standortfaktoren<br />

herangezogen wurde. Es folgen die Messwerte für die verschiedenen Kommunen. Ein<br />

kurzer Text am Ende gibt Bemerkenswertes und das Fazit der Tabelle oder Abbildung für<br />

<strong>Kirchheim</strong> wieder.<br />

Nähe München<br />

Zentrum<br />

Verkehrs-<br />

anbindung<br />

Erreichbarkeit<br />

Flughafen mit<br />

ÖPNV<br />

Entfernung zum<br />

Flughafen (PKW)<br />

Busverbindungen<br />

S-Bahn Versorgung<br />

/ Takt<br />

Tab.4.2.1 Lagefaktoren<br />

Aschheim Feldkirchen Ismaning <strong>Kirchheim</strong> Poing<br />

31 / 124<br />

Unter-<br />

föhring<br />

10-14 km 12,5 km 14 km 19,5 km 20,5 km 10 km<br />

A94<br />

A99<br />

B471<br />

A94<br />

A99<br />

B471<br />

B 388<br />

B 471<br />

A99 ./. ./.<br />

Umsteigen Umsteigen direkt Umsteigen Umsteigen direkt<br />

34,4 km 37,6 km 27,4 km 36,8 km 41,3 km 32,6 km<br />

263<br />

228<br />

S2<br />

20 min<br />

285<br />

228<br />

S2<br />

20 min<br />

228<br />

230<br />

231<br />

S8<br />

10 min<br />

12 Im einzelne vgl. G. Reichart: Zur Messung von Standortfaktoren im Anhang<br />

263 463<br />

S2<br />

20 min<br />

S2<br />

20 min<br />

231<br />

232<br />

S8<br />

10 min


Wirtschaftsbeirat<br />

<strong>Standortanalyse</strong> <strong>Kirchheim</strong> bei München<br />

Bezüglich der Lagefaktoren gehören alle <strong>Gemeinde</strong>n zum Speckgürtel Münchens. Bis auf<br />

Poing und Ismaning besitzen alle <strong>Gemeinde</strong>n die Münchner Vorwahl 089. Am nächsten zu<br />

München (Stadtzentrum) liegen Aschheim (Dornach), Feldkirchen und Unterföhring. Die<br />

günstigsten Verbindungen zum Flughafen mit ÖPNV besitzen Ismaning und Unterföhring bei<br />

10-Minutentakt. Bezüglich der Erreichbarkeit des Flughafens mit dem PKW unterscheiden<br />

sich die <strong>Gemeinde</strong>n kaum, lediglich Poing hat hier Nachteile aufzuweisen.<br />

Infrastrukturfaktoren (Unternehmensbezogen)<br />

Von den unternehmensbezogenen Infrastrukturfaktoren, lässt sich nur die Breitbandversorgung<br />

zwischen den <strong>Gemeinde</strong>n direkt vergleichen (Tab.4.2.2). Das schnelle Internet beginnt<br />

eigentlich erst bei einer Übertragungsgeschwindigkeit von 25 Mbit/s. Den besten Zugang<br />

zum schnellen Internet auf Glasfaserbasis hat Feldkirchen, <strong>Kirchheim</strong> nimmt den dritten<br />

Platz ein. Aber 30% der Anschlüsse in <strong>Kirchheim</strong> haben kein schnelles Netz, worüber<br />

besonders betroffene Firmen klagen.<br />

Bezüglich der sonstigen Merkmale lassen sich nur relativ pauschale Bewertungen treffen.<br />

Bezüglich der Verkehrsgünstigkeit der Lage hat Poing sicher derzeit die ungünstigsten<br />

Voraussetzungen, während Aschheim, hier insbesondere Dornach, Feldkirchen und <strong>Kirchheim</strong><br />

günstig angebunden sind. Ismaning und Unterföhring liegen im Mittelfeld. Die weitaus<br />

stärkste Clusterbildung hat Unterföhring aufzuweisen, dort dürfte auch die Ballung der<br />

Firmen positive Agglomerationseffekte bewirken. Allerdings steht diesem positiven Effekt das<br />

Risiko einer hohen Sensitivität einer Monostruktur gegenüber Veränderungen gegenüber.<br />

Bezüglich der Nähe zu F&E-Einrichtungen hat Ismaning wegen der Verbindung nach<br />

Garching gute Voraussetzungen.<br />

Die Verkehrsführung und Parksituation erscheint für das Gewerbegebiet Dornach am besten<br />

gelöst.<br />

Verfügbarkeit schnelles Internet 1)<br />

Ortsname 1Mbit/s 6 Mbit/s 25 Mbits/s<br />

<strong>Kirchheim</strong> 88% 13% 70%<br />

Aschheim 93% 15% 68%<br />

Feldkirchen 99% 95% 80%<br />

Poing 98% 81% 20%<br />

Ismaning 98% 68% 62%<br />

Unterföhring 99% 79% 77%<br />

1) Anteil der ADSL-Anschlüsse mit einer Übertragungsrate von … Mbits/s (downlink) an<br />

allen Telefonanschlüssen<br />

Quelle: Telekom, Stand Oktober 2011<br />

Tab.4.2.2 Kommunikationsnetz<br />

Infrastrukturfaktoren (Bürger- und Mitarbeiterbezogen)<br />

32 / 124


Wirtschaftsbeirat<br />

<strong>Standortanalyse</strong> <strong>Kirchheim</strong> bei München<br />

Hier lassen sich die Krippen- und Kindergartenplätze, die stationären Einrichtungen für<br />

Senioren, die medizinische Versorgung, die Kosten für wohnen und das Wohnumfeld<br />

anhand objektiver Daten zwischen den <strong>Gemeinde</strong>n vergleichen.<br />

Bei den Krippen-, Kindergarten- und Hortplätzen besetzt <strong>Kirchheim</strong> mit 84% des potentiellen<br />

Bedarfs den letzten Platz unter den Nachbargemeinden. Günstiger ist die Situation bei den<br />

Fürsorgeeinrichtungen für ältere Menschen (Abb.4.2.2). Mit einem Versorgungsgrad von 3%<br />

liegt <strong>Kirchheim</strong> im unteren Mittelfeld. Die Versorgung mit Ärzten ist in <strong>Kirchheim</strong> ähnlich gut<br />

wie in Poing und Ismaning (Tab.4.2.3). <strong>Kirchheim</strong> scheint auch das Facharztzentrum für<br />

Aschheim und Feldkirchen zu sein<br />

1 Plätze per 03-2010 zu Bevölkerung < 6 Jahren per 12-2009<br />

Abb.4.2.1 Kinderkrippen- / Kindergartenplätze<br />

Quelle: Statistik Kommunal<br />

33 / 124<br />

Abb.4.2.2 Einrichtungen für Alte / Kranke<br />

Art der Praxen <strong>Kirchheim</strong> Aschheim Feldkirchen Poing Ismaning<br />

Allgemeinmedizin 6 6 4 3 5<br />

Fachärzte 1) 10 2 1 10 16<br />

Zahnärzte etc 11 5 3 10 11<br />

Tierärzte 5 5 1 4 5<br />

Physiotherapie 3 5 3 7 6<br />

Logopädie 0 2 1 3 3<br />

Heilpraktiker 3 4 7 4 7<br />

Apotheken 4 1 1 5 4<br />

Insgesamt 42 30 21 46 57<br />

1) innere Medizin, Frauenheilkunde, Kinder, Augen, HNO, Orthopädie, Chirurgie, Radiologie, Psychotherapie.<br />

Quelle: Gelbe Seiten, Zusammenstellung des <strong>WBKi</strong><br />

Tab.4.2.3 Versorgung mit Ärzten, Gesundheitsbetrieben (Anzahl der Praxen)


Wirtschaftsbeirat<br />

<strong>Standortanalyse</strong> <strong>Kirchheim</strong> bei München<br />

Wohnumfeld, Wohnungsbestand, wie auch Mietpreise für Wohnraum und die Bodenpreise<br />

für Wohnen und Gewerbe lassen sich im <strong>Gemeinde</strong>vergleich darstellen.<br />

Abb.4.2.3 Wie wird gewohnt 13 Abb.4.2.4 Was steht an Wohnraum zur Verfügung<br />

<strong>Kirchheim</strong> glänzt durch die höchste Wohnfläche je Einwohner und die höchste Eigenheimdichte<br />

(Abb.4.10). Die Spitzenposition beim Wohlstandsindikator „Wohnfläche pro Einwohner“<br />

hängt –wie das Beispiel Poing zeigt- nicht allein mit dem hohen Anteil an Eigenheimen<br />

zusammen. Der <strong>Kirchheim</strong>er Wohnungsbestand weicht deutlich von den Strukturen in den<br />

Nachbargemeinden ab (Abb.4.2.3).<br />

Der hohe Anteil an Wohnungen mit 5 und mehr Räumen reflektiert die hohe Eigenheimquote<br />

<strong>Kirchheim</strong>s Abb.4.2.4). Im Zeitraum 2005-2009 zeichnet sich eine Änderungstendenz ab:<br />

Über die Hälfte aller fertiggestellten Wohnungen in <strong>Kirchheim</strong> hatten 3 bis 4 Räume. Bei<br />

Wohnungen mit 1 bis 2 Räumen ist das Angebot in allen Vergleichsgemeinden gering. Junge<br />

Leute, aber auch ältere Menschen finden also schwer eine eigene bzw. eine geeignete<br />

Wohnung in der Region.<br />

Bei den Gewerbemieten liegt <strong>Kirchheim</strong> günstig (Abb.4.2.5). Dies gilt auch für Büros. 3 bis 4<br />

Zimmerwohnungen und Häuser müssen <strong>Kirchheim</strong> dagegen zu ähnlichen hohen Preisen wie<br />

in den Nachbargemeinden angemietet werden. Der Bodenrichtwert wird als Durchschnitt aus<br />

den notariell beurkundeten Kaufpreisen von Grundstücken ermittelt.<br />

<strong>Kirchheim</strong> gehört im Verein mit Feldkirchen zu den <strong>Gemeinde</strong>n, wo noch relativ günstig<br />

Gewerbegrundstücke zu erwerben sind (Abb.4.2.6). Auch bei Wohngrundstücken ist<br />

<strong>Kirchheim</strong> preisgünstig (Abb.4.2.7). Hier ist allerdings zu beachten, dass die Lage und<br />

Gestaltung der Baugebiete erheblichen Einfluss auf den Preis besitzen. Dies schränkt die<br />

Vergleichbarkeit deutlich ein.<br />

13 Wohnfläche im gesamten Wohnungsbestand je Einwohner 2009<br />

Quelle: Bayerisches statistisches Landesamt, Statistik Kommunal, Berechnungen des <strong>WBKi</strong><br />

Anteil von Gebäuden mit einer Wohnung an allen Wohngebäuden 2009<br />

Quelle: Bayerisches statistisches Landesamt, Statistik Kommunal, Berechnungen des <strong>WBKi</strong><br />

34 / 124


Wirtschaftsbeirat<br />

<strong>Standortanalyse</strong> <strong>Kirchheim</strong> bei München<br />

<strong>Kirchheim</strong><br />

Aschheim<br />

Feldkirchen<br />

Poing<br />

Ismaning<br />

Durchschnittliche Mieten Ende<br />

2011<br />

in € pro qm<br />

Gewerbe Wohnen<br />

4 6 8 10 12<br />

Abb.4.2.5 Mietpreise<br />

Quelle: www.immobilienscout24.de, www.immowelt.de,www.my-next-home.de,<br />

SZ, Hallo, KiMi, Berechnungen des <strong>WBKi</strong><br />

<strong>Kirchheim</strong><br />

Aschheim<br />

Feldkirchen<br />

Poing<br />

Ismaning<br />

Unterföhring<br />

Bodenrichtwerte von<br />

Grundstücken für<br />

Gewerbezwecke<br />

€ pro qm<br />

100 200 300 400<br />

30<br />

69<br />

Spanne in €<br />

130<br />

20<br />

30<br />

50<br />

Abb.4.2.6 Preise für Gewerbegrundstücke Abb.4.2.7 Preise für Wohngrundstücke<br />

Quelle: Landratsämter München und Ebersberg<br />

35 / 124<br />

<strong>Kirchheim</strong><br />

Aschheim<br />

Feldkirchen<br />

Poing<br />

Ismaning<br />

Unterföhring<br />

Bodenrichtwerte von<br />

Grundstücken für<br />

Wohnzwecke<br />

€ pro qm<br />

300 500 700 900<br />

50<br />

10<br />

200<br />

50<br />

Spanne in €<br />

110<br />

20


Wirtschaftsbeirat<br />

<strong>Standortanalyse</strong> <strong>Kirchheim</strong> bei München<br />

Abb.4.2.8 Erschlossene Flächen<br />

Quelle: Statistik Kommunal 2010<br />

In <strong>Kirchheim</strong> entfällt 0,2% der Gesamtfläche auf die Betriebsfläche (Abb.4.2.8). Die Betriebsfläche<br />

enthält alle unbebauten Flächen, die überwiegend gewerblich, industriell oder für<br />

Zwecke der Ver- und Entsorgung genutzt werden. Allerdings ist zu berücksichtigen, dass<br />

große Teile des <strong>Gemeinde</strong>gebietes im Norden zum Speichersee liegen und damit kaum<br />

anders als landwirtschaftlich genutzt werden können. Platz für Neu-Ansiedlung von Gewerbe<br />

steht dennoch noch ausreichend zur Verfügung, auch in den vorhandenen Industriegebieten<br />

können noch Baulücken geschlossen werden.<br />

<strong>Kirchheim</strong> liegt beim Grundsteuerhebesatz und beim Gewerbesteuerhebesatz über dem<br />

Durchschnitt der Nachbargemeinden (Abb.3.5)<br />

Imagefaktoren<br />

Imagefaktoren hängen sicher mit am stärksten von subjektiven Wahrnehmungen und<br />

Einstellungen ab. Die hier angegebenen Indikatoren geben nur die Altersstruktur<br />

(Abb.4.2.10) und die Anzahl der durchgeführten Bürgerbegehren (Tab.4.2.4) wieder. Die<br />

eigentliche Imagebewertung wurde durch eine Befragung ermittelt.<br />

36 / 124


Wirtschaftsbeirat<br />

<strong>Standortanalyse</strong> <strong>Kirchheim</strong> bei München<br />

25,0%<br />

20,0%<br />

15,0%<br />

10,0%<br />

5,0%<br />

0,0%<br />

Einwohner nach Altersklassen (2009)<br />

<strong>Kirchheim</strong> Aschheim Feldkirchen<br />

Poing Ismaning Unterföhring<br />

Abb.4.2.10 Altersstruktur der <strong>Gemeinde</strong>n<br />

<strong>Kirchheim</strong> hat den höchsten Anteil an über 50-Jährigen (Abb.4.9)und mit 43,9 Jahren das<br />

höchste Durchschnittsalter unter den sechs Kommunen. Wegen der stagnierenden Bevölkerung<br />

wurde binnen zwei Jahrzehnten aus der jüngsten die älteste <strong>Gemeinde</strong> im Umkreis.<br />

<strong>Gemeinde</strong> Aschheim Feldkirchen Ismaning <strong>Kirchheim</strong> Poing Unterföhring<br />

Anzahl 1 0 0 6 0 5<br />

Tab.4.2.4 Bürgerbegehren seit 1995<br />

Quelle: Forschungsstelle Bürgerbeteiligung und direkte Demokratie an der Universität<br />

Marburg, cgi-host.uni-marburg.de<br />

Bürgerbegehren sind in Bayern auf kommunaler Ebene seit 1995 möglich. In der Regel<br />

richten sie sich gegen Vorhaben wie Verkehrsprojekte, Bauvorhaben oder Gewerbeansiedlungen.<br />

Die Bürger <strong>Kirchheim</strong>s haben am häufigsten unter den Vergleichsgemeinden auf<br />

dieses Instrument zurückgegriffen (Tab.4.2.4).<br />

Einige von den abgefragten Standortfaktoren konnten aus verschiedenen Gründen nicht<br />

objektiv gemessen werden. Hierzu zählt der Standortfaktor „Schulen und Bildungseinrichtungen<br />

für Erwachsene“, wo durch den gemeinsamen Schulverband mit Feldkirchen und<br />

Aschheim eine Differenzierung sich verbot. Auch die „Höhe der Gebühren und Abgaben“<br />

wird im Wesentlichen durch überregionale Anbieter bestimmt. Mangels Daten muss man sich<br />

bei den Standortfaktoren „Nähe zu Zulieferbetrieben“, „Kooperationsbereitschaft der Behörden“,<br />

„Cluster, Konkurrenz, Fühlungsvorteile“, „Stimulierung durch Wettbewerb“, „Umweltqualität“,<br />

Vergnügungsmöglichkeiten“ allein auf die Umfrageergebnisse verlassen. Diese<br />

weichen Standortfaktoren lassen sich in der Regel auch nicht auf einzelne <strong>Gemeinde</strong>n<br />

abgrenzen.<br />

37 / 124


Wirtschaftsbeirat<br />

<strong>Standortanalyse</strong> <strong>Kirchheim</strong> bei München<br />

4.3.<br />

Aussagen der Unternehmen<br />

4.3.1. Gewichtung und Bewertung der erhobenen Standortfaktoren<br />

Eine Bewertung des Gewichts der Standortfaktoren und eine Beurteilung der Ausprägung in<br />

<strong>Kirchheim</strong> wurde von 39 Firmen abgegeben. Sie verteilen sich über alle Gewerbegebiete und<br />

den übrigen Ort und weisen keinen branchenmäßigen Schwerpunkt auf. Die Hälfte der<br />

Firmen hat mehr als 8 Beschäftigte. Im Durchschnitt aller Betriebe werden mehr als 39<br />

Mitarbeiter beschäftigt.<br />

Abb.4.3.1.1 stellt die Medianwerte aus den Urteilen der Unternehmen dar, nach dem<br />

Gewicht der Standortfaktoren sortiert. Einem leistungsfähigen Kommunikationsnetz wurde<br />

als einzigem Standortfaktor ein sehr hohes Gewicht zugeordnet. Als wichtig wurden auch die<br />

Standortfaktoren „Umweltqualität“, Einkaufsmöglichkeiten“, „Wirtschaftsklima am Standort<br />

und Mentalität der ansässigen Bevölkerung“, „Grundstückspreise und Mietkosten“, „Höhe der<br />

Grund- und Gewerbesteuer“, „Nähe zu Zulieferbetrieben“ „Wohnumfeld (Attraktivität)“<br />

eingestuft. Mit geringem Abstand folgen die Standortfaktoren „Kooperationsbereitschaft der<br />

Behörden“, „erschlossene Flächen“ und „Kinderkrippen, Kindergarten, Horte“ (Abb.4.3.1.1).<br />

Festzuhalten ist, dass nicht nur harte Standortfaktoren wie den Grundstückspreisen und<br />

Mietkosten ein hohes Gewicht beigemessen wird. Ebenso hoch werden weiche Faktoren wie<br />

die Einkaufsmöglichkeiten oder das Wirtschaftsklima eingestuft.<br />

Kommunikationsnetz<br />

Stimulierung durch<br />

10,0<br />

Einkaufsmöglichkeite<br />

Vergnügungsmöglichk Wettbewerb<br />

Grundstückspreise/Mi<br />

n<br />

eiten<br />

8,0<br />

etkosten<br />

Schulen und<br />

Erwachsenenbildung<br />

6,0<br />

Höhe Grund-<br />

/Gewerbesteuer<br />

Höhe der Gebühren<br />

und Abgaben<br />

Cluster, Konkurrenz<br />

bzw. Fühlungsvorteile<br />

Wohnmöglichkeiten<br />

Versorgung mit<br />

Ärzten,…<br />

Abb.4.3.1.1 Gewichtung der Standortfaktoren durch die befragten Unternehmer<br />

Quelle: Erhebung November 2011 bis Januar 2012 und Berechnungen des <strong>WBKi</strong><br />

4,0<br />

2,0<br />

0,0<br />

38 / 124<br />

Nähe zu<br />

Zulieferbetrieben<br />

Umweltqualität<br />

Wirtschaftsklima am<br />

Standort, Mentalität…<br />

Wohnumfeld<br />

(Attraktivität)<br />

Image des Standortes<br />

Einrichtungen für Alte<br />

erschlossene Flächen<br />

Kinderkrippen,<br />

und Kranke<br />

Kindergärten, Horte<br />

Kooperationsbereitsch<br />

aft der Behörden<br />

Gewichtung<br />

Einschätzung


Wirtschaftsbeirat<br />

<strong>Standortanalyse</strong> <strong>Kirchheim</strong> bei München<br />

Die ansässigen Firmen beurteilen bei dem ihrer Ansicht nach wichtigsten Standortfaktor,<br />

dem leistungsfähigen Kommunikationsnetz, die Lage in <strong>Kirchheim</strong> am schlechtesten. Die<br />

Hälfte der befragten Unternehmen stuft die Situation als schlechter als 3 auf der Skala von 1<br />

bis 10 ein. Die fehlenden 30% von Anschlüssen ans Hochgeschwindigkeitsnetz (vgl.<br />

Tab.4.2.2) sorgen also für einige Unzufriedenheit, nicht nur im <strong>Kirchheim</strong>er Gewerbegebiet.<br />

Am besten wird die Situation in <strong>Kirchheim</strong> bei den Standfaktoren „Umweltqualität“, Versorgung<br />

mit Ärzten und Gesundheitsbetrieben“ sowie „Fürsorgeeinrichtungen für Alte und<br />

Kranke“ eingestuft. Die Einstufung der beiden Letzteren stimmt mit der objektiven Situation<br />

im Vergleich zu den Nachbargemeinden überein (vgl. Tab.4.2.3 und Abb.4.2.2). Aber auch<br />

bei diesen Faktoren wird kein sehr gut, sondern nur die Note 2 vergeben.<br />

Das Urteil zu den meisten übrigen Standfaktoren pendelt zwischen den Einstufung 4 bis 6<br />

der vorgegeben Skala, kann also als befriedigend gelten. Nur an der Clusterbildung scheint<br />

es in <strong>Kirchheim</strong> noch zu hapern.<br />

Die herausragende Stellung <strong>Kirchheim</strong> beim Wohlstandsindikator „ Wohnraum“ (vgl.<br />

Abb.4.2.4) findet in der Beurteilung der Wohnmöglichkeiten und des Wohnumfelds keine<br />

Entsprechung. Offenbar reflektiert das Urteil der Firmen stärker die Knappheit an Wohnungen,<br />

die auch in <strong>Kirchheim</strong> besteht.<br />

4.3.2. Zukunftsplanungen der Firmen<br />

Die Zukunftsplanungen der Firmen zeigen, wie nicht anders zu erwarten, kein einheitliches<br />

Bild. Unterschiedliche wirtschaftliche Entwicklung, wie auch unterschiedliche Markt- und<br />

Rahmenbedingungen lassen dies auch nicht erwarten.<br />

Insgesamt haben sich zu diesem Thema 76 Firmen geäußert. 34 Firmen hatten weniger als<br />

4 Beschäftigte, 25 Firmen zählten zwischen 4 und 19 Beschäftigten und 17 Firmen wiesen<br />

mehr als 20 Beschäftigte auf. Die Ergebnisse sind in Tabelle 4.1 nach Größenklassen<br />

getrennt dargestellt.<br />

39 / 124


Wirtschaftsbeirat<br />

<strong>Standortanalyse</strong> <strong>Kirchheim</strong> bei München<br />

40 / 124<br />

Firmen mit einer Zahl der Beschäftigten<br />

Variable < 4 4 bis 19 20 + mehr<br />

Belegschaft<br />

Arbeitsplatzaufbau 29,4% 36,0% 64,7%<br />

Arbeitsplätze halten 32,4% 48,0% 29,4%<br />

Arbeitsplatzabbau (inkl. Verlagerung) 8,8% 8,0% 0,0%<br />

Ohne Angabe 29,4% 8,0% 5,9%<br />

Flächenbedarf<br />

Zusatzfläche nötig 17,6% 24,0% 29,4%<br />

Kein Änderungsbedarf 58,8% 48,0% 70,6%<br />

Flache reduzieren 0,0% 4,0% 0,0%<br />

Ohne .Angabe 23,5% 24,0% 0,0%<br />

Umsatzerwartung<br />

steigend 35,3% 44,0% 64,7%<br />

konstant 41,2% 44,0% 23,5%<br />

fallend 17,6% 4,0% 5,9%<br />

Ohne Angabe 5,9% 8,0% 5,9%<br />

Tab.4.1 Zukunftsplanungen der Firmen<br />

Quelle: Erhebung und Berechnungen des <strong>WBKi</strong><br />

Die Pläne der beteiligten Firmen können als positiv für den Standort <strong>Kirchheim</strong> bei München<br />

gewertet werden. Die Mehrzahl der Firmen will expandieren oder findet ihre derzeitige Größe<br />

passend. Nur eine kleine Minderheit sieht Anpassungsbedarf nach unten. Über wiegend<br />

werden höhere Umsätze erwartet. Diese Tendenzen sind bei den größeren Firmen (20 und<br />

mehr Beschäftigte) deutlich stärker ausgeprägt als bei den Kleinfirmen.<br />

Zwei interviewte Firmen würden gerne wachsen, haben aber keine ausreichenden Erweiterungsmöglichkeiten.<br />

Die Kosten für Gewerbeflächen werden im Gegensatz zur objektiven<br />

Lage (vgl. Abb.4.2.6 und 4.2.7) von einigen Firmen als zunehmend kritisch angesehen. Mehr<br />

als 50% der Befragten haben derzeit keinen Bedarf an weiterem Ausbau.<br />

4.3.3. Anregungen zu Verbesserungsmaßnahmen für den Gewerbestandort<br />

Im Rahmen der Interviews wurde auch nach notwendigen Verbesserungsmaßnahmen für<br />

den Gewerbestandort gefragt. In den nachfolgenden Grafiken werden die Anregungen der<br />

interviewten Unternehmen nach zwei Gruppen unterschieden, einmal die Gruppe der großen<br />

Unternehmen und die Gruppe der Unternehmen, die als kleine Unternehmen gelten oder als<br />

juristische Personen angesehen werden können.


Wirtschaftsbeirat<br />

<strong>Standortanalyse</strong> <strong>Kirchheim</strong> bei München<br />

15%<br />

4%<br />

15%<br />

4%<br />

Anregungen der Unternehmen<br />

Große Firmen<br />

5%<br />

1%<br />

15%<br />

Abb.4.3.1.2 Anregungen für Verbesserungsmaßnahmen (große Unternehmen)<br />

20%<br />

Hier fällt auf, dass ein erheblicher Handlungsbedarf für eine aktivere <strong>Gemeinde</strong>verwaltung<br />

gesehen wird und dies einhergeht mit dem Bedürfnis, den baulichen und optischen Zustand<br />

in den Gewerbegebieten zu verbessern. Dem Thema Breitbandkommunikation, der Schaffung<br />

eines büro- und familienfreundlichen Umfeldes für die eigenen Mitarbeiter sowie einer<br />

verbesserten Verkehrsorganisation werden hohe Bedeutung zugemessen.<br />

Auch für die kleineren Unternehmen und juristischen Personen ergibt sich kein sehr unterschiedliches<br />

Bild (Abb.4.3.1.3). Lediglich der Verkehrsorganisation kommt aus Sicht dieser<br />

Betriebe eine geringere Bedeutung zu. Dies ist sicher auch dadurch zu erklären, dass diese<br />

keinen so intensiven Güterverkehr betreiben und daher von diesem Thema weniger betroffen<br />

sind.<br />

41 / 124<br />

21%<br />

Eine aktive <strong>Gemeinde</strong>verwaltung<br />

Zustand der Gewerbegebiete<br />

verbessern<br />

Eine bessere Breitbandversorgung<br />

(Internet)<br />

Ein büro- und familienfreundliches<br />

Umfeld schaffen<br />

Verkehrsorganisation<br />

Recruiting von neuen MA<br />

unterstützen<br />

Umweltauflagen lockern<br />

Emissionen reduzieren<br />

Gewerbesteuersatz reduzieren<br />

Wirtschaftlichkeitsfreundlichkeit der<br />

Bürger erhöhen


Wirtschaftsbeirat<br />

<strong>Standortanalyse</strong> <strong>Kirchheim</strong> bei München<br />

5%<br />

18%<br />

2% 7%<br />

3%<br />

Anregungen der Unternehmen<br />

Juristische Personen und kleine Firmen<br />

4%<br />

19%<br />

Abb.4.3.1.3 Anregungen für Verbesserungsmaßnahmen (kleinere Unternehmen und<br />

juristische Personen)<br />

Die Anregungen aus den Interviews werden nachfolgend im Einzelnen vorgestellt. Die<br />

wesentlichen Anregungen für die <strong>Gemeinde</strong>politik ranken sich um die Themenbereiche:<br />

� Verbesserungen der Bedingungen vor Ort für Mitarbeiter und deren Familien<br />

28%<br />

14%<br />

- Hier wird vor allem der Mangel an Versorgungseinrichtungen für Mittagessen,<br />

Einkaufs- und Erledigungsmöglichkeiten der Mitarbeiter in den Gewerbegebieten<br />

beklagt.<br />

- Fehlende Unterbringungsmöglichkeiten für Kleinkinder in Krippen oder Horten<br />

wurden ebenfalls mehrfach angesprochen.<br />

- Ebenso wurde der Mangel an attraktivem Wohnraum (kaum Neubautätigkeit)<br />

für Mitarbeiter am Standort wiederholt erwähnt.<br />

- Auch auf den Mangel an Freizeit-, Erholungs- und Sportangeboten für Mitarbeiter<br />

nahe zu den Gewerbebetrieben wurde hingewiesen.<br />

42 / 124<br />

Eine aktive <strong>Gemeinde</strong>verwaltung<br />

Zustand der Gewerbegebiete<br />

verbessern<br />

Eine bessere Breitbandversorgung<br />

(Internet)<br />

Ein büro- und familienfreundliches<br />

Umfeld schaffen<br />

Verkehrsorganisation<br />

Recruiting von neuen MA<br />

unterstützen<br />

Umweltauflagen lockern<br />

Emissionen reduzieren<br />

Gewerbesteuersatz reduzieren<br />

Wirtschaftlichkeitsfreundlichkeit<br />

der Bürger erhöhen


Wirtschaftsbeirat<br />

<strong>Standortanalyse</strong> <strong>Kirchheim</strong> bei München<br />

- Das optische Erscheinungsbild der Gewerbegebiete sei nicht einladend, wirke<br />

unsauber und biete keine Erholungsmöglichkeiten in Arbeitspausen. Auch das<br />

Angebot von Restaurants für Kundeneinladungen erscheint in Qualität und Vielfalt<br />

als nicht ausreichend.<br />

� Verbesserung der Verkehrssituation<br />

- In vielen Gewerbegebieten des Ortes stört der hohe LKW-Verkehr. Von LKWs<br />

zugeparkte Straßen, dadurch verursachter Lärm, Verkehrsbehinderungen durch<br />

Rangier- und Wendemanöver werden beklagt. Angeregt wird die Errichtung eines<br />

Autohofes für das Abstellen der LKWs und die Unterbringung und Versorgung<br />

der Fahrer.<br />

- Die Verkehrssituation am Kreisverkehr nördliche Einmündung <strong>Heimstetten</strong>er<br />

Moosweg zu Spitzenzeiten führt zu massiven Staus und Behinderungen. Die<br />

Einführung intelligenter, verkehrsabhängiger Lichtsignalanlagen wurde mehrfach<br />

angeregt.<br />

- Kritik wurde an der unzureichenden Schneeräumung vom S-Bahnhof zu den<br />

Betriebsstätten geübt, da es hier immer wieder zu Unfällen auf dem Arbeitsweg<br />

käme.<br />

� Verbesserung des ÖPNV<br />

- Deutliche Kritik wird an dem unzureichenden Takt sowohl der S-<br />

Bahnverbindung wie auch der Busverkehre geübt<br />

- Fehlende schnelle Flughafenverbindung<br />

� Verbesserung der Breitbandkommunikation<br />

- Hier besteht aus Sicht vieler Gewerbetreibender ein massiver und äußerst dringender<br />

Handlungsbedarf. Die Breitbandinitiative des Wirtschaftsbeirates wird<br />

einhellig unterstützt.<br />

� Verbesserung der Energieversorgung<br />

- Von einigen Unternehmen wurde das Thema Kosten der Energieversorgung<br />

angesprochen.<br />

- Die Geothermie erscheint einigen Unternehmen als ungeeignete Lösung, vielmehr<br />

wird der Aufbau von Blockheizkraftwerken befürwortet bzw. geplant. Hier<br />

käme eventuell auch eine gemeinsame Nutzung durch mehrere Unternehmen<br />

in Frage.<br />

� Strategie und aktive Rolle der <strong>Gemeinde</strong><br />

- Hier wird ein Ansprechpartner bei der <strong>Gemeinde</strong> gewünscht, der proaktiv auf<br />

die Unternehmen zugeht, der die Anliegen und Bedarfe aufnimmt und in den<br />

politischen Entscheidungsprozess einbringt.<br />

- Es wird eine stärkere strategische Ausrichtung der Gewerbeansiedlung mit verlässlichen<br />

Rahmenbedingungen erwartet. Weiterhin würde eine aktive Unter-<br />

43 / 124


Wirtschaftsbeirat<br />

<strong>Standortanalyse</strong> <strong>Kirchheim</strong> bei München<br />

stützung durch gezielte Anwerbung von Firmen bei der Entwicklung von Clustern<br />

begrüßt.<br />

- Gewünscht werden Veranstaltungen für Gewerbetreibende in denen Kennenlernen,<br />

Informations- und Gedankenaustausch untereinander wie auch mit der<br />

<strong>Gemeinde</strong>verwaltung und Politik möglich werden.<br />

4.3.4. Anregungen für die <strong>Gemeinde</strong>verwaltung / Gewerbepolitik<br />

Die Aussagen der befragten Unternehmen zur <strong>Gemeinde</strong>verwaltung und zur <strong>Gemeinde</strong>politik<br />

werden nicht als wörtliche Zitate wiedergegeben, um Rückschlüsse auf Firmen zu<br />

vermeiden. Es wird aber versucht, die Wortwahl möglichst nahe an den Originalaussagen zu<br />

orientieren. Eine Wortwahl, die den Originalaussagen entspricht, ist in Anführungszeichen<br />

gesetzt.<br />

Auch hier ergibt sich ein sehr heterogenes Bild. Etwa die Hälfte der befragten Unternehmen<br />

ist zufrieden mit der <strong>Gemeinde</strong>verwaltung und hat keine Anregungen oder Forderungen. Die<br />

andere Hälfte hat dagegen viele Anregungen und Forderungen und übt teils massive Kritik<br />

an der <strong>Gemeinde</strong>verwaltung und an der <strong>Gemeinde</strong>politik. In den Interviews entstand der<br />

Eindruck, dass sich manche Betriebe von der <strong>Gemeinde</strong> nicht verstanden und in ihren<br />

Bedarfen berücksichtigt fühlen. Hier scheint ein erhebliches Kommunikationsdefizit zu<br />

bestehen.<br />

Aus den Interviews wird deutlich, dass sich viele Gewerbetreibende von der <strong>Gemeinde</strong>verwaltung<br />

wie auch vom Bürgermeister eine deutlich „aktivere Rolle“ im Zugehen auf Gewerbetriebe<br />

wünschen. „Einladungen zum Firmenbesuch wurden seit 4 Jahren ignoriert“. Die<br />

Unternehmen fühlen sich vielfach als „nicht willkommen“ in der <strong>Gemeinde</strong> und empfinden die<br />

<strong>Gemeinde</strong>verwaltung bezüglich der Gewerbetreibenden als „viel zu passiv“, „desinteressiert“<br />

oder „gleichgültig“.<br />

Vor-Ort- Besuche durch den Bürgermeister oder Vertreter der <strong>Gemeinde</strong> liegen teils Jahre<br />

zurück, Anliegen werden nicht oder nicht schnell genug aufgenommen. Die sich über<br />

Jahrzehnte hinziehende Ortsmitteplanung wird von manchen Unternehmen als Ausweis<br />

einer zaudernden und strategisch orientierungslosen <strong>Gemeinde</strong>politik wahrgenommen. Auch<br />

das Image von <strong>Kirchheim</strong> b. München als Investitionsstandort leide darunter.<br />

4.3.5. Spezifika von Handwerkern und Freiberuflern<br />

Von den 39 Firmen, welche die Bedingungen am Standort <strong>Kirchheim</strong> bewertet haben, zählen<br />

7 zum Handwerk und den Freiberuflern. Im Folgenden wird die Frage untersucht, inwieweit<br />

die Bewertungen und Einschätzungen von Handwerkern und Freiberuflern vom Durchschnitt<br />

aller Unternehmen abweichen. Zunächst wird der Frage nachgegangen, ob die Wichtigkeit<br />

der Standortfakturen unterschiedlich bewertet wird (Abb.4.3.1.4).<br />

44 / 124


Wirtschaftsbeirat<br />

<strong>Standortanalyse</strong> <strong>Kirchheim</strong> bei München<br />

Vergleich der Wichtigkeit (Mittelwerte) von<br />

Standortfaktoren<br />

Handwerker und Freiberufler Unternehmen<br />

Kommunikationsnetz<br />

Grundstückspreise/Mietkosten<br />

Höhe der Grundsteuer und der Gewerbesteuer<br />

Wirtschaftsklima am Standort, Mentalität der…<br />

Einkaufsmöglichkeiten<br />

Umweltqualität<br />

Nähe zu Zulieferbetrieben<br />

Wohnmöglichkeiten<br />

erschlossene Flächen<br />

Kooperationsbereitschaft der Behörden<br />

Versorgung mit Ärzten, Gesundheitsbetrieben<br />

Image des Standortes in der Region<br />

Kinderkrippen, Kindergärten, Horte<br />

Wohnumfeld (Attraktivität)<br />

Höhe der Gebühren und Abgaben<br />

Fürsorgeeinrichtungen für Alte und Kranke<br />

Cluster, Fühlungsvorteile<br />

Vergnügungsmöglichkeiten<br />

Schulen und Bildungseinrichtungen für Erwachsene<br />

Stimulierung durch Wettbewerber<br />

Abb.4.3.1.4 Vergleich der Wichtigkeit von Standortfaktoren<br />

0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10<br />

Wichtigkeit (0 = Vernachläsigbar, 10 = sehr wichtig)<br />

Insgesamt messen die Handwerker und Freiberufler den meisten Standortfaktoren eine<br />

höhere Wichtigkeit bei als der Unternehmensdurchschnitt. Ein signifikant höheres Gewicht<br />

haben für Handwerker und Freiberufler das Wohnumfeld (Attraktivität), die Schulen und<br />

Bildungseinrichtungen für Erwachsene sowie die Versorgung mit Ärzten, Gesundheitsbetrieben.<br />

Dies hängt vermutlich damit zusammen, dass die Chefs diese Gruppe von Firmen häufiger<br />

am Ort wohnen als der Durchschnitt der Unternehmen. Weniger wichtig für Handwerker und<br />

Freiberufler sind die Standortfaktoren „Nähe zu Zulieferbetrieben“, „Cluster, Fühlungsvorteile“<br />

und „Höhe der Grundsteuer und der Gewerbesteuer“. Insbesondere letzteres überrascht<br />

nicht, da Freiberufler nicht gewerbesteuerpflichtig sind.<br />

Die Einschätzung der Ausprägung der Standortfaktoren durch die Handwerker wird im<br />

Folgenden mit dem Unternehmensdurchschnitt verglichen (Abb.4.3.1.5).<br />

45 / 124


Wirtschaftsbeirat<br />

<strong>Standortanalyse</strong> <strong>Kirchheim</strong> bei München<br />

Abb.4.3.1.5 Vergleich der Bewertung der Ausprägung der Standortfaktoren in <strong>Kirchheim</strong><br />

Quelle: Erhebung und Berechnungen des WBKI; Rangfolgen entsprechen der Wichtigkeit im<br />

Durchschnitt aller Firmen.<br />

Es zeigt sich, dass die Ausprägung der Standortfaktoren in <strong>Kirchheim</strong> bei München von den<br />

Handwerkern und Freiberufler sehr ähnlich eingeschätzt wird wie vom Durchschnitt aller<br />

Firmen. Eine signifikant bessere Bewertung erfahren nur die Standfaktoren „Stimulierung<br />

durch Wettbewerber“ und „Schulen und Bildungseinrichtungen für Erwachsene“. Signifikant<br />

schlechter wird die Lage bei „Cluster, Fühlungsvorteilen“, „erschlossenen Flächen“ und beim<br />

Kommunikationsnetz bewertet.<br />

46 / 124


Wirtschaftsbeirat<br />

<strong>Standortanalyse</strong> <strong>Kirchheim</strong> bei München<br />

11%<br />

8%<br />

Abb.4.3.1.6 Standortfaktoren - zukünftig wichtig für Handwerker und Freiberufler<br />

Hier ist bemerkenswert, dass die Energiekosten noch deutlich bedeutender eigeschätzt<br />

werden als die Frage einer leistungsfähigen Breitbandkommunikation. Generell fällt hier die<br />

Bedeutung eines breiten Spektrums von Umweltfaktoren auf.<br />

17%<br />

Was wird für Ihren Betrieb wichtig?<br />

14%<br />

6%<br />

17%<br />

16%<br />

6%<br />

6%<br />

20%<br />

21%<br />

29%<br />

Abb.4.3.1.7 Verbesserungsbedarfe generell<br />

Das auffälligste Ergebnis ist hier die Forderung nach einem besseren Erscheinungsbild und<br />

der Wunsch nach einem Wachstum der <strong>Gemeinde</strong>. Die Verbesserung der Breitbandversorgung<br />

und der Wunsch nach besseren Versorgungsmöglichkeiten für Mitarbeiter, wie auch<br />

29%<br />

47 / 124<br />

komunale Gebühren<br />

Energie-Versorgungs-Kosten<br />

Kommunikationsnetz<br />

Geräuschpegel<br />

Umweltqualität<br />

Wasserversorgung<br />

Wasserqualität<br />

Verkehrswege<br />

Wichtige Verbesserungsmaßnahmen<br />

Erscheinungsbild der <strong>Gemeinde</strong><br />

Kommunikationsinfrastruktur<br />

Versorgung/Einkaufsmöglichkeiten<br />

Kontakt zur <strong>Gemeinde</strong>verwaltung<br />

Wachstum der <strong>Gemeinde</strong>


Wirtschaftsbeirat<br />

<strong>Standortanalyse</strong> <strong>Kirchheim</strong> bei München<br />

der Wunsch nach besserem Kontakt zur <strong>Gemeinde</strong>verwaltung deckt sich mit anderen<br />

befragten Gruppen<br />

Abb.4.3.1.8 Verbesserungsbedarfe in Bezug auf die <strong>Gemeinde</strong>verwaltung<br />

Hier sind zwei Aspekte besonders herauszuheben, zum einen der Wunsch nach mehr<br />

Kontakt mit der <strong>Gemeinde</strong>verwaltung und auch speziellen Veranstaltungen für Gewerbetreibende,<br />

wie der dringende Wunsch nach einer Verbesserung der Infrastruktur in den Gewerbegebieten.<br />

4.4.<br />

Was wäre von seiten der <strong>Gemeinde</strong>verwaltung<br />

zu verbessern?<br />

12%<br />

13%<br />

19%<br />

6%<br />

50%<br />

Einschätzungen durch die Fraktionen und Gruppierungen im<br />

<strong>Gemeinde</strong>rat<br />

Aus Sicht der im <strong>Gemeinde</strong>rat vertretenen Fraktionen und Gruppierungen ergibt sich ein<br />

relativ unterschiedliches Bild. Die Beurteilung des Standortes bezüglich Infrastruktur,<br />

Wohnqualität und Gewerbestandort unterscheidet sich in manchen Aspekten deutlich oft<br />

über zwei oder drei Urteilsstufen hinweg.<br />

Bezüglich der Bewertung der infrastrukturellen Ausstattung der <strong>Gemeinde</strong> besteht eine<br />

weitgehende Übereinstimmung nur bezüglich der medizinischen Versorgungssituation und<br />

des Angebotes an Schulen. Diese werden von allen befragten Fraktionen als gut bis sehr gut<br />

eingeschätzt. Auch das Angebot an Kindergärten wird deutlich positiv bewertet. Negativ<br />

dagegen wird das fehlende Angebot an Kinderkrippen und Horten beurteilt.<br />

Die Beurteilung der Wohnqualität zeigt ebenfalls sehr unterschiedliche Einschätzungen,<br />

lediglich die Verkehrsanbindung wird übereinstimmend als gut bis sehr gut beurteilt. Die<br />

größte Differenz in den Urteilen ergibt bei den Kosten für das Wohnen, die überwiegend als<br />

schlecht bis ungenügend bewertet werden, von zwei Parteivertretern aber als gut. Auch das<br />

Wohnungsangebot wird relativ ungünstig beurteilt. Von den Umweltaspekten werden die<br />

Luftqualität und der Geräuschpegel am kritischsten gesehen. Überwiegend schlecht wird das<br />

Fehlen von Parks und Spazierwegen bewertet.<br />

48 / 124<br />

Verbesserung der Infrastruktur<br />

Veranstaltungen für<br />

Gewerbetreibende<br />

mehr Kontakte<br />

niedrigere Gebühren<br />

Schnellere Bearbeitung von<br />

Anträgen


Wirtschaftsbeirat<br />

<strong>Standortanalyse</strong> <strong>Kirchheim</strong> bei München<br />

Der Gewerbestandort wird ebenfalls von den Fraktionen sehr unterschiedlich bewertet. Auch<br />

hier zeigt nur die Verkehrsanbindung der Gewerbegebiete eine weitgehend übereinstimmende<br />

Einschätzung. Fühlungsvorteile der angesiedelten Gewerbe konnten nur von wenigen<br />

Parteivertretern eingeschätzt werden. Die größten Unterschiede in den Einschätzungen<br />

bestehen bei Grundstückskosten bzw. Mieten sowie bei der Höhe des Gewerbesteuerhebesatzes.<br />

Die starke Streuung der Einschätzungen der Standortbedingungen durch die Vertreter der<br />

politischen Fraktionen, wie in Tabelle 4.4.1 dargestellt, ist sicher teilweise durch deren<br />

politische Strategie bedingt. Eine an die Macht strebende Partei wird als jetzige Opposition<br />

vieles eher schlecht beurteilen, während die Fraktionen, die gegenwärtig die Verantwortung<br />

innehaben, zu günstigeren Beurteilungen kommen.<br />

Die starke Streuung der Einschätzungen findet sich aber auch in den Einschätzungen der<br />

Bürgerschaft wieder und deutet darauf hin, dass es der <strong>Gemeinde</strong> an einer gemeinsam<br />

getragenen Zielsetzung und Vision mangelt. Unterschiedliche Interessen beeinflussen die<br />

Vorstellungen und Erwartungen, ohne dass hierüber bisher ein ausreichender Dialog erfolgt<br />

ist. Hier erscheint ein verstärkter Dialogprozess dringend erforderlich.<br />

Die ungünstigste Bewertung der Faktoren wurde von der FDP Fraktion abgegeben, danach<br />

folgen CSU und die Grünen, wie auch die ÖDP und die SPD. LWK, Neue Union und VFW<br />

beurteilen die Standortfaktoren am besten. Eine Mittelwertbildung über alle Fraktionen<br />

hinweg würde die unterschiedliche Einschätzung verdecken.<br />

49 / 124


Wirtschaftsbeirat<br />

<strong>Standortanalyse</strong> <strong>Kirchheim</strong> bei München<br />

Infrastruktur:<br />

CSU FDP<br />

Die<br />

Grünen<br />

50 / 124<br />

LWK Neue<br />

Union<br />

ÖDP SPD VFW<br />

Kinderkrippen - 0 - + + - 0*) +<br />

Kindergärten + + + 0 + + + + 0 + + + +<br />

Horte 0 - 0 + + + + 0 0 + +<br />

Schulen + + + + + + + + + + + + + +<br />

Bildung für Erwachsene + + + 0 0 0 + + 0<br />

Medizin. Versorgung + + + + 0 0 + + +<br />

Einrichtungen für<br />

Senioren<br />

+ + 0 + + + + + + +<br />

Kulturangebot 0 + +/0 0 0 0 0 +<br />

Freizeitangebot + + + - + + + 0 +<br />

Wohnqualität:<br />

Wohnmöglichkeiten - 0 - + + - 0 - 0<br />

Kosten für Wohnen - -- + + 0 - - +<br />

Verkehrsanbindung + + + + + + 0 + + + +<br />

Einkaufsmöglichkeiten 0 0 + + 0 + + + +<br />

Parks, Spazierwege - 0 - + + -- 0 -- --<br />

Geräuschpegel + - - - 0 - 0 0<br />

Luftqualität 0 0 + 0 + + 0 +<br />

Wasserqualität + + + + + 0 + + + 0*) +<br />

Gewerbestandort:<br />

Gewerbesteuerhebesatz - -- 0 0 + - + +<br />

Grundstückspreise/<br />

Mietkosten<br />

-- - + 0 + 0 - +<br />

Verkehrsanbindung + + + + + + + 0<br />

Gebühren und Abgaben - - + 0 + + 0 + +<br />

Zustand der Gebäude - 0 0 - - 0 + +<br />

Erweiterungsflächen - 0 + + - 0 - +*) +<br />

+ + = sehr gut + = gut 0 = mittel - = schlecht - - = ungenügend<br />

*) Mittelwert über die Fraktionsmitglieder<br />

Tab.4.4.1 Einschätzungen von Standortfaktoren durch die Fraktionen


Wirtschaftsbeirat<br />

<strong>Standortanalyse</strong> <strong>Kirchheim</strong> bei München<br />

Freizeitangebot<br />

Kulturangebot<br />

Abb.4.4.1 Einschätzungen der Fraktionen bezüglich Infrastruktur<br />

Wasserqualität<br />

Einrichtgen f.<br />

Senioren<br />

Luftqualität<br />

Geräuschpegel<br />

Kinderkrippen<br />

2<br />

-0,5<br />

Abb.4.4.2 Einschätzungen der Fraktionen bezüglich Wohnqualität<br />

1,5<br />

1<br />

0,5<br />

0<br />

-1<br />

Medizin. Versorgung<br />

Wohnmöglichkeiten<br />

2<br />

1,5<br />

1<br />

0,5<br />

0<br />

-0,5<br />

-1<br />

-1,5<br />

-2<br />

51 / 124<br />

Kindergärten<br />

Horte<br />

Schulen<br />

Bildung f.<br />

Erwachsene<br />

Kosten für Wohnen<br />

Parks, Spazierwege<br />

Verkehrsanbindung<br />

Einkaufsmöglichkeit<br />

en<br />

VFW<br />

CSU<br />

FDP<br />

Die Grünen<br />

LWK<br />

Neue Union<br />

ÖDP<br />

SPD<br />

VFW<br />

CSU<br />

FDP<br />

Die Grünen<br />

LWK<br />

Neue Union<br />

ÖDP<br />

SPD


Wirtschaftsbeirat<br />

<strong>Standortanalyse</strong> <strong>Kirchheim</strong> bei München<br />

Erweiterungsflächen<br />

Zustand der Gebäude<br />

Abb.4.4.3 Einschätzungen der Fraktionen bezüglich Gewerbestandort<br />

Betrachtet man die Aussagen zu den positiven Standortfaktoren über alle Fraktionen hinweg,<br />

wird deutlich, dass drei Faktoren primär gesehen werden:<br />

� gute Verkehrsanbindung<br />

� engagierte Bürger<br />

� gute Schulsituation<br />

Gewerbesteuerhebes<br />

atz<br />

2<br />

1,5<br />

1<br />

0,5<br />

0<br />

-0,5<br />

-1<br />

-1,5<br />

-2<br />

Gebühren und<br />

Abgaben<br />

Nur mit 5% der Nennungen wird das Vorhandensein namhafter Unternehmen als positives<br />

Standortmerkmal gesehen. Die Antworten zeigen sehr deutlich, dass derzeit der Wohnsituation<br />

und dem Wohnumfeld am Ort eine sehr hohe Bedeutung zugemessen wird, während die<br />

Bedeutung des örtlichen Gewerbes nicht ausreichend gesehen wird.<br />

52 / 124<br />

Grundstückspreise/<br />

Mietkosten<br />

Verkehrsanbindung<br />

VFW<br />

CSU<br />

FDP<br />

Die Grünen<br />

LWK<br />

Neue Union<br />

ÖDP<br />

SPD


Wirtschaftsbeirat<br />

<strong>Standortanalyse</strong> <strong>Kirchheim</strong> bei München<br />

Abb.4.4.4 Negative Merkmale des Standortes aus Sicht der Fraktionen<br />

11%<br />

Positive Standortmerkmale aus Sicht der<br />

Fraktionen<br />

6%<br />

11%<br />

5%<br />

5%<br />

16%<br />

5%<br />

11%<br />

5%<br />

33%<br />

21%<br />

34%<br />

37%<br />

Abb.4.4.5 Negative Merkmale des Standortes aus Sicht der Fraktionen<br />

53 / 124<br />

Verkehrsanbindung<br />

engagierte Bürger<br />

Bildungseinrichtungen<br />

Wohnqualität<br />

soziale Aufstellung<br />

hohe Qualifikation AN<br />

JUZ<br />

namhafte Unternehmen<br />

Negative Standortmerkmale aus Sicht der<br />

Fraktionen<br />

Stillstand, Verfall der<br />

Infrastruktur<br />

fehlende Führung, ineffizienter<br />

<strong>Gemeinde</strong>rat<br />

Image mancher Unternehmen<br />

Überalterung<br />

abnehmende Solidarität der<br />

Bürger


Wirtschaftsbeirat<br />

<strong>Standortanalyse</strong> <strong>Kirchheim</strong> bei München<br />

Interessant ist hier, dass der Stillstand in der Infrastrukturentwicklung, ja deren beginnender<br />

Verfall mit rund einem Drittel der Nennungen prominent hervortritt. Ein Drittel der Fraktionen<br />

führt dies nicht zuletzt auf fehlende Führung und einen ineffizienten <strong>Gemeinde</strong>rat zurück.<br />

Auf die Frage welche Gewerbestruktur <strong>Kirchheim</strong> bei München anstreben sollte, wurde als<br />

Schwerpunkt die Ansiedlung von Büroarbeitsplätzen, von F&E, von innovativen oder High-<br />

Tech-Unternehmen (50% der Nennungen) genannt. Einen gesunden Branchenmix aus KMU<br />

und Handwerk befürworten 31% der Fraktionen. Die Verbindung von Arbeits- und Wohnmöglichkeit<br />

war ca. 12 % wichtig. Ein Befragter votierte für eine maßvolle Entwicklung in Schlüssellagen.<br />

Was aus Sicht von 43% der befragten Fraktionsmitglieder für weitere Gewerbeansiedlung<br />

unerwünscht ist, sind Lager- / Spielhallen sowie Speditionen (wegen des Flächenverbrauches).<br />

Ebenso werden Unternehmen abgelehnt, die Emissionen (Umwelt) erzeugen oder zu<br />

hoher Verkehrsbelastung führen (ca.20% der Befragten). Für 13% sind auch Großmärkte am<br />

Standort unerwünscht. Von einem Befragten wurde auch die Ansiedlung von Niederlassungen<br />

ohne Entscheider vor Ort abgelehnt.<br />

Auf die Frage, welche Maßnahmen die <strong>Gemeinde</strong> zur Verbesserung der Situation ergreifen<br />

sollte, befürworten 33% eine verstärkte interkommunale Kommunikation und Zusammenarbeit.<br />

Eine strategisch ausgerichtete Gewerbepolitik und ein aktives Anwerben von Gewerbe<br />

unter Berücksichtigung der Empfehlungen des <strong>WBKi</strong> werden von 25% befürwortet.<br />

Weitere Einzelnennungen schlugen vor, nicht mit den Nachbarkommunen zusammen zu<br />

arbeiten und sich besser abzugrenzen, einen anderen Bürgermeister zu benennen und für<br />

eine dynamischere Verwaltung zu sorgen sowie Ziele der Gewerbepolitik festzulegen.<br />

Konkret wurde vorgeschlagen, die Gewerbesteuer zu senken, durch die Kommune eigene<br />

Grundstücke zu erwerben und Einzelprojekte wie das geothermie-basierte Thermalbad und<br />

den U-Bahn-Anschluss zu realisieren.<br />

Als dringlichste Verbesserungsmaßnahmen in den Gewerbegebieten sollte aus Sicht von<br />

33% der Befragten eine bessere Breitbandversorgung und eine bessere Verkehrsorganisation<br />

(ÖPNV, Ringschluss S2, Osttangente) erreicht werden. 28% befürworten eine Verbesserung<br />

der Verkehrssituation durch bessere Straßen und mehr Parkplätze. Weitere Nennungen<br />

bezogen sich auf eine Umstrukturierung der Gewerbegebiete, auf ein familienfreundliches<br />

Umfeld (Kinderbetreuung). Bezüglich der Verkehrssituation im Ort allgemein wird von 16%<br />

eine Ringbuslinie im Ort, die Öffnung der <strong>Heimstetten</strong>er Strasse und die Anbindung M1 an<br />

die Autobahn befürwortet.<br />

Im Vergleich sehen ca. 21% Vorteile bei den Nachbargemeinden durch aktiveres, besseres,<br />

schnelleres Handeln und Entscheiden. Sie sehen dort einen übergeordneten Gesamtplan<br />

und einen GR, der sich nicht verzettelt. Eine weitere Gruppe von 21% glaubt dass die<br />

Nachbargemeinden nichts besser machen, ja sogar städtebauliche Fehler machen. Einzelnennungen<br />

sehen Vorteile der Nachbargemeinden bei einer geringeren Zersiedelung der<br />

Gewerbegebiete, in der besseren Zusammenarbeit mit Ansiedlungswilligen und in der<br />

besseren Information für Neubürger.<br />

54 / 124


Wirtschaftsbeirat<br />

<strong>Standortanalyse</strong> <strong>Kirchheim</strong> bei München<br />

4.5.<br />

Einschätzungen durch Makler und Grundstückseigentümer<br />

Für die Anwerbung von potentiellen Interessenten einer Gewerbeansiedlung in unserer<br />

<strong>Gemeinde</strong> spielen die Sichten der Makler aber auch die der Grundstückseigentümer eine<br />

wesentliche Rolle. Die Makler orientieren sich bei der Beurteilung von potentiellen Gewerbestandorten<br />

neben den konkreten Merkmalen des jeweiligen Gebietes primär an der Entfernung<br />

vom Zentrum Münchens und an den Himmelsrichtungen („Münchner Osten“). Mit der<br />

Entfernung von der Stadtmitte sinkt aus Sicht der Makler die Attraktivität eines Standortes.<br />

Positive Merkmale des Standortes aus Sicht Makler und<br />

Grundstückseigentümer<br />

14%<br />

14%<br />

14%<br />

15%<br />

Abb.4.5.1 Positive Merkmale des Standortes aus Sicht von Maklern und Grundstückseigentümern<br />

Bei den prozentualen Angaben ist zu beachten, dass nur wenige Makler und Grundstückseigentümer<br />

befragt werden konnten. Einzelmeinungen schlagen daher sehr deutlich durch. An<br />

positiven Standortmerkmalen ragt eindeutig die gute Verkehrsanbindung heraus. Alle<br />

anderen Faktoren sind etwa zu gleichen Anteilen repräsentiert. Interessant erscheint, dass<br />

für die Makler wie auch für die Grundstückseigentümer die weichen Faktoren des Standortes<br />

offensichtlich keine wesentliche Rolle spielen. Dies spiegelt sich auch an den Punkten<br />

wieder die negativ für den Standort gesehen werden. Auch hier werden nur Merkmale<br />

beurteilt, die die Gewerbestandorte unmittelbar betreffen. Die Kritikpunkte selbst decken sich<br />

mit den Aussagen der befragten Unternehmen.<br />

43%<br />

55 / 124<br />

Verkehrsanbindung<br />

Gebäudemix<br />

Gewerbesteuer<br />

Gesamteindruck<br />

Eignung für höherwert.<br />

Produktion


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<strong>Standortanalyse</strong> <strong>Kirchheim</strong> bei München<br />

Abb.4.5.2 Negative Merkmale des Standortes aus Sicht von Maklern und Grundstückseigentümern<br />

Den größten Verbesserungsbedarf sehen die Makler in einer verbesserten Ausstattung der<br />

Gewerbegebiete mit Parkflächen und hochwertigeren Lagerhallen (Abriss der veralteten und<br />

minderwertigen Hallen). Bezüglich der <strong>Gemeinde</strong>verwaltung sieht man die Notwendigkeit,<br />

eine aktivere Gewerbepolitik zu betreiben, ein Standortmarketing zu leisten. Es sollte<br />

versucht werden höherwertige Produktion aus München anzuwerben. Auch sollte ein neuer<br />

Bebauungsplan mit städtebaulichem Vertrag vorgelegt werden. Neben einem niedrigeren<br />

Gewerbesteuerhebesatz erscheinen die Nachbargemeinden in der Gewerbepolitik aktiver<br />

und realistischer.<br />

4.6.<br />

Negative Merkmale des Standortes<br />

aus Sicht Makler und Grundstückseigentümer<br />

-25%<br />

-6%<br />

-6%<br />

-6%<br />

-12%<br />

-6%<br />

-13%<br />

-12%<br />

Die Sicht von Multiplikatoren<br />

-12%<br />

-6%<br />

Bei den prozentualen Angaben ist zu beachten, dass nur wenige Multiplikatoren befragt<br />

werden konnten. Einzelmeinungen schlagen daher deutlich durch. Aus Sicht von Multiplikatoren,<br />

also von Personen denen eine gewisse Meinungsführerschaft zugesprochen werden<br />

kann, werden im Gegensatz zur vorhergehenden Gruppe auch die weichen Standortfaktoren<br />

in den Blick genommen.<br />

Die Situation bei den Infrastrukturaspekten, Kinderkrippen, Kindergärten, Horte, Schulsituation,<br />

Medizinische Versorgung und Einrichtungen für Senioren werden überwiegend für gut<br />

bis sehr gut empfunden. Kultur- und Freizeitangebot erhalten nur eine mittlere Note. Die<br />

Wohnqualität wird als gut bis mittel beurteilt. Mittel bis schlecht benotet werden hier die<br />

Spazierwege /Parks und der Geräuschpegel.<br />

56 / 124<br />

Bustakt/Haltestellen<br />

Branchenmix<br />

ÖPNV zu Flugh.<br />

Distand MUC Zentrum<br />

Hallenzustand<br />

Mitarbeiterversorgung<br />

Nähe Wohnbebauung<br />

fehlende Tauschflächen<br />

Leerstände<br />

Eignung für Bürostandort


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<strong>Standortanalyse</strong> <strong>Kirchheim</strong> bei München<br />

Abb.4.6.1 Positive Merkmale des Standortes aus Sicht von Multiplikatoren<br />

Abb.4.6.2 Negative Merkmale des Standortes aus Sicht von Multiplikatoren<br />

4.7.<br />

Positive Standortfaktoren aus Sicht von<br />

Multiplikatoren<br />

29%<br />

14%<br />

29%<br />

28%<br />

Negative Standortfaktoren aus Sicht von<br />

Multiplikatoren<br />

22%<br />

11%<br />

22%<br />

23%<br />

22%<br />

Image des Ortes - Einschätzungen durch Bürger und Unternehmer<br />

Bei dieser Abfrage ging es darum herauszufinden, wie die Bürger den Ort erleben. Nach der<br />

Anfang des Jahres durchgeführten Umfrage wird <strong>Kirchheim</strong> von einer großen Mehrheit der<br />

Bürger als konservativ und wenig dynamisch, aber gut angebunden eingeschätzt.<br />

Die Charakterisierung des Ortes als Wohn-/Schlafort trifft aus Sicht eines Großteils der<br />

sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten, die weit überwiegend in der Stadt München<br />

arbeiten, völlig zu. Die Charaktermerkmale ländlich und hoher Freizeitwert bestätigen diese<br />

57 / 124<br />

soziales Netzwerk<br />

Schulen, Sportgelände<br />

Verkehrsanbindung<br />

Telefonnetz München<br />

Schlechte Einkaufsmögl.<br />

ÖPNV<br />

schlechter Straßenzustand<br />

unattraktive Umgebung, keine<br />

Parks<br />

zerstrittener <strong>Gemeinde</strong>rat, passive<br />

<strong>Gemeinde</strong>verwaltung


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<strong>Standortanalyse</strong> <strong>Kirchheim</strong> bei München<br />

Aussage, da sie dem Ruhe- und Erholungsbedürfnis entgegenkommen. Die gute Anbindung<br />

unterstützt die Beschäftigung in der Stadt und erlaubt zudem die Nutzung kultureller und<br />

sonstiger Angebote der Landeshauptstadt. Man sieht zwar die relativ geringe Dynamik der<br />

Ortsentwicklung und auch die zunehmende Überalterung, hat sich aber selbst gut eingerichtet<br />

und erlebt dies (noch) nicht nachteilig.<br />

Dies dürfte sich auch in einer gewissen Reserviertheit oder gar Ablehnung gegenüber<br />

weiteren Gewerbeansiedlungen niederschlagen. Zusätzlicher Verkehr, eventuelle Emissionen<br />

wie auch die Ausdehnung der Gewerbeflächen lassen aus Sicht mancher Bürger den<br />

Wohnwert sinken und gefährden damit potentiell den Wert der eigenen Immobilie.<br />

Arbeit und Leben<br />

wirtschaftsfreundlich<br />

Wie sehen die Bürger <strong>Kirchheim</strong><br />

Hoher Freizeitwert<br />

städtisch<br />

jung<br />

gut angebunden<br />

dynamisch<br />

konservativ<br />

1,00<br />

0,80<br />

0,60<br />

0,40<br />

0,20<br />

0,00<br />

modern<br />

Abb.4.7.1 Umfrage zur Sicht des Ortes durch die Bürger (Ergebnis für 47 Befragte)<br />

Methodische Anmerkung: Für jedes Merkmal konnte alternativ „stimme zu“ oder „stimme<br />

eher zu“ ankreuzt werden. Für das Spinnweb-Diagramm müssen die Angaben zu einem<br />

Wert verdichtet werden. Bei der blauen Kurve wurde die Angabe von „stimme zu“ mit einem<br />

Punkt, die Angabe „stimme eher zu“ mit einem halben Punkt bewertet. Dargestellt ist für<br />

jedes Merkmal die Anzahl der durch Nennung erzielten Punkte im Verhältnis zur maximal<br />

möglichen Punktzahl (Alle Bürger kreuzen für ein Merkmal „stimme zu“ an). Alternativ kann<br />

auch jede Nennung mit einem Punkt bewertet werden, egal ob „stimme zu“ oder „stimme<br />

eher zu“ angekreuzt wurde. Diese Annahme liegt der roten Kurve zugrunde.<br />

58 / 124<br />

statisch<br />

abgelegen<br />

ländlich<br />

überalternd<br />

wirtschaftsfeindlich<br />

Wohn-/Schlafort<br />

Geringer Freizeitwert


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<strong>Standortanalyse</strong> <strong>Kirchheim</strong> bei München<br />

Abb.4.7.2 Die Einschätzung <strong>Kirchheim</strong> bei Münchens durch die Bürger<br />

Quelle: Erhebung und Berechnung des <strong>WBKi</strong><br />

5. Zukünftige Herausforderungen bis 2030 und deren<br />

Auswirkungen<br />

Dieses Kapitel umreißt die sich für die Zukunft abzeichnenden Veränderungen im Umfeld der<br />

<strong>Gemeinde</strong>. Daraus können sich bei den bestehenden Strukturen der <strong>Gemeinde</strong> Chancen<br />

aber auch Gefährdungen ergeben. Nur durch die Nutzung der Chancen und die Vermeidung<br />

der Gefährdungen durch entsprechende Strukturanpassungen kann es gelingen, die<br />

wirtschaftliche Situation zu stabilisieren bzw. zu verbessern.<br />

Behandelt werden zunächst die demographische Entwicklung <strong>Kirchheim</strong>s und der daraus<br />

resultierende Anpassungsbedarf. In diesem Zusammenhang wird auch auf die sich abzeichnenden<br />

Tendenzen in der Kaufkraft und im Vermögen der Bürger eingegangen.<br />

Danach werden einige wichtige globale Veränderungen erörtert, die in jedem Fall Auswirkungen<br />

auf die Wirtschaft der <strong>Gemeinde</strong> und deren Prosperität sowie auf das Leben in der<br />

<strong>Gemeinde</strong> haben werden.<br />

5.1.<br />

konservativ<br />

statisch<br />

gut angebunden<br />

überalternd<br />

wirtschaftsfeindlich<br />

Wohn-/Schlafort<br />

ländlich<br />

Hoher Freizeitwert<br />

Wie sehen die Bürger mehrheitlich <strong>Kirchheim</strong><br />

stimme zu stimme eher zu<br />

0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70% 80% 90% 100%<br />

Demographische Entwicklung und deren Auswirkungen<br />

5.1.1. <strong>Kirchheim</strong> im deutschlandweiten Vergleich<br />

Alle vorliegenden Prognosen 14 zeigen der <strong>Gemeinde</strong> für die nächsten 20 Jahre ein klares<br />

Bild:<br />

14 Bertelsmann Stiftung: Demographiebericht für <strong>Kirchheim</strong> bei München, Bayerisches Statistisches Landesamt:<br />

Demographiespiegel für Bayern, Berechnungen für <strong>Gemeinde</strong>n ab 5000 Einwohnern, <strong>Kirchheim</strong> bei München<br />

59 / 124<br />

Anteile in %


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<strong>Standortanalyse</strong> <strong>Kirchheim</strong> bei München<br />

<strong>Kirchheim</strong> wird eine <strong>Gemeinde</strong> mit wohlhabenden Bürgern bleiben und gehört deutschlandweit<br />

zu der kleinen Gruppe der wirtschaftlich starken <strong>Gemeinde</strong>n mit vielen Arbeitsplätzen.<br />

Dies ist natürlich in erster Linie auf die Zugehörigkeit zum Großraum München und die<br />

Kaufkraft, dem Vermögen und Immobilienbesitz seiner Bürger zurückzuführen.<br />

Allerdings weicht unsere <strong>Gemeinde</strong> mit ihrer hoch qualifizierten, wohlhabenden Bürgerschaft<br />

und niedriger Arbeitslosenquote in drei wesentlichen Eigenschaften von ihrer Vergleichsgruppe<br />

ab:<br />

Es gingen in den letzten 5 Jahren 1.100 Arbeitsplätze verloren; ein Minus von 15,5%.<br />

Dennoch arbeiten immer noch deutlich mehr sozialversicherungspflichtige Beschäftigte am<br />

Ort als hier wohnen.<br />

<strong>Kirchheim</strong> verfügt über keine großen finanziellen Handlungsspielräume und die Zuwanderung<br />

junger Erwachsener ist gering.<br />

Der Alterungsprozess unserer Bevölkerung ist sehr weit fortgeschritten. Mit 47,4 Jahren<br />

Median-Alter (das ist das Lebensalter, das die Bevölkerung in zwei gleich große Gruppen<br />

teilt) liegen wir z.T. weit über dem Wert der Nachbargemeinden.<br />

Abb.5.1 Durchschnittsalter der Einwohnerschaft<br />

Quelle: Statistik Kommunal, Berechnungen des <strong>WBKi</strong><br />

5.1.2. Demographische Veränderungen und deren Auswirkungen<br />

<strong>Kirchheim</strong> wird nach den vorliegenden Prognosen von Bertelsmann und Landesamt für<br />

Statistik älter werden. Der Anteil der Jugendlichen wird mit circa 18% gleich bleiben, die<br />

Senioren werden im Gegensatz stark zunehmen, auf 28% der Bevölkerung.<br />

Aussagefähiger als diese Relation erscheinen die Werte zum Jugend- und Altenquotienten.<br />

So kommen auf 100 Erwerbsfähige (20 – 64 Jahre) 36 Junge bis 20, und 51 Senioren ab 65.<br />

Anders formuliert: 100 Erwerbsfähige werden 87 Nicht-Erwerbsfähige direkt oder indirekt zu<br />

versorgen haben. Eine Prognose zur Entwicklung des Anteils der tatsächlich Erwerbstätigen<br />

ist uns leider nicht bekannt. Die Entscheidungen, den sich verschärfenden Negativtrend<br />

(Generationenkonflikt) zu mildern, wie längere Lebensarbeitszeit und eine bessere Vereinbarkeit<br />

von Beruf und Familie, werden allerdings nur sehr langfristig wirken können.<br />

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<strong>Standortanalyse</strong> <strong>Kirchheim</strong> bei München<br />

Sieht man etwas genauer auf die einzelnen Altersklassen, dann fällt als erstes auf, dass die<br />

Zahl aller Erwerbsfähigen abnehmen werden wird. Dies gilt verständlicherweise für die<br />

Umzüge im Lehr- wie Studienalter, betrifft aber vor allem die Gruppe der am besten verdienenden<br />

45 – 64-jährigen (hierin könnte sich der Trend zum Umzug in die Stadt vor allem von<br />

Singles zeigen, sowie das offensichtlich in <strong>Kirchheim</strong> fehlende adäquate Wohnangebot für<br />

diese Altersgruppe). Die Zahl derer, die sich im Alter von Familiengründern befinden, sollte<br />

etwa gleich bleiben.<br />

Weit überdurchschnittliche Zuwachsraten werden für die Gruppe der Senioren ab 65 und<br />

dort insbesondere bei den über 80-jährigen projiziert. Aufgrund der höheren Lebenserwartung<br />

wird der Anteil alleinstehender Frauen ebenfalls steigen.<br />

5.1.3. Demographische Entwicklung und Planungen zur Ortsentwicklung bis<br />

zum Jahr 2020<br />

Unter Fortschreibung der natürlichen Entwicklung (Geburten Todesfälle) sowie der Zu- und<br />

Abwanderungen, war nach dem Demographiespiegel für Bayern bzw. von Bertelsmann, bis<br />

2020 ein leichter Zuwachs auf 12.690 Einwohner (mit Hauptwohnsitz) zu erwarten. Diese<br />

Zahl ist durch den seit 2009 stattfindenden Zuzug in die Neubauten (Arrondierungsmaßnahmen)<br />

bereits Ende 2011 fast erreicht worden.<br />

Berücksichtigt man die einstimmig verabschiedeten Rahmenziele zur Ortsentwicklung, nach<br />

der <strong>Kirchheim</strong> auf 16.500 Einwohner (mit erstem Wohnsitz) wachsen soll, dann werden sich<br />

die nachteiligen Folgen der demographischen Entwicklung spürbar verringern. Dies zeigt<br />

eine Modellrechnung des Beirats unter folgenden Annahmen 15 für die Zuzüge (Abb.5.2)<br />

15 4.000 Neubürger (Delta 2010 zu 16.500) ziehen in 10 Jahren nach <strong>Kirchheim</strong>, davon ca. 1.200 in ausgewiesenen<br />

Arrondierungen wie Hausen Süd u.a. (= Summe 2011-2020) sowie 2.800 im Rahmen der Ortsentwicklung (=<br />

Delta 2.792)<br />

� davon 2.500 Neubürger, gut-situiertes Ehepaar Ende 30 mit 1,5 schulpflichtigen Kindern und einem 0,5 Kind<br />

im Vorschulalter inkl. 0,25 Großeltern, die sich die <strong>Kirchheim</strong>er Immobilienpreise leisten können<br />

> +4,5 Personen, Durchschnittsalter 27,3 Jahre,<br />

� davon 1.500 Neubürger (Normalverdiener) wie oben, ohne Oma im Geschoßbau im Genossenschaftsmodell -<br />

> +4 Personen, Durchschnittsalter 22,3 Jahre.<br />

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<strong>Standortanalyse</strong> <strong>Kirchheim</strong> bei München<br />

Abb.5.2 Entwicklung von Einwohnerzahl und des Durchschnittsalters von <strong>Kirchheim</strong><br />

Quelle: Bertelsmannstiftung, Modellrechnung des <strong>WBKi</strong><br />

Durch den Zuzug von 4.000 Neubürgern in der angenommenen Verteilung wird das Durchschnittsalter<br />

der Einwohnerschaft nicht wie prognostiziert ansteigen, sondern leicht sinken.<br />

Weitere positive Wirkungen sind für das lokale Arbeitskräfteangebot, und damit die Wachstumsbedingungen<br />

der <strong>Kirchheim</strong>er Betriebe zu erwarten. Schließlich werden auch die<br />

<strong>Gemeinde</strong>einnahmen aus der Grundsteuer B kräftiger sprudeln, auch die Stärkung der<br />

Kaufkraft ist willkommen (siehe Abschnitt 5.2)<br />

Voraussetzung ist allerdings, dass es gelingt:<br />

� eine familienfreundliche Infrastruktur und das gute Bildungsangebot zu halten und<br />

auszubauen<br />

� attraktive Wohnmöglichkeiten für gut situierte Familien mit Kindern zu bieten<br />

� bezahlbare Wohnungen, z.B. in Form von die Eigenverantwortung stärkenden Gemeinschaftsbesitz<br />

wie Genossenschaftsmodellen, für jüngere, noch nicht gut verdienende<br />

Familien und Alleinstehende zu schaffen.<br />

Entscheidend wird es darauf ankommen wieder mehr jüngere Familien anzusiedeln, wie in<br />

der Modellrechnung unterstellt. Im Vergleich zu den Nachbargemeinden liegt der Anteil der<br />

30 – 50-jährigen in <strong>Kirchheim</strong> deutlich unter deren Werten.<br />

5.1.4. Prognostizierte Wirkungen der „Generation Silber“<br />

Es ist evident, dass die starke Zunahme des Anteils älterer Mitbürger nicht folgenlos für die<br />

<strong>Gemeinde</strong>, die sozialen Einrichtungen und die Gewerbebetriebe bleiben wird. Das geplante<br />

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<strong>Standortanalyse</strong> <strong>Kirchheim</strong> bei München<br />

stärkere Wachstum der <strong>Gemeinde</strong> im Rahmen der Ortsentwicklung kann diese Situation –<br />

wie beschrieben – nur mildern, nicht aber beseitigen.<br />

Dennoch, betrachtet man die Generation Silber (60+) genauer, dann fällt auf, dass die<br />

Menschen im Alter gesünder und leistungsfähiger bleiben. Hohe Kaufkraft, relativ große<br />

Geldvermögen und ein hoher Anteil (mehr als 50%) im eigenen Haus/Wohnung lebender<br />

Personen, machen diese Zielgruppe wirtschaftlich sehr attraktiv.<br />

Der Anteil der Familien (Paare), die sich viel leisten können (vor allem für Gesundheit und<br />

längere Abwesenheiten im Ausland) und der gut versorgten Alleinstehenden wird weiter<br />

zunehmen. Anders dagegen die Zahl der Haushalte, die im Großen und Ganzen über die<br />

Runden kommen, bzw. bei denen es manchmal hinten und vorne nicht reicht, hier wird eine<br />

gleichbleibende Entwicklung bis leichte Abnahme erwartet.<br />

Das Renteneintrittsalter wird steigen. Dadurch erhöhen sich Kaufkraft und Geldvermögen<br />

sowie Versorgungsansprüche.<br />

Dem Lebenszyklus folgend verschiebt sich das Konsumverhalten der 60+jährigen. Hinzu<br />

kommt der sogenannte Kohorteneffekt. Der „Nachwuchs“ der Generation Silber ist z.B. mit<br />

dem veränderten Medienangebot gut vertraut, wird also mehr Geld für diese Konsumgüter<br />

ausgeben während die älteren Senioren mit dem Fernsehen „alt“ geworden sind.<br />

Die Senioren haben ein hohes Gesundheitsbewusstsein und starkes Sicherheitsbedürfnis,<br />

ihnen ist Bedienungsfreundlichkeit und guter Service wichtig, sie schätzen Kontakt und<br />

Atmosphäre beim Einkauf, sie sind hilfsbereit, engagieren sich ehrenamtlich, kaufen weniger,<br />

legen großen Wert auf höhere Qualität und stellen damit Solidität und Leistung über den<br />

Preis. Im Gegensatz zur jüngeren Generation werden Promotionsangebote weit weniger<br />

nachgefragt. Sie sind bildungsbewusst und stellen höhere Ansprüche an das Kulturangebot.<br />

Gute Chancen bestehen also für Fachgeschäfte, Kaufhäuser, Spezialversender und<br />

Heimdienste und natürlich für Gesundheits- und Wellnessdienste. Das Nachsehen bei dieser<br />

Zielgruppe haben voraussichtlich abseitig gelegene SB-Warenhäuser, Cash&Carry-Märkte,<br />

aber auch Discounter auf der grünen Wiese.<br />

Es wird sich lohnen, so sagen die Konsumforscher, sich verstärkt um die Generation Silber<br />

und deren geänderte Bedürfnisse und Nachfrage nach haushaltsnahen Dienstleistungen zu<br />

kümmern. Sie sind - wie wertschöpfungsorientierte Marketingleute es beschreiben – in<br />

folgenden Teilmärkten Gold wert:<br />

� Gesundheit in Kombination von Medizin mit Tourismus- und Wellnessangeboten;<br />

� Wohnbegleitende Dienstleistungen (ambulante Versorgung, Haushaltshilfe, Pflege);<br />

� Intelligente (Pflegerobotik, Breitbandkommunikation, etc.), altersgerechte Wohnungen;<br />

� seniorenspezifische Produkte (Portionsgrößen, Beratung, spezifische Hilfsmittel fürs<br />

tägliche Leben, …)<br />

� Nutzen der Neuen Medien für die Teilnahme am gesellschaftlichen Leben durch<br />

Information, Kommunikation und Aktivierung;<br />

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� Im Bereich von Kultur und Bildung ergeben sich vielerlei ökonomische und soziale<br />

Aspekte, die mit ehrenamtlichen Tätigkeiten verknüpft werden können;<br />

� Ältere Menschen wollen in ihrem Wohnumfeld bleiben, woraus sich Chancen für das<br />

örtliche Handwerk ergeben, diese Wohnungen altersgerecht einzurichten und umzubauen.<br />

Dieses auf den ersten Blick rundum positive Bild wird natürlich geprägt aus der Fortschreibung<br />

des volkswirtschaftlichen Trends. In anderen Szenarien, wie einem starken Zuwachs<br />

der Arbeitslosigkeit, massiv steigenden Staatsausgaben z.B. für Zins und Tilgung der<br />

Staatsschulden in Verbindung mit inflationären Preissteigerungen, würden sich zum Teil<br />

sogar gegensätzliche Wirkungen ergeben.<br />

Die demographische Entwicklung sollte auch vor dem Hintergrund des sich verschärfenden<br />

Arbeitskräftemangels gesehen werden. Eine günstigere Altersstruktur bietet für sich ansiedelnde<br />

oder hier tätige Firmen gute Chancen, Mitarbeiter aus dem Ort anzuwerben.<br />

Leider wird die altersbedingte Nachfolge in Unternehmen zu häufig vernachlässigt in ihrer<br />

Wichtigkeit. Hier besteht jetzt schon ein weiter wachsender Markt für aktive Senioren und<br />

Dienstleister, die diese enorm wichtigen Übergabe- Übernahmeprozesse unterstützen<br />

können.<br />

5.1.5. Kaufkraft der Bürger<br />

<strong>Kirchheim</strong> als Wirtschaftsraum und Arbeits- wie Wohnort liegt gemessen an der Kaufkraft je<br />

Bürger mit fast T€ 28 in Deutschland ganz oben. Jeder <strong>Kirchheim</strong>er verfügt über ein Drittel<br />

mehr Kaufkraft als der Durchschnitt aller Einwohner der Bundesrepublik. Natürlich erreichen<br />

wir nicht das Niveau Grünwalds oder Starnbergs, doch die Kaufkraft<br />

der <strong>Kirchheim</strong>er Bürger entspricht ziemlich exakt dem Durchschnittswert<br />

des Landkreises München und der hat den dritthöchsten Wert<br />

aller 412 Städte und Landkreise deutschlandweit.<br />

Sieht man sich diese stolze Zahl etwas genauer an, dann fällt auf,<br />

dass die für das Konsumverhalten weit wichtigere Kaufkraftdichte<br />

(Kaufkraft pro qkm) für <strong>Kirchheim</strong> bei weitem nicht so vorteilhaft<br />

ausfällt. Die Ursache liegt darin, dass die <strong>Gemeinde</strong> de facto aus drei<br />

Ortsteilen besteht, die – unabhängig von der Attraktivität des Angebotes – wiederum nicht<br />

groß genug sind, um die Kaufkraft im Ort zu nutzen.<br />

Im Detail:<br />

Der OT <strong>Heimstetten</strong> hat noch die beste Kaufkraftdichte, allerdings wirkt es um das REZ mit<br />

seiner hohen GFZ eher städtisch, während das Umfeld zumindest teilweise ländlich geprägt<br />

ist. Das Angebot wird laufend optimiert und es wird viel für die Atmosphäre getan, doch<br />

einige Einwohner mehr würden dem Einzelhandel im Ortsteil ganz gut tun.<br />

Das Lindenviertel ist viel zu klein bzw. verfehlt die optimale Ortsteilgröße für eine lohnende<br />

Nahversorgung.<br />

In den Ortsteilen <strong>Kirchheim</strong>/Hausen wiederum läuft die Ortsmitte an der Kirche Gefahr zu<br />

veröden. Neubaugebiete wurden im Westen ausgewiesen, der Siedlungsschwerpunkt hat<br />

sich zur Autobahn hin verlagert. Im Osten riegelt das weit ruhiger gelegene Gewerbegebiet<br />

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<strong>Standortanalyse</strong> <strong>Kirchheim</strong> bei München<br />

den aus städtebaulicher Sicht dringend benötigten Ausweis von Wohngebieten ab. Spätestens<br />

nach Wegzug der Post und des Rathauses wird sich die seit längerem abzeichnende<br />

Situation verschärfen. Als Früh-Indikatoren können die Mietpreise und Leerstände im<br />

Monachia-Objekt sowie die Schwierigkeiten für den Einzelhandel im Brunnenviertel gelten.<br />

Da das Bildungsniveau sehr stark mit der Kaufkraft und dieses mit dem Geldvermögen<br />

korreliert, ist anzunehmen, dass die überdurchschnittlich gebildeten <strong>Kirchheim</strong>er auch über<br />

recht hohe Geldvermögen verfügen. Hinzu kommt auch ein stark ausgeprägtes Sparverhalten<br />

(ein Teil der zur Verfügung stehenden Kaufkraft wird fürs Sparen verwendet).<br />

Den dritten wichtigen Einflussfaktor für die zum Konsum zur Verfügung stehende Kaufkraft<br />

bilden die Bürger, die im eigenen Heim wohnen. Auch hier weist <strong>Kirchheim</strong> überdurchschnittliche<br />

Werte aus.<br />

<strong>Kirchheim</strong> bietet also beste Voraussetzungen für Einzelhandel und haushaltsnahe Dienstleistungen.<br />

Zwei Vorbehalte bestehen: Es muss gelingen, für die Nahversorgung optimale<br />

Ortsteilgrößen (d.h. wie viele Bürger mit wie viel Kaufkraft werden benötigt, damit Handel<br />

und Dienstleister rentable Betriebsgrößen erreichen) zu schaffen und die Auswirkungen des<br />

demographischen Wandels zu nutzen. Die geplante Ortserweiterung wird für den Ortsteil<br />

<strong>Kirchheim</strong> keine große Verbesserung bringen, folglich sollte die Kaufkraftdichte im <strong>Kirchheim</strong>er<br />

Osten durch Ausweisung von Wohngebieten strukturell gestärkt werden. In der Konsequenz<br />

führt dies dazu, die Zukunft des Gewerbegebietes in <strong>Kirchheim</strong> westlich der Staatsstraße<br />

zu überdenken<br />

5.2.<br />

Veränderungen im globalen Umfeld und resultierende Herausforderungen<br />

für <strong>Kirchheim</strong><br />

Wenden wir uns nun den sich abzeichnenden globalen Veränderungen zu, die auf jeden Fall<br />

Einfluss auf die Wirtschaft und das Leben in der <strong>Gemeinde</strong> <strong>Kirchheim</strong> haben werden. Wenn<br />

es den ansässigen Unternehmen nicht gelingt, den Gefahren aus diesen Veränderungen zu<br />

begegnen, werden sie Probleme mit Folgen für die Ertragskraft bekommen. Über das<br />

sinkende Gewerbesteueraufkommen wird hiervon auch die <strong>Gemeinde</strong> in Ihren Möglichkeiten<br />

Dienste anzubieten und in die Infrastruktur zu investieren eingeschränkt.<br />

Durch den Veränderungsbedarf entstehen jedoch auch neue Wachstumsfelder und damit<br />

auch Chancen für die <strong>Gemeinde</strong>, wenn es gelingt dort aktive Firmen neu anzusiedeln oder<br />

sich ansässige Firmen erfolgreich neu orientieren. Wichtige Felder, die Anpassungsbedarf<br />

nach sich ziehen werden, sind die Energieverteuerung, die daraus resultierende Umstrukturierung<br />

der Energieversorgung und die Anreize zur Energieeinsparung sowie die Notwendigkeit<br />

wegen der Rohstoffverknappung eine Kreislauf- bzw. Recyclingwirtschaft stärker<br />

aufzubauen.<br />

Erhebliche Auswirkungen werden das weitere Vordringen der Basisinnovationen Informations-<br />

und Kommunikationstechnik/Internet, Nanotechnologie und die Bio- und Gentechnik<br />

haben. Auch die Globalisierung wird voranschreiten und einen hohen Wettbewerbsdruck auf<br />

Unternehmen und Systeme ausüben. Schließlich werden sich auch gesellschaftliche<br />

Einstelllungen ändern.<br />

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<strong>Standortanalyse</strong> <strong>Kirchheim</strong> bei München<br />

5.2.1. Umstrukturierung Energieversorgung und Energieeinsparung<br />

Der sich nach Ansicht vieler Forscher abzeichnende Klimawandel birgt erhebliche Risiken 16<br />

für die Menschen in sich, die bis hin zu kriegerischen Auseinandersetzungen reichen. Es gilt<br />

deshalb den „menschgemachten“ CO2-Ausstoß zu vermindern. Die Industrieländer streben<br />

gemeinsam an, bis 2050 ihre CO2-Emissionen um 60 bis 80% gegenüber 1990 zu verringern.<br />

Im Wesentlichen muss dies durch die Verringerung des Anteils fossiler Energieträger bei der<br />

Energieerzeugung und insbesondere durch die Verbesserung der Effizienz in der Energieverwendung<br />

in der Produktion, beim Wohnen und im Verkehr geschehen. Die Energieeinsparung<br />

wird durch den zu erwartenden Preisanstieg bei den fossilen Energieträgern sicher<br />

beschleunigt werden, der aufgrund steigender Nachfrage und verknappender Ressourcen<br />

unvermeidbar erscheint.<br />

güter und -dienste führen.<br />

Die Potentiale energetischer Optimierung von Gebäuden,<br />

technischen Anlagen und hoch effizienten Energieerzeugungs-<br />

und -verteilstrukturen sind bei weitem noch nicht erschlossen.<br />

Hier bieten sich auch für die Kommunen völlig neue Chancen.<br />

Vor diesem Hintergrund sind Technologien gefragt, die nicht nur<br />

die Verluste bei der Energieumwandlung minimieren (Kraftwerke<br />

mit höherem Wirkungsgrad, höhere Effizienz bei Motoren),<br />

sondern auch die dabei verursachten Emissionen reduzieren.<br />

Wichtig wird sein, die fossilen Energieträger durch erneuerbare<br />

Energiequellen – Wasser, Wind, Sonne, Biomasse, Geothermie<br />

sowie Wasserstoff bei Automotoren – weitgehend zu ersetzen.<br />

Dies wird zu einer erheblichen Expansion der Märkte für Umwelt-<br />

Hier bietet es sich an, deutlich über den Ansatz der Geothermie hinaus zu gehen. Ein<br />

Gesamtkonzept eines lokalen interkommunalen Energiemanagements ist zu erarbeiten, bei<br />

dem Energieeinsparung und optimaler Energiemix zusammen mit lokalen Randbedingungen<br />

betrachtet werden. Dieses muss sich allerdings strikt an betriebswirtschaftlichen Kriterien<br />

orientieren und eventuellen Zuschussbedarf klar ausweisen, der durchaus im Sinne einer<br />

langfristigen Strukturänderung liegen kann. Hierauf wird noch in Kapitel 6 zurückzukommen<br />

sein.<br />

5.2.2. Recyclingwirtschaft<br />

Verknappungstendenzen in Folge der rasch steigenden Nachfrage aus China, Indien und<br />

anderen Schwellenländern, sind außer bei fossilen Energieträgern, wie Erdöl und Erdgas,<br />

auch bei anderen Rohstoffen zu erwarten. Neben der Steigerung der Energieeffizienz wird<br />

es deshalb darum gehen, die Rohstoffproduktivität in der Produktion zu erhöhen und durch<br />

16 Im Einzelnen vgl. W.Gerstenberger: Auf welche globalen Veränderungen hat sich <strong>Kirchheim</strong> auf mittlere und<br />

längere Sicht einzustellen) , im Anhang, S. 3 f<br />

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<strong>Standortanalyse</strong> <strong>Kirchheim</strong> bei München<br />

Rohstoffrückgewinnung aus dem Konsum- und Produktionsabfall dem Preisauftrieb bei den<br />

natürlichen Rohstoffen zu begegnen.<br />

Einer hoch effizienten Kreislaufwirtschaft (Recycling) kommt dabei eine Schlüsselrolle zu,<br />

wobei der Zielkonflikt mit dem derzeit sehr hohen Energieaufwand vermindert werden muss.<br />

Hier bieten sich gute Anknüpfungspunkte für die bereits angesiedelten Betriebe. Dieses<br />

Potential kann genutzt werden, um unter Berücksichtigung der Umweltauswirkungen (Lärm,<br />

Verkehr etc.) in einem Gesamtkonzept und unter Beteiligung der betroffenen Firmen,<br />

Standortoptimierungen (evtl. neue Standorte) und Ausbaukonzepte zu erarbeiten.<br />

Erhebliche Bedeutung wird auch die Verbesserung der Effizienz in<br />

der Verwendung, Gewinnung und Aufbereitung von Wasser<br />

haben, da bei einer weltweiten Verknappung von Trinkwasser ein<br />

sparsamerer Umgang mit dieser Ressource auch in den scheinbar<br />

nicht betroffenen Bereichen Europas eine zwingende Anforderung<br />

werden wird. So ist der Einsatz von Trinkwasser für Toilettenspülungen,<br />

für gärtnerische oder landwirtschaftliche Beregnung oder<br />

für Waschvorgänge auf Dauer nicht akzeptabel. Auch dies könnte<br />

die Chance bieten, hier eine Modellregion für sorgfältigen Umgang<br />

mit Trinkwasser zu entwickeln und dies im Rahmen der Ortsentwicklung<br />

zu berücksichtigen.<br />

Energieeffizienz, nachhaltige Wasserwirtschaft, nachhaltige Mobilität, Energieeinsparung, -<br />

wandlung und -verteilung, Rohstoff- und Materialeffizienz sowie Kreislaufwirtschaft und<br />

Rohstoffrückgewinnung sind die zentralen Märkte für Umweltgüter und -dienste. Allein bis<br />

2020 wird das Weltmarktvolumen dieser Umweltindustrien, auf 2.200 Milliarden Euro<br />

steigen 17 . Auf diesen Zukunftsmärkten sind nicht nur Solar- und Windkraftunternehmen und<br />

die Wasserwirtschaft und die Recyclingindustrie aktiv. Vom Wachstum dieser Märkte<br />

profitieren auch Unternehmen der Mess-, Regel- und Steuerungstechnik, des Maschinenbaus<br />

und der Informations- und Kommunikationstechnik sowie aus den Ingenieurdiensten.<br />

Es bietet sich die Chance hier einen Schwerpunkt für eine eventuelle neue Clusterbildung zu<br />

formen.<br />

5.2.3. Technologische Trends<br />

Die treibenden Kräfte der technologischen Entwicklung in den nächsten Jahrzehnten 18<br />

bleiben die Informations- und Kommunikationstechnik und das Internet. Sie durchdringen alle<br />

Bereiche industrieller Produktionsprozesse und Produkte und sind auch aus dem privaten<br />

Konsumbereich nicht mehr wegzudenken.<br />

Als weitere Basisinnovationen werden die Nanotechnologie und Mikrosystemtechnik sowie<br />

die Bio- und Gentechnik und die Bionik genannt. Dem Zusammenspiel und der Integration<br />

dieser Technologien wird so viel Schubkraft zugetraut, dass sie einen neuen, den sechsten,<br />

17 1) BMU: Umweltwirtschaftsbericht 2009, Kurzfassung<br />

18 Im einzelnen vgl. W. Gerstenberger: a.a.O. S. 5ff.<br />

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<strong>Standortanalyse</strong> <strong>Kirchheim</strong> bei München<br />

Kondratieff-Zyklus in den nächsten Jahrzehnten auslösen könnten. 19 Die letzten Kondratieff-<br />

Aufschwünge wurden vom Computer und der digitalen Kommunikation (ab 1950) und vom<br />

Automobil (1930-1980) getragen.<br />

5.2.3.1 Informations- und Kommunikationstechnik und Internet<br />

Bereits seit 1990 haben sich sowohl die Geschäftswelt als auch das private Leben durch die<br />

rasante Verbreitung von Personal Computern, Mobiltelefonen und des Internets tiefgreifend<br />

verändert. Die Entwicklung schreitet weiter ungebremst voran. Wesentlicher Treiber ist die<br />

Mikrominiaturisierung der Elektronik und die zunehmende Rolle von Software.<br />

Während die Halbleiterfertigung weitgehend aus Europa abgewandert<br />

ist, bietet die Softwarekompetenz europäischer Informatiker<br />

und Ingenieure noch ein erhebliches Wirtschaftspotential. Zwar ist<br />

auch hier die Konkurrenz mit Ländern wie China und Indien<br />

deutlich spürbar. Doch bieten sich im Bereich hoch innovativer und<br />

hoch komplexer Systeme noch erhebliche Chancen. Zudem hat<br />

gerade die Bundesrepublik mit ihren Unternehmen eine ausgezeichnete<br />

Position im Bereich „embedded systems“, wie sie im<br />

Automobil, in anderen Transportsystemen, in der Medizintechnik oder in der Automatisierungstechnik<br />

zur Anwendung kommen.<br />

Gerade der Raum München bietet hierfür ideale Standortvoraussetzungen, an denen<br />

<strong>Kirchheim</strong> bisher kaum partizipiert hat. Es ist aber zu beachten, dass Firmen aus dem IT-<br />

Bereich besondere Standortbedingungen erwarten (siehe hierzu Kap.6), die die Gewerbegebiete<br />

der <strong>Gemeinde</strong> bisher kaum erfüllen.<br />

Angesicht der zentralen Bedeutung dieser Technologie, ist es umso unverständlicher, dass<br />

der ländliche Raum noch massive Defizite in der Breitbandkommunikation (Internet) aufweist.<br />

Hier besteht dringender Handlungsbedarf.<br />

Die Informations- und Kommunikationstechnologien und das Internet werden zahlreiche<br />

Lebensbereiche durchdringen:<br />

� Das „intelligente Haus“ (mehr Komfort und höhere Energieeffizienz),<br />

� Neue (Roboter-) Dienste für ältere und behinderte Menschen,<br />

� Telemedizin, bessere medizinische Diagnoseverfahren, Gesundheitsvor- und -<br />

nachsorge, Mess-, Analyse- und Regelsysteme, die am oder im Körper getragen<br />

werden<br />

� Neuartige Arbeitsabläufe bei der Produktion von Gütern, neue Organisationsformen<br />

� Verkehrsorganisation, Verkehrsleitung<br />

� Sicherheits- und Überwachungsfunktionen<br />

� Medienpräsentation<br />

19 Vgl. Werner Heß:Ein Blick in die Zukunft - acht Megatrends, die Wirtschaft und Gesellschaft verändern, Allianz<br />

Dresdner Economic Research, Working Paper 103, 20.5.2008, S. 27<br />

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<strong>Standortanalyse</strong> <strong>Kirchheim</strong> bei München<br />

� Steuerung von smart grids (intelligentes Stromnetz) 20 .<br />

� Optimierung der Wachstums- und Erntebedingungen in der Landwirtschaft<br />

� Computersysteme, die in der Kleidung (smart fabrics) getragen werden<br />

Die <strong>Kirchheim</strong>er Unternehmen werden versuchen müssen von diesen Trends zu profitieren.<br />

Die Kommune und ihre Bürger finden hier Möglichkeiten zu investieren. Insgesamt ist damit<br />

zu rechnen, dass die nächsten Generationen der Informations- und Kommunikationstechnik<br />

und die nächsten Stufen in der Internetnutzung zu weiteren Anstiegen in der Arbeitsproduktivität,<br />

insbesondere aber in der Energie- und Rohstoffproduktivität führen werden.<br />

5.2.3.2 Nanotechnik und Mikrosystemtechnik<br />

Nanotechnologie 21 beschäftigt sich mit der Bearbeitung und Anwendung von Materialien in<br />

sehr kleinen Strukturen. Sie umfasst Forschungsgebiete aus der belebten und unbelebten<br />

Natur. Anwendungen entstehen in der Energietechnik (Brennstoff- und Solarzellen), in der<br />

Umwelttechnik (Materialkreisläufe und Entsorgung) oder in der Informationstechnik (neue<br />

Speicher und Prozessoren) aber auch im Gesundheitsbereich.<br />

Diese gilt als eine der Schlüsseltechnologien des 21. Jahrhunderts. Die Nanotechnologie<br />

eröffnet neue Möglichkeiten des intelligenten Materialdesigns und der Erzeugung technologischer<br />

Komponenten, die sich den Anforderungen des jeweiligen Anwendungszwecks gezielt<br />

anpassen lassen.<br />

Die Mikrosystemtechnik entwickelt komplette Systemlösungen in Mikrostrukturen, d.h.<br />

Sensorik, Auswertung/Steuerung und Aktuatorik werden als Komplettlösung in Mikrostrukturen<br />

realisiert. Sie spielen schon heute in vielen Anwendungsfeldern, wie Rechner, Automobilelektronik<br />

u. ä. eine wichtige Rolle. Firmen aus diesem Technologiefeld sind bisher im<br />

Raum <strong>Kirchheim</strong> nicht zu finden. Die Standortbedingungen wären jedoch wegen der Nähe zu<br />

wichtigen Anwendern sehr günstig.<br />

5.2.3.3 Bio- und Gentechnik, Bionik<br />

Die Bio- und Gentechnik stellt Methoden zur Verfügung, die gezielte und wiederholte<br />

Eingriffe in biologische Prozesse ermöglichen und erschließt eine Vielfalt von Anwendungen<br />

in der Human- und Veterinärmedizin (rote Biotechnologie), im Agrar- und Ernährungssektor<br />

(grüne Biotechnologie) sowie in den Bereichen Umwelt (graue Biotechnologie) und Industrie<br />

(weiße Biotechnologie).<br />

20 Das intelligente Stromnetz umfasst die kommunikative Vernetzung und Steuerung von Stromerzeugern,<br />

Speichern, elektrischer Verbraucher und Netzbetriebsmitteln in Energieübertragungs- und -verteilungsnetzen der<br />

Elektrizitätsversorgung<br />

21 Hierunter wird ein weites Feld von Forschungsgebieten und Technologien zusammengefasst, die sich mit der<br />

Untersuchung, Herstellung und Anwendung von Strukturen befassen, die in mindestens einer Dimension kleiner<br />

als 100 Nanometer (=Zehntausendstel-Millimeter) sind. Neben natürlich vorkommenden Materialien im Nanobereich<br />

gibt es zahlreiche Typen von künstlich hergestellten Nanomaterialien. Anwendungen entstehen in der<br />

Oberflächenfunktionalisierung und Oberflächenveredelung (aktuell Entspiegelung, Sonnenschutzverglasung,<br />

Antireflexbeschichtung, schmutzabweisende Oberflächen), in der Energietechnik (Brennstoff- und Solarzellen), in<br />

der Umwelttechnik (Materialkreisläufe und Entsorgung) oder in der Informationstechnik (neue Speicher und<br />

Prozessoren) sowie im Gesundheitsbereich.<br />

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<strong>Standortanalyse</strong> <strong>Kirchheim</strong> bei München<br />

Wie die weiße Biotechnologie versucht die Bionik für technische Problemlösungen von der<br />

Natur zu lernen und Funktions- und Strukturwissen von lebenden auf technische Systeme zu<br />

übertragen. Zur klassischen Bionik zählen dabei Anwendungen in den Bereichen Bau und<br />

Klimatisierung, Formgestaltung und Design.<br />

Ein wichtiges aktuelles Forschungsfeld sind neue<br />

biologische Materialien, die ressourceneffizient sind<br />

und sich durch Festigkeit und/oder Elastizität bei<br />

verhältnismäßig geringem Materialeinsatz auszeichnen.<br />

Verknüpft mit dem Thema Miniaturisierung sind<br />

die molekularbiologisch inspirierte Ansätze der<br />

Nanobiotechnologie, der Prothetik und der neuronalen<br />

Steuerung.<br />

Während die traditionelle Bionik Lösungsansätze der<br />

Natur auf technische Systeme überträgt, stehen im<br />

Rahmen der Nanotechnik Eingriffe in die Natur selbst auf dem Programm. Für grüne und<br />

rote Biotechnologie böte die Nähe zu den staatlichen Einrichtungen in Grub Anknüpfungspunkte,<br />

jedoch dürfte ein Anwerben von Firmen aufgrund des Fehlens einer entsprechenden<br />

Forschungsinfrastruktur im Münchner Osten eher schwierig werden.<br />

5.2.4. Globalisierung, Nachfrageverlagerungen und Wettbewerbsdruck<br />

Während die Bevölkerung in den westlichen Industrieländern schrumpft oder stagniert, wird<br />

das Bevölkerungswachstum in den Schwellen- und Entwicklungsländern anhalten. Dies und<br />

der in Gang gekommene wirtschaftliche Aufholprozess insbesondere in den Schwellenländern<br />

werden zu einer deutlichen Verschiebung in der Weltnachfrage führen 22 .<br />

Insbesondere die asiatischen Märkte werden wachsen. Mit zunehmender Wirtschaftskraft<br />

wird auch der politische Einfluss von China und Indien größer. Firmen aus diesen Märkten<br />

werden zunehmend auch nach Standorten in Deutschland Ausschau halten.<br />

Der Großraum München ist mit seiner Industrie, vielen Forschungseinrichtungen und guter<br />

Verkehrsanbindung sicher ein attraktiver Standort. Hier bietet sich die Chance bei ausländischen<br />

Investoren, Maklern und bei Messeveranstaltungen auf eine Ansiedlungsmöglichkeit<br />

in unserer <strong>Gemeinde</strong> hinzuweisen<br />

Wichtig für das Angebot an Arbeitsplätzen dürfte auch die zunehmende Tendenz zur<br />

Verlagerung der Produktion in die Nähe der Konsumenten sein. Diesen Trend werden die<br />

Regionen am besten nutzen, die sich als offen für Niederlassungen der expandierenden<br />

Unternehmen aus den Schwellenländern zeigen.<br />

Insbesondere die Gesundheitsdienste haben lokalen Charakter und können damit unbehelligt<br />

von der internationalen Konkurrenz expandieren. Ähnliches gilt für die Rohstoffrückgewinnung<br />

und Recyclingindustrie. Möglicherweise wird auch die Ernährungsindustrie aus<br />

Qualitätsgründen wieder lokaler.<br />

22 Im Einzelnen vgl. W.Gerstenberger a.a.O. S 1.<br />

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<strong>Standortanalyse</strong> <strong>Kirchheim</strong> bei München<br />

Die Trends in der Informations- und Kommunikationstechnik dürften das Entstehen von<br />

regionalen Wirtschaftskreisläufen begünstigen. Der Globalisierung steht damit gleichzeitig<br />

die Tendenz zur Regionalisierung gegenüber.<br />

Die Globalisierung dürfte in den nächsten Jahrzehnten<br />

weiterhin die treibende Kraft für den Wettbewerb sein. Die<br />

Konkurrenz durch die aufblühenden Unternehmen aus den<br />

Schwellenländern wird sich nicht mehr nur auf niedrigere<br />

Lohnkosten und die vorhandene reiche Rohstoffbasis stützen.<br />

Zunehmend werden diese Unternehmen auch zum Wettbewerber<br />

bei der Entwicklung von neuen oder verbesserten<br />

Produkten und Diensten (Innovationswettbewerb). 23<br />

Da alle Schwellenländer massiv in die Bildung und Weiterbildung<br />

ihrer jungen Arbeitskräfte sowie in Forschung und<br />

Entwicklung investieren und ihren Vorsprung bei den Lohnkosten<br />

noch längere Zeit beibehalten, werden die Herausforderungen für die die deutschen<br />

Unternehmen im Umfeld einer alternden Bevölkerung enorm.<br />

Der Automatisierungsdruck in der Produktion wird weiter bestehen oder sich gar noch<br />

erhöhen, dadurch sinkt die Nachfrage nach Beschäftigten mit geringer Qualifizierung. Dies<br />

wird längerfristig auch Auswirkung auf die Beschäftigung in den heute in der <strong>Gemeinde</strong><br />

ansässigen Produktionsbetrieben haben.<br />

5.2.5. Wandel in den gesellschaftliche Einstellungen<br />

Die Ansiedlung von Gewerbe in den Kommunen wird von der Bevölkerung zunehmend<br />

kritisch reflektiert und führt oft zu verhaltenen, wenn nicht sogar ablehnenden Einstellungen.<br />

Diese Tendenz ist auch in <strong>Kirchheim</strong> b. München festzustellen. Die Gründe hierfür sind<br />

vielfältig. Sicher spielen das hohe Wohlstandsniveau, der Anspruch an eine hohe Wohnqualität<br />

und die Sorge um den Werterhalt des eigenen Immobilienbesitzes eine gewichtige Rolle.<br />

Ansiedlung von Gewerbe wird häufig mit höherem Verkehrsaufkommen, damit verbundenem<br />

Lärm, mit Emissionen und Landschaftsbeeinträchtigung assoziiert. Hinzu kommen einige<br />

gesellschaftliche Tendenzen, die sich primär in den wohlhabenden Staaten der westlichen<br />

Welt zeigen 24<br />

Ein wichtiger Trend ist die Individualisierung. Darunter wird eine Tendenz verstanden, als<br />

Einzelwesen eigene Identität und Sinn zu finden und dies auch auszudrücken. Dies kann zu<br />

sehr persönlich geprägten Lifestyles, zu besonderen Wohnstilen oder zum Kauf spezieller<br />

Produktkonfigurationen führen. Die Besonderheit des eigenen Ichs sucht Ausdruck und<br />

Abgrenzung zur Masse. Der Lebensraum soll individuell gestaltet werden, mit der deutlichen<br />

Tendenz zur „neuen Idylle“. Allerdings erwächst mit Loslösung des Individuums aus traditionellen<br />

Verbünden (Großfamilien, Vereine, Verbände, Kirchen …) auch das Sicherheitsbe-<br />

23 Im Einzelnen vgl. W.Gerstenberger a.a.O. S.9 f.<br />

24 Quellen: Horx/Zukunftsinstitut; Bruggemann/Uni Zürich; A. Bogner)<br />

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<strong>Standortanalyse</strong> <strong>Kirchheim</strong> bei München<br />

dürfnis. Der Schutz der persönlichen und privaten Rückzugsräume soll sicher gestellt werden<br />

(„Cocooning“).<br />

Die Individualisierung wechselwirkt mit der zunehmenden Pluralisierung der Gesellschaft.<br />

Pluralisierung basiert auf dem Wandel der Wertvorstellungen in der Gesellschaft. Es<br />

entwickeln sich unterschiedliche Lebensstile nebeneinander mit dem Anspruch, als gleichwertig<br />

anerkannt zu werden. Die Anpassungsbereitschaft des Einzelnen nimmt ab und es<br />

organisieren sich die Ansprüche unterschiedlicher, auch kleiner sozialer Gruppen.<br />

Ethik und Moral im öffentlichen und persönlichen Handeln<br />

betonen eine schärfere Wahrnehmung der bürgerlichen<br />

Rechte und damit der Sensibilisierung der Gesellschaft<br />

gegenüber autokratischen Eingriffen von oben. Gerade Politik,<br />

Industrie und Banken stehen permanent im kritischen Fokus<br />

und die Gesellschaft erwartet Transparenz und Mitwirkung.<br />

Der Bürger wird stärker von seinen Rechten auf Widerspruch<br />

Gebrauch machen („Wutbürger“), aber sich auch stärker<br />

ethisch und sozial engagieren: Soziale und ökologische<br />

Nachhaltigkeit sind schon feste Bestandteile der gesellschaftlichen<br />

Überzeugungen. Besonders stark werden hier die<br />

Nachhaltigkeit in der sozialen Unterstützung und in der Erhaltung der Lebensqualität<br />

gefordert werden.<br />

Die Erhaltung des ökologisch gestalteten Lebensraums steht oft in klarem Widerspruch zu<br />

massiven wirtschaftlichen Eingriffen. Hier werden besonders starke Gegenpositionen<br />

gegenüber einer unreflektierten Urbanisierung und der Verödung von Lebensräumen durch<br />

ungebremstes Wachstum durch z.B. Supermärkte, Baumärkte und Industrie erwartet.<br />

Einen Niederschlag finden diese Trends national in den Initiativen gegen Fluglärm und in<br />

<strong>Kirchheim</strong> speziell in der Diskussion um die Bustrasse/Öffnung <strong>Heimstetten</strong>er Straße, den<br />

Ausbau der Staatsstraße oder die Errichtung von Funkmasten.<br />

Der Wirtschaftsausschuss nimmt diese Einstellungen ernst und empfiehlt in der <strong>Gemeinde</strong><br />

mit der Bevölkerung und den Investoren in den wirtschaftspolitischen Dialog zu treten, ein<br />

Verfahren, das sich auch bisher bei anderen Maßnahmen bewährt hat.<br />

6. Aspekte der Ansiedlung von High-Tech-Branchen<br />

und Clusterbildung<br />

Ein generelles parteiübergreifendes Ziel einer künftigen Gewerbepolitik der <strong>Gemeinde</strong> ist<br />

nach der in dieser Studie vorgelegten Erhebung die verstärkte Ansiedlung innovativer Firmen<br />

aus dem High Tech Bereich. Es ist jedoch bisher kaum geklärt, welche Voraussetzungen für<br />

die Ansiedlung technologie- oder wissensorientierter Unternehmen überhaupt gegeben sein<br />

müssen. Die Standortwahl der traditionellen Standorttheorien ist stark von quantitativ<br />

messbaren Kostenfaktoren, den harten Standortfaktoren, beeinflusst. Moderne Ansätze<br />

zeigen aber, dass vor allem im Bereich der High-Tech-Industrien weiche Standortfaktoren im<br />

zunehmenden Maße die Standortwahl beeinflussen. (siehe z.B.: Rolf Sternberg, Technolo-<br />

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<strong>Standortanalyse</strong> <strong>Kirchheim</strong> bei München<br />

giepolitik und High-Tech Regionen: ein internationaler Vergleich, 1998, Richard Florida, The<br />

rise of the creative class, 2002). Ausgehend von einer kurzen Beschreibung der Ausgangslage,<br />

werden grundsätzlich wichtige Standortfaktoren für die Ansiedlung innovativer Firmen<br />

vorgestellt und diskutiert. Für den Fall, dass diese Voraussetzungen in absehbarer Zeit nicht<br />

geschaffen werden können, werden alternative Konzepte vorgeschlagen, die sich an<br />

bestimmten Standortcharakteristiken oder an den schon bestehenden Gewerbestrukturen<br />

orientieren.<br />

6.1.<br />

Infrastrukturelle Voraussetzungen für die Ansiedlung technologie-<br />

und wissensorientierter Unternehmen<br />

6.1.1. Ausgangslage<br />

Die Gewerbeansiedlung in <strong>Kirchheim</strong>-<strong>Heimstetten</strong> zeigt wie bei vielen anderen Gewerbegebieten<br />

anderer <strong>Gemeinde</strong>n eine sehr konventionelle und dabei stark heterogene Struktur der<br />

angesiedelten Unternehmen. Es überwiegen Handwerksbetriebe, klein- und mittelständische<br />

Produktions- und Handelsbetriebe sowie Speditionen.<br />

Während der Wirtschaftsraum München allgemein als Hochtechnologieraum mit Firmen der<br />

Luft- und Raumfahrtindustrie, der Elektrik/Elektronik, der Kommunikationstechnik, der<br />

Medienindustrie, des Maschinenbaues und des Fahrzeugbaues angesehen wird, finden sich<br />

mit Ausnahme der Firmen Genua, Disco, Netapp, Farben Huber und Moradelli sowie den<br />

Niederlassungen von SEW-Eurodrive und HAWE SE keine größeren Firmenansiedlungen<br />

aus diesem Umfeld im Raum <strong>Kirchheim</strong> bei München.<br />

Die Firmen Brain-Lab sowie Sun (Niederlassung) haben diesen Standort inzwischen<br />

verlassen oder gingen in anderen Unternehmen auf. Insbesondere fällt auf, dass der<br />

Standort München wie auch ein Teil seiner Umlandgemeinden zwar für viele Firmen der<br />

High-Tech Branche von hohem Interesse ist, der Raum-<strong>Kirchheim</strong> bei München davon aber<br />

unzureichend profitiert. Die vielen ortsansässigen, kleinen IuK-Dienstleister könnten aber<br />

eine gute Basis für unternehmensnahe Dienstleistung bilden.<br />

Die Gründe für diese Situation sind vielfältig und müssen für eine in Zukunft erfolgreichere<br />

Strategie der Unternehmensansiedlung von innovativen Firmen beachtet werden. Es ist<br />

politisch unstrittig, dass es sicher besonders lohnend wäre, innovative Firmen aus dem High-<br />

Tech-Umfeld anzuwerben, da dies sowohl hochwertige wie auch zukunftsfähige Arbeitsplätze<br />

bedeutet.<br />

Der Begriff High-Tech-Firmen steht hier für alle Firmen, die in ihrem Technologiebereich<br />

führende Lösungen entwickeln und anbieten oder wissensbasiert auf hohem Niveau, d.h.<br />

unter Einsatz modernster IuK-Technologien, arbeiten. Dies kann in den Bereichen Biotech-<br />

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<strong>Standortanalyse</strong> <strong>Kirchheim</strong> bei München<br />

nologie, Medizintechnik, Energiegewinnung/-wandlung, Informations- und Kommunikationstechnik,<br />

Medienbranche, im Maschinenbau oder in der Feinwerktechnik, in der Elektronik-<br />

und Software-Branche erfolgen. Ob dies aber von den Standortbedingungen her chancenreich<br />

ist, wird nachfolgend diskutiert.<br />

6.1.2. Attraktivitätsmerkmale eines Standortes für High-Tech-Branchen<br />

Die Attraktivität eines Standortes für High-Tech-Firmen hängt von einer Vielzahl unterschiedlicher<br />

Aspekte ab. Das Angebot hochqualifzierter Kräfte auf dem Arbeitsmarkt, die Toleranz<br />

gegenüber deren Anwerbung (multikulturelle Toleranz), das Firmenumfeld mit Möglichkeiten<br />

zu Kooperationen, die Qualität, Attraktivität und Repräsentativität des Gewerbestandortes<br />

sowie die gute Erreichbarkeit und die Attraktivität eines standortnahen Wohnens spielen eine<br />

Rolle.<br />

Die Attraktivität standortnahen Wohnens wird durch das Angebot hochwertigen Wohnraums,<br />

guter Freizeit- und Erholungsmöglichkeiten wie auch durch ein vielfältiges kulturelles<br />

Angebot bestimmt.<br />

Zum Firmenumfeld gehören Aspekte wie das Angebot an standortnahen Hochschul- und<br />

Forschungseinrichtungen, das Angebot unternehmensnaher Dienstleister (z. B. IT-<br />

Dienstleister), die Kooperationsmöglichkeiten, die Nähe zu wichtigen Kunden und die Nähe<br />

zu wichtigen Lieferanten. Wenn hier auch nicht zu kleinräumig gedacht werden darf, so wäre<br />

es doch hilfreich, wenn Einrichtungen der Hochschule München oder staatliche oder<br />

halbstaatliche Forschungseinrichtungen für eine Verlagerung nach <strong>Kirchheim</strong> b. München zu<br />

gewinnen wären.<br />

Attraktivität eines Gewerbestandortes für High-Tech-Firmen wird auch bestimmt durch<br />

ansprechende Gestaltung von Gebäuden und Flächen, leichter Zugang der Mitarbeiter zu<br />

Einrichtungen des täglichen Bedarfes (Essen, Einkaufen, Bankgeschäfte, Sport und Freizeit).<br />

Derartige Firmen suchen meist auch ein Ambiente in dem architektonisch markante Gebäude<br />

eine hohe Repräsentativität ausstrahlen.<br />

Die Grünflächengestaltung spiegelt diese Aspekte wieder und dient gleichzeitig als Erholungsraum<br />

der Mitarbeiter. Darüber hinaus muss eine hinreichend großzügige Bebauung<br />

auch Optionen für künftige Erweiterungen bieten.<br />

Bezüglich der Infrastrukturausstattung sind vor allem leistungsfähige Kommunikationsverbindungen,<br />

eine sichere Stromversorgung und ein gut ausgebautes Straßennetz wie entsprechende<br />

Parkflächen von hoher Bedeutung. Die Verkehrsanbindung sollte die rasche<br />

Erreichbarkeit des BAB-Netzes, eine gute Anbindung an den ÖPNV und den Flughafen<br />

sicherstellen. Um Gäste und Kunden adäquat zu beherbergen sind eine gehobene Hotellerie<br />

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<strong>Standortanalyse</strong> <strong>Kirchheim</strong> bei München<br />

und entsprechende Restaurants notwendig. Selbstverständlich sollte eine ausreichende<br />

Verfügbarkeit von Taxis vorhanden sein.<br />

6.1.3. Die Chancen der <strong>Gemeinde</strong><br />

Am ehesten entsprechen derzeit die Gewerbeflächen an der Grenze zu Feldkirchen den<br />

Anforderungen solcher High Tech Branchen. Aber auch dort bestehen erhebliche Defizite,<br />

wie zum Beispiel die schlechten Einkaufs- und Erledigungsmöglichkeiten, der Mangel an<br />

Kantinen, teilweise auch eine schlechte Anbindung an den ÖPNV. Wenn die <strong>Gemeinde</strong> hier<br />

eine Veränderung der Gewerbestruktur hin zu mehr innovativen Firmen anstrebt, wird dies<br />

nicht ohne erhebliche Vorleistungen in die Infrastrukturverbesserung gelingen. Es ist damit<br />

derzeit völlig offen, wo eine derartige Gewerbestruktur überhaupt geschaffen werden könnte.<br />

Das Fehlen von Hochschul- oder Universitätsinstituten, das Fehlen von Forschungszentren,<br />

F&E-Einrichtungen, oder Technologiezentren erschwert den langfristigen Umbau der<br />

Gewerbestruktur. Derartige Einrichtungen sind meist der Nukleus für die Ansiedlung weiterer<br />

Firmen, die dieses F&E-Potential nutzen, oder der Ansiedlung von Spin offs, letztere meist in<br />

Gründerzentren. F&E-Einrichtungen erhöhen zudem erheblich das Potential zur Clusterbildung.<br />

6.1.4. Potentiale für eine Clusterbildung in <strong>Kirchheim</strong> bei München<br />

Unter Clusterbildung 25 wird die gezielte Ansiedlung von in enger Wechselbeziehung stehender<br />

Firmen verstanden.<br />

25 Beispiele gibt es auch im Raum München siehe G. Reichart: Erfolgreiche Clusterbildung im Raum München<br />

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<strong>Standortanalyse</strong> <strong>Kirchheim</strong> bei München<br />

Informationstechnologie<br />

• Rechenzentren<br />

• Serverzentren<br />

• Embedded Anwendungen<br />

• Internetanwendungen<br />

• IT-Sicherheit<br />

• Cloudcomputing<br />

• Softwareentwicklung<br />

• Telekommunikation<br />

• …<br />

Abb.6.2 Beispiel einer Clusterbildung<br />

Maschinenbau<br />

• Feingerätebau<br />

• Antriebstechnik<br />

• Metallbearbeitung<br />

• Oberflächenbehandlung<br />

• Recycling<br />

• …<br />

Welche Clusterbildung wäre für <strong>Kirchheim</strong> bei München denkbar? Zu versuchen, erfolgreiche<br />

Cluster anderer <strong>Gemeinde</strong>n zu kopieren, wird vermutlich wenig Erfolgschancen bieten,<br />

besser wäre es neue nicht vorhandene Cluster oder Cluster auf Basis vorhandener Betriebe<br />

zu entwickeln. Dabei darf nicht zu „lokal“ gedacht werden, sondern es muss die Situation in<br />

den Nachbargemeinden mit in die Überlegungen einbezogen werden.<br />

6.1.4.1 Cluster „Entwicklungs-, Konstruktions- und Produktionsbetriebe der Feinwerktechnik,<br />

des Präzisionsmaschinenbaues und der Elektrotechnik“<br />

Auf Grundlage der bestehenden Gewerbestruktur böte sich beispielsweise der Aufbau eines<br />

Clusters von Entwicklungs-, Konstruktions- und Produktionsbetrieben der Feinwerktechnik,<br />

des Präzisionsmaschinenbaues und der Elektrotechnik an. Gut geeignet wäre der Standort<br />

für Firmen aus der Zuliefer- und Vorlieferkette der Fahrzeughersteller, wie BMW, MAN,<br />

Krauß-Maffei. Firmen aus den Wohn/Gewerbe-Mischgebieten Münchens, die dort nicht mehr<br />

erwünscht sind, könnten hier angesprochen und gezielt für eine Ansiedlung angeworben<br />

werden. Hierfür eignen sich primär die Gewerbegebiete in <strong>Heimstetten</strong> West und Ost.<br />

Der Standort könnte im Zuge der Globalisierung auch für F&E-Einrichtungen oder Niederlassungen<br />

asiatischer Firmen interessant werden, die vom High-Tech-Umfeld in München und<br />

den dort ansässigen Großfirmen profitieren können. Dies lässt sich aber nur durch entsprechende<br />

Werbeauftritte auf Auslandsmessen erreichen.<br />

76 / 124<br />

Elektrotechnik<br />

• Antriebe<br />

• Leistungselektronik<br />

• Steuerungstechnik<br />

• Regelungstechnik<br />

• smart metering<br />

• ...


Wirtschaftsbeirat<br />

<strong>Standortanalyse</strong> <strong>Kirchheim</strong> bei München<br />

Aufgrund der Nähe zur Messe-Riem wären Firmen aus dem Bereich Messebau / Mediengestaltung<br />

/ Eventmanagement / Werbung und Catering ein denkbares ergänzendes Cluster.<br />

6.1.4.2 Cluster „Nachhaltiges Wirtschaften“<br />

<strong>Kirchheim</strong> verfügt auch über einen Nukleus an Recycling-Firmen, welche in der Ära der<br />

Energie- und Rohstoffverteuerung beste Wachstumschancen haben. Diese werden aufgrund<br />

der der Lärmbelastung und der starken Verkehrsbelastung zwar sehr kritisch gesehen und<br />

gelten daher oft als unerwünschte Betriebe. Diese Sicht resultiert aber primär aus ungünstigen<br />

Standortentscheidungen und dem derzeit vorhandenen Fokus auf klassische Recyclingfelder.<br />

Eine Veränderung hin zum Recycling von Edelmetallen oder seltenen Erden könnte neue<br />

Zukunftsimpulse und auch anspruchsvollere Arbeitsplätze bringen. Mit einer geschickten<br />

umweltverträglichen Ansiedlung in den Gewerbegebieten, mit eigenen Zufahrten, ausreichender<br />

Entfernung zu anderen Betrieben und zu Wohngebieten ließe sich dieses Potential<br />

an sicheren Arbeitsplätzen und Gewerbesteuereinnahmen auch langfristig ausschöpfen. Hier<br />

käme das Gewerbegebiet <strong>Heimstetten</strong> Ost infrage.<br />

6.1.4.3 Cluster „Energieversorgung der Zukunft“<br />

Als neues Cluster kämen auch F&E-Einrichtungen für erneuerbare Energien, innovative<br />

Firmen der Energietechnik, insbesondere alternativer Energien, energetischer Gebäudeoptimierung,<br />

Umwelttechnologie, der e-Mobility und der Steuerung von smart grids infrage. Im<br />

Verbund mit den Nachbargemeinden wäre sicher damit auch eine verstärkte Ansiedlung von<br />

Firmen aus dem I&K-Bereich denkbar.<br />

6.1.4.4 Cluster „überregionale Logistik, Spedition, Transport und Recycling“<br />

Auf Basis der vorhandenen Logistik- und Speditionsdienstleister wäre grundsätzlich die<br />

Entwicklung eines Clusters für überregionale Logistik, Spedition und Transport und Recycling<br />

möglich.<br />

Nach /Stefan Distel, 2005 26 / zählen zur Logistik „alle Aktivitäten und Tätigkeiten des Transports,<br />

des Umschlags und der Lagerung von Gütern und die damit verbundenen Informationen<br />

sowie die mit dem Management des Güter- und Informationsflusses direkt verbundenen<br />

administrativen Aktivitäten und Tätigkeiten der Planung, Disposition, Steuerung und Optimierung<br />

und Kontrolle“.<br />

Nach einer Analyse der Deutschen Bank /DB Research 2007/ erzielte die Branche im Jahr<br />

2007 einen Umsatz von ca. 190 Mrd. € bei einer durchschnittlichen Wachstumsrate von<br />

4,5%/a. Der deutsche Logistikmarkt hat nach dieser Quelle mit ca. 20% den größten Anteil<br />

am europäischen Markt. „Bayern zählt zu den wichtigsten Logistik-Drehscheiben in Europa<br />

und nimmt mit rund 400.000 Beschäftigten eine herausragende Stellung im bundesweiten<br />

Vergleich ein.<br />

26 Distel, Stefan (2005): Vermessung der Logistik in Deutschland – eine quantitative Analyse der wirtschaftsweiten<br />

Logistikleistungen auf Basis der volkswirtschaftlichen Input-Output-Darstellung und der Beschäftigtenstatistik,<br />

Peter Klaus (Hrsg.), Bobingen.<br />

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Wirtschaftsbeirat<br />

<strong>Standortanalyse</strong> <strong>Kirchheim</strong> bei München<br />

Neue technologische Entwicklungen und insbesondere die fortschreitende Industrialisierung<br />

des Transport- und Logistiksektors bieten neue Chancen für zusätzliche Wertschöpfung<br />

/Bayern innovativ: Logistik Netzwerk/.<br />

<strong>Kirchheim</strong> bietet an sich für die Ansiedlung von Betrieben entlang der Logistikkette eine<br />

Reihe von Standortvorteilen. Hierzu zählt nicht nur der direkte Zugang zur Bundesautobahn.<br />

Die in der Nähe befindlichen Einrichtungen wie Containerbahnhof, Messe München in Riem,<br />

Flughafen und die in München stattfindende Logistikmesse bieten zusätzliche Perspektiven.<br />

Die im Raum München angesiedelten Großfirmen stellen zudem einen hochinteressanten<br />

Kundenkreis dar.<br />

Allerdings bieten die vorhandenen Gewerbegebiete kaum mehr Raum für die Ansiedlung<br />

flächenintensiver Logistikbetriebe. Begrenzte Ansiedlungen wären nur im Süden der<br />

<strong>Gemeinde</strong> möglich sind. Dies würde aber zwangsläufig zu mehr LKW-Verkehr auf der M1<br />

führen.<br />

Aufgrund dieser Situation erscheint die Ansiedlung von verkehrs- und flächenintensiven<br />

Güterverteilzentren als aussichtslos und wegen der Verkehrsbelastung auch nicht als<br />

erstrebenswert. Demgegenüber wäre die Ansiedlung von hochwertigen Logistikdienstleistungen,<br />

wie IT-gestütztes Warenmanagement, Distributionsmanagement, Dispatching und<br />

Flottenmanagement wünschenswert und könnte auch hochqualifizierte Arbeitsplätze bringen.<br />

Damit müsste der Schwerpunkt auf Firmen gelegt werden, die entweder die Entwicklung von<br />

IT-Lösungen und Kommunikationslösungen für Logistiksysteme betreiben, Warenmanagement<br />

und Dispositionszentralen betreiben. Die fehlende Infrastruktur für Firmen der IT-<br />

Branche und das fehlende Angebot an Forschungs- und Weiterbildungseinrichtungen ist vor<br />

dem Szenario einer weiteren Zunahme der höherqualifizierten Tätigkeiten im Bereich der<br />

Logistik ein bedeutender Standortnachteil. Hier böte sich nur dann eine Chance, wenn in<br />

Zusammenarbeit mit der Hochschule München oder der TU München Institute mit Spezialisierungen<br />

wie Supply Chain Management, Airport Logistic oder ein Zentrum für integrierte<br />

Verkehrssysteme analog dem Zentrum an der Universität Darmstadt einzurichten wäre.<br />

6.1.5. Fazit<br />

Eine rein opportunitätsgetriebene Ansiedlung von Betrieben erlaubt keinen gezielten Aufbau<br />

von Clustern. Hier ist eine strategische Planung erforderlich, die geeignete Gewerbeflächen<br />

identifiziert, bezüglich ihrer Infrastruktur entwickelt und entsprechend den Standorterfordernissen<br />

der geplanten Branchenansiedlung gestaltet. Mit einem derartigen strategischen<br />

Ansatz kann eine glaubwürdige Kommunikations- und Akquisitionsstrategie betrieben<br />

werden. Hierzu ist es notwendig, die besonderen Standortvorteile systematisch herauszuarbeiten<br />

und gezielt zu vermarkten. Genauso notwendig ist es die bestehenden Schwächen<br />

und Defizite klar zu identifizieren und Wege zu ihrer Verbesserung aufzuzeigen.<br />

Mögliche Standortvorteile der Ortslage <strong>Kirchheim</strong> bei München für die Ansiedlung von High-<br />

Tech-Branchen sind aus heutiger Sicht:<br />

� Verfügbarkeit hochqualifizierter Arbeitskräfte<br />

� Gutes Wohnumfeld<br />

� Gute Verkehrsanbindung<br />

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Wirtschaftsbeirat<br />

<strong>Standortanalyse</strong> <strong>Kirchheim</strong> bei München<br />

� Nähe zur Landeshauptstadt München<br />

Dem stehen wesentliche Defizite gegenüber:<br />

� Für High-Tech-Branchen derzeit keine attraktiven Gewerbeflächen vorhanden<br />

� Keine Bildungseinrichtungen auf Hochschulniveau<br />

� Keine F&E-Einrichtungen als Nukleus<br />

� Keine Strategie vorhanden<br />

Diese Übersicht zeigt, dass das Hauptdefizit der Gewerbeansiedlung von High Tech-<br />

Branchen in der <strong>Gemeinde</strong> <strong>Kirchheim</strong> bei München im Fehlen attraktiver Gewerbeflächen<br />

besteht. Es wird auch deutlich, dass die <strong>Gemeinde</strong> ohne neue Anstrengungen kaum<br />

wesentliche Merkmale zur Differenzierung gegenüber den konkurrierenden <strong>Gemeinde</strong>n im<br />

Umland besitzt. Es ist aus dem Vorgenannten evident, dass ohne eine aktive Gewerbepolitik<br />

und ohne erhebliche Investitionen in die Infrastrukturverbesserung eine erfolgreiche Ansiedlung<br />

von Hochtechnologie-Branchen oder die Weiterentwicklung bestehender Gewerbestrukturen<br />

zu einem höheren Anteil sogenannter „White collar“-Tätigkeiten kaum möglich ist.<br />

Dies wird nachfolgend am Beispiel der Medienbranche erläutert. München und das Umland<br />

gelten als attraktiver Medienstandort. Die Branche umfasst eine Vielzahl von Produkten und<br />

Dienstleistungen, die Clusterbildung um Schwerpunktanbieter ermöglicht.<br />

Aus diesem Kuchen hat sich die <strong>Gemeinde</strong> Unterföhring ein erhebliches Stück herausgeschnitten.<br />

So haben sich dort folgende Firmen angesiedelt:<br />

Bayerischer Rundfunk (BR), Zweites Deutsches Fernsehen (ZDF) mit der 100-prozentigen<br />

Tochter Fernsehstudio München (FSM), die ProSiebenSat.1-Gruppe mit ihren Sendern<br />

ProSieben, Kabel 1, N24, der ProSiebenSat.1-Produktion, dem Vermarktungsunternehmen<br />

SevenOneMedia sowie MM Merchandising Media und SevenOne Intermedia, Münchner<br />

Gesellschaft für Kabel-Kommunikation (MGK), Kabel & Medien Service, Deutsches Sport-<br />

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Wirtschaftsbeirat<br />

<strong>Standortanalyse</strong> <strong>Kirchheim</strong> bei München<br />

Fernsehen (DSF), Eurosport, Premiere, Telebild, G.A.T., Videocation, Selco, Radio Aktiv<br />

GmbH, die Ateliers Seitz und Finkensieper, das Kopierwerk Geyer und ca. neun Produktionsfirmen<br />

wie z.B. die Neue Deutsche Filmgesellschaft mbH (NDF) und die Production<br />

Service GmbH (PSG).<br />

80 / 124


Wirtschaftsbeirat<br />

<strong>Standortanalyse</strong> <strong>Kirchheim</strong> bei München<br />

7. SWOT-Matrix<br />

Die gewählte Vorgehensweise der SWOT-Analyse besitzt zwei entscheidende Vorteile, den<br />

der inhärenten Dynamik und der Notwendigkeit sich in erster Linie mit der Zukunft auseinandersetzen<br />

zu müssen.<br />

SWOT führt fast zwangsläufig dazu, sich seiner Stärken bewusst zu werden und sich daraus<br />

ergebende Chancen zu nutzen. Ergänzend wird man versuchen, die Nachteile aus den<br />

bestehenden Schwächen zu reduzieren und mögliche Gefährdungen zu vermeiden.<br />

SWOT schaut nicht zurück, es zwingt zum Blick in die Zukunft, zum intensiven Auseinandersetzen<br />

mit noch nicht (ausreichend) genutzten Chancen und noch nicht angemessen<br />

berücksichtigten Gefährdungen. Für Vergangenheitsbewältigung und Schuldzuweisungen ist<br />

kein Raum. SWOT sucht keine Schuldigen, sondern fordert auf, die Zukunft zu gestalten.<br />

Aus der systematisch durchgeführten Analyse ergeben sich letztlich vier Kombinationen in<br />

der SWOT-Matrix:<br />

Stärken Schwächen<br />

Chancen S � O W � O<br />

Neue Chancen Schwächen<br />

nutzen umwandeln<br />

Gefährdungen S � T W � T<br />

Gefährdungen Schwächen<br />

neutralisieren bekämpfen<br />

Der folgende Überblick zeigt die von uns festgestellten <strong>Kirchheim</strong>er Stärken und Schwächen,<br />

die Chancen für die <strong>Gemeinde</strong> aber auch mögliche Gefährdungen.<br />

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Wirtschaftsbeirat<br />

<strong>Standortanalyse</strong> <strong>Kirchheim</strong> bei München<br />

� Lage! Lage! Lage!<br />

im Münchner Speckgürtel<br />

Stärken Chancen<br />

� ausgezeichnete Verkehrsanbindung<br />

� soziale Einrichtungen und Netzwerke auf<br />

hohem Niveau<br />

� gutes Bildungsangebot<br />

� starkes Bürgerengagement<br />

82 / 124<br />

� Lage- und Preisvorteil durch Standortmarketing<br />

herausstellen<br />

� produzierendes Gewerbe aus Mischgebieten<br />

im Münchner Osten anwerben<br />

� Erfolgsfaktoren Soziales im <strong>Gemeinde</strong>rat,<br />

in <strong>Gemeinde</strong>verwaltung und im Bewusstsein<br />

der Bürger auf Wirtschaftsfragen<br />

übertragen<br />

� Gestaltungsspielräume, Nutzungseinschränkungen<br />

für Gewerbepolitik nutzen<br />

� interkommunal zusammenarbeiten u.a. für<br />

Clusteraufbau bzw. „Ostallianz“<br />

� Umwidmung Gewerbegebiet <strong>Kirchheim</strong><br />

West / neues Gewerbegebiet östlich A99<br />

� Ansiedlungspotential aus Globalisierung<br />

nutzen (ausländische Betriebe)<br />

� Energiekonzept entwickeln<br />

� Kaufkraftdichte durch Ortsentwicklung<br />

erhöhen, hohe Kaufkraft nutzen<br />

� Steigende Nachfrage für Handwerk,<br />

haushaltsnahe Dienste nutzen (Lebenszyklus<br />

Gebäude, demografische Entwicklung)<br />

� Konjunkturerholung nutzen und expandierende<br />

Unternehmen anwerben<br />

� Unternehmen vor Ort wollen wachsen<br />

� Empfehlungen der Unternehmer / Interviewten<br />

umsetzen


Wirtschaftsbeirat<br />

<strong>Standortanalyse</strong> <strong>Kirchheim</strong> bei München<br />

Schwächen Gefährdungen<br />

� fehlendes Leitbild, ungenügende Gewerbepolitik,<br />

keine erkennbare Strategie und<br />

Entwicklungsschwerpunkte lassen ungewolltes<br />

Gewerbe (lärmt, stinkt, verkehrsintensiv)<br />

zu bzw. gewolltes im Stich<br />

� unzureichende Einnahmen aus Gewerbesteuer<br />

� ungenügende Voraussetzungen für<br />

Wirtschaftsförderung (fehlende Daten,<br />

Strukturen mit „nebenamtlichen Aufgabenzuordnungen“)<br />

� Wirtschaftsfragen werden im <strong>Gemeinde</strong>rat<br />

unsystematisch und ohne Priorität behandelt.<br />

� Zerstrittenheit lähmt den Gestaltungswillen,<br />

Negativ-Image wird konserviert.<br />

� reagierende <strong>Gemeinde</strong>verwaltung, passive<br />

Betreuung der ortsansässigen Betriebe<br />

� AFK-Investitionen und Zuschüsse binden<br />

viel Kapital und schränken Handlungsspielräume<br />

ein.<br />

� 40 Jahre alte Infrastruktur (Breitbandversorgung,<br />

ÖPNV-Erreichbarkeit, Fernwärme<br />

oder Blockheizkraftwerk)<br />

� Erscheinungsbild der Gewerbegebiete teils<br />

unattraktiv und veraltet<br />

� lokale Verkehrsführung und LKW-<br />

Problematik in Gewerbegebieten<br />

� unrealistische Vorstellungen zu Neuansiedlungen<br />

von High-Tech-Betrieben<br />

� Autobahngeschäft / Low-Tech dominiert<br />

Branchenmix<br />

� unrealistische Vorstellungen, „ungeliebte“<br />

Branchen würden sich umsiedeln<br />

� fehlender, bezahlbarer Wohnraum für AN<br />

in Dienstleistungsbetrieben<br />

� ÖPNV-Erreichbarkeit Flughafen<br />

� Ortsentwicklung stockt<br />

� Skeptische Einstellung vieler Bürger zur<br />

Wirtschaft<br />

83 / 124<br />

� Wettbewerb um Gewerbe-<br />

Neuansiedlungen nimmt weiter zu.<br />

� Eigentümer der Hallen in den Gewerbegebieten<br />

sind nicht bereit, in ihre Gebäude<br />

zu investieren.<br />

� Low-Tech-Unternehmen mit viel Lagerfläche,<br />

hohem Verkehrsaufkommen und<br />

niedrigen Lohnsummen wollen Status quo<br />

erhalten.<br />

� Empfehlungen der Unternehmer, der<br />

Interviewten werden nicht umgesetzt


Wirtschaftsbeirat<br />

<strong>Standortanalyse</strong> <strong>Kirchheim</strong> bei München<br />

Zusammengefasst ist zu festzustellen, <strong>Kirchheim</strong> hat nur wenige ausgeprägte Stärken, die<br />

vermarktet werden können. Umgekehrt, <strong>Kirchheim</strong> ist nur wenigen wirklichen Gefährdungen<br />

ausgesetzt.<br />

Es bestehen sehr realistische Chancen, besonders die Schwäche der Stadt München zu<br />

nutzen, die expandierenden Betrieben bzw. produzierenden Unternehmen keine Flächen<br />

mehr anbieten kann.<br />

Allerdings gilt es, die hausgemachten Schwächen energisch und zielgerichtet anzugehen.<br />

8. Handlungsempfehlungen<br />

Neben den von uns identifizierten Stärken und Schwächen, Chancen und Gefährdungen<br />

haben wir von den Unternehmern, den <strong>Gemeinde</strong>räten, Herrn Bürgermeister Hilger und<br />

<strong>Gemeinde</strong>verwaltung, den Grundstückseigentümern, Investoren und Maklern sowie den<br />

weiter interviewten Personen eine Vielzahl von Ratschlägen, Empfehlungen und Anregungen<br />

erhalten, eine Reihe von Bitten um Verbesserungen und Beschwerden über abzustellende<br />

Sachverhalte entgegengenommen. Diese haben wir in 8 Themenbündel (Themengebäude<br />

Abb.8.1) zusammengefasst:<br />

Abb.8.1: Das Themengebäude<br />

84 / 124


Wirtschaftsbeirat<br />

<strong>Standortanalyse</strong> <strong>Kirchheim</strong> bei München<br />

Diese Themenbündel setzen sich wiederum aus 51 Empfehlungen zusammen, die nachfolgend<br />

dargestellt werden:<br />

1 Rahmenbedingungen 2 Gewerbeflächen-Management<br />

11 Leitbild der <strong>Gemeinde</strong> entwickeln<br />

12 daraus die langfristigen Ziele der<br />

Gewerbepolitik ableiten<br />

13 mittelfristige Gestaltungsschwerpunkte<br />

bestimmen<br />

14 Umsetzungsstrategien planen<br />

15 und diese in Einzelprojekten umsetzen<br />

16 strukturelle und personelle Voraussetzungen<br />

im <strong>Gemeinde</strong>rat und <strong>Gemeinde</strong>verwaltung<br />

schaffen<br />

85 / 124<br />

21 Standorte in Gewerbegebiete prüfen<br />

22 Pros und Cons für Aufgabe des<br />

Gewerbegebietes „<strong>Kirchheim</strong>-West“<br />

23 Weiterentwicklung der Gewerbegebiete<br />

in Zusammenarbeit m. d. Grundstückseigentümern<br />

24 Gestaltungsmöglichkeiten und<br />

Nutzungseinschränkungen der Bebauungspläne<br />

prüfen, um Sanierung<br />

bzw. Umwidmung der Lager- und Produktionshallen<br />

zu ermöglichen.<br />

25 Pros und Cons für die Entwicklung<br />

eines Gewerbegebietes östlich der<br />

A99<br />

26 Tauschflächen für expandierende<br />

Unternehmen schaffen<br />

27 Arbeitsplätze für Selbständige und<br />

kleinere Unternehmer in Wohngebieten<br />

im Rahmen der Ortsentwicklung<br />

ermöglichen<br />

28 Interkommunale Erschließung von<br />

Gewerbegebieten<br />

3 Infrastruktur verbessern 4 Neu-Ansiedlungs-Strategien<br />

31 Breitbandversorgung für alle<br />

32 Verkehrsführung und Straßenzustand<br />

verbessern, LKW-Parksituation in Gewebegebieten<br />

überarbeiten, Regeln<br />

durchsetzen und Verstößen nachgehen<br />

33 Voraussetzungen für die Ansiedlung<br />

von High-Tech-Unternehmen schaffen<br />

34 ÖPNV zu den Gewerbegebieten<br />

41 Produzierendes Gewerbe aus<br />

Mischgebieten in München-Ost gezielt<br />

anwerben<br />

42 Expandierende Unternehmen ohne<br />

Erweiterungsflächen gezielt anwerben<br />

43 Gründerszene <strong>Kirchheim</strong> entwickeln<br />

44 Standortvorteil der Verkehrsanbindung<br />

für höherwertigere Logistikleistungen<br />

und für Service-Unternehmen der Logistik-Branche<br />

nutzen<br />

45 Ansiedlung mittelständischer Unternehmen<br />

fördern<br />

46 Wissens- und technologiebasierte<br />

Betriebe anwerben, um den Branchenmix<br />

zu verbessern.


Wirtschaftsbeirat<br />

<strong>Standortanalyse</strong> <strong>Kirchheim</strong> bei München<br />

3 Infrastruktur verbessern 4 Neu-Ansiedlungs-Strategien<br />

86 / 124<br />

47 F&E Einrichtungen anwerben Uni-<br />

Institute, Forschungsgesellschaften,<br />

priv. Hochschulen als Kristallisationskeim<br />

für High-Tech-Branchen<br />

48 Ansiedlungspotential aus Globalisierung<br />

nutzen: Den Großraum München<br />

suchende ausländische Betriebe kontaktieren<br />

5 Standortmarketing 6 Entwicklung von Perspektiven<br />

51 Zusammenstellen der „10 Gründe sich<br />

in <strong>Kirchheim</strong> niederzulassen“<br />

52 Werbung in verschiedenen Medien<br />

(Druckmedien, Internet und vor allem<br />

persönliche Ansprache)<br />

53 Reichweite der Medien und Zielgruppen<br />

definieren, dank der Nähe zu München<br />

und Flughafen auch Unternehmen<br />

aus Schwellenländern einbeziehen<br />

54 Ost-Allianz inkl. angrenzender <strong>Gemeinde</strong>n<br />

aus Landkreis EBE gründen<br />

55 Präsenz in Standortsuchsystemen<br />

56 Aufnahme in Short-list bei Gewerbe-<br />

Immobilien-Maklern<br />

57 Zusammenarbeit mit Grundstückseigentümern<br />

und Investoren vertiefen<br />

61 Pros und Cons für niedrigere / höhere<br />

Hebesätze bei Gewerbesteuer und<br />

Grundsteuer<br />

62 Energieleitplanung für die <strong>Gemeinde</strong><br />

(TUM)<br />

63 Perspektive Betriebswirtschaft AFK<br />

prüfen<br />

64 Pros und Cons für interkommunale<br />

Zusammenarbeit Infrastruktur, ÖPNV<br />

und gemeinsame Entwicklung von<br />

Gewerbegebieten<br />

65 Energieeffizientes Verkehrskonzept<br />

möglichst zur Reduzierung des innerörtlichen<br />

Verkehrs<br />

66 Planungen zum Gewerbestandort<br />

(<strong>Kirchheim</strong>-West) und zur Ortsentwicklung<br />

verknüpfen<br />

67 bezahlbaren Wohnraum für geringer<br />

Verdienende vor allem im Dienstleistungsbereich<br />

im Rahmen der Ortsentwicklung<br />

schaffen, z.B. Genossenschaftsmodell<br />

aus „Münchner Modell“<br />

der sozialgerechten Bodennutzung<br />

adaptieren


Wirtschaftsbeirat<br />

<strong>Standortanalyse</strong> <strong>Kirchheim</strong> bei München<br />

7 Erhalt / Förderung der<br />

wirtschaftlichen Basis<br />

71 Wirtschaftsreferenten mit direkter<br />

Berichtslinie zum Bürgermeister einstellen<br />

72 Wirtschaftsinformations-System-<br />

<strong>Kirchheim</strong> (WISKi) aufbauen<br />

73 Kaufkraftdichte durch Realisierung der<br />

Ortsentwicklung erhöhen<br />

74 Zusammenarbeit Schulen und Ausbildungsbetriebe<br />

vertiefen<br />

75 Ehrenamt für aktive Senioren fördern –<br />

analog Soziales<br />

76 Aktive Senioren vorübergehend<br />

entgeltlich beschäftigen, beispielsweise<br />

bei Vakanzen<br />

77 kurzfristig wirksame, mit geringem<br />

Aufwand realisierbare Maßnahmen<br />

umsetzen<br />

78 lokales Handwerk, haushaltsnahe<br />

Dienstleistungen sowie Gesundheitsdienste<br />

fördern, um die demografische<br />

Entwicklungen, den Lebenszyklus von<br />

Gebäuden und energetischen Sanierungsbedarf<br />

nutzen zu können<br />

87 / 124<br />

8 Zusammenarbeit<br />

81 Unternehmerforum durch <strong>Gemeinde</strong><br />

organisieren<br />

82 Kolumne "Der Wirtschaftsbeirat<br />

informiert …" in KiMi und Internet<br />

83 Transparenz schaffen und Glaubwürdigkeit<br />

gewinnen „Sie haben uns gesagt<br />

und wir ermöglichen es durch …“<br />

Natürlich können nicht all diese Handlungsempfehlungen auf einmal bearbeitet werden. Wir<br />

empfehlen eine Vorgehensweise, in der das sogenannte „Wasserfallmodell“ mit einzelnen<br />

isolierten Maßnahmen kombiniert werden kann. Idealtypisch wird „top down“ ein Zielmodell<br />

entwickelt, aus dem Gestaltungsschwerpunkte definiert und Umsetzungsprojekte abgeleitet<br />

werden. Parallel dazu werden Einzelprojekte wie die Breitbandversorgung realisiert.<br />

Als unabdingbar sehen wir es an, ein Zusammenarbeitsmodell mit klaren Aufgaben, Kompetenzen<br />

und Verantwortung zwischen <strong>Gemeinde</strong>rat und <strong>Gemeinde</strong>verwaltung zu erarbeiten,<br />

in dem wir als Wirtschaftsbeirat beratend und/oder vermittelnd zur Seite stehen können. Am<br />

Beispiel des Maßnahmenbündels „Rahmenbedingungen“ haben wir das skizziert:


Wirtschaftsbeirat<br />

<strong>Standortanalyse</strong> <strong>Kirchheim</strong> bei München<br />

Aktivität <strong>Gemeinde</strong>-<br />

verwaltung<br />

Leitbild der <strong>Gemeinde</strong><br />

und Leitsätze Gewerbepolitik<br />

Definition der langfristigen<br />

Ziele und mittelfristigen<br />

Gestaltungsschwerpunkte<br />

Entwicklung der Strategien<br />

und Planung der<br />

Umsetzungsprojekte<br />

Strukturelle Voraussetzungen<br />

im <strong>Gemeinde</strong>rat<br />

und personelle Veränderung<br />

in <strong>Gemeinde</strong>verwaltung<br />

(Wirtschaftsreferat)<br />

Zusammenarbeit mit<br />

Unternehmern und<br />

Grundstückseigentümern,<br />

Investoren und Maklern,<br />

Kommunikation mit den<br />

Bürgern<br />

Klärung der Rahmenbedingungen,<br />

eigene Konzepte<br />

Ausarbeitung der<br />

Vorschläge<br />

Projektplan, Ressourcenplanung,Messkriterien,<br />

Rollen und Verantwortliche<br />

Geschäftsordnung für<br />

Wirtschaftsfragen im<br />

<strong>Gemeinde</strong>rat anpassen,<br />

Anforderungsprofil, A K V<br />

für Wirtschaftsreferenten<br />

Unternehmerforum<br />

organisieren, Vor-Ort-<br />

Besuche, Kommunikationsplattform<br />

„Sie haben<br />

uns gesagt und wir<br />

ermöglichen es …“<br />

88 / 124<br />

<strong>Gemeinde</strong>rat <strong>WBKi</strong><br />

Diskussion und<br />

Entscheidung /<br />

Bürgerbeteiligung<br />

Diskussion und<br />

Entscheidung<br />

Verabschiedung<br />

und Kontrolle<br />

Diskussion und<br />

Entscheidung<br />

Abb.8.3 Handlungsempfehlungen bezüglich der <strong>Gemeinde</strong>politik<br />

Vor-Ort-Besuche,<br />

Freigabe der<br />

Statusberichte<br />

Beratung,<br />

Empfehlungen,<br />

Moderation<br />

Beratung,<br />

Empfehlungen<br />

Beratung,<br />

Empfehlungen<br />

Beratung,<br />

Empfehlungen<br />

Mediatorenrolle,<br />

<strong>WBKi</strong>-Kolumne<br />

„Der Wirtschaftsbeirat<br />

informiert …“<br />

Als methodische Grundlage zur Entwicklung eines für einen längeren Zeitraum gültigen<br />

Leitbildes der <strong>Gemeinde</strong> haben wir einen Vorschlag erarbeitet, welche Elemente enthalten<br />

sein sollten und einige mögliche Varianten daraus entwickelt. Diese Vorschläge bringen wir<br />

gerne in den Entwicklungsprozess eines künftigen Leitbildes der <strong>Gemeinde</strong> ein, falls der<br />

<strong>Gemeinde</strong>rat dies beschließt. Der dazu gehörige Prozess zur Entwicklung eines Leitbildes<br />

sähe nach unserer Sicht wie folgt aus:


Wirtschaftsbeirat<br />

<strong>Standortanalyse</strong> <strong>Kirchheim</strong> bei München<br />

Beschluss<br />

Ziele<br />

Projekt<br />

Vorstellung<br />

des Entwurfes<br />

Festlegung<br />

• Grundsatzbeschluss im GR<br />

• Beauftragung zur Vorbereitung des Prozesses<br />

• Ziele definieren (<strong>Gemeinde</strong>verwaltung, Vorbereitungsteam)<br />

• Messkriterien definieren<br />

• Verabschiedung im GR<br />

• Projektverantwortliche und Mitarbeiter benennen<br />

• Projektplan erstellen<br />

• Projektdurchführung und Controlling<br />

• Korrektur/Verabschiedung des Entwurfes durch GR<br />

• Vorstellung ggü. Bürgern und Betroffenen<br />

• Berücksichtigung wichtiger Inputs<br />

• Verabschiedung des Leitbildes im GR<br />

• Aufgaben und Rollen in der Zielverfolgung festlegen<br />

• Beschluss über Controlling<br />

Abb.8.3 Entwicklungsprozess für ein <strong>Gemeinde</strong>-Leitbild<br />

89 / 124


Wirtschaftsbeirat<br />

<strong>Standortanalyse</strong> <strong>Kirchheim</strong> bei München<br />

9. Zur Strategie der künftigen Gewerbepolitik<br />

Auf Basis der Analyse der Ausgangslage und der Entwicklung in <strong>Kirchheim</strong> sowie deren<br />

Bewertung durch die befragten Firmen und Institutionen (Kapitel 3 und 4) und unter Berücksichtigung<br />

der erkennbaren Zukunftstrends (Kapitel 5) werden wichtige Grundsatzfragen der<br />

Gewerbeansiedlung in <strong>Kirchheim</strong> bei München mit dem Ziel erörtert, eine Strategie der<br />

Gewerbeansiedlung anzuregen, Einnahmen aus der Gewerbesteuer der <strong>Gemeinde</strong> zu<br />

verbessern sowie mehr und stabilere Arbeitsplätze auch für höher qualifizierte Arbeitskräfte<br />

zu schaffen.<br />

Abb.9.1 Der Weg zu einer Strategie<br />

Ausgangslage<br />

Stärken Chancen Schwächen Gefährdungen<br />

Handlungsoptionen<br />

Zukunftstrends analysieren Ideen entwickeln<br />

Ziele<br />

Ziele der <strong>Gemeinde</strong> klären und festlegen Messkriterien definieren<br />

Strategie<br />

Umsetzungsplanung Verantwortung und Rollen Vermarktung<br />

Warum aber ist eine Strategie sinnvoll und notwendig? Hierfür lassen sich eine Reihe von<br />

Gründen nennen:<br />

� Eine rein nach Opportunität betriebene Gewerbeansiedlung wird die heutige Struktur<br />

der Gewerbegebiete als „light industrial area“ 27 verstärken, da dann keine gezielte Infrastrukturverbesserung<br />

oder eine gezielte Anwerbe- und Ansiedlungsstrategie verfolgt<br />

werden kann.<br />

� Der kommunale Wettstreit um die Ansiedlung attraktiver Firmen kann nicht ohne<br />

gezielte Maßnahmen der <strong>Gemeinde</strong> bestanden werden.<br />

27 light industrial area = Gewerbegebiet mit einer Gewerbestruktur, die durch Produzenten, Handelsunternehmen<br />

und Lagerbetrieben mit eher geringen Flächenbedarf, moderaten Energieverbrauch und geringen Rohstoffeinsatz<br />

geprägt ist.<br />

90 / 124<br />

Positive Ansätze fördern und<br />

verstärken (Gründerzentrum


Wirtschaftsbeirat<br />

<strong>Standortanalyse</strong> <strong>Kirchheim</strong> bei München<br />

� Eine zukunftsfähige, weitere Ortsentwicklung lässt sich ohne Steigerung der Gewerbesteuereinnahmen<br />

kaum finanzieren.<br />

� Interessante Beschäftigungsmöglichkeiten auch für höher Qualifizierte erhöhen die<br />

Attraktivität des Orts als Wohnsitz, sichern oder steigern längerfristig die Kaufkraft<br />

und wirken der Überalterung entgegen.<br />

Eine erfolgreiche Ansiedlung von Gewerbetrieben, insbesondere von innovativen Firmen aus<br />

dem High-Tech-Bereich, ist ohne eine Strategie der <strong>Gemeinde</strong> kaum zu erreichen. Hierzu ist<br />

für einen eventuell zu berufenden Wirtschaftsreferenten der <strong>Gemeinde</strong> eine erhebliche<br />

Fachkompetenz, Mehrsprachigkeit und sicheres Auftreten ebenso wie ein tiefes Verständnis<br />

der Wertschöpfungsketten und Standortbedingungen dieser innovativen Branchen nötig.<br />

Generell wird eine Strategieumsetzung sicher einige organisatorische Veränderungen in der<br />

<strong>Gemeinde</strong>verwaltung erfordern, da ein erfolgreiches Projekt nur mit klar geregelten Verantwortlichkeiten<br />

und Rollen durchgeführt werden kann. Die Handlungsspielräume der <strong>Gemeinde</strong><br />

betreffen damit einerseits die eigene Organisation, die Formulierung einer Strategie und<br />

eines zugehörigen Projektplanes andererseits die Gestaltungsspielräume, die sich aus dem<br />

Baurecht ergeben.<br />

Grundsätzlich stehen für letztere Maßnahmen die Instrumente der Neuausweisung, der<br />

Umwidmung, der Veränderung (Verbesserung von Gebäuden und der Infrastruktur), des<br />

Flächentausches zur Verfügung. Folglich gibt es für bestehende Gebäude und deren<br />

Nutzung nur Einwirkungsmöglichkeiten durch Veränderung der Geschossflächenzahl (GFZ),<br />

durch Aufheben von Nutzungsbeschränkungen und/oder Lockern von Umweltmaßnahmen.<br />

Dies wiederum bedeutet, dass die <strong>Gemeinde</strong> von sich aus aktiv zusammen mit Eigentümer<br />

und Investor Planungsgewinne generieren muss und diese dann zum Teil abschöpfen kann.<br />

Die Konkurrenz verschiedener Standorte um High Tech-Branchen ist immens und führt zu<br />

einem Wettbewerb der Kommunen um die besten Standortbedingungen. Wer hier nicht<br />

bereit ist, mit langem Atem und einer klaren Strategie in diesen Zukunftsaspekt zu investieren,<br />

die Infrastruktur seiner Gewerbegebiete nicht entwickelt, nicht aktiv auf Investoren<br />

zugeht, hat keine Chance in diesem Wettbewerb zu bestehen.<br />

Abb.9.2 Schritte der Strategie<br />

Ziele klären und festlegen<br />

Projektplan mit Messkriterien für<br />

Zielerreichung erstellen<br />

Projektverantwortliche benennen<br />

Umsetzung regelmäßig kontrollieren<br />

Gegebenenfalls nachjustieren<br />

91 / 124


Wirtschaftsbeirat<br />

<strong>Standortanalyse</strong> <strong>Kirchheim</strong> bei München<br />

Die Strategie muss eine klare Zielsetzung für die verfügbaren Gewerbeflächen beinhalten.<br />

Es ist zu entscheiden, welche Branchen künftig schwerpunktmäßig angesiedelt werden<br />

sollen, da die Branchen unterschiedliche Anforderungen an die Standortfaktoren haben. Die<br />

daraus resultierenden Veränderungsbedarfe sind klar herauszuarbeiten, in ihren Auswirkungen<br />

und Kosten zu analysieren und in einen Umsetzungsplan zu überführen.<br />

Zielsetzung muss sein, von der opportunitätsgetriebenen Ansiedlungspolitik zu einer<br />

strategischen Entwicklung von innovativen Clustern überzugehen. Eine Vermarktungsstrategie<br />

kann nach Klärung der Grundsatzfragen entwickelt werden.<br />

92 / 124


Wirtschaftsbeirat<br />

<strong>Standortanalyse</strong> <strong>Kirchheim</strong> bei München<br />

10. Anlagen - Inhaltsübersicht<br />

10. Anlagen - Inhaltsübersicht .......................................................................................... 93<br />

11. Fragebögen ................................................................................................................ 94<br />

11.1. Selbstauskunft für Zwecke des Wirtschaftsbeirates ........................................... 94<br />

11.2. Handwerker und Freiberufler ............................................................................. 97<br />

11.3. Standortbedingungen ........................................................................................ 99<br />

11.4. Interview-Leitfaden Unternehmen .................................................................... 100<br />

11.5. Interview-Leitfaden Gestalter (<strong>Gemeinde</strong>ratsfraktionen, Verwaltung) ............. 103<br />

11.6. Interview-Leitfaden Makler und Grundstückseigentümer ................................. 106<br />

12. Zur Messung von Standortfaktoren ........................................................................... 107<br />

13. Luftaufnahmen der Gewerbegebiete von <strong>Kirchheim</strong> ................................................. 110<br />

14. Globale Veränderungen auf mittlere und lange Sicht ................................................ 112<br />

14.1. Nachfrageentwicklung ..................................................................................... 112<br />

14.2. Wissenschaftlich-technologische Entwicklung ................................................. 116<br />

14.3. Wettbewerb ..................................................................................................... 120<br />

14.4. Wirkungen auf Wirtschafts- und Arbeitsmarktstrukturen und die<br />

Unternehmensorganisation .............................................................................. 121<br />

14.5.<br />

Herausforderung für <strong>Kirchheim</strong> ........................................................................ 123<br />

93 / 124


Wirtschaftsbeirat<br />

<strong>Standortanalyse</strong> <strong>Kirchheim</strong> bei München<br />

11. Fragebögen<br />

11.1.<br />

Erklärung:<br />

Selbstauskunft für Zwecke des Wirtschaftsbeirates<br />

Der Wirtschaftsbeirat benötigt Daten der ansässigen oder benachbarten Unternehmen als<br />

Grundlage seiner Arbeit. Im Rahmen von strukturierten Interviews werden von ausgewählten<br />

Firmen über die Angaben der Selbstauskunft hinaus Daten zur Zufriedenheit mit und zum<br />

eventuellen Veränderungsbedarf des Gewerbestandortes abgefragt werden. Hierzu werden<br />

wir uns gegebenenfalls nach Rücksendung der Selbstauskunft mit Ihnen in Verbindung<br />

setzen. Der Wirtschaftsbeirat <strong>Kirchheim</strong> verpflichtet sich zur Verschwiegenheit bezüglich der<br />

ihm hier genannten firmenspezifischen Daten. Er wird die Daten gemäß den Vorgaben des<br />

bayerischen und deutschen Datenschutzgesetzes vertraulich behandeln und die Daten des<br />

strukturierten Interviews vor Verwendung gegenüber der <strong>Gemeinde</strong> oder Dritten anonymisieren.<br />

Die von dem jeweiligen Unternehmen angegebenen Informationen werden von dem Unterzeichner<br />

im Namen des Unternehmens freiwillig für die Zwecke des Wirtschaftsbeirates<br />

<strong>Kirchheim</strong> bereitgestellt. Der Unterzeichner wurde darauf hingewiesen, dass er die Datenangaben<br />

verweigern kann. Eine Verwendung für andere Zwecke ist ausdrücklich ausgeschlossen.<br />

<strong>Kirchheim</strong>, den<br />

_______________________ ___________________________<br />

Name: Name:<br />

Firma Wirtschaftsbeirat <strong>Kirchheim</strong><br />

94 / 124


Wirtschaftsbeirat<br />

<strong>Standortanalyse</strong> <strong>Kirchheim</strong> bei München<br />

Branche: (Bitte Zutreffendes ankreuzen)<br />

o Bergbau, Gewinnung von Steinen und Erden<br />

o Verarbeitendes Gewerbe<br />

o Energieversorgung<br />

o Wasserversorgung, Beseitigung von Abfall, Abwasser u. Umweltverschmutzung<br />

o Baugewerbe<br />

o Handel, Instandhaltung. und Reparatur von Kfz.<br />

o Großhandel<br />

o Einzelhandel<br />

o Verkehr und Lagerei<br />

o Gastgewerbe<br />

o Information und Kommunikation<br />

o Finanz- u. Versicherungsdienstleistungen<br />

o Grundstück- und Wohnungswesen<br />

o Freiberufl., wissenschaftl. u. techn. Dienstleistungen<br />

o Sonstige wirtschaftliche Dienstleistungen<br />

o Erziehung, Unterricht<br />

o Gesundheits- und Sozialwesen<br />

o Kunst, Unterhaltung u. Erholung<br />

o Sonstige Dienstleistungen<br />

Genaue Art des Produktes der Dienstleistung:<br />

______________________________________________________________________<br />

95 / 124


Wirtschaftsbeirat<br />

<strong>Standortanalyse</strong> <strong>Kirchheim</strong> bei München<br />

Angaben<br />

Hauptabsatzmärkte: (Bitte Zutreffendes ankreuzen)<br />

Beschäftigte:<br />

o Lokal<br />

o Region München<br />

o Euro Raum<br />

o International<br />

Anzahl:<br />

Struktur (%):<br />

% weiblich:<br />

Trend: (Bitte Zutreffendes ankreuzen)<br />

O Aufbau O Halten O Abbau<br />

Angelernte: ______________<br />

Fachkräfte/Meister: ______________<br />

Technikum/FH/Universität: ______________<br />

Ausbildungsbetrieb: (Bitte Zutreffendes ankreuzen)<br />

O ja O nein<br />

Jahresumsatz (2010):<br />

Höhe [€]:<br />

Trend: (Bitte Zutreffendes ankreuzen)<br />

O steigend O konstant O fallend<br />

Gewerbesteuer: (Bitte Zutreffendes ankreuzen)<br />

O keine O 0 -10 Tsd € O >10 -100 Tsd € O >100Tsd € - 1 Mio €<br />

O >1 Mio €<br />

Gewerbeflächenbedarf am Standort:<br />

Heutige Fläche [m²]:<br />

Trend: (Bitte Zutreffendes ankreuzen)<br />

O Aufbau O Konstanz O Abbau O Verlagerung<br />

Jahr der Standortentscheidung:<br />

96 / 124


Wirtschaftsbeirat<br />

<strong>Standortanalyse</strong> <strong>Kirchheim</strong> bei München<br />

11.2.<br />

Handwerker und Freiberufler<br />

Fragebogen zur <strong>Standortanalyse</strong><br />

Datum:<br />

Interviewer:<br />

Firma:<br />

Position:<br />

Anleitung:<br />

Gesprächspartner:<br />

Bitte lesen Sie die nachfolgenden Fragen gründlich. Fragen Sie bitte nach, wenn Ihnen eine<br />

Frage unklar erscheint. Bitte beantworten Sie alle Fragen. Wenn Ihnen Punkte wichtig<br />

erscheinen, die nicht abgefragt wurden, können Sie diese am Ende des Fragebogens<br />

notieren.<br />

Teil I: Fragen zu ihrem Unternehmen<br />

1) Wo liegen ihre Hauptabsatzmärkte?<br />

2) Anteil weiblicher Beschäftigter (%):<br />

3) Struktur der Belegschaft<br />

Angelernte Kräfte:<br />

Fachkräfte / Meister:<br />

Technikum/FH/Universitätsabschluss:<br />

4) Bilden sie Mitarbeiter aus?<br />

5) Wie hoch ist der Jahresumsatz der Firma?<br />

6) Wie viel Gewerbesteuer zahlen Sie pro Jahr?<br />

7) Wie groß ist ihre Gewerbefläche? (m²)<br />

8) Wann erfolgte die Standortentscheidung?<br />

97 / 124


Wirtschaftsbeirat<br />

<strong>Standortanalyse</strong> <strong>Kirchheim</strong> bei München<br />

Teil II: Fragen zur eigenen Standortwahl<br />

1) Warum haben Sie sich bzw. Ihr Unternehmen für (oder gegen) den<br />

Standort <strong>Kirchheim</strong>-<strong>Heimstetten</strong> entschieden?<br />

2) Nennen Sie die drei wichtigsten Entscheidungskriterien für die Standortwahl<br />

Ihres Unternehmens.<br />

3) Aus welchen Quellen haben Sie sich über den Standort informiert?<br />

4) Was würden Sie sich am dringlichsten wünschen, damit es zu einer<br />

Verbesserung der Standortbedingungen kommt?<br />

5) Was stört Sie an ihrem jetzigen Standort am meisten? (Nennen Sie die<br />

Gründe)<br />

Klicken Sie hier, um Text einzugeben.<br />

6) Welche Veränderung würde Ihre Arbeitsbedingungen am stärksten<br />

verbessern?<br />

7) Welche Gewerbebetriebe/Unternehmen könnten im Sinne von Clusterbildung<br />

positiv für Ihren Betrieb wirken?<br />

8) Welche Infrastrukturmerkmale sind/werden für Ihren Betrieb besonders<br />

wichtig?<br />

10) Was wünschen Sie sich von der <strong>Gemeinde</strong>verwaltung bezüglich der<br />

Unterstützung der ortsansässigen Wirtschaft?<br />

11) Sehen Sie Aspekte, die die angrenzenden <strong>Gemeinde</strong>n besser lösen?<br />

12) Welche Veränderungen bezüglich Ihres Firmenstandortes erwarten Sie in<br />

der Zukunft? (Verlagerung, Verringerung, Ausweitung, …)?<br />

13) Welche Gründe sind hierfür maßgebend?<br />

Ergänzende Anmerkungen:<br />

98 / 124


Wirtschaftsbeirat<br />

<strong>Standortanalyse</strong> <strong>Kirchheim</strong> bei München<br />

11.3.<br />

Standortbedingungen<br />

Bitte beurteilen Sie aus Ihrer Sicht die<br />

Wichtigkeit folgender Standortfaktoren (siehe<br />

Tabelle):<br />

a. Bitte geben Sie eine Gewichtung aus Ihrer<br />

Sicht an:<br />

b. Wenn Sie die Gewichtung ausgefüllt haben,<br />

geben Sie bitte an, wie sie die aktuelle Situation<br />

einschätzen:<br />

Infrastruktur<br />

Kommunikationsnetz<br />

Kinderkrippen, Kindergärten, Horte<br />

Schulen und Bildungseinrichtungen für Erwachsene<br />

Versorgung mit Ärzten, Gesundheitsbetrieben<br />

Fürsorgeeinrichtungen für Alte und Kranke<br />

Verfügbarkeit von Produktionsfaktoren<br />

erschlossene Flächen<br />

Nähe zu Zulieferbetrieben<br />

Preise Produktionsfaktoren<br />

Grundstückspreise/Mietkosten<br />

Höhe der Grundsteuer und der Gewerbesteuer<br />

Höhe der Gebühren und Abgaben<br />

Weiche Standortfaktoren<br />

Kooperationsbereitschaft der Behörden<br />

Cluster, Fühlungsvorteile<br />

Stimulierung durch Wettbewerber am Standort<br />

Sie können zwischen 0<br />

(keine Gewicht) und 10<br />

Punkten (sehr hohes<br />

Gewicht) vergeben<br />

O (sehr schlecht) bis 10<br />

(sehr gut)<br />

Wirtschaftsklima am Standort, Mentalität der ansässigen Bevölkerung<br />

Image des Standortes in der Region<br />

Wohnumfeld (Attraktivität)<br />

Umweltqualität<br />

Einkaufsmöglichkeiten<br />

Wohnmöglichkeiten<br />

99 / 124<br />

Gewicht<br />

Aktuelle<br />

Einschätzung


Wirtschaftsbeirat<br />

<strong>Standortanalyse</strong> <strong>Kirchheim</strong> bei München<br />

11.4.<br />

Interview-Leitfaden Unternehmen<br />

Strukturiertes Interview zur <strong>Standortanalyse</strong><br />

Datum:<br />

Interviewer:<br />

Anleitung:<br />

Bitte lesen Sie die nachfolgenden Fragen deutlich vor. Bitten Sie Ihren Interviewpartner<br />

nachzufragen, wenn eine Frage unklar erscheint. Bitte lassen Sie alle Fragen beantworten.<br />

Notieren sie sorgfältig, was geantwortet wird. Wenn Ihnen Punkte wichtig erscheinen, die<br />

nicht abgefragt wurden, können Sie diese am Ende des Interviewbogens notieren.<br />

Fragen zur eigenen Standortwahl<br />

1) Warum haben Sie sich bzw. Ihr Unternehmen für (oder gegen) den<br />

Standort <strong>Kirchheim</strong>-<strong>Heimstetten</strong> entschieden?<br />

2) Nennen Sie die drei wichtigsten Entscheidungskriterien für die Standortwahl<br />

Ihres Unternehmens.<br />

3) Aus welchen Quellen haben Sie sich über den Standort informiert?<br />

4) Was würden Sie sich am dringlichsten wünschen, damit es zu einer<br />

Verbesserung der Standortbedingungen kommt?<br />

5) Was stört Sie an ihrem jetzigen Standort am meisten? (Nennen Sie die<br />

Gründe)<br />

100 / 124


Wirtschaftsbeirat<br />

<strong>Standortanalyse</strong> <strong>Kirchheim</strong> bei München<br />

6) Welche Veränderung würde Ihre Arbeitsbedingungen am stärksten<br />

verbessern?<br />

7) Welche Gewerbebetriebe/Unternehmen könnten im Sinne von Clusterbildung<br />

positiv für Ihren Betrieb wirken?<br />

8) Welche Infrastrukturmerkmale sind/werden für Ihren Betrieb besonders<br />

wichtig?<br />

10) Was wünschen Sie sich von der <strong>Gemeinde</strong>verwaltung bezüglich der<br />

Unterstützung der ortsansässigen Wirtschaft?<br />

11) Sehen Sie Aspekte, die die angrenzenden <strong>Gemeinde</strong>n besser lösen?<br />

12)<br />

Welche Veränderungen bezüglich Ihres Firmenstandortes erwarten Sie in<br />

der Zukunft? (Verlagerung, Verringerung, Ausweitung, ...)?<br />

13) Welche Gründe sind hierfür maßgebend?<br />

Ergänzende Anmerkungen:<br />

101 / 124


Wirtschaftsbeirat<br />

<strong>Standortanalyse</strong> <strong>Kirchheim</strong> bei München<br />

Bitte beurteilen Sie aus Ihrer Sicht die<br />

Wichtigkeit folgender Standortfaktoren (siehe<br />

Tabelle):<br />

a. Bitte geben Sie eine Gewichtung aus Ihrer<br />

Sicht an:<br />

b. Wenn Sie die Gewichtung ausgefüllt haben,<br />

geben Sie bitte an, wie sie die aktuelle Situation<br />

einschätzen:<br />

Infrastruktur<br />

Kommunikationsnetz<br />

Kinderkrippen, Kindergärten, Horte<br />

Schulen und Bildungseinrichtungen für Erwachsene<br />

Versorgung mit Ärzten, Gesundheitsbetrieben<br />

Fürsorgeeinrichtungen für Alte und Kranke<br />

Verfügbarkeit von Produktionsfaktoren<br />

erschlossene Flächen<br />

Nähe zu Zulieferbetrieben<br />

Preise Produktionsfaktoren<br />

Grundstückspreise/Mietkosten<br />

Höhe der Grundsteuer und der Gewerbesteuer<br />

Höhe der Gebühren und Abgaben<br />

Weiche Standortfaktoren<br />

Kooperationsbereitschaft der Behörden<br />

Cluster, Fühlungsvorteile<br />

Stimulierung durch Wettbewerber am Standort<br />

Sie können zwischen 0<br />

(keine Gewicht) und 10<br />

Punkten (sehr hohes<br />

Gewicht) vergeben<br />

O (sehr schlecht) bis 10<br />

(sehr gut)<br />

Wirtschaftsklima am Standort, Mentalität der ansässigen Bevölkerung<br />

Image des Standortes in der Region<br />

Wohnumfeld (Attraktivität)<br />

Umweltqualität<br />

Einkaufsmöglichkeiten<br />

Wohnmöglichkeiten<br />

Vergnügungsmöglichkeiten<br />

102 / 124<br />

Gewicht<br />

Aktuelle<br />

Einschätzung


Wirtschaftsbeirat<br />

<strong>Standortanalyse</strong> <strong>Kirchheim</strong> bei München<br />

11.5.<br />

Interview-Leitfaden Gestalter<br />

(<strong>Gemeinde</strong>ratsfraktionen, Verwaltung)<br />

Fragebogen <strong>Standortanalyse</strong><br />

„<strong>Gemeinde</strong>rat“<br />

Datum:<br />

Interviewer:<br />

Name des <strong>Gemeinde</strong>rates:<br />

Partei:<br />

----------------------------------------------------------------------------------------------------------------------<br />

Anleitung:<br />

Bitte lesen Sie die nachfolgenden Fragen deutlich vor. Bitten Sie Ihren Interviewpartner<br />

nachzufragen, wenn eine Frage unklar erscheint. Bitte lassen Sie alle Fragen beantworten.<br />

Notieren sie sorgfältig, was geantwortet wird. Wenn Ihnen Punkte wichtig erscheinen, die<br />

nicht abgefragt wurden, können Sie diese am Ende des Interviewbogens notieren.<br />

Wie sehen Sie den Ort <strong>Kirchheim</strong>/<strong>Heimstetten</strong>?<br />

Die Beurteilung soll sich an den formulierten Polen und Gegenpolen orientieren. Bitte<br />

kreuzen Sie an, ob Sie eher dem Pol oder Gegenpol zustimmen.<br />

Pol Stimme<br />

zu<br />

Stimme<br />

eher zu<br />

Weiß<br />

nicht<br />

103 / 124<br />

Stimme<br />

eher zu<br />

Stimme<br />

zu<br />

Gegenpol<br />

konservativ modern<br />

statisch dynamisch<br />

abgelegen gut angebunden<br />

überalternd jung<br />

Wirtschafts-<br />

feindlich<br />

Wohn-<br />

/Schlafort<br />

Wirtschaftsfreundlich<br />

Verbindung<br />

von Arbeit und<br />

Leben<br />

ländlich städtisch<br />

Geringer<br />

Freizeitwert<br />

Hoher<br />

Freizeitwert


Wirtschaftsbeirat<br />

<strong>Standortanalyse</strong> <strong>Kirchheim</strong> bei München<br />

Fragen zur Beurteilung des Standortes<br />

1) Nennen Sie die drei wichtigsten Eigenschaften, die <strong>Kirchheim</strong> heute<br />

charakterisieren:<br />

_____________________________________________________________<br />

_____________________________________________________________<br />

2) Nennen Sie die drei wichtige Ziele ihrer Partei für die weitere Entwicklung<br />

<strong>Kirchheim</strong>s:<br />

_____________________________________________________________<br />

_____________________________________________________________<br />

3) Welche Gewerbestruktur soll langfristig angestrebt werden?<br />

_____________________________________________________________<br />

_____________________________________________________________<br />

4) Welche Gewerbeansiedlung sollte vermieden werden?<br />

_____________________________________________________________<br />

_____________________________________________________________<br />

5) Welche Maßnahmen müsste die <strong>Gemeinde</strong> <strong>Kirchheim</strong> einleiten, um ihre<br />

Ziele zu erreichen?<br />

_____________________________________________________________<br />

6) Welches Potential sehen Sie in einer eventuellen Zusammenarbeit von<br />

Nachbargemeinden?<br />

____________________________________________________________<br />

____________________________________________________________<br />

8) Welche Infrastrukturverbesserungen sind/werden aus ihrer Sicht besonders<br />

wichtig?<br />

_________________________________________________________<br />

_________________________________________________________<br />

10) Was wünschen Sie sich von der <strong>Gemeinde</strong>verwaltung bezüglich der<br />

Unterstützung der ortsansässigen Wirtschaft?<br />

_________________________________________________________<br />

_________________________________________________________<br />

11) Sehen Sie Aspekte, die die angrenzenden <strong>Gemeinde</strong>n besser lösen?<br />

_________________________________________________________<br />

_________________________________________________________<br />

Ergänzende Anmerkungen:<br />

104 / 124


Wirtschaftsbeirat<br />

<strong>Standortanalyse</strong> <strong>Kirchheim</strong> bei München<br />

Beurteilen Sie hier die Qualität der Versorgung bzw. der Einrichtungen des Standortes:<br />

Infrastruktur:<br />

Sehr gut gut mittel schlecht ungenügend<br />

Kinderkrippen o o o o o<br />

Kindergärten o o o o o<br />

Horte o o o o o<br />

Schulen o o o o o<br />

Bildung für Erwachsene o o o o o<br />

Medizinische Versorgung o o o o o<br />

Einrichtungen für Senioren o o o o o<br />

Kulturangebot o o o o o<br />

Freizeitangebot o o o o o<br />

Wohnqualität:<br />

Wohnmöglichkeiten o o o o o<br />

Kosten für Wohnen o o o o o<br />

Verkehrsanbindung o o o o o<br />

Einkaufsmöglichkeiten o o o o o<br />

Parks, Spazierwege o o o o o<br />

Geräuschpegel o o o o o<br />

Luftqualität o o o o o<br />

Wasserqualität o o o o o<br />

Gewerbestandort:<br />

Gewerbesteuerhebesatz o o o o o<br />

Grundstückspreise/ o o o o o<br />

Mietkosten<br />

Verkehrsanbindung o o o o o<br />

Gebühren und Abgaben o o o o o<br />

Zustand der Gebäude o o o o o<br />

Erweiterungsflächen o o o o o<br />

Fühlungsvorteile o o o o o<br />

105 / 124


Wirtschaftsbeirat<br />

<strong>Standortanalyse</strong> <strong>Kirchheim</strong> bei München<br />

11.6.<br />

Interview-Leitfaden Makler und Grundstückseigentümer<br />

Strukturiertes Interview<br />

zur <strong>Standortanalyse</strong><br />

Makler:<br />

Datum:<br />

Interviewer:<br />

______________________________________________________________________<br />

Kurzanleitung:<br />

Bitte lesen Sie die nachfolgenden Fragen deutlich vor. Bitten Sie Ihren Interviewpartner<br />

nachzufragen, wenn eine Frage unklar erscheint. Bitte lassen Sie alle Fragen beantworten.<br />

Notieren sie sorgfältig, was geantwortet wird. Wenn Ihnen Punkte wichtig erscheinen, die<br />

nicht abgefragt wurden, können Sie diese am Ende des Interviewbogens notieren.<br />

Fragen zum Standort <strong>Kirchheim</strong><br />

1) Was zeichnet den Standort <strong>Kirchheim</strong>-<strong>Heimstetten</strong> aus?<br />

2) Welche Nachteile weist der Standort auf?<br />

3) Was würden Sie sich am dringlichsten wünschen, damit es zu einer<br />

Verbesserung der Standortbedingungen kommt?<br />

4)<br />

5)<br />

Welche Infrastrukturmerkmale werden für Gewerbeansiedlung in Zukunft<br />

besonders wichtig?<br />

Was wünschen Sie sich von der <strong>Gemeinde</strong>verwaltung bezüglich der<br />

Unterstützung der ortsansässigen Wirtschaft?<br />

6) Sehen Sie Aspekte, die die angrenzenden <strong>Gemeinde</strong>n besser lösen?<br />

106 / 124


Wirtschaftsbeirat<br />

<strong>Standortanalyse</strong> <strong>Kirchheim</strong> bei München<br />

12. Zur Messung von Standortfaktoren<br />

Von Dr. Günter Reichart<br />

Methodisch stellt sich bezüglich der SWOT-Analyse die Frage, welche Informationen liefern<br />

eine möglichst objektive Aussage zu Stärken und Schwächen des Standortes, anhand<br />

welcher Daten lassen sich Opportunitäten und Gefährdungen einschätzen. Es war also<br />

abzuklären, welche harten und weichen Faktoren hierzu erfasst werden müssen und wie<br />

entsprechende Daten erhoben werden können.<br />

Am leichtesten sind die sogenannten harten Faktoren zu erheben, da sie ja die objektiven<br />

Gegebenheiten des Standortes wiedergegeben. Hierzu zählen vor allem:<br />

� infrastrukturelle Gegebenheiten wie Transportmöglichkeiten, Verkehrsanbindung,<br />

Energieversorgung, Breitbandkommunikation<br />

� Marktgegebenheiten wie Marktbarrieren, Wettbewerbsintensität, Markttransparenz,<br />

� wirtschaftliche Gegebenheiten, wie Abgaben und Steuern<br />

� die Verfügbarkeit von Rohstoffen und erschlossenen Produktionsflächen sowie<br />

der Zugang zum Kapitalmarkt und die Situation am Arbeitsmarkt<br />

Es ist jedoch zu beachten, dass nicht alle Standortfaktoren in gleicher Weise für alle<br />

Branchen gelten. Eine Bewertung der Standortfaktoren aus Sicht unterschiedlicher Gewerbetreibender<br />

ist daher notwendig.<br />

Die Messung weicher Standortfaktoren ist ein weitgehend ungelöstes Problem der Standortbeurteilung.<br />

In aller Regel lässt sich für die einzelnen Aspekte keine einzelne Messgröße,<br />

sondern nur ein Satz von Indikatoren finden, der mehr oder minder gut Hinweise auf die<br />

Ausprägung des jeweiligen Aspektes liefert. Leider fehlen für viele dieser Indikatoren<br />

belastbare Daten, sodass statistische Aussagen nicht möglich sind. Man ist daher in<br />

erheblichem Umfang auf subjektive Einschätzungen angewiesen. In der SWOT-Analyse<br />

wurde versucht, soweit praktikabel und sinnvoll, objektive Daten zu verwenden. In den<br />

Fällen, in denen subjektive Einschätzungen zum Tragen kommen, wird dies explizit ausgewiesen:<br />

Kooperationsbereitschaft der Behörden:<br />

Grundsätzlich kann die Anzahl der Kontakte der <strong>Gemeinde</strong>verwaltung oder des Bürgermeisters<br />

mit Firmen und Gewerbetreibenden einen Hinweis auf die Kooperationsbereitschaft<br />

liefern. Veranstaltungen für lokale Unternehmen (Gewerbetag/-schau) können den Kontakt<br />

intensivieren und auch den Bürgerinnen und Bürgern den Nutzen der lokalen Wirtschaft<br />

nahebringen.<br />

Ob eine aktive Gewerbepolitik betrieben wird, lässt sich auch an entsprechenden Kampagnen<br />

der <strong>Gemeinde</strong> in Medien und bei Messen feststellen.<br />

Weiterhin kann die durchschnittliche Dauer der Bearbeitung von Anträgen oder die Gesprächsbereitschaft<br />

bei Anliegen lokaler Gewerbetreibender einen Hinweis liefern.<br />

107 / 124


Wirtschaftsbeirat<br />

<strong>Standortanalyse</strong> <strong>Kirchheim</strong> bei München<br />

Wirtschaftsklima:<br />

Inwieweit im Ort ein wirtschaftsfreundliches Klima herrscht, lässt sich wiederum nur sehr<br />

indirekt ermitteln. Mögliche Indikatoren sind die Bereitschaft der Bevölkerung lokale Nachteile<br />

hinzunehmen (z.B. Anzahl und Art der Bürgerbegehren). Ferner liefern Beschlüsse des<br />

<strong>Gemeinde</strong>rats Hinweise.<br />

Image des Standortes in der Region:<br />

Ein Indikator hierfür kann die Wachstumsdynamik von Gewerben in den letzten 8 Jahren für<br />

<strong>Kirchheim</strong> im Vergleich zu den Nachbargemeinden sein.<br />

Einen weiteren Hinweis liefern die Wachstumsdynamik der Einwohnerzahl in den letzten 10<br />

Jahren sowie die Betrachtung von Wanderungsbewegungen.<br />

Weitere Hinweise liefern Selbsteinschätzung der Einwohner sowie die Fremdeinschätzung<br />

aus Nachbarorten bezüglich der markanten Eigenschaften des Ortes.<br />

Cluster/Fühlungsvorteile:<br />

Bezüge zu anderen Unternehmen am Standort<br />

Bezüge zu anderen Unternehmen in der Region<br />

Nutzung spezifischer Einrichtungen oder lokaler Faktoren (z.B. Nähe zur Messe, Geothermie,<br />

Nähe BAB, …)<br />

Wohnumfeld:<br />

Indikatoren für die Qualität des Wohnumfeldes sind die Art der Bebauung, die Verkehrsbelastung,<br />

das Vorhandensein von Parks, Grünanlagen, Kinderspielplätzen, Freizeiteinrichtungen.<br />

Ferner zählen die Anbindung an den öffentlichen Nahverkehr, die Erreichbarkeit der<br />

Stadt und des Flughafens auch zu den Indikatoren. Weiterhin gehören die medizinische<br />

Versorgung und das Angebot von Gaststätten/Restaurants mit zur Qualität des Wohnumfeldes.<br />

Die Einkaufsmöglichkeiten werden in einem eigenen Punkt behandelt.<br />

Umweltqualität:<br />

Wichtige Indikatoren sind hier Lärmimmissionen und Immissionen von Abgasen und<br />

Feinstaub sowie die Wasserqualität.<br />

Einkaufsmöglichkeiten:<br />

Wichtige Indikatoren sind hier die Einkaufsmöglichkeiten innerorts und an der Ortsperipherie,<br />

die Anzahl/Vielfalt der Betriebe, die Vollständigkeit des Warenangebotes, das Preis-<br />

/Qualitätsniveau.<br />

� Wohnmöglichkeiten:<br />

Wesentliche Indikatoren sind hier, die Bodenpreise, die Baugenehmigungen/a, der<br />

durchschnittliche Mietpreis pro m² und die Kaufpreise pro m² für Grundstücke und<br />

Häuser (Spannen).<br />

� Kulturangebote:<br />

Indikatoren sind hier, die Anzahl und Art der Veranstaltungen, die Angebotsbreite und<br />

das Vorhandensein adäquater Räumlichkeiten.<br />

108 / 124


Wirtschaftsbeirat<br />

<strong>Standortanalyse</strong> <strong>Kirchheim</strong> bei München<br />

In der SWOT-Analyse wurde versucht, soweit praktikabel und sinnvoll, objektive Daten zu<br />

verwenden. In den Fällen, in denen subjektive Einschätzungen zum Tragen kommen, wird<br />

dies explizit ausgewiesen. Wichtig ist in diesem Zusammenhang auch die kleine Umfrage zu<br />

den Einstellungen der Einwohnerschaft <strong>Kirchheim</strong>s, die im Bekanntenkreis der Mitglieder des<br />

Beirates durchgeführt wurde.<br />

109 / 124


Wirtschaftsbeirat<br />

<strong>Standortanalyse</strong> <strong>Kirchheim</strong> bei München<br />

13. Luftaufnahmen der Gewerbegebiete von <strong>Kirchheim</strong><br />

<strong>Kirchheim</strong> 1 – West<br />

<strong>Kirchheim</strong> 1 – Ost<br />

110 / 124


Wirtschaftsbeirat<br />

<strong>Standortanalyse</strong> <strong>Kirchheim</strong> bei München<br />

<strong>Kirchheim</strong> 2 - <strong>Heimstetten</strong>-West<br />

<strong>Kirchheim</strong> 2 - <strong>Heimstetten</strong>-Ost<br />

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<strong>Standortanalyse</strong> <strong>Kirchheim</strong> bei München<br />

14. Globale Veränderungen auf mittlere und lange Sicht<br />

von Wolfgang Gerstenberger (Diplom-Volkswirt)<br />

Die zukünftige Entwicklung der <strong>Gemeinde</strong> ist noch in vieler Hinsicht offen. Sicher ist aber,<br />

dass sich auch <strong>Kirchheim</strong> b. München mit den allgemeinen Veränderungstendenzen in der<br />

deutschen Wirtschaft und Gesellschaft auseinanderzusetzen haben wird und dazu beitragen<br />

muss, die Herausforderungen der Zukunft zu bewältigen. Deshalb ist es sinnvoll, einen Blick<br />

auf den Veränderungsbedarf in Wirtschaft und Gesellschaft zu werfen, der sich in den<br />

nächsten Jahrzehnten generell für Deutschland abzeichnet.<br />

Wie in der Vergangenheit werden sich auch in Zukunft die Strukturveränderungen in<br />

Wirtschaft und Gesellschaft aus dem Zusammenwirken von drei Einflussgrößen ergeben,<br />

nämlich der:<br />

� Nachfrageentwicklung<br />

� wissenschaftlich-technologischen Entwicklung und<br />

� Art und Intensität des Wettbewerbs.<br />

Im Folgenden wird der Frage nachgegangen, was auf diese drei strukturprägenden Komplexe<br />

bis zur Mitte des laufenden Jahrhunderts einwirken wird.<br />

14.1.<br />

Nachfrageentwicklung<br />

Erhebliche Veränderungen in der Nachfrage sind aufgrund der demographischen Entwicklung<br />

und dem damit in den Industrieländern einhergehenden Alterungsprozess zu erwarten.<br />

Ausgelöst durch das anhaltende Bevölkerungswachstum in den Schwellen- und Entwicklungsländern,<br />

die in wirtschaftlicher Hinsicht aufholen werden, wird es auch zu einer dramatischen<br />

Verschiebung im globalen Nachfragevolumen kommen. Schließlich gilt es, den<br />

Auswirkungen des Klimawandels und der Ressourcenverknappung zu begegnen. Auch dies<br />

zieht ausgeprägte Nachfrageverschiebungen nach sich. Welche Änderungen bewirken diese<br />

Treiber im Einzelnen?<br />

a) Demographische Entwicklung in den westlichen Industrieländern<br />

In allen Industrieländern ist ein Alterungsprozess zu beobachten, wenn auch nicht immer so<br />

ausgeprägt wie in Deutschland. (Abb.1). Nach der 12. Bevölkerungsvorausschätzung des<br />

Statistischen Bundesamtes werden unter eher optimistischen Annahmen 28 im Jahr 2050 nur<br />

mehr 75 Millionen Menschen in Deutschland wohnen gegenüber 81 Mio. heute. Der<br />

Schrumpfungsprozess führt zu einem deutlichen Anstieg des Durchschnittsalters der<br />

Bevölkerung von 43,7 Jahren im Jahr 2010 auf 50,7 Jahre in 2050. Durch den Anstieg der<br />

Einwohner, die 67-Jahre-und älter sind steigt bei schrumpfender Zahl von Einwohnern im<br />

Erwerbsalter (20 bis unter 67 Jahre) der Altersquotient deutlich an (Abb.1). Der Jugendquotient<br />

29 bleibt dagegen annähernd konstant. Zählt man Alters- und Jugendquotient zusammen,<br />

28 Geburtenhäufigkeit: 1,4 Kinder je Frau, Lebenserwartung Neugeborene aus dem Jahr 1960: männlich 87,7<br />

Jahre, weiblich 91,2 Jahre, Wanderungssaldo: 200 000 ab 2020<br />

29 Einwohner jünger als 20 im Verhältnis zu den Einwohnern im Erwerbsalter<br />

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so zeigt sich, dass 100 Einwohner im Erwerbsalter im Jahr 2050 rechnerisch mehr als 85<br />

Einwohner ohne Erwerbseinkommen zu versorgen hätten.<br />

Abb. 1<br />

Quelle: Statistisches Bundesamt: Bevölkerung Deutschlands bis 2060, Ergebnisse der 12.<br />

koordinierten Bevölkerungsvorausberechnung, Variante 2 - W2, Wiesbaden 2009<br />

Bisher wurde der sich abzeichnende Alterungsprozess vor allem wegen seiner Gefahren für<br />

die Erhaltung der sozialen Sicherungssysteme diskutiert. Eine Konsequenz war die Erhöhung<br />

des Renteneintrittsalters auf 67, das auch in den anderen europäischen Ländern<br />

anvisiert wird. Wenig erörtert wurde bisher, dass in einer alternden Gesellschaft sich<br />

deutliche Änderungen in der Einkommensverwendung abzeichnen. So geben über 75-<br />

Jährige etwa doppelt so viel für Gesundheitspflege aus wie 20- bis 49-Jährige, aber nur halb<br />

so viel für Verkehrsmittel. In Zukunft werden ältere Menschen die wichtigste Gruppe von<br />

Konsumenten sein. An Gewicht in der Konsumstruktur werden dadurch die Gütergruppen<br />

„Gesundheit“ sowie „Reisen und Hotels“ gewinnen. Auf wachsende Nachfrage können sich<br />

in den Industrieländern dementsprechend Bereiche wie die Gesundheits- und Pflegedienste<br />

und die Touristikindustrie einstellen.<br />

Bei einer Lebenserwartung von rd. 90 Jahren wird das Thema „Gesundheit“ in der Bevölkerung<br />

einen noch höheren Stellenwert als bisher haben. Der Wunsch, die gewonnene<br />

Lebenszeit gesund und rüstig zu verbringen im Verein mit verbesserten Möglichkeiten der<br />

Früherkennung, werden dazu führen, dass sich neben dem heilungsorientierten Gesundheitsmarkt<br />

ein Markt für Produkte und Dienstleistungen entwickelt, der die Prävention und<br />

die Erhaltung von Gesundheit zum Ziel hat. Die Nachfrage nach gesunden Nahrungsmitteln<br />

und Getränken sowie nach Angeboten zur Erhaltung der Fitness und der Leistungsfähigkeit<br />

wird zunehmen. Auch die Wellness-Welle wird sich weiter aufbauen. Bei den traditionellen<br />

Gesundheitsdiensten werden Beratung und Prävention an Bedeutung gewinnen.<br />

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Die Erhaltung der Gesundheit wird auch deshalb einen höheren Rang erhalten, weil voraussichtlich<br />

mehr Menschen auch nach dem Eintritt ins Rentenalter weiter einer Erwerbstätigkeit<br />

nachgehen wollen oder, weil die Rente zu knapp wird, müssen. Die Verlängerung der<br />

Erwerbszeiten wäre auch von erheblicher wirtschaftlicher Bedeutung. Ohne eine wachsende<br />

Zahl von Erwerbstätigen im Rentenalter würde das Wachstum in den Industrieländern noch<br />

stärker gedämpft.<br />

b) Verschiebung der Nachfrage in die Schwellen- und Entwicklungsländer<br />

Während die Bevölkerung in den westlichen Industrieländern schrumpft oder stagniert, wird<br />

das Bevölkerungswachstum in den Schwellen- und Entwicklungsländern anhalten. Dies und<br />

der in Gang gekommene wirtschaftliche Aufholprozess insbesondere in den Schwellenländern<br />

werden zu einer deutlichen Verschiebung in der Weltnachfrage führen (Abb2). Insbesondere<br />

die asiatischen Märkte werden wachsen. Mit zunehmender Wirtschaftskraft wird<br />

auch der politische Einfluss von China und Indien größer. Letztlich führt die Verlagerung des<br />

wirtschaftlichen Gewichts zu einer multipolaren Welt. In der neuen Weltordnung werden die<br />

USA zwar noch immer eine wichtige Rolle spielen, aber die westliche Dominanz schwindet.<br />

Abb.2: Bruttoinlandsprodukt der Welt nach Ländern und Regionen<br />

Quelle: Statistisches Bundesamt, IWF für 2010, eigene Schätzungen<br />

Von dieser Verlagerung dürften die auf die Herstellung von Investitionsgütern und hochwertigen<br />

Konsumgütern spezialisierte deutsche Industrie profitieren. Deutsche Unternehmen des<br />

Maschinen- und Fahrzeugbaus und der Elektrotechnik sind auf den Märkten der Schwellenländer<br />

bereits heute gut positioniert und haben damit die Chance an der überproportional<br />

wachsenden Investitionsgüternachfrage teilzuhaben. Inwieweit sie diese Chancen nutzen<br />

können, hängt davon ab, ob sie im Innovationswettbewerb Schritt halten können.<br />

c) Klimawandel und Verknappung der Ressourcen<br />

Der Klimawandel wird durch die Tendenz zur Erderwärmung ausgelöst, die wiederum<br />

Ergebnis des massiven Ausstoßes von CO2-Gasen in die Erdatmosphäre ist. Er birgt<br />

erhebliche Risiken für die Menschen in sich:<br />

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� Inseln und flache Küstenregionen können wegen des Anstiegs des Meeresspiegels<br />

durch das Abschmelzen der Eiskappen am Nord- und Südpol überschwemmt und<br />

unbewohnbar werden.<br />

� Die Erderwärmung führt zur Häufung von extremen Wetterlagen (längere Dürreperioden,<br />

starke Stürme und Unwetter), die katastrophale Folgen für die betroffenen Menschen<br />

haben können.<br />

� Es kann zur Verschiebung von Klimazonen und Wüstenbildung in bisher fruchtbaren<br />

Gebieten kommen, welche wiederum massive Migrationsbewegungen auslösen würden.<br />

Da die Risiken gravierende Folgen bis hin zu kriegerischen Auseinandersetzungen haben<br />

können, gilt es sie möglichst durch eine Verringerung des „manmade“ CO2-Ausstoßes zu<br />

vermeiden. Die Industrieländer streben deshalb gemeinsam an, bis 2050 ihre CO2-<br />

Emissionen um 60 bis 80% gegenüber 1990 zu verringern. Im Wesentlichen muss dies<br />

durch die Verringerung des Anteils fossiler Energieträger beim Energieverbrauch und die<br />

Verbesserung der Effizienz in der Energieverwendung in der Produktion, beim Wohnen und<br />

im Verkehr geschehen. Wenn auch die Ziele für die Reduzierung des CO2-Ausstoßes noch<br />

nicht verbindlich sind, so werden in jedem Fall wirtschaftliche Anreize dafür sorgen, dass<br />

weltweit in die Steigerung der Ressourceneffizienz investiert wird.<br />

Die Energieeinsparung wird nämlich auch durch den Preisanstieg bei den fossilen Energieträgern<br />

aufgrund der Verknappung der Energiestoffe angeregt. Verknappungstendenzen im<br />

Gefolge des Wachstumsprozesses in den Schwellenländern sind jedoch auch bei anderen<br />

Rohstoffen zu erwarten. Ein aktuelles Beispiel ist der massive Anstieg der Preise für die<br />

seltenen Erden, einem wichtigen Rohstoff für Elektronikprodukte. Neben der Steigerung der<br />

Energieeffizienz wird es deshalb auch darum gehen, die Rohstoffproduktivität in der Produktion<br />

zu erhöhen und durch Rohstoffrückgewinnung aus dem Konsum- und Produktionsabfall<br />

dem Preisauftrieb bei den natürlichen Rohstoffen zu begegnen. Erhebliche Bedeutung wird<br />

auch die Verbesserung der Effizienz in der Verwendung, Gewinnung und Aufbereitung von<br />

Wasser haben.<br />

Vor diesem Hintergrund sind Technologien gefragt, die nicht nur die Verluste bei der<br />

Energieumwandlung minimieren (Kraftwerke mit höherem Wirkungsgrad, höhere Effizienz<br />

bei Motoren), sondern auch die dabei verursachten Emissionen reduzieren. Wichtig wird<br />

sein, die fossilen Energieträger durch erneuerbare Energiequellen – Wasser, Wind, Sonne,<br />

Biomasse, Geothermie und Wasserstoff bei Automotoren- weitgehend zu ersetzen. Dies wird<br />

eine erhebliche Expansion der Märkte für Umweltgüter und – dienste führen.<br />

Energieeffizienz, nachhaltige Wasserwirtschaft, nachhaltige Mobilität, Energieerzeugung,<br />

Rohstoff- und Materialeffizienz sowie Kreislaufwirtschaft und Rohstoffrückgewinnung sind die<br />

zentralen Märkte für Umweltgüter und – diensten. Sie standen bereits in 2005 für ein<br />

Weltmarktvolumen von fast 1.000 Milliarden Euro. Allein bis 2020 wird der Umsatz dieser<br />

Umweltindustrien, so Schätzungen, auf 2.200 Milliarden Euro steigen und sich damit mehr<br />

als verdoppeln 30 . Auf diesen Zukunftsmärkten sind nicht nur die Solarindustrie, der Bau von<br />

30 1) BMU: Umweltwirtschaftsbericht 2009, Kurzfassung<br />

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Windkraftanlagen und die Wasserwirtschaft und die Recyclingindustrie aktiv. Vom Wachstum<br />

dieser Märkte profitieren auch Unternehmen der Mess-, Regel- und Steuerungstechnik, des<br />

Maschinenbaus und der Informations- und Kommunikationstechnik sowie den Ingenieurdiensten.<br />

14.2.<br />

Wissenschaftlich-technologische Entwicklung<br />

Die treibende Kraft der technologischen Entwicklung in den nächsten Jahrzehnten bleibt die<br />

Informations- und Kommunikationstechnik und das Internet. Im Zusammenspiel mit der<br />

Nanotechnik und Mikrosystemtechnik wird sie Lösungen für die Bedarfe im Gesundheits-<br />

Umweltbereich und die Bausteine zur Steigerung der Energie- und Rohstoffeffizienz liefern.<br />

Die Bio- und Gentechnik im Verein mit der Bionik gilt als weitere Basisinnovation. Dem<br />

Zusammenspiel und der Integration dieser Technologien wird so viel Schubkraft zugetraut,<br />

dass sie einen neuen, den sechsten, Kondratieff-Zyklus in den nächsten Jahrzehnten<br />

auslösen könnten. 31 Die letzten Kondratieff-Aufschwünge wurden vom Computer und der<br />

digitalen Kommunikation (ab 1950) und vom Automobil (1930-1980) getragen.<br />

a) Informations- und Kommunikationstechnik und Internet.<br />

Bereits seit 1990 haben sich sowohl die Geschäftswelt als auch das private Leben durch die<br />

rasante Verbreitung von Personal Computern, Mobiltelefonen und des Internets tiefgreifend<br />

verändert. Was hat die Informations- und Kommunikationstechnik als Nächstes zu bieten?<br />

Drei Trends erscheinen angelegt:<br />

� Informationstechnik zieht in immer mehr technische Geräte wie Radios, Fotoapparate,<br />

Waschmaschinen, Kochgeräte, Staubsauger, Rasenmäher etc. ein und macht<br />

diese „intelligent“, programmierbar und vernetzbar.<br />

� Die Elektronik und Sensorik erlaubt Funktionserweiterungen und eigene Intelligenz<br />

bei Maschinen und Anlagen sowie bei Fahrzeugen. Erste Anwendungen beim Pkw<br />

und Lkw sind automatische Diagnosesysteme und Abstandswarnsysteme. Die Zukunft<br />

des Roboters hat erst begonnen.<br />

� Kommuniziert über große Entfernungen wurde früher nur zwischen Menschen (per<br />

Brief, später auch per Telefon), seit Kurzem erst zwischen Menschen und Maschinen<br />

(per Internet). Nun zeichnet sich die Kommunikation von Maschinen mit anderen Maschinen<br />

ohne menschliche Eingriffe ab.<br />

Alle diese Innovationen werden sich auf das Internet stützen. Der Computer und künstliche<br />

Intelligenz werden schließlich allgegenwärtig sein.<br />

Die technische Basis dieser allgegenwärtigen Intelligenz bilden immer kleiner werdende<br />

Elektronik (Nanotechnik) und die drahtlose Kommunikationstechnik. Winzige Elektronikbauteile<br />

enthalten Mikrochips, Sensoren und Funkmodule. Sie verbinden aber nicht nur Elektrogeräte,<br />

sondern statten die ganze Umgebung des Menschen (z.B. Kleidung, Fenster, Rollos,<br />

31 Vgl. Werner Heß: Ein Blick in die Zukunft - acht Megatrends, die Wirtschaft und Gesellschaft verändern, Allianz<br />

Dresdner Economic Research, Working Paper 103, 20.5.2008, S. 27<br />

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Teppiche) mit zusätzlichen Funktionen aus und binden sie in Kommunikationsnetze ein. Die<br />

Dinge werden identifizierbar und damit auch beim Transport individuell steuerbar.<br />

Die allgegenwärtige Intelligenz wird den Menschen auch neue Möglichkeiten eröffnen, ihre<br />

Individualität zum Ausdruck zu bringen. In Zukunft wird es möglich sein, Produkte zu kaufen,<br />

die ganz entsprechend dem individuellen Bedarf und Geschmack konstruiert und gebaut<br />

sind.<br />

Ansätze hierzu sind bereits in der Automobilindustrie erkennbar, die schon heute ihren<br />

Kunden mit einem Art Baukastensystem maßgeschneiderte Autos anbietet. Weitere Bereiche<br />

werden folgen. Die Individualisierung der Produkte und Dienste wird auch dazu führen,<br />

dass die Produktion wieder näher an den Konsumenten heranrückt. Denkbar erscheint, dass<br />

sogar wieder im eigenen Haushalt bisher industriell gefertigte Produkte für den eigenen<br />

Bedarf hergestellt werden.<br />

Mit den genannten drei Trends verbindet sich die Hoffnung auf die Erschließung neuer<br />

Effizienz- und Wachstumspotenziale. Auf längere Sicht dürften zahlreiche Lebensbereiche<br />

durchdrungen werden, nämlich:<br />

� „intelligentes Haus“ (mehr Komfort und höhere Energieeffizienz)<br />

� neue (Roboter-) Dienste für ältere und behinderte Menschen,<br />

� Telemedizin, bessere Diagnoseverfahren, Gesundheitsvor- und -nachsorge), Computersysteme,<br />

die im oder am Körper getragen werden,<br />

� neuartige Arbeitsabläufe bei der Produktion von Gütern, neue Organisationsformen,<br />

� Optimierung der Wachstums- und Erntebedingungen in der Landwirtschaft,<br />

� Computersysteme in der Kleidung.<br />

Insgesamt ist damit zu rechnen, dass die nächsten Generationen der Informations- und<br />

Kommunikationstechnik und die nächsten Stufen in der Internetnutzung zu weiter Anstiegen<br />

in der Arbeitsproduktivität, insbesondere aber in der Energie- und Rohstoffproduktivität<br />

führen werden.<br />

b) Nanotechnik und Mikrosystemtechnik<br />

Die Nanotechnik gilt als eine der Schlüsseltechnologien des 21. Jahrhunderts. Hierunter wird<br />

ein weites Feld von Forschungsgebieten und Technologien zusammengefasst, die sich mit<br />

der Untersuchung, Herstellung und Anwendung von Strukturen befassen, die in mindestens<br />

einer Dimension kleiner als 100 Nanometer (=Zehntausendstel-Millimeter) sind. Neben<br />

natürlich vorkommenden Materialien im Nanobereich gibt es zahlreiche Typen von künstlich<br />

hergestellten Nanomaterialien. Unterschieden werden kohlenstoffbasierte Materialien,<br />

metallische Materialien, Dendrimere und Kompositen. Anwendungen entstehen in der<br />

Oberflächenfunktionalisierung und Oberflächenveredelung (aktuell Entspiegelung, Sonnenschutzverglasung,<br />

Antireflexbeschichtung, schmutzabweisende Oberflächen). Energietechnik<br />

(Brennstoff- und Solarzellen), in der Umwelttechnik (Materialkreisläufe und Entsorgung)<br />

oder in der Informationstechnik (neue Speicher und Prozessoren) sowie im Gesundheitsbereich.<br />

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Die Nanotechnologie erfordert einen hohen Grad an interdisziplinärer und transdisziplinärer<br />

Kooperation und Kommunikation. Dies liegt zum einen darin begründet, dass auf der<br />

Nanoebene Begriffswelten der Physik, Chemie und Biologie miteinander »verschmieren«,<br />

zum anderen darin, dass die Methoden einer einzelnen Disziplin durch Verfahren und<br />

Fachkenntnisse aus den anderen Fachrichtungen ergänzt werden können oder müssen. 32<br />

Die Nanotechnologie eröffnet Möglichkeiten des intelligenten Materialdesigns und der<br />

Erzeugung technologischer Komponenten, die sich den Anforderungen des jeweiligen<br />

Anwendungszwecks gezielt anpassen lassen. Deshalb hat die Nanotechnik kommerzielle<br />

Anwendungen in einer Vielzahl von Wirtschaftszweigen, insbesondere aber in der Informations-<br />

und Kommunikationstechnik, Energietechnik, Umwelttechnik, chemischen Industrie,<br />

Pharmaindustrie, Medizin und Kosmetik. Auch hinsichtlich einer nachhaltigen Entwicklung<br />

sind die neuen Materialien äußerst interessant, da sie erhebliche Fortschritte bei der<br />

Verminderung des Ressourcen- und Energieverbrauchs ermöglichen.<br />

Folgende Entwicklungsphasen zeichnen sich für die Nanotechnik ab:<br />

Phase I (bis 2007) Phase II (ab 2008) Phase 3 (ab 2015) Phase IV (ab 2025)<br />

passive Nutzung zunehmende<br />

Verbreitung aktiver<br />

Nanostrukturen<br />

Vereinzelter Einsatz<br />

in hochtechnologischen<br />

Nischen im<br />

Luft- und Raumfahrzeugbau,<br />

in der<br />

Automobilindustrie<br />

oder teilweise auch<br />

schon bei bestimmten<br />

Alltagsprodukten<br />

(z. B. schmutzabweisende<br />

Textilien, sich<br />

selbst reinigende<br />

Farben und Lacke<br />

Vordringen der<br />

Nanotechnologie in<br />

die Massenmärkte<br />

der Informations-<br />

und Kommunikationstechnik<br />

sowie<br />

Unterhaltungselektronik<br />

(z. B. Einbau<br />

von Nano-Chips in<br />

PCs).<br />

Gestaltung von<br />

ganzen Systemen in<br />

Nanotechnik<br />

Alltägliche Verwendung<br />

in den unterschiedlichsten<br />

Industrie- und<br />

Konsumgütern (z.B.<br />

bei verkapselten<br />

Medikamenten,<br />

Hochleistungsbatterien,<br />

funktionellen<br />

Lebensmitteln und in<br />

der Photovoltaik).<br />

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Konstruktion von sich selbst<br />

aufbauenden Nanosystemen<br />

und Nanorobotern<br />

Nanosysteme organisieren<br />

sich ähnlich wie menschliche<br />

Zellen zu einem<br />

übergeordneten Ganzen,<br />

um bestimmte Produkte (z.<br />

B. menschliches Insulin) zu<br />

erzeugen. Nanoroboter<br />

fertigen als autonome<br />

Kleinstmaschinen eigenständig<br />

neue Mikrobauteile<br />

(z. B. aus Müll) oder<br />

bekämpfen im menschlichen<br />

Organismus eigenständig<br />

Krankheitsherde.<br />

Übersicht 1: Entwicklungsphasen der Nanotechnik<br />

Quelle: Werner Heß, Ein Blick in die Zukunft - acht Megatrends, die Wirtschaft und Gesellschaft<br />

verändern, Allianz Dresdner Economic Research, Working Paper 103, 20.5.2008, S.<br />

21<br />

32 Herbert Paschen • Christopher Coenen • Torsten Fleischer • Reinhard Grünwald • Dagmar Oertel • Christoph<br />

Revermann: Nanotechnologie TAB-Arbeitsbericht Nr. 092. Berlin 2003,


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Für die Diffusion von Nanotechnologien spielt die Mikrosystemtechnik eine entscheidende<br />

Rolle. Mikrosysteme entstehen durch Kombination von Mikroelektronik mit Sensorik und<br />

Aktorik. Die hohe Integration macht sie so klein und leicht, dass man sie in beliebigen<br />

Alltagsgegenständen unterbringen kann. Neben der Entwicklung und Gestaltung der<br />

Mikrosysteme selbst ist die Integration in ein Makro-System (z.B. ein Handy, Auto, chirurgisches<br />

Instrument oder Werkzeug) ein großes Aufgabenfeld der Mikrosystemtechnik. Der<br />

technologische Trend zu kleineren, komplexeren und intelligenteren Systemen wird auch in<br />

Zukunft anhalten.<br />

c) Bio- und Gentechnik, Bionik<br />

Leitwissenschaft unter den breitgefächerten lebenswissenschaftlichen Disziplinen 33 ist die<br />

moderne Biologie. Sie vermittelt ein vertieftes Verständnis von der Entstehung des Lebens<br />

und von Lebensfunktionen bis auf molekulare Ebene. Sie stellt Methoden zur Verfügung, die<br />

gezielte und wiederholte Eingriffe in biologische Prozesse ermöglichen und erschließt eine<br />

Vielfalt von Anwendungsmöglichkeiten für die Bio-und Gentechnik. Zu unterscheiden sind<br />

Anwendungen in der Human- und Veterinärmedizin (rote Biotechnologie), im Agrar- und<br />

Ernährungssektor (grüne Biotechnologie) sowie in den Bereichen Umwelt (graue Biotechnologie)<br />

und Industrie (weiße Biotechnologie):<br />

� Die gentechnischen Methoden eröffnen in der Medizin neue diagnostische Ansätze,<br />

einen neuen Zugang zum Verständnis von Krankheitsursachen und die Möglichkeit<br />

der kausalen Behandlung bisher nicht therapierbarer Leiden. Eine weitere vielversprechende<br />

Perspektive liegt in der Zell- und Gewebezüchtung außerhalb des<br />

menschlichen Körpers für den Ersatz von Körperteilen. In der Pharmazie werden<br />

Wirkstoffe zunehmend mithilfe gentechnischer Verfahren hergestellt.<br />

� In der Land- und Forstwirtschaft werden mit biotechnischen Verfahren neue, gegen<br />

Schädlinge widerstandsfähige Pflanzensorten (z.Z. Getreide) gezüchtet. Dies führt<br />

gleichzeitig zu einem geringeren Einsatz von chemischen Schädlingsbekämpfungsmitteln.<br />

Die Bio-und Gentechnik ist damit ein Schlüssel zur Ernährung der stark<br />

wachsenden Weltbevölkerung und zur Steigerung der Bodenproduktivität.<br />

� Im Bereich der Umwelt spielen biotechnische Verfahren bei der Schadstoffeliminierung<br />

(nachsorgenden Umweltschutz), Rohstoffrückgewinnung und in der Umweltanalytik<br />

eine bedeutende Rolle. Es zeichnen sich aber auch Potenziale für einen vorsorgenden,<br />

produktionsintegrierten Umweltschutz ab, indem energieaufwendige und<br />

umweltbelastenden Produktionsverfahren durch nachhaltige Verfahren ersetzt werden.<br />

� Die industrielle Biotechnologie zielt auf Verfahren zur Analyse biologischer Systeme<br />

ab. So lassen sich heute gezielt maßgeschneiderte Biokatalysatoren entwickeln.<br />

Als Querschnittstechnologie integriert die weiße Biotechnologie verschiedene<br />

Disziplinen der Natur- und Ingenieurwissenschaften, z.B. die Mikro- und Molekularbiologie,<br />

die Biochemie, die Materialwissenschaften und die Bioinformatik. Das Anwendungsspektrum<br />

reicht von umweltverträglichen Chemikalien, Arzneimittelvorstu-<br />

33 Biologie, Ökologie, Land- und Forstwirtschaft, Ernährung, Medizin<br />

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fen und Lebensmittelzusätzen über Biopolymere als Kunststoffersatz bis hin zu Materialien<br />

aus pflanzlichen Rohstoffen. Da die weiße Biotechnologie als Technologieplattform<br />

die Innovationszyklen in vielen Industriebereichen verkürzt, gilt sie als Motor<br />

für eine nachhaltige Wirtschaft.<br />

Wie die weiße Biotechnologie versucht die Bionik für technische Problemlösungen von der<br />

Natur zu lernen und Funktions- und Strukturwissen von lebenden auf technische Systeme zu<br />

übertragen. Zur klassischen Bionik zählen dabei Anwendungen in den Bereichen Bau und<br />

Klimatisierung, Formgestaltung und Design. Ein wichtiges aktuelles Forschungsfeld sind<br />

neue biologische Materialien, die ressourceneffizient sind und sich durch Festigkeit und/oder<br />

Elastizität bei verhältnismäßig geringem Materialeinsatz auszeichnen. Verknüpft mit dem<br />

Thema Miniaturisierung sind die molekularbiologisch inspirierte Ansätze der Nanobiotechnologie,<br />

der Prothetik und der neuronalen Steuerung. Während die traditionelle Bionik Lösungsansätze<br />

der Natur auf technische Systeme überträgt, stehen im Rahmen der Nanotechnik<br />

Eingriffe in die Natur selbst auf dem Programm. Diese können bis zum Bau künstlicher<br />

Zellen und damit der Erzeugung künstlichen Lebens reichen.<br />

Zum anderen erstreckt sich die neue Bionik auf evolutionstheoretisch motivierte Entwicklungen<br />

in der Informationstechnik und in der Organisation kollektiver Prozesse. In diesem<br />

Zusammenhang werden seit einiger Zeit Phänomene der „Schwarmintelligenz“ untersucht. 34<br />

Schon seit einigen Jahren wird versucht, diese Selbstorganisation von Kollektiven zu<br />

modellieren, um Optimierungsaufgaben wie eine verbesserte Auslastung von Telekommunikations-Netzen<br />

zu meistern. Weit wichtiger dürfte allerdings das Schwarm-Phänomen für die<br />

Reorganisation sozialer Prozesse werden. Es geht dabei darum, wie einzelne Individuen<br />

mithilfe der allgegenwärtigen Informations- und Kommunikationstechnik und dem Internet der<br />

Zukunft mit einer großen Gruppe von Unbekannten gemeinsam und koordiniert handeln<br />

können. Fortschritte in dieser Richtung könnte die Unternehmensorganisation wie auch die<br />

politische Willensbildung revolutionieren.<br />

14.3.<br />

Wettbewerb<br />

Die Globalisierung dürfte in den nächsten Jahrzehnten weiterhin die treibende Kraft für den<br />

Wettbewerb sein. Die Konkurrenz durch die aufblühenden Unternehmen aus den Schwellenländern<br />

wird sich nicht mehr nur auf niedrigere Lohnkosten und die vorhandene reiche<br />

Rohstoffbasis stützen. Zunehmend werden diese Unternehmen auch zum Wettbewerber bei<br />

der Entwicklung von neuen oder verbesserten Produkten und Diensten (Innovationswettbewerb).<br />

So nehmen z.B. die in China beheimateten Unternehmen Singwell, Goldwing und<br />

Dongfang eine führende Position beim Bau von Windkraftanlagen auf dem Weltmarkt ein.<br />

Auch in der Solarindustrie verfügt China mit dem Unternehmen Trinastar über einen Weltmarktführer.<br />

Bei den Solarmodulen konnten die Unternehmen aus dem Reich der Mitte 2010<br />

34 Ein Schwarm besteht aus einer Gruppe von Individuen, die durch direkte Kommunikation ohne zentrale<br />

Lenkung miteinander agieren und damit ihre Effizienz steigern können. Das Besondere eines Schwarms liegt<br />

darin, sich sehr schnell zu formieren und ohne vorherige Planung flexibel und koordiniert zu handeln. In der Natur<br />

findet man Schwarm Intelligenz vor allem bei sozialen Insekten wie Ameisen oder Bienen, wo jedes einzelne<br />

Tier in einem hoch organisierten Kollektiv seine Aufgabe zu erfüllen scheint, ohne dass es der Überwachung<br />

bedarf.<br />

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fast die Hälfte des weltweit erzielten Umsatzes auf sich vereinen. 35 Nur die deutschen<br />

Anlagenhersteller für die Produktion von Photovoltaik-Modulen sind weiterhin auf dem<br />

Weltmarkt gut positioniert, vor allem wenn sie eine Präsenz in Asien entwickelt haben, wo<br />

ihre Hauptabsatzmärkte liegen. Auch auf den Märkten für Elektronikprodukte und der<br />

Mikrosystemtechnik und der Bio- und Gentechnik sind Unternehmen aus den Schwellenländern<br />

auf dem Vormarsch.<br />

Da alle Schwellenländer massiv in die Bildung und Weiterbildung ihrer jungen Arbeitskräfte<br />

sowie in Forschung und Entwicklung investieren und ihren Vorsprung bei den Lohnkosten<br />

behalten werden, ist damit zu rechnen, dass sie im Lauf der nächsten Jahrzehnte beim<br />

Innovationswettbewerb weiter aufholen werden.<br />

Die Anforderungen an die Rendite des Kapitaleinsatzes und die Effizienz unternehmerischer<br />

Strukturen werden sich voraussichtlich nachhaltig erhöhen. Ohne höhere Renditen in den<br />

Industrieländern werden sie angesichts der hohen Kapitalmobilität im Wettbewerb um<br />

Investitionskapital und damit um Arbeitsplätze sonst ins Hintertreffen geraten. Dieser<br />

Wettbewerb vollzieht sich nicht allein über die Aktivitäten von Private Equity oder Hedge<br />

Fonds, sondern auch in Form strategischer Fusionen oder Übernahmen im Unternehmenssektor<br />

selbst. Die Angst vor Übernahmen verstärkt auch den Druck auf die Unternehmensleitungen,<br />

alle vorhandenen Produktivitätspotentiale auszuschöpfen.<br />

14.4.<br />

Wirkungen auf Wirtschafts- und Arbeitsmarktstrukturen und<br />

die Unternehmensorganisation<br />

Der sich eher verstärkende Wettbewerbsdruck aus den Schwellenländern wird im Verein mit<br />

den oben skizzierten Potentialen aus der Weiterentwicklung der Informations- und Kommunikationstechnik<br />

und des Internets zu Verschiebungen in der Wirtschaftsstruktur führen.<br />

Wirkungen sind auch auf dem Arbeitsmarkt und in der Unternehmensorganisation zu<br />

erwarten.<br />

a) Wirtschaftsstruktur.<br />

Einiges spricht dafür, dass sich die Konzentration der Wertschöpfung und der Arbeitsplätze<br />

auf wissensgestützte Branchen weiter fortsetzen wird. Zwar werden sich die deutschen<br />

Unternehmen aus der Chemie, dem Maschinen- und Fahrzeugbau, der Elektrotechnik, der<br />

Feinmechanik, Optik und der Mess-, Steuer- und Regeltechnik und den Unternehmensdiensten<br />

ebenfalls einer zunehmenden Konkurrenz aus den Schwellenländern gegenübersehen.<br />

Sie haben aber weiterhin bessere Chancen durch Spezialisierung und Kooperation<br />

sich im Markt zu behaupten als Unternehmen, die vor allem im Preis-und Kostenwettbewerb<br />

stehen. Es gibt auch noch Hoffnung, dass sie von der besseren Infrastruktur für Forschung<br />

und Ausbildung in Deutschland profitieren können, vorausgesetzt die notwendigen Reformen<br />

insbesondere im Bildungssystem sind von Erfolg gekrönt und führen zu einem hinreichend<br />

breiten Angebot an für die Anforderungen der Wissensgesellschaft qualifiziertem Personal.<br />

35 Hans Kühn: Solarmarktstudie der Unternehmensberatung PRTM Management Consultants GmbH, Frank-<br />

furt/Main, 25.07.2011<br />

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Wirtschaftsbeirat<br />

<strong>Standortanalyse</strong> <strong>Kirchheim</strong> bei München<br />

Wegen der rückläufigen Zahl von jungen Menschen in Deutschland heißt dies, dass sich das<br />

Bildungsangebot viel stärker auf die Erwachsenenbildung ausrichten muss.<br />

Wichtig für das Angebot an Arbeitsplätzen dürfte auch die zunehmende Tendenz zur<br />

Verlagerung der Produktion in die Nähe der Konsumenten sein. Diesen Trend werden die<br />

Regionen am besten nutzen, die sich als offen für Niederlassungen der expandierenden<br />

Unternehmen aus den Schwellenländern zeigen. Insbesondere die Gesundheitsdienste<br />

haben lokalen Charakter und können damit unbehelligt von der internationalen Konkurrenz<br />

expandieren. Ähnliches gilt für die Rohstoffrückgewinnung und Recyclingindustrie. Möglicherweise<br />

wird auch die Ernährungsindustrie aus Qualitätsgründen wieder lokaler.<br />

Die Trends in der Informations- und Kommunikationstechnik dürften das Entstehen von<br />

regionalen Wirtschaftskreisläufen begünstigen. Der Globalisierung steht damit gleichzeitig<br />

Tendenz zur Regionalisierung gegen über.<br />

b) Arbeitswelt<br />

Der Umbruch in der Arbeitswelt hat bereits begonnen. Angesichts fortschreitender Globalisierung,<br />

des sich eher beschleunigenden technischen Fortschritts und individuellerer<br />

Kundenwünsche werden flexible Netzwerke und Teamstrukturen an die Stelle der alten<br />

Hierarchien treten. Die vermehrten Unsicherheiten in der Nachfrageentwicklung, die mit dem<br />

Trend zur Individualisierung und der Tendenz zur Verkürzung der Produktlebenszeiten<br />

verbunden sind, erfordern ein höhere Flexibilität. Die Stammbelegschaften dürften deshalb<br />

weiter reduziert und der verbleibende Kern von festen Angestellten noch mehr durch zeitlich<br />

befristete Beschäftigungsverhältnisse ergänzt werden. Mitte des 21. Jahrhunderts dürften<br />

nur noch 30 bis 40% der Beschäftigten feste Arbeitsverträge haben. Befristete Arbeitsverhältnisse<br />

nehmen dafür zu. Selbstständigen mit hoher fachlicher Kompetenz nehmen in der<br />

dezentralisierten Wirtschaft der Zukunft eine wichtige Rolle ein und werden auch bis ins hohe<br />

Alter gefragt sein.<br />

c) Organisation von Unternehmen<br />

Die nächsten Entwicklungsstufen der Informations- und Kommunikationstechnik und beim<br />

Internet werden nicht ohne Auswirkungen auf die Organisationsstruktur von Unternehmen<br />

bleiben. Diese kooperieren künftig immer häufiger in gemeinsamen Projekten, oft in Form<br />

rechtlich und organisatorisch eigenständiger Projektgesellschaften. Die Organisation des<br />

Wertschöpfungsprozesses in einer Art „Projektwirtschaft“ versetzt Unternehmen in die Lage,<br />

flexibler sowie mit geteilten Kosten und Risiken auf die deutlich gestiegenen Anforderungen<br />

der globalen Märkte zu reagieren. Denn die Produktlebenszyklen verkürzen sich weiter, die<br />

Breite und Tiefe des Wissens, die für die erfolgreiche Entwicklung und Vermarktung von<br />

Produkten nötig sind, nimmt rasant zu. Hinzu kommt, dass erfolgreiche Produkte immer<br />

häufiger durch die Konvergenz verschiedener Technologien bzw. Wissensfelder entstehen. 36<br />

Organisationsprinzipien wie das Konzept des „Schwarms“ - einzelne Individuen können<br />

mithilfe des mobilen und überall gegenwärtigen Internets mit einer großen Gruppe von<br />

Unbekannten gemeinsam und koordiniert handeln - werden auch im Unternehmensbereich<br />

36 Hess, a.a.O. S. 10<br />

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<strong>Standortanalyse</strong> <strong>Kirchheim</strong> bei München<br />

vorankommen. In der Tendenz kommt es zu einem weiteren Abbau von Hierarchien und zur<br />

Verlagerung der Detail-Entscheidungen auf die operativen Projektteams.<br />

14.5.<br />

Herausforderung für <strong>Kirchheim</strong><br />

Bei jedem Strukturwandel gibt es nicht nur Gewinner, sondern auch Verlierer. Was kann<br />

<strong>Kirchheim</strong> tun, dass die <strong>Gemeinde</strong> auch 2020 und 2030 ihre Aufgaben in der Kinderbetreuung,<br />

Bildung und im sozialen Bereich möglichst auf der Basis einer größeren Finanzkraft<br />

nachkommen kann?<br />

Wichtig ist sicher, dass die <strong>Gemeinde</strong> dafür sorgt, dass ihre Bürger und Unternehmen einen<br />

ungehemmten und umfassenden Zugang zum Internet der Zukunft haben. Da dieses noch<br />

mobiler als bisher sein wird, wird sich auch die Frage von Standorten für Funkmasten wieder<br />

stellen. Offensiv muss auch die Frage von Standorten für Windkraft- und/oder Solaranlagen<br />

angegangen werden.<br />

Für die Schaffung von Arbeitsplätzen und die Gewerbesteuereinnahmen der Zukunft sollte<br />

die <strong>Gemeinde</strong> sich bemühen, attraktiv für die Ansiedlung von Produktions- und Vertriebsstätten<br />

der aufstrebenden Unternehmen aus China, Indien, Brasilien und Russland zu sein.<br />

Insbesondere Unternehmen aus den wissensgestützten Bereichen werden für die Erschließung<br />

des deutschen und europäischen Marktes wegen der guten Infrastruktur häufig eine<br />

Ansiedlung im Münchner Raum anstreben. Damit sie nach <strong>Kirchheim</strong> gehen, muss die<br />

<strong>Gemeinde</strong> in Datenbasen für die Standortsuche präsent sein und ein Standortmarketing<br />

entwickeln.<br />

Von der internationalen Konkurrenz weitgehend geschützte Arbeitsplätze werden Unternehmen<br />

im Bereich der Gesundheits- und Pflegedienste, Fitness, Wellness und Gesundheitsvorsorge<br />

bieten. Angesichts der demographisch bedingten Wachstumspotentiale der<br />

Gesundheitsmärkte kann hier ebenso wie bei den Unternehmen aus der Recyclingindustrie<br />

auch mit einer zunehmenden Beschäftigung gerechnet werden.<br />

Die Stärkung regionaler Wirtschaftskreisläufe in <strong>Kirchheim</strong> und den Nachbargemeinden<br />

würde Kaufkraft in der Region halten und die einheimische Produktion von Gütern und<br />

Diensten stärken. Ein Instrument zur Stärkung regionaler Wirtschaftskreisläufe ist die<br />

Einführung einer regionalen Geldeinheit, die von Produzenten und Konsumenten der Region<br />

akzeptiert wird. Ein Beispiel bietet Carlo, das regionale Geld für Karlsruhe und Umgebung. 37<br />

Eine Alternative für die Stärkung der regionalen Wirtschaftskreisläufe ist der Aufbau einer<br />

Zeitbank. 38 Eine Zeitbank ist eine Vereinigung zur Erbringung gegenseitiger Leistungen auf<br />

Grundlage einer geldlosen Tauschwirtschaft. Sie stellt eine organisierte Form der Nachbarschaftshilfe<br />

dar. Das Durchschnittsalter der Einwohner <strong>Kirchheim</strong>s entspricht aktuell dem<br />

deutschen Durchschnitt. Da der Anteil von Einwohner im Rentenalter weiter zunehmen wird,<br />

bietet sich die Organisation eines Austauschsystems von Dienstleistungen ohne Geldvergütung<br />

an. Jeder bietet das an, was er gut kann und erhält für geleistete Dienste Zeitgutschrif-<br />

37 http://www.carlo-regional.de<br />

38 http://de.wikipedia.org/wiki/Zeitbank<br />

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<strong>Standortanalyse</strong> <strong>Kirchheim</strong> bei München<br />

ten, mit denen er wiederum Dienste der anderen Mitglieder der Zeitbank "bezahlen“ kann.<br />

Möglich ist auch, die geleisteten Zeiten anzusparen, damit in einer späteren Altersphase,<br />

Dienstleistungen der Mitglieder der Zeitbank abgerufen werden können. Zeitbanken können<br />

der Solidarität zwischen den Generationen dienen.<br />

<strong>Gemeinde</strong> <strong>Kirchheim</strong> bei München<br />

Münchner Straße 6,<br />

D-85551 <strong>Kirchheim</strong> b. München<br />

Telefon: + 49 (0)89 90 90 90<br />

Fax: + 49 (0)89 9 09 09 31<br />

<strong>Gemeinde</strong>@<strong>Kirchheim</strong>-<strong>Heimstetten</strong>.de<br />

www.kirchheim-heimstetten.de<br />

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