Yokoten-Magazin 01-2012.pmd - CETPM
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YOKOTEN<br />
<strong>Magazin</strong> für Operational Excellence und Best Practice Sharing <strong>01</strong>/2<strong>01</strong>2<br />
Inspirierend:<br />
Kata-Praktikertag<br />
TPM-/Lean News<br />
Spitzenleistungen<br />
durch TPM<br />
TPM: TPM:<br />
Sicherheit,<br />
Sicherheit,<br />
Erfolg, Erfolg,<br />
Begeisterung!<br />
Begeisterung!<br />
1
Liebe Leserinnen und Leser,<br />
Herzlich willkommen liebe LeserInnen,<br />
wir freuen uns, dass wir Ihnen in diesem <strong>Magazin</strong> TPM<br />
hautnah vorstellen dürfen. Heute widmen wir uns<br />
dem wichtigen Thema Arbeitssicherheit. Sie finden<br />
unsere Beiträge auf den Seiten 6 und 7. Außerdem<br />
stellen wir Ihnen in jeder Ausgabe des <strong>Magazin</strong>s führende<br />
Köpfe aus der TPM-/Lean-Welt vor. Heute starten<br />
wir auf Seite 8 mit Peter Schimek, der für uns zu<br />
den Pionieren in Sachen TPM in Deutschland zählt.<br />
2<br />
Herzlich Willkommen<br />
Sie halten gerade die erste Ausgabe von YOKOTEN, unserem neuen <strong>Magazin</strong> für<br />
Operational Excellence in Händen. Warum wir den Namen YOKOTEN für das<br />
<strong>Magazin</strong> gewählt haben erkennen Sie, wenn Sie auf Seite 3 die Erklärung des<br />
Begriffes lesen.<br />
In diesem Medium stellen wir Ihnen regelmäßig Best-Practice-Beispiele und<br />
neue Informationen aus aller Welt mit engem Bezug zu den Lean- und TPM-<br />
Aktivitäten in Ihren Unternehmen vor. Nutzen Sie diese Anregungen, um zu<br />
reflektieren und Ihren Bereich ständig weiter zu entwickeln. Jede Ausgabe<br />
enthält Insiderwissen zu einem konkreten Thema. Dazu konnten wir die beiden<br />
Japan- und TPS-Expertinnen Katrin Franke und Barbara Ölschleger gewinnen.<br />
In dieser Ausgabe erfahren Sie, wie Sie am besten mit dem Thema Sicherheit<br />
in Ihrem Unternehmen umgehen. Arbeitssicherheit ist das erste Gebot in jedem<br />
Betrieb. Das gilt für Deutschland genauso wie für Japan. Vor dem Hintergrund<br />
der Fukushima-Katastrophe sollte über Sicherheitsstandards, sinnvolle<br />
und weniger sinnvolle Maßnahmen der Arbeitssicherheit neu nachgedacht<br />
werden.<br />
TPM, Lean, Operational Excellence - oder wie auch immer Sie es nennen möchten<br />
- funktioniert nach dem Gärtnerprinzip. Das heißt, das Management muss<br />
den Boden bereiten, damit die Pflänzchen Kreativität, Eigenverantwortung,<br />
Qualität, Wertschöpfung und Wertschätzung gedeihen können. Lassen Sie sich<br />
inspirieren von den gelungenen Beispielen, die wir Ihnen in diesem <strong>Magazin</strong><br />
vorstellen.<br />
Viel Freude beim Lesen wünscht Ihnen Ihr<br />
Constantin May<br />
Gestatten Sie, dass auch wir uns kurz vorstellen:<br />
Wir haben beide eine japanspezifische Ausbildung<br />
und nutzen unsere Japanisch-Kenntnisse, um Informationen,<br />
Know-how und neue Trends aus dem TPM-<br />
Pionierland Japan für Sie verfügbar zu machen. Beide<br />
blicken wir auf viele Jahre TPM-Arbeit mit dem JIPM<br />
(Japan Institute for Plant Maintenance) zurück. Durch<br />
die Verdolmetschung und Beratung zwischen den<br />
Besuchen japanischer Consultants haben wir stets<br />
für einen qualitativ hochwertigen Wissenstransfer<br />
gesorgt. Wie viele andere haben wir uns aus Begeisterung<br />
der TPM-Welt verschrieben. Heute arbeiten<br />
wir als selbstständige Trainerinnen, Dozentinnen und<br />
Beraterinnen auch für das <strong>CETPM</strong> und gemeinsam<br />
als TPM Arbeitsgemeinschaft.<br />
Übrigens: Wir freuen uns über Feedback zu unseren<br />
Beiträgen unter katrin.franke@cetpm.de oder im<br />
<strong>CETPM</strong>-Online-Forum.<br />
Ihre<br />
Katrin Franke und<br />
Barbara Ölschleger
TPM-/Lean-Begriffe unter der Lupe<br />
Im Zusammenhang mit dem Streben nach Operational Excellence tauchen<br />
immer wieder spezifische Begriffe auf, häufig aus der japanischen<br />
Sprache übernommen. Der bekannteste ist „Kaizen“ – das Streben nach<br />
stetiger Verbesserung in kleinen Schritten. Heute stellen wir Ihnen den<br />
interessanten Begriff YOKOTEN vor, der diesem <strong>Magazin</strong> seinen Namen<br />
gab. Eigentlich müsste es heißen: YOKOTENKAI - doch die abgekürzte<br />
Variante hat sich eingebürgert. Der Begriff steht für:<br />
YOKO = DIE BREITE, TENKAI = ENTFALTUNG, AUSBREITUNG<br />
Man könnte den Begriff übersetzen mit „Teilen der besten Ideen“. Auf<br />
dem Weg zu Operational Excellence ist <strong>Yokoten</strong> ein wichtiges Tool. Es<br />
stellt sicher, dass Fortschritte im Lean-Prozess auch für andere Bereiche<br />
des Unternehmens zugänglich gemacht werden. Man könnte sagen,<br />
<strong>Yokoten</strong> steht für experimentelles Lernen der gesamten Organisation.<br />
Denn der <strong>Yokoten</strong>-Gedanke beschränkt sich nicht auf das Kopieren. Die<br />
Herausforderung besteht darin, über gute Lösungen und deren Entwicklung<br />
nachzudenken und diese weiter zu verbessern.<br />
Lean-/TPM-Begriffe<br />
unter der Lupe:<br />
YOKOTEN<br />
Besser verbessern: Kata-Praktikertag zeigt neue Wege auf<br />
Vor zwei Jahren sorgte Mike Rother mit seinem Buch<br />
„Die Kata des Weltmarktführers - Toyotas Erfolgsmethoden“<br />
für Aufruhr in den Managementetagen.<br />
Denn mit der Kata gibt er eine Vorgehensweise an<br />
die Hand, die es ermöglicht, Potenziale von Mitarbeitern<br />
zu entfalten im Sinne von „Fordern und Fördern“.<br />
Durch Schaffen einer Experimentierzone soll die<br />
Angst vor Fehlschlägen genommen und damit der<br />
Erfindergeist bei jedem Einzelnen geweckt werden.<br />
Als Kata bezeichnet Mike Rother eine Verhaltensroutine,<br />
die Menschen befähigt, unmittelbar auf aktuelle<br />
Situationen zu reagieren und durch das Anstreben<br />
von Zielzuständen kontinuierlich zu verbessern<br />
und Hindernisse aus dem Weg zu räumen. Mit<br />
der Verbesserungskata können Probleme und Frage-<br />
Die Herausforderung:<br />
Erfolg beruht auf den Fähigkeiten der<br />
gesamten Organisation<br />
IST-<br />
Zustand<br />
stellungen unterschiedlichster Art experimentell gelöst<br />
werden. Zum Erlernen der Verbesserungskata<br />
dient die so genannte Coachingkata. Damit trainieren<br />
und unterstützen Führungskräfte ihre Teams in<br />
der Anwendung der Verbesserungskata.<br />
Seit Einführung des Begriffes „Kata“ haben sich einige<br />
Unternehmen dieser Vorgehensweise verschrieben.<br />
Beim ersten Kata-Praktikertag, veranstaltet<br />
durch das <strong>CETPM</strong> der Hochschule Ansbach, fand ein<br />
intensiver Erfahrungsaustausch statt.<br />
Gerardo Aulinger, „Kata-Botschafter“ und Mann der<br />
ersten Stunde bei der Anwendung der Kata, betonte,<br />
dass sich Unternehmen mehr vernetzen sollten,<br />
um miteinander und voneinander zu lernen.<br />
ZIEL-<br />
Zustand<br />
Jeder, jeden Tag einen kleinen<br />
Schritt<br />
IDEAL-<br />
Zustand<br />
Nächster<br />
ZIEL-Zustand<br />
Illustration: Dr. Lutz Engel<br />
3
4<br />
Besser verbessern mit der Kata<br />
Nach seiner Erfahrung sind Zielzustände gleichzeitig<br />
als Lernaufgaben zu betrachten. Wichtig sei, dass<br />
sich der Coach zurücknimmt und keine Lösungen<br />
vorgibt. „Coaching ist eine Waffe und viele haben<br />
keinen Waffenschein“. Damit bringt Aulinger die „Risiken<br />
und Nebenwirkungen“ auf den Punkt. Er betont,<br />
dass der Coach zwar durch Fragen die Menschen<br />
vom globalen Problem bis zur Ursache lenken<br />
soll – aber er müsse immer mit Respekt und Feingefühl<br />
vorgehen und dürfe den Mentee nicht in die<br />
Enge treiben. Der Coach manage nicht den Mitarbeiter<br />
sondern die Vorgehensweise betont Aulinger.<br />
Und die müsse mit der Zeit in Fleisch und Blut übergehen:<br />
„Wir üben die Kata, um sie zu vergessen“.<br />
Mike Rother, Entdecker der Toyota-Kata (Foto: Stefan Roth)<br />
„Alle Führungskräfte sind Lehrer, ob sie wollen oder<br />
nicht. Ihr Verhalten und Denken beeinflusst die Haltung<br />
der Menschen“ so die Erkenntnis von Mike Rother.<br />
Durch punktuelle Aktionen würden sich Denkund<br />
Verhaltensweisen nicht ändern, betont er. Man<br />
müsse üben, um etwas zu beherrschen und genau<br />
so verhielte es sich mit der Kata.<br />
Berichte aus der Praxis<br />
Dass es funktioniert, wenn man dran bleibt, belegten<br />
Vertreter verschiedener Unternehmen. Dr. Lutz<br />
Engel, Werksleiter bei der Seidel GmbH in Marburg,<br />
arbeitet seit drei Jahren mit der Kata. „Jeder Mitarbeiter<br />
muss an jedem Tag einen kleinen Schritt ma-<br />
Die Kata in drei Sätzen<br />
Als Kata bezeichnet Mike Rother im Rahmen des<br />
Toyota-Produktionssystems angewandte Verhaltensroutinen.<br />
Diese Routinen befähigen Mitarbeiter,<br />
kontinuierlich selbst Verbesserungen vorzunehmen<br />
und auf Veränderung zu reagieren.<br />
Mit der Coachingkata und der Verbesserungskata<br />
wird ein Unternehmen adaptiv und kann<br />
so nachhaltig im Wettbewerb bestehen.<br />
chen“ ist sein Motto. Seine Teams streben den One-<br />
Piece-Flow an im Sinne von „Was möchte der Kunde?“<br />
Seit er in seinen Werken die Vorgehensweise<br />
nach der Kata einführte, hat sich sein Arbeitsalltag<br />
komplett geändert. Früher sei er den Dingen hinterher<br />
gerannt, heute reflektiere er eher. Die Aufgabe<br />
seiner Führungskräfte vor Ort sieht er darin, dass sie<br />
die Mitarbeiter immer wieder dazu inspirieren, neue<br />
Erfahrungen zu machen, damit alles in Bewegung<br />
bleibt. „Prozesse zerfallen, wenn man sie nicht kontinuierlich<br />
verbessert“, davon ist er überzeugt. Sein<br />
Tipp für die Anwendung der Kata: Immer enden mit<br />
der Frage „Was ist der nächste Schritt?“<br />
Nach 5 Jahren Lean Management fühlte sich Jörg<br />
Göhl, Geschäftsführer der Kirson Industrial Reinforcements<br />
GmbH, Neustadt/Donau, am Ende einer<br />
Sackgasse angelangt. Es gab zwar viele Verbesserungen<br />
als Insellösungen, aber ohne ein übergeordnetes<br />
Ziel. Zusammen mit Bettina Brandl, Leiterin Lean<br />
Management, stellte er anhand von Beispielen vor,<br />
wie durch die Anwendung der Kata neuer Drive in<br />
den Verbesserungsprozess kam. „Am schwierigsten<br />
ist das lösungsfreie Führen, um den Mentee zum<br />
Problemlöser zu entwickeln“ so die Erfahrung von<br />
Bettina Brandl. Aktuell werden in 16 Bereichen zweimal<br />
täglich kleine Coaching-Routinen durchgeführt.<br />
Durch Reflektion der Ergebnisse lernen alle Beteiligten<br />
ständig dazu. Demotivation vermeiden und das<br />
Motivationspotenzial zu nutzen hat für Bettina<br />
Brandl höchste Priorität. Erklären warum, Freiraum<br />
schaffen und Routineaufgaben mit wertschätzenden<br />
Lebhafte Diskussion über die Kata (Foto: Sabine Leikep)<br />
Aufgaben ergänzen seien neben regelmäßiger Rückmeldung<br />
zur erbrachten Leistung die Erfolgsfaktoren.<br />
Jörg Göhl sieht mit der Kata die Möglichkeit, Disziplin<br />
zu institutionalisieren. Nicht nur das. Seine Mitarbeiter<br />
haben durch die neuen Freiräume sogar<br />
neue Dinge entwickelt. Sein Fazit: „Jeder kann mit<br />
Hilfe der Kata ein Erfinder werden“.<br />
Dr. Janina Meier, Leitung Konstruktion, bei Festool<br />
GmbH erläuterte, wie durch das Kata-Mindset in
Kata-Botschafter im Gespräch<br />
ihrem Team Freiraum und Kreativität entsteht und<br />
damit Herausforderungen in der Produktentwicklung<br />
bewältigt werden. Sie setzt dabei auf die Aktivierung<br />
des Spieltriebes, da es gar nicht so einfach<br />
sei, die Menschen von den Vorzügen einer Lernzone<br />
zu überzeugen. Sie sieht in der Kata eine wertvolle<br />
Unterstützung auf dem Weg zur lernenden Organisation.<br />
„Führen heißt: Herausforderung geben und Fähigkeiten<br />
entwickeln.“ So sieht es Thilo Schwarz, Werksleiter<br />
bei Festool GmbH. Sehr praxisnah erläuterte er<br />
die Vorgehensweise wie der Coach, meist der nächste<br />
Vorgesetze, seinem Mitarbeiter hilft, eine Lösung<br />
bzw. die Ursache für Probleme zu finden. Mit dem<br />
Bild eines Trichters im Kopf werden Fragestellungen<br />
bearbeitet wie: Wo? Wann passiert es? Warum? Und<br />
es wird ein Zielzustand herausgearbeitet, der auf die<br />
Fähigkeiten des Mentees eingestellt sein sollte.<br />
In einer abschließenden Diskussionsrunde kamen<br />
spezielle Fragestellungen auf den Tisch. „Es muss<br />
möglich sein, dass der Lehrling den Meister überholt“<br />
- damit warnte Gerardo Aulinger vor falschen Eitelkeiten.<br />
Der „Rechthab-Modus“ sei das Unwissenschaftlichste,<br />
was es gibt. Mike Rother betonte<br />
nochmals, dass man mit der Kata nicht zu schnell in<br />
die Breite gehen sollte. „It’s not for everyone“. Zuerst<br />
müsse ein grundlegender Wandel im Führungsstil<br />
erfolgen.<br />
Praxistipps von Kata-Botschafter Gerardo Aulinger<br />
Wie sollte ein Unternehmen strukturiert sein, um<br />
mit der Kata zu arbeiten?<br />
Die Kata einzuführen setzt viel Übung und Geduld<br />
voraus, denn wir wollen Haltungen und Kultur verändern.<br />
Insbesondere wird viel Coaching-Erfahrung<br />
benötigt, die in den meisten Fällen erst gesammelt<br />
werden muss. Nach meiner Beobachtung durchlaufen<br />
Organisationen drei Phasen bei der Einführung<br />
der Kata als Führungssystem:<br />
In der ersten Phase werden Coaching- und Verbesserungskata<br />
unabhängig von der formellen Führungsstruktur<br />
geübt. Irgendwann wird den meisten Kata-<br />
Praktikern bewusst, dass keine parallele Verbesserungsorganisation,<br />
keine „Blase“, entstehen darf. Alle<br />
Führungskräfte sind betroffen, wenn das neue<br />
Managementsystem das alte ersetzen soll. Dieses<br />
Bewusstsein setzt sich meistens erst nach etwas längerer<br />
Zeit und ersten Erfolgen durch.<br />
In einer zweiten Phase steht dann, im Bewusstsein<br />
dass alle Führungskräfte Kata-Coaches werden sollten,<br />
das Üben in der Fläche an. Im „Übungsmodus“<br />
sollten alle Führungskräfte alle Rollen intensiv und<br />
täglich trainieren. Dazu sollten über einige Zeit die<br />
Führungsebenen zu Übungszwecken tagtäglich<br />
durchmischt werden. Manchmal ist es notwendig,<br />
dass der Chef sich im Training vom eigenen Mitarbeiter<br />
coachen lässt, was nicht jedem Chef leicht fällt.<br />
Es ist aber nahezu unmöglich, ein guter Coach zu<br />
werden, ohne intensiv und unter Anleitung eines erfahrenen<br />
Coaches selber die Verbesserungskata geübt<br />
und verinnerlicht zu haben. Es ist genauso unmöglich,<br />
Kata-Coaches trainieren zu können ohne<br />
selber die Coaching-Kata zu beherrschen.<br />
In einer dritten Phase gehen wir dann in den „Echtmodus“<br />
über. Hierfür sollten durchgängige<br />
„Coaching-Kaskaden“ zustande kommen, in denen<br />
die Rollen von Prozessverbesserer, Coach, Coach-<br />
Gerardo Aulinger, Kata-Botschafter (Foto: Stefan Roth)<br />
Coach usw. 100 % deckungsgleich mit der formellen<br />
Führungsstruktur übereinstimmen. Hier könnten<br />
personelle Anpassungen notwendig werden, da<br />
nicht jeder sich mit der Rolle eines Coaches identifizieren<br />
kann oder will. Die nun selbstverständlich<br />
gewordenen Kata können nun unbewusst genutzt<br />
werden. Die bewusste Aufmerksamkeit kann zunehmend<br />
auf herausfordernde prozess- und ergebniswirksame<br />
Ziele gerichtet werden.<br />
Was sind Erfolgsfaktoren für die Arbeit mit der<br />
Kata und wo gibt es Stolpersteine?<br />
Ich glaube, dass wir ein komplett neues Managementsystem<br />
benötigen, um die Herausforderungen<br />
der Zukunft zu meistern. Eines, das nicht auf Erhalt,<br />
Berechenbarkeit und Vorhersehbarkeit sondern auf<br />
Entdeckung, wissenschaftliche Arbeit und wahre Innovation<br />
setzt. Und genau darin sehe ich den größten<br />
Stolperstein. Wir werden das alte Managementsystem,<br />
welches nur dafür geeignet ist aus vorhandenen<br />
Optionen zu wählen, vermutlich komplett<br />
verlassen müssen. Ich bin gespannt, ob wir von alten<br />
Gewohnheiten und liebgewonnenen Strukturen<br />
werden loslassen können. Einige erfolgreiche Unternehmen<br />
haben sich bereits auf den Weg gemacht.<br />
5
Auf dieser Doppelseite berichten Katrin<br />
Franke und Barbara Ölschleger Interessantes,<br />
Wissenswertes und Hilfreiches aus der TPM-<br />
Szene. Beide sind Japan- und TPS (Toyota<br />
Production System)-Expertinnen. Durch ihre<br />
langjährige Praxiserfahrung als Übersetzerinnen<br />
und Beraterinnen rund um die japanische<br />
Managementphilosophie Kaizen haben sie jede<br />
Menge interessanter Geschichten und Informationen<br />
parat.<br />
Sicherheit ist Kaizen -<br />
Kaizen ist Sicherheit<br />
Ein Beitrag von Katrin Franke<br />
Dank einer Japan-Reise mit dem Filmproduzenten und<br />
Buchautor Günter Ederer kam ich Anfang der 90er Jahre<br />
mit dem Kaizen-Gedankengut der japanischen Unternehmen<br />
in Berührung. Seither hat mich das Thema<br />
nicht mehr losgelassen. Und immer wieder seit diesen<br />
Tagen bin ich in Japan fasziniert von der Kontinuität<br />
und der Hartnäckigkeit, mit der Verschwendungen und<br />
Verluste nachhaltig bekämpft werden. Das gilt auch<br />
und gerade für die Sicherheit. Die japanische Zeitschrift<br />
„Plant Engineer“ berichtet monatlich von den besten<br />
TPM-Aktivitäten im Land und veröffentlicht authentische<br />
Projektberichte, die ich sehr spannend finde. Was<br />
mir auffällt ist die Präsenz des Themas Sicherheit in allen<br />
Ausgaben der Zeitschrift, ja nahezu in allen Projektberichten.<br />
Arbeitssicherheit hat viele Facetten. Ein Grundgedanke,<br />
der mir im Artikel des in der Erdöl verarbeitenden<br />
6<br />
TPM hautnah<br />
Industrie tätigen Unternehmens IDEMITSU besonders<br />
auffiel, ist der Gedanke der Visualisierung als aktive<br />
Maßnahme zur Erhöhung des Sicherheitsniveaus (vgl.<br />
Plant Engineer Nr. 2/2<strong>01</strong>1, S. 2-7). In dem Artikel „Schaffung<br />
eines sicheren und angenehmen Produktionsbetriebes<br />
durch Visualisierung“ wird zunächst der<br />
Konzeptansatz so beschrieben: „In unserem Unternehmen<br />
betrachten wir Visualisierung aus zwei Aspekten<br />
heraus … Visualisierung, um Aufmerksamkeit auf etwas<br />
Bestimmtes zu richten und Visualisierung zur Überwachung,<br />
also um Abweichungen vom Soll-Zustand<br />
sofort zu erkennen.“ Wissen ist die Basis sicherer, risikoarmer<br />
Prozesse. Und „sofort erkennen“ bedeutet sofort<br />
handeln zu können. In Fragen der Sicherheit zweifellos<br />
oberste Pflicht.<br />
Professor Mukaidono bringt es in selbiger Zeitschrift in<br />
seinem Artikel „Darum gibt es die Wissenschaft von der<br />
Sicherheit“ auf den Punkt: „Die Grundlage jeglicher Sicherheit<br />
im Herstellprozess beruht darauf, dass Produzenten<br />
sichere Produkte herstellen und die Konsumenten<br />
diese Produkte richtig und sicher anwenden. Aber<br />
man darf nicht vergessen, dass Dinge zwangsläufig<br />
Schwachstellen aufweisen, verschleißen und kaputt<br />
gehen … (Demzufolge) ist die Instandhaltung ein wichtiger<br />
Schlüssel für die Sicherheit…“ Ganz bewusst sind<br />
zwei der wichtigen Basissäulen im TPM-Haus „Instandhaltungssäulen“.<br />
In Zusammenarbeit mit diesen und<br />
anderen Säulen gehen die Sicherheitsverantwortlichen<br />
bei TPM jeder einzelnen Abweichung, jedem „Beinahe-<br />
Vorfall“ durch methodische Analyse auf den Grund. Dies<br />
geht weit über die übliche Auswertung von Unfällen<br />
hinaus. Im Ergebnis arbeiten aktive TPM-Betriebe auch<br />
bei uns in Deutschland über Jahre hinweg ohne Betriebsunfall.<br />
Möglich ist dies nur mit einem konsequenten<br />
NULL-Ziel. Da haben Zielwerte wie 1,3 Unfälle/Jahr<br />
nichts zu suchen.<br />
Betrachtet man einmal die Konsequenzen von TPM-<br />
Aktivitäten, so wird folgendes deutlich: Jede wahre Verbesserung,<br />
ob Eliminierung von Verschwendung, Reduzierung<br />
von Verlusten oder Erhöhung der Qualität<br />
im Prozess, muss zwangsläufig auch zur Erhöhung<br />
der Sicherheit im Unternehmen führen. Was also ist<br />
besser für die Arbeitssicherheit als kontinuierliche und<br />
nachhaltige TPM-Arbeit?<br />
Anekdoten aus dem (TPM-)Leben<br />
Bei einem Audit eines japanischen OEM bei einem deutschen<br />
Zulieferer wurden Fragen der Arbeitssicherheit diskutiert. Ein<br />
Japaner wies darauf hin, dass an den Bearbeitungszentren keiner<br />
der Maschinenbediener einen Helm tragen würde. Er sähe<br />
darin ein großes Sicherheitsrisiko. Der verantwortliche Bereichsleiter<br />
antwortete in bestem Aktendeutsch: „Das Tragen der PSA<br />
wird zwar geschult, es gibt aber nur eine Empfehlung und keine<br />
Helmtragepflicht. Die liegt im Ermessen des einzelnen Mitarbeiters.“<br />
Darauf der Japaner: „Dann brauchen Sie eben einen Standard<br />
für das ERMESSEN.“…
Mit Abstand die wichtigste Kennzahl bei TPM ist<br />
die Sicherheit. Dabei stehen nicht nur die hohen<br />
betrieblichen Kosten, die durch Sicherheitsmängel verursacht<br />
werden, im Vordergrund. Viel gravierender ist<br />
die Tatsache, dass durch Sicherheitslücken am Arbeitsplatz<br />
Mitarbeitern und deren Angehörigen großes Leid<br />
zugefügt wird.<br />
Die Anzahl der Arbeitsunfälle mit tödlichem Ausgang<br />
haben sich in der Bundesrepublik Deutschland zwischen<br />
1999 und 2009 zwar mehr als halbiert - von 450<br />
auf 203 Fälle. Doch das sind immer noch 203 Fälle zu<br />
viel. Eines der wichtigsten Ziele bei TPM ist deshalb die<br />
konsequente Erfüllung der „Null Unfall“ Forderung.<br />
Niemand von uns möchte, dass ein Unfall geschieht –<br />
und dennoch kommen sie immer wieder vor. Warum?<br />
Bei Mängeln im Sicherheitsmanagement lassen sich<br />
grob zwei Richtungen unterscheiden: Unsicherer Zustand<br />
(einer Maschine, Anlage, eines Arbeitsplatzes)<br />
oder unsicheres Verhalten (siehe TPM Age, Ausgabe 6,<br />
2<strong>01</strong>1). Wenn es sich um einen unsicheren Zustand handelt,<br />
lassen sich geeignete Maßnahmen treffen, wie z.B.<br />
Abdeckungen anbringen, stabile Gerüste aufstellen<br />
oder Schutzkleidung zur Verfügung stellen.<br />
Was aber, wenn unsicheres Verhalten der Grund für einen<br />
Unfall oder einen so genannten Beinahe-Unfall<br />
(engl.: near miss) ist? Die Heinrich-Pyramide verdeutlicht,<br />
dass auf ca. 300 Vor- und Unfälle ein Unfall mit<br />
Todesfolge kommt (siehe Graphik). Die Zahlen der<br />
Bundesagentur für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin<br />
sprechen hier eine deutliche Sprache: 1999 waren 75%<br />
der tödlichen Arbeitsunfälle auf das Verhalten des Mitarbeiters<br />
zurückzuführen, 2009 war diese Zahl sogar<br />
auf 79,3 % der Fälle angestiegen (http://www.baua.de/<br />
de/Informationen-fuer-die-Praxis/Statistiken/Unfaelle/<br />
toedliche-Arbeitsunfaelle/toedliche-Arbeitsunfaelle-<br />
08.html ). Angesichts dieser Zahlen stellt sich die Frage,<br />
welche Firmenkultur zu einem solch schwerwiegenden<br />
Verhalten geführt hat. Wer ist verantwortlich, wenn<br />
Schutzfunktionen wie Sicherheitsverriegelungen überbrückt<br />
werden, um Inspektionen auch bei laufender<br />
Anlage durchführen zu können? Warum werden bei<br />
einem drohenden Anlagenstillstand alle Sicherheitsvorkehrungen<br />
verworfen und äußerst unsicher gearbeitet?<br />
Die Werkzeuge, mit denen TPM hier ansetzt, sind Schulungen<br />
und Standards. Ein geschulter Mitarbeiter weiß,<br />
wie er sich zu verhalten hat und Standardisierung eliminiert<br />
unsichere Arbeitsabläufe. Aber die Mitarbeiter<br />
können noch so gut geschult sein, wenn nicht auf jedes<br />
unsichere Verhalten sofort aufmerksam gemacht<br />
und umgehend korrigiert wird. Und aufmerksam machen<br />
muss die Führungskraft – also muss sie oft und<br />
regelmäßig vor Ort sein.<br />
Sicherheit ist Chefsache!<br />
Das Management spielt ebenfalls eine<br />
wichtige Rolle für die Sicherheit. Erst wenn<br />
auch der Werksleiter die geforderten Sicherheitsmaßnahmen<br />
ohne Wenn und Aber<br />
einhält (wie z.B. Sicherheitsschuhe in der<br />
Produktion), wenn allen deutlich gemacht<br />
wird, dass Sicherheit oberste Priorität hat,<br />
dann wird sich auch die Firmenkultur in eine<br />
„Null Unfall“ Kultur entwickeln. Daher die<br />
Aufforderung: Machen Sie Sicherheit auch<br />
in Ihrem Unternehmen zur Chefsache!<br />
Barbara Ölschleger<br />
Heinrich-Pyramide: Aus Branchen, wie Luft- und Raumfahrt<br />
und Kernenergie weiß man, dass einem Unfall viele Vor- und<br />
Zwischenfälle (ca. 300) vorausgehen. Werden diese penibel<br />
erfasst und ausgewertet, dann kann es gelingen, schwere<br />
Unfälle zu verhüten.<br />
Wußten Sie schon…<br />
…dass das JIPM (Japanese Institute for Plant<br />
Maintenance), in diesem Jahr 40 Jahre alt wird?<br />
Diese japanische Organisation hat erstmals weltweit<br />
TPM-Audits eingeführt und vergibt die<br />
bekannten JIPM-Awards.<br />
Erster Preisträger war das Unternehmen Denso<br />
(damals Nippondenso). Mit Toyotas Forderung<br />
nach Just-In-Time-Lieferungen war Denso<br />
damals gezwungen, eine hohe Anlagenverfügbarkeit<br />
zu erreichen.<br />
7
8<br />
Menschen, Märkte, Möglichkeiten<br />
Wir stellen vor: Führende Köpfe aus der Lean-/TPM-Szene<br />
Praktiker und Stratege - Peter Schimek vereint beides<br />
in seiner Person. Er ist ein TPM-Mann der ersten Stunde<br />
hier in Deutschland. So wundert es wohl niemand, dass<br />
die Gründung des <strong>CETPM</strong> auf seine Idee zurück geht.<br />
Kaum jemand anderes käme besser in Frage für unseren<br />
ersten Beitrag in dieser Rubrik.<br />
Im Jahr 1995 formierten und trafen sich erstmals Unternehmen<br />
in Deutschland, um sich über TPM auszutauschen.<br />
Aus diesen Anfängen ging die Jahreskonferenz<br />
TPM-Forum hervor, die auch heute noch die<br />
TPM-Szene vereint. Peter Schimek beschäftigte sich<br />
bereits in den 70er und 80er Jahren mit Veränderungsprozessen.<br />
Für ihn war sofort klar, dass mit dem Erscheinen<br />
von TPM in Deutschland eine große Tür aufgestoßen<br />
wurde. Durch Führungsaufgaben in internationalen<br />
Unternehmen lernte Peter Schimek schon sehr früh,<br />
dass es die Menschen sind, die den Unterschied ausmachen,<br />
wenn es um Effizienz und Effektivität geht, also<br />
um die Steigerung der Wertschöpfung in Unternehmen<br />
und Organisationen. Als Diplom-Ingenieur hat er<br />
Maschinenbau, Betriebstechnik und Arbeitswissenschaften<br />
studiert. Doch sein Herz gehörte immer den<br />
Menschen mit ihren unerschöpflichen Schätzen an Kreativität<br />
und Einfallsreichtum. Deswegen liebt er es heute<br />
noch, die Ärmel hochzukrempeln und seinen Platz<br />
am „Gemba“ zu suchen - dort wo die wirklichen Dinge<br />
geschehen.<br />
Peter Schimek startete seine Karriere als Industrial<br />
Engineer und er hatte Gelegenheit, in fast allen Unternehmensbereichen<br />
Erfahrungen zu sammeln - sei es<br />
in der Produktion, der Entwicklung, im technischen<br />
Bereich oder auch in kaufmännischen Bereichen. Als<br />
Chief Project Engineer baute er einige Fabriken, als Entwickler<br />
war er an vielen neuen Dingen beteiligt, und<br />
Aus der Lean-/TPM-Welt ins wirkliche Leben<br />
Informationen werden leicht zugänglich mit QR-Code<br />
Peter Schimek<br />
als Plant Manager und General Manager war es stets<br />
seine Aufgabe, Veränderungsprozesse zu veranlassen<br />
und voran zu treiben. Und das nicht nur in Deutschland,<br />
sondern auch in England, Belgien, Holland und<br />
Brasilien. Dass TPM sein Metier war und ist, bewies Peter<br />
Schimek im Ansbacher Unilever-Werk. Die „Bifi-Fabrik“<br />
schaffte es unter seiner Leitung bis zum TPM Spezial<br />
Award und zählt damit zu den weltweit herausragenden<br />
Werken, die durch JIPM ausgezeichnet wurden.<br />
Als Leiter des Geschäftsbereiches Awarding beim<br />
<strong>CETPM</strong> ist Peter Schimek heute immer noch an seinem<br />
liebsten Platz, dem „Gemba“, unterwegs. Sein strategischer<br />
Ansatz für Veränderungsprozesse spiegelt sich in<br />
den drei Worten Wertschätzung, Wandlungsfähigkeit<br />
und Wertschöpfung wieder. Seine feste Überzeugung<br />
ist, dass gegenseitige Wertschätzung im Unternehmen<br />
die Wandlungsfähigkeit der Mitarbeiter fördert und<br />
damit zu Wertschöpfung führt. Einer seiner beliebten<br />
Sprüche ist: „Vinceremos! Wir werden siegen!“<br />
Der QR-Code wurde von der Firma Denso Wave entwickelt. Der Auftrag dazu<br />
kam von dem Unternehmen Denso, das als Zulieferer von Toyota beauftragt<br />
worden war, die sichere Identifikation von Bauteilen zu ermöglichen. Es entstand<br />
ein QR-Generator, der zunächst nur industriell eingesetzt wurde. Heute ist<br />
der Code international standardisiert und gilt als sehr sicher. Selbst wenn bis zu<br />
30 Prozent zerstört sind kann der Code rekonstruiert werden.<br />
Mittels QR-Generator lassen sich Texte verschlüsseln und senden, zum Beispiel<br />
Texte im Format einer halben Seite, URLs, RSS-Feeds oder Telefonnummern.<br />
Heute findet man den QR-Code häufig auf auf Webseiten, Druckerzeugnissen<br />
oder Produkten. So können Anwender durch das mobile Internet sehr leicht<br />
Informationen speichern und bei Bedarf identifizieren.<br />
Wir werden hin und wieder auch hier im <strong>Yokoten</strong>-<strong>Magazin</strong> QR-Codes einsetzen,<br />
damit Sie bequem auf hinterlegte Informationen zugreifen können.
TPM- und Lean-News<br />
TPM-Excellence-Award rückt näher<br />
JIPM zertifiziert <strong>CETPM</strong> zur Assessment Agency<br />
Erstmals haben deutschsprachige Unternehmen<br />
einen Ansprechpartner vor<br />
Ort, um ihr Verbesserungssystem von<br />
externen Spezialisten bewerten zu lassen.<br />
Das <strong>CETPM</strong> der Hochschule Ansbach<br />
wurde vom JIPM (s. auch S. 7 unten)<br />
als Assessment Agency für den TPM-<br />
Excellence-Award zertifiziert. Dieser<br />
Award hat international einen hohen<br />
Stellenwert, um Erfolge zu dokumentieren.<br />
Weltweit gibt es mit dem <strong>CETPM</strong> derzeit sechs Assessment-Agenturen<br />
des JIPM, die strenge Kriterien erfüllen müssen. Unternehmen ist es<br />
frei gestellt, bei welcher Agentur sie sich bewerben. Zur Zertifizierung<br />
wird ein Prozess durchlaufen, der von den Assessoren des JIPM und der<br />
jeweiligen internationalen Agentur begleitet wird. Das letzte Wort bei<br />
der Zertifizierung haben Experten von der JIPM-Zentrale in Tokio.<br />
Auf der 11. indischen TPM-Konferenz in Chennai überreichte Tsutomu<br />
Nakamura vom JIPM das Zertifikat an Prof. Dr. Constantin May, Leiter des<br />
<strong>CETPM</strong> (s. Foto oben). „Mit diesem Zertifikat wird die jahrelange Arbeit<br />
unseres Teams zur Verbreitung und Weiterentwicklung von TPM gewürdigt“<br />
betont Prof. May. „Ich bin sehr stolz darauf, dass das <strong>CETPM</strong> nun<br />
vom JIPM als eine der weltweit führenden Einrichtungen für TPM anerkannt<br />
wurde. Damit haben wir die beste Grundlage, um TPM als umfassendes<br />
Verbesserungssystem im deutschsprachigen Raum noch besser<br />
zu etablieren.<br />
<strong>CETPM</strong> auf TPM-Konferenz in Chennai<br />
Indische Unternehmen setzen auf Qualität<br />
Nachdenklich kehrte Prof. Dr. Constantin May, Leiter des Centre of<br />
Excellence for TPM (<strong>CETPM</strong>) der Hochschule Ansbach, aus Indien zurück.<br />
Er hat mit eigenen Augen gesehen, wie weit indische Unternehmen bei<br />
der Umsetzung von TPM fortgeschritten sind. „Bisher hatte ich immer<br />
geglaubt, wir Europäer könnten durch Effizienz und Qualität trotz hoher<br />
Lohnkosten im globalen Wettbewerb mithalten“ berichtet Prof. May. Nun<br />
sei er zu dem Schluss gekommen, dass es bald nur noch darum gehe, mit<br />
der rasanten Entwicklung in den so genannten Schwellenländern Schritt<br />
zu halten. Bei Firmenbesichtigungen konnte er hautnah die vorbildliche<br />
Implementierung von TPM und das hohe Niveau der indischen Fabriken<br />
erleben.<br />
Office Excellence<br />
Award 2<strong>01</strong>1 verliehen<br />
Das Lehrbüro des <strong>CETPM</strong>, die Benchmark-<br />
Gruppe der macils.management gmbh<br />
und der visionäre Büromöbelhersteller<br />
Steelcase Werndl AG haben ein gemeinsames<br />
Ziel: Office Excellence. Um Synergien<br />
zu nutzen trafen sie sich auf dem<br />
8. Office Excellence Kongress bei der<br />
Steelcase Werndl AG in Rosenheim. Im<br />
ansprechend gestalteten Worklab des<br />
Unternehmens wird Office Excellence im<br />
kreativen Umfeld Tag für Tag gelebt.<br />
Im Rahmen einer Abendveranstaltung<br />
wurde der Office Excellence Award 2<strong>01</strong>1<br />
verliehen.<br />
Der Preis würdigt Unternehmen, die Maßnahmen<br />
zur Steigerung der Büroeffizienz<br />
erfolgreich umsetzen. Prof. Dr. Constantin<br />
May vom <strong>CETPM</strong> war Mitglied der Jury.<br />
Die Auszeichnung in der Kategorie „Beste<br />
Büroorganisation“ ging an die Steelcase<br />
AG, Rosenheim. Auf Platz zwei folgte<br />
der Bereich HR im Werk Mannheim der<br />
Daimler AG und den dritten Platz belegte<br />
der Bereich Customer Service der Brady<br />
Offer AG, Egelsbach. Sieger in der Kategorie<br />
„Bestes Verbesserungsprogramm“<br />
ist die Daimler AG, Werk Mannheim, gefolgt<br />
von der Brady Offer AG, Egelsbach<br />
auf Platz zwei und der CeramTech AG aus<br />
Plochingen auf Platz drei.<br />
9
Vom Kopf ins Herz<br />
Deutsche Solar GmbH: Mit TPM zu Spitzenleistungen<br />
Die Deutsche Solar GmbH im sächsischen Freiberg ist eine Tochter der SolarWorld AG. Sie gehört zu den größten<br />
Produzenten von multikristallinen Silizium-Wafern, die als Rohlinge zur Herstellung von Solarzellen dienen. Das<br />
Werk Freiberg zählt in diesem Bereich zu den modernsten und effizientesten Fertigungsstätten weltweit. Dieser<br />
Erfolg ist einerseits den modernen Produktionsanlagen und andererseits dem in allen Bereichen gelebten Verbesserungs-Programm<br />
TPM zu verdanken.<br />
TPM, normalerweise die Bezeichnung für Total<br />
Productive Management, steht bei Deutsche Solar<br />
GmbH für Teamwork Production Management. Die<br />
Anregung zur Einführung von TPM kam 2007 durch<br />
den neuen Geschäftsführer Dipl.-Ing. Mario Berendt.<br />
Von Anfang an signalisierte er klar, dass alle mit im<br />
Boot sind und ihre Ideen einbringen dürfen und sollen.<br />
Anfangs gab es Skepsis und es war vor allem bei<br />
den Führungskräften Überzeugungsarbeit notwendig,<br />
um eingefahrene Pfade zu verlassen und neue<br />
Wege zu gehen.<br />
Einstieg durch Workshops<br />
Eine TPM-Beauftragte kümmerte sich in Vollzeit um<br />
die Koordination der Verbesserungsaktivitäten. Ein<br />
externer Berater unterstützte die Einführung und leitete<br />
in Workshops Verbesserungsprojekte an. Tobias<br />
Krischke war der erste Prozessbegleiter und steuert<br />
heute als TPM-Manager die Maßnahmen in Produktion<br />
und Service. „Alleine durch Rüstzeitreduzierung<br />
erzielten wir im Jahr 2009 einen Mehrumsatz von 41<br />
Millionen €. Und das ohne Anschaffung neuer Maschinen<br />
oder Einstellung neuer Mitarbeiter“ erzählt<br />
er stolz. Weiter erinnert er sich: „Zu Beginn des Projekts<br />
hatten wir an den Reinigungslinien hohe Verluste.<br />
Es war vom Ergebnis her so, als ob eine der vier<br />
Linien ein ganzes Jahr stillgestanden hätte.“<br />
10<br />
Praxisnahe Ausbildung<br />
Tobias Krischke hatte sich durch „Learning by Doing“<br />
mit den Methoden vertraut gemacht. Später belegte<br />
er den TPM-Instruktor-Kurs des <strong>CETPM</strong>. Im Rahmen<br />
dieser Ausbildung lernte er im praktischen Teil<br />
beim Hilcona-Werk in Liechtenstein die TPM-Werkzeuge<br />
nochmals aus einer anderen Perspektive kennen.<br />
„Es hat mich fasziniert, wie wir dort die selben<br />
Methoden in einer ganz anderen Branche mit den<br />
gleichen Erfolgen anwendeten“ erinnert er sich an<br />
die Weiterbildung. „Das gab mir die Gewissheit, dass<br />
es funktioniert.“ Inzwischen betreiben er und seine<br />
Kollegen TPM mit Hingabe und betrachten es als<br />
Selbstverständlichkeit. „Vom Kopf ins Herz“ so beschreibt<br />
er die Begeisterung, mit der heute TPM in<br />
seinem Unternehmen gelebt wird. Ein interner TPM-<br />
Wettbewerb schafft Erfolgserlebnisse und Begeisterung<br />
bei engagierten Teams (Foto oben links). Inzwischen<br />
ist allen klar, dass, in Anbetracht der Mitbewerber<br />
aus China, eine hohe Produktivität dazu beiträgt,<br />
Arbeitsplätze am Standort zu sichern.
Kontinuierliche Berichte über TPM-Erfolge in der<br />
Hauszeitschrift „Sunday“ dokumentieren Aktivitäten<br />
und motivieren die Teams. Headlines wie „5S = Erfolg“,<br />
„Reparaturen vereinfacht“ oder „Mehr als Sauberkeit<br />
und Ordnung – Kapazitäten gesteigert und<br />
Geld gespart“ sprechen Bände. Nach dem Start mit<br />
TPM in der Freiberger Produktion wurden die Aktivitäten<br />
2<strong>01</strong>0 auf Service und Administration ausgeweitet.<br />
Aktuell findet der flächendeckende Rollout zur<br />
Effizienzsteigerung in den indirekten Bereichen statt.<br />
TPM praktizieren inzwischen weltweit alle Unternehmen<br />
der SolarWorld AG.<br />
Erfolgsfaktor Kaizen<br />
„Entscheidend war die Kaizen-Arbeit in den Rüstworkshops“,<br />
darin sieht Tobias Krischke die wesentlichen<br />
Faktoren für den Erfolg. „Rambo-Kaizen“ nennt<br />
er das in vier Schritten angewandte Kaizen. „Mit einfachen<br />
Werkzeugen haben wir viel erreicht“ betont<br />
er. So seien Methoden wie Ishikawa-Diagramm oder<br />
Problemlösungs-Story konsequent genutzt worden.<br />
Seither habe sich die Qualität der Besprechungen<br />
enorm verbessert. Ergebnis einer Sitzung seien nun<br />
immer konkrete Aufgaben, deren Ausführung auch<br />
gezielt kontrolliert werde.<br />
TPM hat heute im Werk eine 100%ige Akzeptanz.<br />
Bedenken, wie die Gefahr der Wegrationalisierung<br />
von Arbeitsplätzen, konnten vollständig ausgeräumt<br />
werden. Laut Krischke fühlen sich die Mitarbeiter nun<br />
Best Practice<br />
ernst genommen und finden mehr Befriedigung in<br />
ihrer Arbeit: „Technischer Service, Führungskräfte und<br />
Werker sprechen über dieselben Probleme und finden<br />
gemeinsam Lösungen“. Der Schalter in den Köpfen<br />
der Menschen sei umgelegt worden durch Beharrlichkeit<br />
und die Möglichkeit, Beispiele aus anderen<br />
Unternehmen kennen zu lernen. Letztendlich<br />
war es ein Prozess, der an manchen Stellen schnell in<br />
Gang kam und woanders etwas länger dauerte. Die<br />
Führungskräfte waren laut Tobias Krischke immer mit<br />
im Boot, auch bei Workshops und beim Reinigen der<br />
Maschinen. Sie haben auf Augenhöhe mit allen Mit-<br />
arbeitern geredet. Anfangs haben sich Einige schwer<br />
getan, sachliche Kritik zu üben, wenn ein Vorgesetzter<br />
dabei war. Nun sei eine neue Argumentationskultur<br />
entstanden, die es allen ermöglicht, authentisch<br />
zu sein und ihre Meinung zu äußern.<br />
Award als Meilenstein<br />
Alleine mit der Vorreiterrolle innerhalb des Konzerns<br />
gab sich das Werk Freiberg nicht zufrieden. Um zu<br />
wissen, wo man steht, und zur besseren Selbsteinschätzung<br />
entschied sich die Deutsche Solar GmbH<br />
zu einer Zertifizierung durch den <strong>CETPM</strong>-Award. Die<br />
strengen Anforderungen der externen Auditoren an<br />
die angestrebte Auszeichnung in Bronze wurden erfüllt<br />
und das Team konnte den Award im Jahr 2<strong>01</strong>0<br />
entgegen nehmen (Foto oben).<br />
11
12<br />
Visuelles Management steuert Abläufe<br />
Es muss einfach einfach sein<br />
Rot - gelb - grün ... die Verkehrsampel ist ein<br />
Beispiel dafür, wie Dinge wirksam und einfach<br />
geregelt werden können. Eine Sprachbarrierre<br />
gibt es beim visuellen Management nicht. Einfache<br />
Symbole signalisieren „Stop oder Go“.<br />
Visuelles Management ist ein zentrales Thema,<br />
wenn in der Lehrfabrik und im Lehrbüro im Rahmen<br />
eines Trainings der gesamte Prozess transformiert<br />
wird (s. Foto oben). Die Schulungsteilnehmer<br />
erleben hautnah, wie wirksam es ist,<br />
wenn Abläufe in geordnete Bahnen gelenkt und<br />
Informationen transparent gemacht werden.<br />
Bodenmarkierungen, Kennzeichnung mit Farben<br />
oder einfach die Anordnung von Behältern,<br />
Anlagen etc. sind Elemente der Visualisierung.<br />
Markierungen zeigen, wo es lang geht. Shadowboards<br />
und Stellplatzmarkierungen sorgen für<br />
Ordnung. Abweichungen sind durch visuelles<br />
Management sofort erkennbar - Verschwendung<br />
wird vermieden. So lässt sich mit geringer<br />
Investition eine große Wirkung erzielen.<br />
In der Produktion findet<br />
man häufig Andon-Lichter,<br />
die Maschinenzustände<br />
signalisieren (Foto links).<br />
Impressum:<br />
Hochschule Ansbach<br />
<strong>CETPM</strong> - Redaktion <strong>Yokoten</strong><br />
Residenzstraße 8<br />
D-91522 Ansbach<br />
Tel. +49 (0) 981 48 77-229<br />
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Redaktion: Sabine Leikep Schutzgebühr 5,00 €