DAS WAR DER SOMMER! - Olympiastützpunkt Bayern
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10<br />
Sie sind jetzt im zweiten Jahr Cheftrainer der deutschen Rodler. Wie<br />
fällt bisher das Fazit Ihrer Arbeit aus?<br />
Ein echtes Fazit würde zu lange dauern, auch wenn ich erst 1 ½ Jahre<br />
Cheftrainer bin. In Kurzform: Ich konnte eine sehr erfolgreiche und gut<br />
funktionierende Mannschaft übernehmen und habe die Strukturen im<br />
Wesentlichen auch so beibehalten, wie sie mein Vorgänger, Thomas<br />
Schwab schon hatte. Sicherlich habe ich individuell das eine oder andere<br />
verändert. Ich habe auch das Trainerteam so wie es war übernommen<br />
und nur den Schorsch Hackl dazu geholt. Insgesamt hat mir die Arbeit<br />
bisher sehr viel Spaß gemacht.<br />
Das Aufgebot für Vancouver 2010 soll nach Ihrer Aussage bis Weihnachten<br />
2009 stehen? Ist das realistisch und warum wünschen Sie sich das?<br />
Wir haben das bewusst im Frühjahr auf unserer Trainerratssitzung so beschlossen.<br />
Wir wollen sehr früh klare Fronten schaffen, damit wir Ruhe in<br />
der Mannschaft haben und über Weihnachten und Neujahr intensiv in die<br />
Olympiavorbereitung gehen zu können. Die Nominierungsunsicherheit<br />
sollte einfach bis Weihnachten vom Tisch sein.<br />
Glauben Sie, dass sich das bis Weihnachten realisieren lässt?<br />
Die Tendenz ist ja jetzt schon erkennbar. Die Mannschaft für die Weltcups<br />
steht und wird nur noch um einen kleinen Teil reduziert.<br />
Die Konkurrenz im deutschen Lager ist in allen Bereichen (vor allem im<br />
Doppelsitzer) sehr groß. Wie moderieren Sie diesen Konkurrenzkampf?<br />
Ich habe mir schon zu Beginn meiner Bundestrainertätigkeit vorgenommen,<br />
die einzelnen Mannschaftsteile getrennt zu behandeln. Man muss<br />
einfach Prioritäten setzen und kann nicht immer die gesamte Mannschaft<br />
führen. Anfangs habe ich mich also sehr intensiv mit den Herren<br />
befasst, danach mit den Damen. Die Doppelsitzer habe ich da fast ein<br />
wenig vernachlässigt, weil die Erfolge ja da waren. In dieser Saison habe<br />
ich mich allerdings vorwiegend um die Doppelsitzer gekümmert.<br />
Was trauen Sie Patric Leitner/Alexander Resch in dieser Saison zu?<br />
Wir wissen, was die beiden können, sie sind nach wie vor Weltklasse. Nach<br />
der Operation von Patric Leitner konnten sich die beiden hervorragend<br />
vorbereiten und sind gerade am Start auf einem Top-Niveau. Ihr Schlitten<br />
ist auch leicht modifi ziert. Die beiden sind insgesamt sehr gut drauf.<br />
Die Siegesserie der deutschen Damen fand bei der letzten WM ein vor-<br />
INTERVIEW: NORBERT LOCH<br />
MAN MUss EiNfACH<br />
PRiORiTÄTEN<br />
sETZEN!<br />
Gespräch mit dem Cheftrainer der deutschen Rodler<br />
Norbert Loch<br />
Olympiaqualifi kation:<br />
„Wir wollen sehr<br />
früh klare Fronten<br />
schaffen.“<br />
Leitner / Resch:<br />
„Wir wissen, was<br />
die beiden können,<br />
sie sind nach wie<br />
vor Weltklasse.“<br />
Vancouver 2010:<br />
„Wir setzen uns<br />
bewusst hohe<br />
Ziele.“<br />
OSP 04/09<br />
Fotorechte alle Bilder: BSD<br />
OSP 04/09<br />
läufi ges Ende. Zufall oder ist die Dominanz endgültig<br />
gebrochen?<br />
Also da muss man sich nur die Weltcupendabrechnung<br />
des letzten Jahres ansehen. Deutschland war<br />
wieder auf den Plätzen eins bis drei. Bei der WM auf<br />
der schwer zu fahrenden Bahn von Lake Placid hat<br />
eben die Amerikanerin Erin Hamlin einfach die Gunst<br />
der Stunde genutzt und ihren „Heimvorteil“ genutzt.<br />
Außerdem gab es so eine sensationelle Serie wie die<br />
der Damen ja noch nie. Aber jede Serie geht einmal<br />
zu Ende.<br />
Wie laufen trainingsmäßig die Monate bis Vancouver ab?<br />
Nach den Weltcups vor Weihnachten in der rennfreien<br />
Zeit machen wir vor allem spezielles Konditionstraining.<br />
Nur wer athletisch hundertprozentig fi t ist, kann auf der<br />
Bahn in Whistler bestehen. Im Januar werden wir uns<br />
dann materialtechnisch auf Olympia vorbereiten.<br />
Wie liegt die Bahn von Vancouver den deutschen Rodlern?<br />
Eigentlich gut. Ende Februar beim letzten Weltcup<br />
auf dieser Hochgeschwindigkeitsbahn haben wir alle<br />
drei Disziplinen gewonnen, dazu zweite und dritte<br />
Plätze belegt. Die Bahn liegt uns vor allem deshalb<br />
gut, weil die Deutschen einfach athletisch Top sind.<br />
Die Athletik ist die wichtigste Voraussetzung, um auf<br />
dieser Bahn bestehen zu können und die Sportler<br />
sind auch schon ganz heiß auf diese Bahn.<br />
Wird das Material stimmen? Gerade auf der Bahn von<br />
Vancouver?<br />
Das mit Sicherheit. Wenn irgendwelche Probleme auftauchen,<br />
sind das bahntechnische Probleme, aber keinesfalls<br />
Fehler in der Vorbereitung oder Materialfehler.<br />
Was sind die realistischen Ziele für die Olympischen<br />
Spiele?<br />
Wir setzen uns bewusst hohe Ziele. Sonst bräuchten<br />
wir gar nicht hinfahren. Wir wollen in jeder Disziplin<br />
eine Medaille. Das ist ein absolutes Muss. Alles was<br />
darüber hinausgeht ist Zugabe.<br />
Wer werden die jeweils größten Konkurrenten der Deutschen<br />
sein?<br />
Die Kanadier natürlich mit ihrem Heimvorteil, vor<br />
allem im Damenbereich. Ansonsten natürlich die Nationen,<br />
die auch letztes Jahr in Whistler schon vorne<br />
dabei waren, z.B. Italien und Österreich. Zwei starke<br />
Herren aus Russland mit Albert Demchenko und Lettland<br />
mit Inars Kievleniks darf man sicher auch nicht<br />
vergessen.<br />
Einige ältere Athleten werden nach Vancouver aufhören.<br />
Wie gehen Sie persönlich damit um?<br />
Leitner/Resch hören sicher auf, eventuell auch Florschütz<br />
Wustlich. Gerade mit Patric Leitner und Alexander<br />
Resch verbindet mich sehr viel. Die beiden<br />
habe ich schon als Stützpunktrainer in Berchtesgaden<br />
betreut, als sie noch Kinder waren. Ich habe mit den<br />
beiden sehr viel erlebt und jetzt, zu ihrem Karriereende<br />
kreuzen sich unsere Wege wieder. Das ist für mich<br />
emotional ein kleiner Höhepunkt. Wir sind seit Jahren<br />
befreundet und kennen die Stärken und Schwächen<br />
des anderen.<br />
Was kommt denn im Blick auf Olympia 2014 von unten<br />
nach?<br />
Ich war ja jahrelang im Nachwuchsbereich tätig, da<br />
kenne ich mich ganz gut aus. Ich rechne vor allem mit<br />
den zwei jungen Doppeln Eggert/Oster und Pietrasik/<br />
Weise oder mit Julian von Schleinitz bei den Männern.<br />
Bei den Damen z.B. Carina Schwab. Aber im Herrenbereich<br />
wird es angesichts der Konkurrenz sehr schwer.<br />
Diese Frage haben wir Ihrem Sohn Felix auch schon<br />
gestellt. Wie ist es so, wenn der Vater der Trainer und<br />
der Sohn der Athlet ist?<br />
Ich habe damit überhaupt kein Problem. Wir trennen<br />
Sportliches und Privates strikt. Zu Hause wird eben<br />
Fußball angesehen, im Training wird trainiert. Dieses<br />
Zusammenspiel klappt hervorragend.<br />
Welche Rolle spielt der OSP (also die Außenstelle in<br />
Berchtesgaden) für/bei euch?<br />
NORBERT LOCH<br />
Geboren am: 11. März 1962<br />
Früher aktiver Rodler für die DDR (u.a. Teilnahme<br />
an den Olympischen Winterspielen<br />
1984 in Sarajevo) Nach den Spielen beendete<br />
er seine Karriere als 21jähriger und begann<br />
ein Trainerstudium.<br />
Nach der Wiedervereinigung 17 Jahre lang<br />
Landestrainer in <strong>Bayern</strong>. 2008 Berufung zum<br />
neuen Cheftrainer Rennrodeln.<br />
Hobbies: Ski-Bergsteigen, Radfahren<br />
INTERVIEW: NORBERT LOCH