Böse Hexen gibt es nicht - Versuch einer interdisziplinären - Heim

meist aus feindlichen Stämmen), um die Götter sanftmütig
zu stimmen, um sie zu „überreden“. Nachdem dies
geschehen ist, wird den höheren Mächten für ihre
Aufmerksamkeit gedankt und sie werden „entlassen“.
Danach klingt das Ritual langsam aus („Come-Down“-
Effekt), wobei u. U. noch überschüssige „Energien“ im
Rahmen einer Ritualhandlung abgeleitet werden (rituelle
Beruhigungszeremonie). Ein Brechen des anfangs
gezeichneten magischen Symbols kennzeichnet formell das
Ende des Rituals. I. d. R. schliesst sich eine Phase der
Entspannung - auch als „Schlussreinigung“ bezeichnet - für
die Teilnehmer an. Dieses Muster läuft und lief weltweit und
in allen Zeiten in etwa gleich ab – warum?
Das Ritual einer Hagia wird sehr wahrscheinlich im Großen
und Ganzen ebenfalls diesem von den Naturvölkern her
bekannten Muster gefolgt sein. Ein Ritual wirkt auf die
Teilnehmer umso anziehender, je persönlicher und d. h. je
kleiner es ist. Für die vergleichsweise kleinen
Glaubensgemeinschaften der Hagazussa war es also genau
richtig. Hierin unterscheidet sich dieses Ritual bspw. vom
Ritual eines christlichen Gottesdienstes, welcher - allein
schon aufgrund der Raumgröße - wesentlich unpersönlicher
ablaufen muss. Auch verwendet ein christlicher Gottesdienst
viele der Symboliken nur in stilisierter Form. So nimmt
bspw. der Wein die Rolle von ursprünglich wahrscheinlich
stark berauschenden Mitteln ein. Rätsch schreibt, dass das
Fleisch Christi beim heiligen Abendmahl ursprünglich
wahrscheinlich der psychoaktive Fliegenpilz gewesen sein
wird. Die Orgel als standardisiertes musikalisches Instrument
verhindert das Eingehen auf den Einzelnen usw.