Böse Hexen gibt es nicht - Versuch einer interdisziplinären - Heim

angesichts ihrer Fett- bzw. Ölgrundlage überhaupt möglich
war!). Dies betraf normalerweise alle Frauen eines Stammes
und die Hagia stellte die betreffenden „Flugsalben“ oder
„Hexensalben“ her - in der benötigten Menge für alle. Die
Substanzen wirkten hierbei auf dem Wege der Diffusion
durch die Haut hindurch, wodurch sich die Teilnehmer des
Festes in einen Rausch versetzten. Im Verlauf der Festivität
sollen die berauschten Frauen dann rituell mit Besen um die
Felder herumgetanzt sein (der heuige Brauch des „Tanz in
den Mai“ leitet sich davon ab). In den halluzinogenen
Träumen kam es - typisch für die psychoaktive Wirkung des
Scopolamins - immer wieder zu imaginären Flugerfahrungen
(„die Hexen fliegen auf den Besen“). Ferner wird berichtet,
dass die berauschten Frauen im fortgeschrittenen Zustand
den Besenstiel verwendet haben sollen, um die Vagina mit
Spuren der Salbe einzustreichen. Da Scopolamin die
weibliche Libido bis hin zur Nymphomanie zu verstärken
vermag, waren derartige (später in den Augen der Kirche
illegale, weil heidnische und gegen das Triebverzichtsgebot
verstossende) Feste auch entsprechend ausschweifend.
Insbesondere in Kombination mit Atropin (dem Wirkstoff
der Tollkirsche) treten im Rausch Hautparästhesien auf,
welche das Gefühl des Wachsens von Federn oder von Fell
vermitteln können („die Hexen verwandeln sich in Tiere“).
Es kann nur Sache der Hagia gewesen sein, die betreffenden
Zubereitungen in der benötigten Menge zur Verfügung zu
stellen und ihre Anwendung bzw. Dosierung zu überwachen
- denn Überdosierung führt(e) unweigerlich zum Tod. Als
Nebeneffekt dürfte es ihr mit derartigen Festivitäten auch
nicht besonders schwer gefallen sein, die
Glaubensgemeinschaft beisammen zu halten. An dieser
Stelle sei allerdings nochmals eine ausdrückliche Warnung