Oldenburger Jahrbuch
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<strong>Oldenburger</strong> <strong>Jahrbuch</strong> 1937<br />
kennung des Jadegebietes nicht auf Sand gebaut, sondern militärisch<br />
und technisch mit einwandfreier Sorgfalt betrieben. Daß der Regierungsrat<br />
Erdmann als Facharbeiter der richtige Mann auf dem<br />
richtigen Posten war, muß vorbehaltlos anerkannt werden. W ie stark<br />
aber auch der Großherzog beteiligt war und wie klar er erkannte,<br />
daß auf seiten Preußens hochgestellte Persönlichkeiten gewonnen<br />
werden müßten, geht aus dem Umstande hervor, daß Nicolaus Peter<br />
bereits am 10. November 1848 den Regierungsassessor von Berg damit<br />
beauftragte, dem Prinzen Adalbert, dessen Auskunft man in Bremen<br />
erwartete, über das Jadeproblem einen Vortrag zu halten. Da der<br />
Prinz auf seiner Reise Bremen wider Erwarten nicht berührte, ist es<br />
zu diesem Vortrage letzthin nicht gekommen1).<br />
W ir kehren nunmehr zum Fortgang der Verhandlungen zurück,<br />
die sich zwischen Erdmann und Gaebler abspielten. Beide scheinen<br />
sich rasch und gut verstanden zu haben, denn ihr Schriftverkehr segelt<br />
unter der Flagge „Liebster Freund" oder auch gar „Mein theurer<br />
Freund"; Anredeformen, die auch zwischen Kerst und Erdmann üblich<br />
gewesen waren und sich zum Teil aus dem Zeitgeist erklären mögen.<br />
Anzuerkennen ist, daß sich die Unterhändler die größte Mühe gaben,<br />
den Geist der Geheimhaltung an ihre Seite zu bannen. Auch hier half<br />
die preußische Regierung in recht geschickter W eise mit, indem sie<br />
durch die Presse Gerüchte ausstreute, man plane, bei Cuxhaven im<br />
Amt Ritzebüttel einen Kriegshafen anzulegen. W ie wertvoll im irreführenden<br />
Sinne dieses Ablenkungsmanöver war, wird im Zusammenhang<br />
mit Hannovers Verhalten zu besprechen sein2).<br />
Ein besonders kluger Schachzug war ferner, daß man die Erwerbsmöglichkeiten<br />
von Land im Jadegebiet nicht unmittelbar behandelte,<br />
sondern für den Besitzwechsel einen Tauschwert suchte<br />
und in der Herrschaft Knyphausen fand. Oldenburg lag viel daran,<br />
sich diese Enklave wieder einzuverleiben. Aus ihr war im Zusammenhang<br />
mit den Bentinckschen Erbfolgeschwierigkeiten insofern ein<br />
Streitobjekt, man kann fast sagen von internationaler Bedeutung geworden,<br />
als englische, aber auch russische Interessen berührt wurden;<br />
englische durch einen britischen Zweig der Bentinckschen Familie,<br />
russische über den Gottorper und Anhalt-Zerbster Einschlag der R omanows.<br />
Preußen hat an Oldenburg zum Ankauf Knyphausens eine<br />
namhafte Summe überwiesen. Als Gegenleistung erhielt es das von<br />
ihm begehrte Jadegebiet. W eder Preußen noch Oldenburg haben ihre<br />
Volksvertretungen über diesen Handel unterrichtet. Sie durften es<br />
1) Akten des Landesarchivs Oldenburg.<br />
2) Akten des Staatsarchivs Hannover.