Oldenburger Jahrbuch
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<strong>Oldenburger</strong> <strong>Jahrbuch</strong> 1937<br />
verbunden. Kerst gewann in Berlin das Ohr des Regierungsrats<br />
Gaebler, der dem Ministerpräsidenten von Manteuffel nahestand<br />
und ihm gegenüber wiederholt betonte, es sei das Gebot der Stunde,<br />
etwas Durchgreifendes zur Hebung der Handels- und Seeinteressen<br />
Deutschlands zu tun. Ob die Lesart richtig ist, Gaebler habe Manteuffel<br />
bewogen, den Grafen Nostiz über das Jadeprojekt zu befragen,<br />
will mir wenig glaubhaft scheinen. Das hieße mit anderen Worten,<br />
den Einfluß des Prinzen Adalbert übersehen oder zumindest verkleinern.<br />
Nach meiner Überzeugung spricht vielmehr alles dafür, daß<br />
sich in der Person des Prinzen die stärkste treibende Kraft auf preußischer<br />
Seite verkörperte. Gewiß, er stand nicht allein, Kerst war<br />
an seiner Seite. Ohne den Prinzen jedoch, aber auch ohne den Einfluß<br />
des Kriegsministers von Bonin hätten weder Kerst noch Gaebler<br />
etwas erreichen können. Beide waren Förderer, sicherlich starke<br />
Förderer des Jadeprojekts, aber doch nur Mittelspersonen; nicht<br />
anders wie der Regierungsrat Erdmann, hinter dem der Großherzog<br />
von Oldenburg stand. Erdmann für sich hätte das Vertragswerk von<br />
oldenburgischer Seite aus nie und nimmer unter Dach und Fach gebracht;<br />
müßig, hierüber weitere W orte zu verlieren.<br />
Die erste Auskunft, die Preußens Gesandter am oldenburgischen<br />
Hof, Graf Nostiz, erteilt hatte, traf den Nagel auf den Kopf. Oldenburg<br />
war in der Tat besorgt, Hannover könne aus Anlaß des Aufrollens<br />
der Jadefrage Schwierigkeiten machen bei den zur Zeit schwebenden<br />
Verhandlungen über die Vereinigung der Steuervereinsstaaten<br />
mit dem Zollverein. Es scheint, daß Preußen hierbei unbesorgter war.<br />
Jedenfalls traf Kerst schon am 10. August 1852 in Oldenburg mit<br />
Erdmann zusammen, nachdem der Großherzog seine Bedenken auf<br />
Grund der Haltung Preußens beiseitegestellt hatte. Kerst spielte sich<br />
in Oldenburg als Unterhändler auf, der zum Ankauf von weiterem<br />
Material der Bundesflotte befugt sei. Über alle Verhandlungen legte<br />
man den Schleier tiefster Geheimhaltung, der trotzdem, wie wir später<br />
sehen werden, geübten Spüraugen gewisse Durchblicke gewährte.<br />
In Berlin waren lediglich der König, Prinz Adalbert und der Ministerpräsident<br />
von Manteuffel nebst Regierungsrat Gaebler eingeweiht.<br />
Auf ihn ging späterhin der geschäftsmäßige Teil der Verhandlungen<br />
über, da sich Kerst als nicht geschickt genug, vielleicht als zu hitzköpfig<br />
erwiesen hatte. Gaebler wurde nach Oldenburg unter der<br />
Tarnung entsandt, es handele sich um die Besprechung von Auswanderungsangelegenheiten.<br />
Bevor wir den Fortgang der Verhandlungen verfolgen, wird es<br />
erforderlich, noch einmal auf die treibenden Kräfte einzugehen, die