Oldenburger Jahrbuch
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<strong>Oldenburger</strong> <strong>Jahrbuch</strong> 1937<br />
bungen blickte er weiter. Sein Berater und Vertrauensmann wurde<br />
der Abgeordnete der Nationalversammlung Gottfried Kerst; seines<br />
Zeichens ein Philologe, der aber als Ingenieurhauptmann sechs Jahre<br />
in Brasilien topographisch und technisch tätig gewesen war. Da Kerst<br />
sich somit Auslandswind um die Nase hatte wehen lassen und überdies<br />
noch darauf hinweisen durfte, daß er im Kriege gegen Argentinien<br />
acht Monate an Bord eines brasilianischen Kriegsschiffes verbracht<br />
habe, galt auch er als ein in Marinefragen besonders bewanderter<br />
Mann. Als Mitglied der „Technischen Marinekommission" des Reiches<br />
hat er sich als ein kluger und tatfroher Kopf, aber auch als ein nicht<br />
immer leicht zu behandelnder Mensch erwiesen. Sein politisches Ideal<br />
war ein deutscher Staatenbund mit preußischer Spitze. Demgemäß<br />
war er Feuer und Flamme für die Schaffung einer preußischen Flotte.<br />
Mit gleicher Zähigkeit wie der oldenburgische Regierungsrat Erdmann<br />
hielt Kerst an dem Jadeprojekt fest. Beide Männer haben sich ohne<br />
Frage um die spätere Verwirklichung große Verdienste erworben.<br />
W obei jedoch nicht übersehen werden darf, daß hinter ihnen noch<br />
stärkere Kräfte wirkten, als sie selbst darstellten und nach Lage der<br />
Verhältnisse darstellen konnten; Kräfte, die von den Regierungen<br />
Preußens und Oldenburgs gespeist wurden. Im übrigen stand Kerst<br />
mit seiner Ansicht auf preußischer Seite nicht allein. Andere Sachverständige<br />
wie der Major Teichert stießen in dasselbe Horn.<br />
Nach dem ersten mißglückten Versuch, die Bundesmarine für die<br />
Jade zu interessieren, wurde es vorübergehend still um die Angelegenheit.<br />
Man kam erst wieder auf sie zurück, als die bereits erwähnte<br />
Überwinterungsfrage der Flotte arges Kopfzerbrechen verursachte.<br />
1850 setzte sich eine neue Kommission der Bundeszentralgewalt<br />
in Marsch, um ein zweites Mal durch Augenschein das Für<br />
und W ider des Jadeprojektes abzuwägen. Der Kommission gehörten<br />
der österreichische Fregattenkapitän von Bourguignon und der Ministerialrat<br />
im Reichsmarinerat Jordan, der Dichter des Epos „Die<br />
Nibelungen", an. Die Herren stellten fest, daß Elbe und Ems aus<br />
„strategischen“ Gründen zur Schaffung eines Flottenstützpunktes ungeeignet<br />
seien. Ob sie sich dieses Urteil ernstlich überlegt haben,<br />
scheint zweifelhaft. Bourguignon hatte offenbar eine gebundene<br />
Marschroute. Sein Besichtigungseifer im Jadegebiet war mehr als<br />
lau. Als die Lotsen erklärten — was im Grunde genommen nichts<br />
Überraschendes an sich hatte — , „die Ansteuerung in die Jade sei bei<br />
trübem Wetter ohne Seezeichen schwierig“, genügte diese Angabe der<br />
Kommission, um auch hier zu einem ablehnenden Schlußergebnis zu<br />
gelangen. Man kann sich nach allem des Eindrucks kaum erwehren,