Die Aborigines: Männer und Frauen Frauen wirtschaftlich selb ... - KHA

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07.02.2013 Aufrufe

▲ Der Kampf der Schlangenfrau Kuniya mit dem Schlangenmann Liru (aus: H. Küng, Spurensuche, S. 22f) CD-ROM „Spurensuche“ Materialienblatt zu den Stammesreligionen Blatt 2 von 8 © 1999 – Hans Küng / Stephan Schlensog ▲ ▲ ▲ ▲ ▲ Meint die Urzeit eine heile, paradiesische Welt? Nein, im Gegenteil: Schon hier gibt es Gut und Böse, Haß und Streit. Die Ahnengeister sind keine Götter und auch keine moralischen Vorbilder. Das zeigt die noch heute lebendige Geschichte vom Kampf der Riesenschlange Kuniya mit Liru, einem Giftschlangen-Mann. Auf der Südseite des Uluru hat dieser Kampf – so sehen es die Ureinwohner – seine tiefen Spuren hinterlassen. Seit Urzeiten erzählen sie davon: Die Schlangenfrau Kuniya kam damals zum Uluru, um ihre Eier zu legen. Ihr Neffe aber hatte eine Schar von Liru-Giftschlangen so sehr erzürnt, daß die Lirus Speere nach ihm warfen; Löcher im Felsen zeugen noch heute davon. Ein Speer traf ihn tödlich. Als Kuniya das erfährt, wird sie traurig, ja zornig, worüber ein Liru-Krieger nur spottet. Nach Rache dürstend, erhebt sie sich zum machtvollen Tanz. Um ihren Zorn zu mäßigen, speit sie zunächst Gift in den Sand und schleudert ihn in die Tiefe. Doch dann bewegt sie sich auf den Liru- Mann zu, und – jetzt unmäßig im Zorn – hebt sie den Hackstock und schlägt ihn, zuerst leicht, dann tödlich. Noch heute erkennt man am Uluru des Kampfes Spuren: Feigenbäume und Speerweinbüsche vergiftet, Windungen der Schlangen im Fels, Kuniyas beide Schläge, des toten Liru-Kriegers Schild, zu Boden gefallen. Und schließlich das Wasserloch, zu dem Kuniya ihren toten Neffen heimgebracht hat und wo man noch heute die Ahnen-Schlange um Regen bittet: ein heiliger Ort. Eine wahre Geschichte von Schuld und Sühne, Kampf und Tod. Dies alles ist also Teil von Tjukurpa, dem Urgesetz, welches das Fundament der Kultur ist bis auf den heutigen Tag. So haben Verhalten und Taten der Ur-Mächte entweder Leben, Glück und Heil oder aber Schmerz, Zerstörung, Tod und Unheil gebracht. Der Kampf zwischen Kuniya und Liru ist jedenfalls ein Ereignis, das noch heute von den australischen Ureinwohnern in Geschichten, Gesang und rituellen Tänzen gefeiert wird. ▲ ▲ ▲ ▲ ▲

▲ Was ist Totem und was Tabu? (aus: H. Küng, Spurensuche, S. 24f) CD-ROM „Spurensuche“ Materialienblatt zu den Stammesreligionen Blatt 3 von 8 © 1999 – Hans Küng / Stephan Schlensog ▲ ▲ ▲ ▲ ▲ Für die Ureinwohner stammt jedes Individuum von einem ganz bestimmten Urwesen ab, einem Tier oder einer Pflanze: dem Totem (nordamerikanisch), das als Abstammungstier auch sein Schutzgeist ist. Das Känguruh oder der Emu, eine Schlange oder ein Vogel werden als Ur-Ahn eines ganzen Stammes oder Clans verehrt: ein kollektives Totem, welches für die Totemverwandtschaft und für bestimmte Heiratsverbote (gegen Inzest) maßgebend ist. Aufgrund dieses Totems nennen sich die Menschen entsprechend Känguruh- oder Schlangenmensch, was zugleich die Würde der Tiere und Pflanzen erhöht. Machen also die Ureinwohner etwa keinen Unterschied zwischen Mensch und Tier? Ethnologen haben das früher behauptet. Doch das ist Unsinn. Zwischen dem Känguruh und dem Menschen gibt es für die Ureinwohner keine biologische, sondern eine mythologische Verbindung. Und diese ist ebensowenig wörtlich zu nehmen wie etwa in unserer Märchenliteratur die Verwandlung eines Königs in einen Frosch und umgekehrt. Aber haben die Ureinwohner vielleicht doch keine Kenntnis von der biologischen Entstehung des Menschen? Ethnologen haben auch dies frü- her behauptet. Und auch dies ist Unsinn. Die Ureinwohner kennen nur neben der biologischen Zeugung und der sterblichen Seele noch eine zweite, spirituelle. Eine solche empfängt die Mutter später an einer bestimmten Stelle der Landschaft. Diese andere, die unsterbliche Seele des Kindes (etwa bei ersten Schwangerschaftschmerzen) stammt von einem Urwesen. Sie ist das individuelle Totem: Dieses beheimatet das Kind in der Sphäre des Ewigen, bleibt sein Schutzgeist und vermittelt ihm Rechte und Pflichten. Für solchen »Empfängnistotemismus« ist der »Empfängnisort« von entscheidender Bedeutung. Das Totem ist für die Aborigines »tabu« (polynesisch): das heißt »geheiligt«, »unantastbar«. Die Folge: Ein Totemtier darf nicht gejagt, verwundet, gar getötet werden. Es kann und soll aber durchaus dargestellt werden: auf Steinen und Hölzern, in Tänzen und Gesängen. Und es soll gefeiert werden zur Erhaltung der eigenen Art. Und weil alle Rituale als von den Ahnengeistern eingesetzt gelten, sollten die zeremoniellen Gesänge, Körperbemalungen und Rituale unverändert bleiben. ▲ ▲ ▲ ▲ ▲

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Der Kampf der Schlangenfrau Kuniya<br />

mit dem Schlangenmann Liru<br />

(aus: H. Küng, Spurensuche, S. 22f)<br />

CD-ROM „Spurensuche“ Materialienblatt zu den Stammesreligionen Blatt 2 von 8<br />

© 1999 – Hans Küng / Stephan Schlensog<br />

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Meint die Urzeit eine heile, paradiesische Welt?<br />

Nein, im Gegenteil: Schon hier gibt es Gut <strong>und</strong><br />

Böse, Haß <strong>und</strong> Streit. <strong>Die</strong> Ahnengeister sind keine<br />

Götter <strong>und</strong> auch keine moralischen Vorbilder. Das<br />

zeigt die noch heute lebendige Geschichte vom<br />

Kampf der Riesenschlange Kuniya mit Liru, einem<br />

Giftschlangen-Mann. Auf der Südseite des Uluru<br />

hat dieser Kampf – so sehen es die Ureinwohner –<br />

seine tiefen Spuren hinterlassen. Seit Urzeiten erzählen<br />

sie davon:<br />

<strong>Die</strong> Schlangenfrau Kuniya kam damals zum<br />

Uluru, um ihre Eier zu legen. Ihr Neffe aber hatte<br />

eine Schar von Liru-Giftschlangen so sehr erzürnt,<br />

daß die Lirus Speere nach ihm warfen; Löcher im<br />

Felsen zeugen noch heute davon. Ein Speer traf<br />

ihn tödlich.<br />

Als Kuniya das erfährt, wird sie traurig, ja<br />

zornig, worüber ein Liru-Krieger nur spottet. Nach<br />

Rache dürstend, erhebt sie sich zum machtvollen<br />

Tanz. Um ihren Zorn zu mäßigen, speit sie zunächst<br />

Gift in den Sand <strong>und</strong> schleudert ihn in die<br />

Tiefe. Doch dann bewegt sie sich auf den Liru-<br />

Mann zu, <strong>und</strong> – jetzt unmäßig im Zorn – hebt sie<br />

den Hackstock <strong>und</strong> schlägt ihn, zuerst leicht, dann<br />

tödlich.<br />

Noch heute erkennt man am Uluru des<br />

Kampfes Spuren: Feigenbäume <strong>und</strong> Speerweinbüsche<br />

vergiftet, Windungen der Schlangen im<br />

Fels, Kuniyas beide Schläge, des toten Liru-Kriegers<br />

Schild, zu Boden gefallen. Und schließlich das<br />

Wasserloch, zu dem Kuniya ihren toten Neffen<br />

heimgebracht hat <strong>und</strong> wo man noch heute die<br />

Ahnen-Schlange um Regen bittet: ein heiliger Ort.<br />

Eine wahre Geschichte von Schuld <strong>und</strong> Sühne,<br />

Kampf <strong>und</strong> Tod.<br />

<strong>Die</strong>s alles ist also Teil von Tjukurpa, dem<br />

Urgesetz, welches das F<strong>und</strong>ament der Kultur ist bis<br />

auf den heutigen Tag. So haben Verhalten <strong>und</strong><br />

Taten der Ur-Mächte entweder Leben, Glück <strong>und</strong><br />

Heil oder aber Schmerz, Zerstörung, Tod <strong>und</strong> Unheil<br />

gebracht. Der Kampf zwischen Kuniya <strong>und</strong> Liru<br />

ist jedenfalls ein Ereignis, das noch heute von den<br />

australischen Ureinwohnern in Geschichten, Gesang<br />

<strong>und</strong> rituellen Tänzen gefeiert wird.<br />

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