Gender Lesen - Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur
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Texten <strong>und</strong> vice versa. Zeigen sich in den Rezensionen,<br />
die immer auch Bewertungen von Texten<br />
enthalten, unausgesprochene Präferenzen der Geschlechter?<br />
Worauf beziehen sich diese? Wie könnte<br />
man sie erklären?<br />
Eine offene Frage ist, wie Lehrerinnen <strong>und</strong> Lehrer<br />
damit umgehen, wenn bei der Arbeit mit Texten<br />
Buben das Thema der Gewalttätigkeit in den<br />
Mittelpunkt rücken. Gehen sie auf dieses <strong>für</strong> Buben<br />
sehr wichtige Thema ein? Wenn ja, wie? Oder<br />
hat dieses Thema in der Schule gr<strong>und</strong>sätzlich keinen<br />
Platz, vor allem wenn die Lehrperson weiblich<br />
ist? Hier wären sinnvolle Strategien zu erarbeiten,<br />
um dieses Anliegen der Buben aus ihrer Alltagsrealität<br />
aufzugreifen.<br />
Integration von informationsorientierten Texten<br />
Leseförderung konzentriert sich traditionell auf<br />
erzählend-belletristische Literatur. Diese Ausrichtung<br />
kommt den Mädchen, die insgesamt eine<br />
engere Beziehung zur Schriftlichkeit <strong>und</strong> zum <strong>Lesen</strong><br />
haben, entgegen. Gleichzeitig werden allerdings<br />
die <strong>für</strong> das spätere Berufsleben zentralen<br />
faktenorientierten Texte <strong>und</strong> die entsprechenden<br />
(eher selektiven) Lesestrategien vernachlässigt –<br />
<strong>und</strong>: Die Genrevorlieben der Buben werden nicht<br />
anerkannt.<br />
Ein wichtiger Ansatzpunkt ist hier, Leseförderung<br />
nicht auf den Deutsch- <strong>und</strong> Literaturunterricht zu<br />
beschränken, sondern alle Fächer einzubeziehen.<br />
Domänenspezifisches <strong>Lesen</strong> ist ein wichtiges Prinzip<br />
einer auf Alltagsrelevanz abzielenden Leseförderung.<br />
Texte haben in einzelnen Gegenständen zum Teil<br />
sehr unterschiedliche Funktionen. Die jeweiligen<br />
Potentiale von Schrift <strong>und</strong> Bild, Inhalte zu repräsentieren,<br />
führen dazu, dass in den Schulbüchern<br />
das Verhältnis dieser Modi zueinander sowie ihre<br />
Funktionen variieren. Aufgr<strong>und</strong> dieser Multimodalität<br />
von Texten, die mit dem medialen Wandel<br />
weiterhin zunehmen wird, sollte die Förderung<br />
von visuellen Kompetenzen in der Schule stärker<br />
thematisiert werden.<br />
GESCHLECHTERSENSIBLE LESEFÖRDERUNG<br />
In naturwissenschaftlichen, an unserer Umwelt<br />
orientierten Gegenständen können viele Themen<br />
in ihrer Struktur durch Grafiken am deutlichsten<br />
dargestellt werden. Die sprachliche Vermittlung<br />
dieser Zusammenhänge wäre in vielen Fällen aufwendig<br />
<strong>und</strong> kompliziert <strong>und</strong> auch oft weniger geeignet,<br />
weil Bild <strong>und</strong> Text als Kommunikationsmodi<br />
Inhalte auf unterschiedliche Art <strong>und</strong> Weise<br />
repräsentieren (vgl. Kapitel IV.1) Das Bildliche<br />
kann in Bezug auf die Inhaltsvermittlung mit dem<br />
Schriftlichen gleichwertig sein, Schrift <strong>und</strong> Bild<br />
können einander ergänzen <strong>und</strong> ein kohärentes<br />
Ganzes schaffen. Vergleichbares gilt <strong>für</strong> Abbildungen<br />
von Tieren, <strong>Kunst</strong>gegenständen, Landschaften<br />
etc., die in ihrer Besonderheit kaum durch<br />
Sprache darzustellen sind. Anders sind die Bedingungen<br />
der Inhaltsvermittlung z.B. im Deutschunterricht:<br />
Kommunikation <strong>und</strong> ihre „Werkzeuge“,<br />
Sprache <strong>und</strong> Schrift, haben einen zentralen<br />
Stellenwert, soziale Themen stehen im Vordergr<strong>und</strong>.<br />
Die Sprache ist hier der dominante Modus<br />
der Repräsentation, das Visuelle hat eher eine<br />
nachrangige Bedeutung <strong>und</strong> mitunter nur illustrierende<br />
Funktionen.<br />
Die Geschlechterdifferenzen bei Themen-, Modi<strong>und</strong><br />
Genrepräferenzen sind bei der Überlegung,<br />
wie man Inhalte Mädchen <strong>und</strong> Buben am zugänglichsten<br />
vermitteln kann, zu berücksichtigen. Sie<br />
sind auf alle Fälle bei domänenspezifischen Lesestrategien<br />
zu bedenken. Möglicherweise können<br />
Mädchen mit Visualisierungen von technischen<br />
oder naturwissenschaftlichen Zusammen-<br />
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