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Gender Lesen - Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur

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GESCHLECHTERSENSIBLE LESEFÖRDERUNG<br />

Die Person der / des zu Fördernden<br />

Die SchülerInnen abholen, wo sie sind<br />

Die SchülerInnen als sinnvoll handelnde Personen<br />

anzuerkennen bedeutet, Folgendes ernst zu nehmen:<br />

Die Schüler <strong>und</strong> Schülerinnen<br />

■ haben eigene Bedürfnisse, Ziele, Erwartungen,<br />

Lebensentwürfe,<br />

■ haben unterschiedliche Persönlichkeitsmerkmale,<br />

■ leben in spezifischen Lebenswelten,<br />

■ haben spezifische Lesesozialisationserfahrungen,<br />

■ sind mit je unterschiedlichen handlungsleitenden<br />

Themen konfrontiert.<br />

Diese Aspekte hängen einerseits zusammen bzw.<br />

beeinflussen sie sich wechselseitig. Zum anderen<br />

sind ihnen immer mehr oder weniger starke Vorstellungen<br />

von Geschlechtlichkeit eingeschrieben.<br />

Diese Zuweisungen von Weiblichkeit <strong>und</strong> Männlichkeit<br />

sind zum Teil klar erkennbar. Zumeist<br />

allerdings erschließen sie sich erst bei sehr genauem<br />

Hinschauen, vor allem deshalb, weil sie historisch<br />

gewachsene Selbstverständlichkeiten unseres<br />

Alltags sind.<br />

Persönlichkeitsbezogene Merkmale der Schülerinnen<br />

<strong>und</strong> Schüler <strong>und</strong> Bedingungen ihres außerschulischen<br />

Alltagslebens sind als elementare Voraussetzungen<br />

auf Seiten der zu Fördernden in der<br />

Konzeption von Leseförderung zu berücksichtigen.<br />

Die Integration dieser Bedingungen in Förderungsstrategien<br />

ist der erste Schritt dahin, dass diese<br />

Angebote von den SchülerInnen selbst als <strong>für</strong><br />

sie relevant erkannt <strong>und</strong> anerkannt werden (können).<br />

Beim <strong>Lesen</strong> werden durch den Leser, die Leserin<br />

Texte auf Basis der eigenen Erfahrungen rekonstruiert<br />

(vgl. Kapitel IV.1): Die verschriftlichten<br />

Begriffe werden mit eigenen Bedeutungen<br />

„konkretisiert“ <strong>und</strong> verfügbar gemacht. Das Gelesene<br />

wird mit Vorwissen verknüpft, Alltagserfahrungen<br />

<strong>und</strong> Wissen, das auch aus anderen Medien<br />

angeeignet wurde, wird mit dem Gelesenen<br />

verb<strong>und</strong>en. Bestehendes Wissen wird bestätigt,<br />

transformiert oder erweitert, neues Wissen wird erarbeitet:<br />

<strong>Lesen</strong> ist „Wissensarbeit“. Durch das Aneignen<br />

der Texte machen Mädchen <strong>und</strong><br />

Buben/Burschen das Gelesene – im Idealfall – an-<br />

wendbar <strong>für</strong> ihren eigenen Alltag, <strong>für</strong> ihre eigenen<br />

Ziele <strong>und</strong> die Bewältigung von Problemen im weitesten<br />

Sinn. Um diese Relevanz des <strong>Lesen</strong>s <strong>und</strong> des<br />

Gelesenen <strong>für</strong> die SchülerInnen zu gewährleisten,<br />

müssen immer ihre Lebensbedingungen mitgedacht<br />

werden <strong>und</strong> möglichst im Vordergr<strong>und</strong> stehen.<br />

<strong>Lesen</strong> als sinnvolles Handeln – aus der Perspektive<br />

der zu Fördernden<br />

Die Erwartungen von Mädchen <strong>und</strong> Buben an das<br />

<strong>Lesen</strong> <strong>und</strong> an Lesemedien sind häufig auf unterschiedlichen<br />

Ebenen andere als jene, die Erwachsene<br />

(Eltern, LehrerInnen, BibliothekarInnen,<br />

BuchhändlerInnen etc.) in Bezug auf das <strong>Lesen</strong> von<br />

Kindern <strong>und</strong> Jugendlichen haben. Wollen die jungen<br />

LeserInnen sich mit Geschichten amüsieren,<br />

Antworten auf ihre Fragen bekommen, Formen<br />

des Geschichtenerzählens erleben, die ihnen (aus<br />

anderen Medien) vertraut sind usw., stellen Erwachsene<br />

häufig folgende Ansprüche an KJL bzw.<br />

Lesestoffe von Kindern <strong>und</strong> Jugendlichen: die Vermittlung<br />

pädagogischer Werte (Stichwort „Problemliteratur“)<br />

oder von Wissen, Erweiterung der<br />

sprachlichen <strong>und</strong> ästhetischen Empfindungen,<br />

Schulung der Lesekompetenz.<br />

Diese Diskrepanzen <strong>und</strong> das Faktum, dass vor allem<br />

bei Kindern <strong>und</strong> Jugendlichen, die nicht gerne<br />

lesen, die Wahl ihrer Lektüre durch Erwachsene erfolgt<br />

(z.B. Pflichtlektüre in der Schule, Buchgeschenke<br />

zu Hause), ist ein Problem, mit dem auch<br />

die schulische Leseförderung konfrontiert ist.<br />

Vor dem Hintergr<strong>und</strong>, dass zwischen der Förderung<br />

der Lesemotivation <strong>und</strong> der Förderung der<br />

Lesekompetenz zu unterscheiden ist, plädieren<br />

Karin Richter <strong>und</strong> Monika Plath auf Basis der Ergebnisse<br />

einer Studie mit VolksschülerInnen da<strong>für</strong>,<br />

hier auch mit unterschiedlichen Texten zu arbeiten:<br />

„Während Lesefähigkeiten <strong>und</strong> -fertigkeiten<br />

mit leicht erschließbaren Texten erworben werden,<br />

wird die Lesemotivation an komplexeren künstlerischen<br />

Gebilden entwickelt, die aber nicht vornehmlich<br />

durch eigenes <strong>Lesen</strong> der Kinder erschlossen<br />

werden.“ 77 Und sie empfehlen: „Vorle-<br />

77) Richter/Plath 2003, S. 47.

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