Gender Lesen - Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur
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MÄDCHEN UND BUBEN LESEN – ABER NICHT DAS GLEICHE<br />
Jugendliche, die in einer Familie mit einem lesefre<strong>und</strong>lichen<br />
Sozialisationsklima aufwachsen, lesen<br />
selbst eher gerne <strong>und</strong> viel. Ist bzw. war das familiale<br />
Leseumfeld eher lesefern, so stehen auch Kinder<br />
<strong>und</strong> Jugendliche (<strong>und</strong> Erwachsene) dem <strong>Lesen</strong><br />
eher distanziert gegenüber.<br />
Bisher konnten keine Unterschiede in der familialen<br />
Leseförderung von Mädchen <strong>und</strong> Buben festgestellt<br />
werden. Eltern lesen ihren Töchtern <strong>und</strong><br />
Söhnen gleich oft vor oder erzählen ihnen gleich<br />
oft Geschichten. 65 In Erhebungen, wo nach Erinnerungen<br />
an die familiale Lesesozialisation in der<br />
Kindheit gefragt wird, zeigen sich allerdings Geschlechterunterschiede.<br />
Mädchen erinnern sich<br />
häufiger an positive Bedingungen des <strong>Lesen</strong>s in der<br />
Familie als Burschen. 66 Bei diesem Ergebnis ist<br />
allerdings zu berücksichtigen, dass in Erinnerungen<br />
an Vergangenes immer auch das Aktuelle einfließt,<br />
dass Erinnerung kein statischer Prozess mit<br />
immer gleichen Ergebnissen ist. Personen, die z.B.<br />
bereits als Kind gerne gelesen haben <strong>und</strong> das noch<br />
immer tun, werden sich im Nachhinein eher an<br />
Buchgeschenke, an gemeinsames <strong>Lesen</strong> mit ihren<br />
Eltern, an Gespräche über Bücher etc. erinnern als<br />
Personen, die schon als Kind nicht gerne gelesen<br />
haben <strong>und</strong> auch zum Zeitpunkt der Befragung<br />
dem <strong>Lesen</strong> nach wie vor distanziert gegenüberstehen.<br />
Dass sich Mädchen häufiger an Buchge-<br />
Erinnerungen der Jugendlichen<br />
an Bücher in ihrer Kindheit67 Grafik 17<br />
PISA 2000; 15-/16-jährige SchülerInnen in Ö; Angaben in %<br />
Ich hatte viele eigene Bücher.<br />
53<br />
Ich erinnere mich noch sehr genau an einige Bücher<br />
aus meiner Kindheit, die mich sehr beeindruckt haben.<br />
51<br />
Über Buchgeschenke habe ich mich immer sehr gefreut.<br />
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Ich habe mir oft Bücher in einer Bibliothek ausgeliehen.<br />
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Mädchen Burschen<br />
65) Vgl. Hurrelmann/Hammer/Nieß 1993.<br />
66) Z.B. Böck 2001, S. 36ff. <strong>und</strong> Böck/Wallner-Paschon 2002b.<br />
67) Quelle: Böck 2001, S. 56.<br />
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schenke erinnern als Burschen, dürfte damit zusammenhängen,<br />
dass sie schon als Kind mehr Freude<br />
am Buchlesen hatten <strong>und</strong> deswegen auch eher<br />
Buchgeschenke bekamen. Ihre Freude am <strong>Lesen</strong><br />
wurde wiederum dadurch verstärkt, dass auch ihre<br />
Fre<strong>und</strong>innen häufig gerne lasen <strong>und</strong> sie untereinander<br />
Bücher austauschten <strong>und</strong> sich über Bücher<br />
unterhielten. Burschen hingegen erinnern sich<br />
öfter als Mädchen daran, dass sie von ihren Eltern<br />
zum <strong>Lesen</strong> aufgefordert oder auch dazu gezwungen<br />
wurden. Dieser Bef<strong>und</strong> ist als eine Reaktion von<br />
Eltern auf eine bereits in der Kindheit bestehende<br />
Leseunlust der Söhne zu interpretieren.<br />
Die engere Beziehung der Mädchen vor allem zum<br />
Buchlesen – vermutlich noch einmal verstärkt<br />
durch den Erinnerungseffekt – zeigt sich an in<br />
PISA 2000 erhobenen Aspekten der Selbstsozialisation<br />
besonders deutlich (vgl. Grafik 17).<br />
Leseförderung im Kindergarten <strong>und</strong> in der<br />
Schule<br />
Dass gleiche Bedingungen ungleich erinnert werden<br />
– <strong>und</strong> vermutlich auch ungleich wahrgenommen<br />
wurden –, lässt sich aus den Angaben der Jugendlichen<br />
über Leseförderung im Kindergarten<br />
ableiten. 68 Weibliche Jugendliche geben tendenziell<br />
häufiger als männliche Jugendliche positive Bedingungen<br />
des Leseklimas an (Ausstattung mit<br />
Büchern, Vorlesen, Geschichten erzählen etc.).<br />
Eine Ausnahme ist, dass Burschen häufiger als<br />
Mädchen sagen, dass sie gemeinsam in einem<br />
Lexikon nachgeschlagen haben, wenn sie etwas<br />
nicht wussten.<br />
Bei den Erinnerungen an schulische Leseförderungsmaßnahmen<br />
in der Volksschule <strong>und</strong> Sek<strong>und</strong>arstufe<br />
I zeigen sich keine Geschlechterdifferenzen<br />
bei den in PISA 2000 befragten Jugendlichen.<br />
Die bekannten Strategien der schulischen Leseförderung<br />
werden von Mädchen <strong>und</strong> Burschen<br />
allerdings sehr unterschiedlich beurteilt (vgl. Grafik<br />
18). Alle abgefragten Angebote haben den<br />
Mädchen deutlich besser gefallen. Die Burschen<br />
68) Vgl. Böck 2001, S. 91.