07.02.2013 Aufrufe

Gender Lesen - Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur

Gender Lesen - Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur

Gender Lesen - Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

giert. Diese Einflüsse der Methode sind bei der<br />

Lektüre der Ergebnisse von Repräsentativstudien<br />

immer zu berücksichtigen.<br />

2. Die qualitative Leseforschung interessiert sich<br />

nicht <strong>für</strong> die Verteilung von Häufigkeiten. Im<br />

Zentrum des Interesses steht die Frage, warum<br />

Dinge so sind wie sie sind – <strong>und</strong> zwar aus der Perspektive<br />

der AkteurInnen <strong>und</strong> in deren Alltagskontexten.<br />

Menschen werden als Subjekte verstanden,<br />

deren jeweiliges Handeln <strong>für</strong> sie Sinn<br />

macht. Um diese Sinnhaftigkeit nachvollziehen zu<br />

können, muss man die Bedeutungshorizonte dieser<br />

Personen kennen <strong>und</strong> verstehen.<br />

Qualitative Befragungen stellen so genannte „offene<br />

Fragen“. Den Befragten werden Erzählanreize<br />

gegeben, <strong>und</strong> es interessiert, was sie dazu<br />

zu sagen haben, wie sie die Dinge sehen. So wird<br />

die Antwort auf die offen gestellte Frage, wie viele<br />

Bücher man in den letzten zwölf Monaten gelesen<br />

hat, von Person zu Person sehr unterschiedlich<br />

ausfallen, <strong>und</strong> es werden vermutlich<br />

sehr unterschiedliche Facetten des Buchlesens<br />

angesprochen werden.<br />

Auch bei diesen Studien stellt sich das Problem<br />

der sozialen Erwünschtheit <strong>und</strong> dass die Befragten<br />

berichten, was sie über sich <strong>und</strong> ihr Handeln<br />

meinen. Hier haben die InterviewerInnen<br />

allerdings mehr Möglichkeiten, Aussagen zu<br />

hinterfragen, vor allem dann, wenn es nicht bei<br />

einem Einmal-Kontakt bleibt – <strong>und</strong> die Befragten<br />

können selbst nachfragen, wenn sie eine Frage<br />

nicht verstanden haben. Um das tatsächliche<br />

Handeln zu erfassen, müsste man Beobachtungen<br />

durchführen, wobei dies nicht nur sehr aufwendig,<br />

sondern auch insofern problematisch<br />

ist, weil die Anwesenheit eines Beobachters/einer<br />

Beobachterin das Verhalten der Beobachteten<br />

beeinflusst – ein Effekt, der auch bei Befragungen<br />

zu berücksichtigen ist.<br />

Anders als die standardisierten quantitativen<br />

Studien arbeite qualitative Forschung mit sehr<br />

niedrigen Fallzahlen, weil die Datenerhebung<br />

<strong>und</strong> -auswertung sehr aufwendig <strong>und</strong> dement-<br />

MÄDCHEN UND BUBEN LESEN – ABER NICHT DAS GLEICHE<br />

sprechend teuer sind. Der Vorteil dieser Studien<br />

ist, dass man dem Alltagsleben der Beforschten<br />

vergleichsweise nahe kommt <strong>und</strong> Erklärungen<br />

<strong>für</strong> Zusammenhänge, Strukturen <strong>und</strong> Prozesse<br />

findet. Ihr Nachteil sind die geringen Fallzahlen,<br />

die dazu führen, dass die Übertragbarkeit ihrer<br />

Bef<strong>und</strong>e jeweils sehr genau zu überprüfen ist. Im<br />

Rahmen des bereits in Kapitel 2 erwähnten<br />

DFG-Projektes „Lesesozialisation in der Mediengesellschaft“<br />

32 wurde auch eine Reihe qualitativer<br />

Studien durchgeführt, um spezielle Fragen<br />

detailliert <strong>und</strong> in ihren jeweiligen Kontexten<br />

untersuchen zu können.<br />

Im Folgenden werden Ergebnisse sowohl aus qualitativen<br />

als auch quantitativen Studien vorgestellt.<br />

Letztere überwiegen, da sie nach wie vor die sozialwissenschaftliche<br />

Forschung dominieren – auch<br />

weil Studien mit (vermeintlich „harten“) Prozentwerten<br />

als Ergebnissen von den Geldgebern eher<br />

finanziert werden als ausführliche Darstellungen,<br />

in denen sich die Komplexität dessen, was erforscht<br />

wurde, widerspiegelt.<br />

Der Schwerpunkt in der Darstellung liegt bei PISA<br />

2003 <strong>und</strong> 2000, weil dies die aktuellsten Arbeiten<br />

zum Thema in Österreich sind <strong>und</strong> nicht nur in der<br />

Bildungspolitik, sondern auch in der Öffentlichkeit<br />

<strong>für</strong> großes Aufsehen sorgten. Für dieses Interesse<br />

waren nicht zuletzt die gezeigten Unterschiede zwischen<br />

den Geschlechtern beim <strong>Lesen</strong> <strong>und</strong> bei der<br />

Lesekompetenz verantwortlich.<br />

32) Wichtige Publikationen dieses Projektes sind Groeben/Hurrelmann<br />

2002; 2004; Hurrelmann/Groeben 2002.<br />

57

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!