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Gender Lesen - Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur

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MÄDCHEN UND BUBEN LESEN – ABER NICHT DAS GLEICHE<br />

Medienmarkt zu erhalten. Diese Förderung aus<br />

öffentlichen Mitteln wird auch damit begründet,<br />

dass die Zeitung nach wie vor das Medium ist, das<br />

ausführliche Hintergr<strong>und</strong>berichterstattung zu tagesaktuellen<br />

Ereignissen veröffentlicht, mit dem<br />

Vorteil gegenüber dem Internet, dass die JournalistInnen<br />

aus der Nachrichtenvielfalt eine Auswahl<br />

treffen <strong>und</strong> diese auf das – im Idealfall – Wesentliche<br />

reduzieren.<br />

Ein kommunikationswissenschaftliches Argument<br />

<strong>für</strong> die Leseförderung ist, dass LeserInnen im Vergleich<br />

zu Nicht-LeserInnen politisch mehr interessiert<br />

<strong>und</strong> auch aktiver sind – wobei hier nicht von einer<br />

Kausalitätsbeziehung auszugehen ist <strong>und</strong> auch Einflüsse<br />

der Bildung zu berücksichtigen sind. Dass LeserInnen<br />

z.B. auch Fernsehberichten mehr Information<br />

entnehmen können als Nicht-LeserInnen, ist<br />

ein weiteres Argument da<strong>für</strong>, dass Leseförderung<br />

als wichtige Sozialtechnologie eingestuft wird.<br />

Spätestens seit Anfang der 1990er Jahre, als immer<br />

weniger Berufsfelder ohne Computer <strong>und</strong> damit<br />

schriftsprachliche Kompetenzen auskamen, ist das<br />

Interesse an den Lesekompetenzen der Bevölkerung<br />

auch ökonomisch motiviert. Nicht nur der<br />

Erfolg auf individueller Ebene, sondern die Performanz<br />

ganzer Wirtschaftssysteme hängt von den<br />

Kompetenzen ihrer Arbeitskräfte, vom „Humankapital“<br />

ab. In diesem Kontext ist Mitte der 1990er<br />

Jahre auch das enorm aufwendige internationale<br />

Forschungsprogramm PISA entstanden, <strong>und</strong> 1994<br />

wurde erstmals der International Adult Literacy<br />

Survey, ebenfalls von der OECD initiiert, in sieben<br />

OECD-Staaten durchgeführt. 31<br />

Quantitative <strong>und</strong> qualitative Leseforschung<br />

Leseforschung liefert neben der Beschreibung des<br />

Ist-Zustands der Leselandschaft <strong>und</strong> ihrer Hintergründe<br />

die Gr<strong>und</strong>lagen <strong>für</strong> eine problemorientierte<br />

Konzeption von Leseförderung. Dabei ist<br />

zwischen zwei methodologischen Ausrichtungen<br />

der Studien zu unterscheiden, die jeweils unterschiedliche<br />

Bef<strong>und</strong>e liefern:<br />

31) OECD 1995.<br />

1. Die quantitative Leseforschung ist an der Verteilung<br />

von Merkmalen in großen Gr<strong>und</strong>gesamtheiten<br />

interessiert, z.B. wer von den ab<br />

14-Jährigen in Österreich wie oft was liest. Auch<br />

PISA zählt zu diesen quantitativen Studien. Mit<br />

einer <strong>für</strong> die ausgewählte Population repräsentativen<br />

Stichprobe – bei PISA 2003 z.B. die SchülerInnen,<br />

die 1987 geboren wurden – werden Befragungen<br />

oder Tests gemacht.<br />

Um den Arbeitsaufwand möglichst gering zu<br />

halten <strong>und</strong> zu vergleichbaren Ergebnissen zu<br />

kommen, wird bei quantitativen Befragungen<br />

in erster Linie mit so genannten „geschlossenen<br />

Fragen“ gearbeitet. Um eine Frage zu beantworten,<br />

müssen die Befragten aus bereits vorgegebenen<br />

Antworten auswählen, mitunter<br />

haben sie die Möglichkeit, unter „Sonstiges“ eigene<br />

Angaben zu machen. Diese Standardisierung<br />

der Fragen führt dazu, dass man sich als Befragte<br />

oder Befragter dem vorgegebenen Raster<br />

aus Fragen <strong>und</strong> Antworten unterordnen muss.<br />

Die Unregelmäßigkeiten dessen, was Alltagsleben<br />

ist, werden sozusagen „geglättet“, die ForscherInnen<br />

geben vor, was möglich ist.<br />

Unklarheiten bei Fragestellungen, was etwa unter<br />

„ein Buch lesen“ nun genau gemeint ist, wenn<br />

die Frage lautet, wie viele Bücher man in den letzten<br />

zwölf Monaten gelesen hat, führen dazu, dass<br />

viele Ergebnisse von quantitativen Studien eher<br />

als Schätzungen denn als „harte“ Zahlen zu verstehen<br />

sind. Dazu kommt, dass in Befragungen<br />

Meinungen der Befragten darüber erhoben werden,<br />

wie sie glauben, dass sie sich verhalten. Diese<br />

Meinungen oder Eindrücke müssen nicht mit<br />

ihrem tatsächlichen Verhalten übereinstimmen.<br />

Ein weiterer zu berücksichtigender Punkt ist der<br />

so genannte „Effekt der sozialen Erwünschtheit“:<br />

Wir tendieren dazu, uns in einem eher<br />

„guten Licht“ darstellen. Das führt dazu, dass<br />

man z.B. bei der Frage, wie oft man fernsieht,<br />

eher niedrigere als die tatsächlichen Frequenzen<br />

nennt, weil häufiges oder langes Fernsehen ein<br />

schlechtes soziales Image hat. Bei der Frage nach<br />

der sozial hoch bewerteten Lesehäufigkeit werden<br />

die Werte hingegen eher nach oben korri-

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