Gender Lesen - Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur
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<strong>Gender</strong> <strong>und</strong> <strong>Lesen</strong>: Einleitung<br />
Was ist „<strong>Lesen</strong>“ <strong>für</strong> Mädchen, was ist „<strong>Lesen</strong>“ <strong>für</strong><br />
Buben? Diese Frage haben sich wohl schon alle<br />
gestellt, die mit dem <strong>Lesen</strong> von Mädchen <strong>und</strong> Buben<br />
zu tun haben. Die Leseforschung bestätigt,<br />
was Lehrerinnen <strong>und</strong> Lehrer in ihrer <strong>Unterricht</strong>spraxis<br />
alltäglich erleben. Mädchen <strong>und</strong> Buben –<br />
<strong>und</strong> Frauen <strong>und</strong> Männer – verbinden mit „<strong>Lesen</strong>“<br />
<strong>und</strong> mit einzelnen Lesemedien Unterschiedliches.<br />
Sie geben dem <strong>Lesen</strong> in ihrem Alltag unterschiedliche<br />
Bedeutung <strong>und</strong> unterschiedliche Funktionen.<br />
Mädchen <strong>und</strong> Frauen stehen insgesamt<br />
dem <strong>Lesen</strong> näher als Buben <strong>und</strong> Männer <strong>und</strong> bewerten<br />
das <strong>Lesen</strong> allgemein deutlich positiver. Das<br />
gilt vor allem <strong>für</strong> das Buchlesen, im Besonderen erzählende<br />
Literatur. Für das männliche Geschlecht<br />
stehen beim <strong>Lesen</strong> eher informierende Genres <strong>und</strong><br />
Massenmedien im Vordergr<strong>und</strong>. Diese Unterschiede<br />
sind bereits im Alter von acht bis zehn<br />
Jahren deutlich zu beobachten.<br />
Vor dem Hintergr<strong>und</strong> dieser Orientierungen war<br />
zwar zu erwarten, dass Burschen in Lesekompetenztests<br />
schwächer abschneiden als Mädchen.<br />
Dass diese Differenz allerdings so deutlich ausfällt,<br />
wie PISA zeigt, überrascht: Mehr als ein Viertel der<br />
getesteten männlichen Jugendlichen sind der „Risikogruppe<br />
<strong>Lesen</strong>“ zuzuordnen. Bei den Mädchen<br />
trifft dies auf r<strong>und</strong> ein Achtel zu. Dass der Anteil<br />
der Burschen in dieser Gruppe im PISA-Vergleichszeitraum<br />
2000 – 2003 um die Hälfte stieg,<br />
während der Anteil der Mädchen gleich blieb,<br />
macht klar, wie notwendig Leseförderung ist, die<br />
die Geschlechterdifferenzen in den Mittelpunkt<br />
rückt. Die Leseförderung ist in Österreich allerdings<br />
gr<strong>und</strong>sätzlich zu überdenken, wenn lt. PISA<br />
2003 zwei von zehn Jugendlichen massive Schwierigkeiten<br />
haben, einfache Texte zu verstehen.<br />
Modernes Leben kommt ohne Schrift <strong>und</strong> das, was<br />
Schrift möglich macht, nicht aus. Menschen, die den<br />
Inhalt einfacher Texte nur rudimentär oder gar<br />
nicht nachvollziehen können, sind in einer Wissensgesellschaft<br />
mit Benachteiligungen auf ver-<br />
schiedensten Ebenen konfrontiert. Für sie wird es<br />
überall dort schwierig, wo Inhalte <strong>und</strong> Informationen<br />
in Schriftform mitgeteilt werden. Die Möglichkeiten<br />
<strong>und</strong> Chancen einer selbstbestimmten<br />
Lebensführung sind eingeengt, Abhängigkeiten<br />
von Personen, die bei schriftlichen Anforderungen<br />
helfen <strong>und</strong> gleichzeitig über dieses Manko Bescheid<br />
wissen, sind absehbar. Besonders problematisch<br />
sind Leseschwierigkeiten angesichts der<br />
immer wichtiger werdenden Anforderung des lebensbegleitenden<br />
Lernens. Mehrmaliges Neu- <strong>und</strong><br />
Umlernen im Berufsleben ist <strong>für</strong> immer mehr Menschen<br />
erforderlich. Fehlen hier die notwendigen<br />
Basiskompetenzen, sind Langzeitarbeitslosigkeit<br />
<strong>und</strong> Abhängigkeit vom Sozialstaat vorprogrammiert.<br />
Die Lesekompetenz <strong>und</strong> Lesemotivation sind aber<br />
nicht nur von praktisch-pragmatischem Nutzen in<br />
unserer Lebensführung. <strong>Lesen</strong> eröffnet uns die<br />
Welt des Geschriebenen, der Literatur <strong>und</strong> Lyrik<br />
ebenso wie nicht-fiktionaler Texte, sowohl in Buchform<br />
als auch in den Printmedien Zeitung, Zeitschriften,<br />
Kalender usw. Dazu kommen die immateriellen<br />
Geschichten <strong>und</strong> Informationen des<br />
World Wide Web sowie anderer Texte, die wir am<br />
Bildschirm lesen. Schrift, <strong>Lesen</strong> <strong>und</strong> Schreiben<br />
sind Teil unserer <strong>Kultur</strong>. Sie sind auf literale Kompetenzen<br />
angewiesen, um weiterhin zu bestehen,<br />
um mit dem gesellschaftlichen Wandel auch weiterentwickelt<br />
zu werden <strong>und</strong> unseren Alltag zu bereichern.<br />
Leseförderung ist unumgänglich. Nach PISA ist<br />
dies ein klarer Auftrag an unsere Schul- <strong>und</strong> Bildungspolitik,<br />
der gesellschafts- <strong>und</strong> demokratiepolitisch<br />
legitimiert ist. Buben brauchen hier offensichtlich<br />
besondere Aufmerksamkeit. Und auch<br />
Mädchen, die narrative Genres den faktenorientierten<br />
vorziehen, müssen in ihrem <strong>Lesen</strong> gefördert<br />
werden, um sie fit <strong>für</strong> die Wissensgesellschaft zu<br />
machen.<br />
EINLEITUNG<br />
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