Gender Lesen - Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur
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Unterhaltung spätestens seit Anfang der 1980er<br />
Jahre zunehmend vermischt werden. Der Hauptgr<strong>und</strong><br />
da<strong>für</strong> liegt in der Kommerzialisierung der<br />
Medienlandschaft: Da <strong>für</strong> die Finanzierung der<br />
überwiegenden Zahl der Medien die Anzeigenk<strong>und</strong>en<br />
wichtiger sind als die LeserInnen oder das<br />
Publikum, sind die Medien darauf angewiesen,<br />
möglichst große Reichweiten bzw. Quoten zu erzielen:<br />
Sie „verkaufen“ quasi ihr Publikum an ihre<br />
Anzeigenk<strong>und</strong>en. Das Streben danach, einen<br />
möglichst großen gemeinsamen Nenner zu erreichen,<br />
führte zu einer Nivellierung des Qualitätsanspruchs<br />
„nach unten“: Je anspruchsloser das<br />
Angebot, umso größere Reichweiten werden erzielt,<br />
so die Philosophie vieler Anbieter nicht nur<br />
im Fernseh- oder Radiosektor. Einzelne Medien<br />
grenzen sich gezielt von dieser Entwicklung ab, indem<br />
sie auf einen qualitativ hohen Anspruch ihrer<br />
Angebote setzen. Ein Beispiel da<strong>für</strong> ist die inter-<br />
nationale Qualitätspresse. Diese ist zwar auch auf<br />
den Anzeigenmarkt angewiesen, spricht allerdings<br />
ein anderes Zielpublikum als die „Massenpresse“<br />
an, was die beworbenen Produkte <strong>und</strong> Dienstleistungen<br />
klar zeigen. Interessant ist in dem Zusammenhang,<br />
dass Buchverlage – mit wenigen<br />
Ausnahmen im Sektor der Trivial- <strong>und</strong> Beratungsliteratur<br />
– bei der Finanzierung ihrer Buchproduktion<br />
auf Anzeigen verzichten. Die Produktion<br />
hängt dadurch sehr stark vom Verkauf ab sowie<br />
den Werbestrategien <strong>für</strong> Literatur, zu denen<br />
auch die Querfinanzierung im Medienverb<strong>und</strong><br />
zählt (‚das Buch zum Film/zur Serie/zum Computerspiel‘).<br />
Durch den Verzicht auf Werbeeinschaltungen<br />
ist allerdings einer extremen Kommerzialisierung<br />
der Buchproduktion ein Riegel vorgeschoben.<br />
Der besondere Status dieses Mediums als<br />
<strong>Kultur</strong>- <strong>und</strong> Bildungsgut – <strong>für</strong> Bücher wird z.B. eine<br />
niedrigere Umsatzsteuer verlangt – soll dadurch<br />
gewährleistet werden.<br />
Bekannte Etiketten <strong>für</strong> die neuen Genres, in denen<br />
einstmals klar Getrenntes zusammenfließt,<br />
sind Infotainment oder Edutainment. Ob die Vermischungen<br />
von Informations- <strong>und</strong> Unterhaltungsgenres<br />
als bedenklich einzustufen sind, hängt<br />
sehr von den jeweiligen Kontexten sowie von den<br />
Zielsetzungen der ProduzentInnen <strong>und</strong> den Erwartungen<br />
<strong>und</strong> Medienkompetenzen der RezipientInnen<br />
ab. So erscheint es z.B. sinnvoll, die<br />
Lernmotivation durch unterhaltende Elemente in<br />
<strong>Unterricht</strong>smaterialien zu fördern, weil dadurch<br />
auch Lerneffekte verbessert werden. Fragwürdig<br />
ist es allerdings, wenn ein Zuviel an Unterhaltung<br />
von den Zielen, z.B. Information oder Kompetenzen<br />
zu vermitteln, ablenkt. Dass z.B. die Wahrnehmung<br />
eines Textes als informativ oder unterhaltend<br />
durch seine LeserInnen mitbestimmt, inwieweit<br />
sie diesen auch „ernst nehmen“ <strong>und</strong> wie<br />
viel Konzentration sie <strong>für</strong> seine Lektüre aufwenden,<br />
ist hier ein wichtiger Punkt: „Television is easy,<br />
print is tough“, so der Sukkus einer Studie des<br />
Medienpsychologen Gavriel Salomon, der Anfang<br />
der 1980er Jahre Kinder fragte, warum sie sich<br />
beim <strong>Lesen</strong> mehr konzentrieren als beim Fernsehen.<br />
Ein Mehr an Konzentration lässt höhere Lerneffekte<br />
erwarten.<br />
DER TEXT<br />
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