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Gender Lesen - Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur

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32<br />

DIE LESERIN, DER LESER<br />

3 Lesekompetenz 18<br />

„Lese-Kompetenz heißt, geschriebene Texte zu<br />

verstehen, zu nutzen <strong>und</strong> über sie zu reflektieren,<br />

um eigene Ziele zu erreichen, das eigene Wissen<br />

<strong>und</strong> Potential wahrzunehmen <strong>und</strong> am gesellschaftlichen<br />

Leben teilzunehmen.“ 19 Diese Definition<br />

der Lesekompetenz, mit der PISA arbeitet,<br />

rückt den instrumentellen Nutzen des <strong>Lesen</strong>s in<br />

den Vordergr<strong>und</strong>, <strong>Lesen</strong> interessiert vor allem als<br />

kognitiver Prozess der Informationsaufnahme.<br />

Diese Konzeption von Lesekompetenz macht<br />

es verständlich, warum sich Empfehlungen zur<br />

Verbesserung der Lesekompetenz im Kontext von<br />

PISA auch eher auf den Ausbau von Lesetrainings<br />

konzentrieren. Motivationale <strong>und</strong> emotionale<br />

Komponenten des <strong>Lesen</strong>s werden in dieser Modellierung<br />

von Lesekompetenz nicht <strong>und</strong> damit<br />

auch in Förderungskonzepten in Anschluss an PI-<br />

SA weniger berücksichtigt.<br />

Leseförderung muss die Lesekompetenz als „Teilhabe<br />

an kultureller Praxis“ (Bettina Hurrelmann)<br />

verstehen. <strong>Lesen</strong>, Lesekompetenzen <strong>und</strong> Lesegewohnheiten<br />

sind Teil des Habitus einer Person, die<br />

in spezifischen Lebenswelten lebt. Lesekompetenz<br />

umfasst kognitive, motivationale, emotionale <strong>und</strong><br />

reflexiv-interaktive Aspekte. Motiviert-Sein zum<br />

<strong>Lesen</strong> bedeutet, dass <strong>Lesen</strong> <strong>und</strong> schriftliche Kommunikation<br />

als sinnvoll <strong>und</strong> brauchbar eingestuft<br />

<strong>und</strong> erlebt werden <strong>und</strong> auch die <strong>für</strong> das <strong>Lesen</strong> notwendigen<br />

Anforderungen erbracht werden, weil<br />

entsprechende Gratifikationen zu erwarten sind.<br />

Die emotionale Komponente der Lesekompetenz<br />

hängt eng mit der motivationalen zusammen: <strong>Lesen</strong><br />

vermittelt positive Gefühle, sei es als Identifikation<br />

mit Figuren, als das Rekonstruieren anderer<br />

Welten oder als Freude über neu Gelerntes. Äs-<br />

18) Zur Lesekompetenz gibt es je nach Forschungsinteresse<br />

unterschiedlichste Konzepte. An dieser Stelle sollen lediglich<br />

eine Übersicht gegeben <strong>und</strong> jene Aspekte der Lesekompetenz<br />

herausgegriffen werden, die <strong>für</strong> das Thema der geschlechterspezifischen<br />

Leseförderung relevant erscheinen. Interessierte<br />

LeserInnen werden vor allem an die Publikationen verwiesen,<br />

die im Rahmen des DGF-Projektes „Lesesozialisation in der<br />

Mediengesellschaft“ erschienen sind (http://www.uni-koeln.de/<br />

dfg-spp-lesesoz/). Eine Übersicht über die kognitiven Verarbeitungsprozesse<br />

des <strong>Lesen</strong>s geben z.B. Christmann/Groeben 1999.<br />

19) Lang 2001, S. 29.<br />

thetisches Genießen <strong>und</strong> Unlust am <strong>Lesen</strong> zählen<br />

ebenfalls zur emotionalen Dimension der Lesekompetenz.<br />

Die Reflexion von Gelesenem <strong>und</strong> die sog. Anschlusskommunikation<br />

sind weitere wichtige Faktoren<br />

der Lesekompetenz. Durch die Verknüpfung<br />

des Gelesenen mit Vorwissen, durch dessen Interpretation<br />

wird das Gelesene <strong>für</strong> den Leser, die Leserin<br />

erst „sinnvoll“ <strong>und</strong> „verwendbar“. Die Anschlusskommunikation<br />

beschreibt die interaktive<br />

Dimension der Lesekompetenz, die auf die Bedeutung<br />

des <strong>Lesen</strong>s bzw. des Verstehens <strong>und</strong> Verwendens<br />

von schriftsprachlicher Kommunikation <strong>für</strong> die<br />

Teilnahme am gesellschaftlichen Leben verweist.<br />

Dieses elaborierte Verständnis von Lesekompetenz<br />

wurde im Rahmen des Schwerpunktprogramms<br />

„Lesesozialisation in der Mediengesellschaft“<br />

der Deutschen Forschungsgemeinschaft<br />

erarbeitet. 20 Bettina Hurrelmann21 fasst in ihrem<br />

Überblick folgende prototypische Merkmale des<br />

<strong>Lesen</strong>s zusammen:<br />

■ Kognitive Dimension:<br />

Bildung kohärenter mentaler Textrepräsentationen<br />

durch Worterkennung, Satzidentifikation,<br />

Satzverknüpfung, globale Kohärenzherstellung,<br />

Genrewissen, Erkennen der Autorintention,<br />

Verbindung von Textinformationen<br />

mit eigenem Vorwissen.<br />

■ Motivationale Dimension:<br />

Zielstrebigkeit, Ausdauer, Aktivierung positiver<br />

Gratifikations- <strong>und</strong> Nutzenerwartungen,<br />

Bedürfnis nach kognitiver Durchdringung des<br />

Textes.<br />

■ Emotionale Dimension:<br />

Bedürfnisbezogene Auswahl von Texten, Verbindung<br />

positiver Gefühlserlebnisse mit der Lektüre,<br />

Balancierung von Unlustgefühlen, Genießen<br />

der Lesesituation.<br />

20) http://www.uni-koeln.de/dfg-spp-lesesoz/<br />

21) Hurrelmann 2002, S. 285f.

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