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Gender Lesen - Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur

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DIE LESERIN, DER LESER<br />

sation – spielen „Lesevorbilder“ als Rollenmodelle:<br />

<strong>Lesen</strong> Frauen <strong>und</strong> Männer des persönlichen<br />

Umfelds? Wenn ja, welche Frauen, welche<br />

Männer sind das? Und was lesen sie <strong>und</strong> warum?<br />

Sind diese Personen Identifikationsfiguren<br />

oder grenzt man sich von ihnen <strong>und</strong> dem, was sie<br />

tun <strong>und</strong> <strong>für</strong> wichtig halten, ab?<br />

Kinder <strong>und</strong> Jugendliche, die nicht gerne lesen,<br />

kommen zumeist aus lesefernen Familien, während<br />

begeisterte LeserInnen weit überwiegend in<br />

lesefre<strong>und</strong>lichen Elternhäusern aufwachsen. Traditionen<br />

des <strong>Lesen</strong>s setzen sich sozusagen über<br />

Generationen hinweg fort. Der starke Einfluss<br />

der Familie auf die Lesesozialisation ist auch einer<br />

der Gründe, warum es sehr schwierig ist, Einstellungen<br />

<strong>und</strong> Gewohnheiten von Kindern, die<br />

dem <strong>Lesen</strong> distanziert gegenüberstehen, durch<br />

Interventionen zu ändern. Gleichzeitig ist aber<br />

gerade dieser Zusammenhang der wichtigste<br />

Gr<strong>und</strong> <strong>für</strong> Leseförderungsmaßnahmen außerhalb<br />

der Familie, da nur so familienbedingte<br />

Nachteile ausgeglichen werden können.<br />

■ Kindergarten<br />

Der Kindergarten ist die erste Institution, in der<br />

ein Großteil der Kinder mit Maßnahmen der<br />

Leseförderung erreicht werden kann, vor allem<br />

auch jene Kinder, die in einem lesefernen Umfeld<br />

aufwachsen. Neben der Förderung <strong>und</strong> Entwicklung<br />

von sozialen Kompetenzen können<br />

hier Vorschulkinder mit Schrift- <strong>und</strong> damit auch<br />

Leseumgebungen vertraut gemacht <strong>und</strong> auf das<br />

<strong>Lesen</strong>lernen vorbereitet werden. Besonders<br />

wichtig ist die Förderung der phonologischen<br />

Bewusstheit, dass die Sprache als „Fluss“ von<br />

Lauten in einzelne Segmente zerlegt werden<br />

kann, die – in alphabetischen Schriften – durch<br />

Buchstaben wiedergegeben werden. Bettina<br />

Hurrelmann <strong>und</strong> ihr Team konnten z.B. Anfang<br />

der 1990er Jahre zeigen, dass Kinder, die in ihrer<br />

Kindheit häufig Wort-, Sprach- <strong>und</strong> Singspiele<br />

gemacht haben, im Alter von zehn Jahren<br />

besser lesen konnten als Kinder, die keinen spielerischen<br />

Umgang mit der Sprache geübt hatten. 16<br />

16) Vgl. Hurrelmann/Hammer/Nieß 1993, S. 135ff.<br />

Die Ergebnisse von PISA 2003 haben unter anderem<br />

dazu geführt, dass die Bedeutung des Kindergartens<br />

als Instanz der Lesesozialisation, die<br />

eine wichtige Vorstufe des <strong>Lesen</strong>lernens ist, mehr<br />

Aufmerksamkeit braucht. So können im Kindergarten<br />

z.B. Verzögerungen in der Sprachentwicklung<br />

frühzeitig erkannt <strong>und</strong> gezielte Fördermaßnahmen<br />

gesetzt werden. Kinder mit massiven<br />

Sprachentwicklungsschwierigkeiten haben<br />

weit überwiegend große Schwierigkeiten beim<br />

<strong>Lesen</strong>- <strong>und</strong> Schreibenlernen, die sie oft bis zum<br />

Ende ihrer Pflichtschulzeit nicht ausgleichen<br />

können.<br />

■ Schule<br />

Die Schule ist jene Instanz der Lesesozialisation,<br />

die im Besonderen <strong>für</strong> Kinder, die aus lesefernen<br />

Elternhäusern kommen, eine zentrale<br />

kompensatorische Funktion hat. Die Schule sollte<br />

die Schülerinnen <strong>und</strong> Schüler von Anfang an<br />

mit der Vielfalt der Lesestoffe <strong>und</strong> Textgattungen,<br />

den verschiedensten Lesemedien sowie der<br />

Funktionsvielfalt des <strong>Lesen</strong>s bekannt <strong>und</strong> vertraut<br />

<strong>und</strong> so das <strong>Lesen</strong> <strong>für</strong> sie attraktiv machen.<br />

Ein Problem der Schule ist hier, dass zwischen<br />

den Alltagserfahrungen der Kinder <strong>und</strong> Jugendlichen<br />

<strong>und</strong> den Anforderungen der Schule<br />

in Bezug auf das <strong>Lesen</strong> zum Teil große Diskrepanzen<br />

bestehen, zwischen denen es zu vermitteln<br />

gilt. So assoziieren viele SchülerInnen mit<br />

dem <strong>Lesen</strong> vor allem ab dem ersten Leseknick,<br />

der zwischen zehn <strong>und</strong> zwölf Jahren stattfindet,<br />

„Pflicht“ <strong>und</strong> „Arbeit“. Dies gilt speziell <strong>für</strong> das<br />

Buchlesen. Gleichzeitig steht in der schulischen<br />

Leseförderung nach wie vor das literarische Buch<br />

im Mittelpunkt vieler Strategien, das <strong>Lesen</strong> <strong>für</strong><br />

die Schülerinnen <strong>und</strong> Schüler attraktiv zu machen.<br />

Hier stellt sich die Frage, ob die zu Fördernden<br />

mit diesem von ihnen besonders negativ<br />

bewerteten Medium überhaupt erreicht werden<br />

können. Dazu kommt noch das Problem,<br />

dass besonders Buben & Burschen der erzählenden<br />

Literatur sehr distanziert bis ablehnend<br />

gegenüberstehen. Neue, zeitgemäße Formen der<br />

schulischen Leseförderung sind zu entwickeln,<br />

um das <strong>Lesen</strong> <strong>für</strong> die Kinder <strong>und</strong> Jugendlichen,

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