07.02.2013 Aufrufe

Gender Lesen - Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur

Gender Lesen - Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur

Gender Lesen - Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

20<br />

WAS IST „LESEN“?<br />

WAS IST „LESEN“?<br />

II. Was ist „<strong>Lesen</strong>“?<br />

1 Die <strong>Kultur</strong>technik <strong>Lesen</strong> in der<br />

Wissensgesellschaft<br />

Kommunikation <strong>und</strong> Gesellschaft<br />

Menschliches Zusammenleben braucht Kommunikation,<br />

die Evolution der Gesellschaft ist ohne<br />

Kommunikation nicht denkbar: Sprache ermöglicht<br />

es den Menschen, sich mitzuteilen <strong>und</strong> aufeinander<br />

abzustimmen, sei es beim gemeinsamen<br />

Arbeiten oder der Organisation eines Sozialsystems.<br />

Die Erfindung der Schrift war ein Quantensprung<br />

in der gesellschaftlichen Entwicklung. Bislang<br />

mündliche <strong>und</strong> dementsprechend unsichere Aussagen<br />

werden durch ihre Verschriftlichung – <strong>und</strong><br />

damit auch Materialisierung – fixiert <strong>und</strong> transportierbar.<br />

Mit ihrem „Festschreiben“ gewinnen<br />

Aussagen – Gesetze, Verzeichnisse, Berichte von<br />

Ereignissen etc. – an Verbindlichkeit <strong>und</strong> Autorität.<br />

Der Charakter von Schreiben als Aussagenproduktion<br />

<strong>und</strong> <strong>Lesen</strong> als Zugang zu Information als<br />

Herrschaftsinstrumente zeigt sich an früheren gesetzlichen<br />

Bestimmungen, wer <strong>Lesen</strong> <strong>und</strong> Schreiben<br />

lernen durfte <strong>und</strong> wem dies verboten war. Mit<br />

der Schrift wurde es auch möglich, größere <strong>und</strong> große<br />

Sozialsysteme zu organisieren. <strong>Lesen</strong> <strong>und</strong><br />

Schreiben werden zu <strong>Kultur</strong>techniken, zu Werkzeugen<br />

der menschlichen Kommunikation.<br />

„<strong>Lesen</strong> ist Handeln von Menschen, die in der<br />

kognitiven Dimension des <strong>Lesen</strong>s aus einem Text<br />

Sinn bilden <strong>und</strong> in seinen sinnlichen<br />

<strong>und</strong> emotiven Dimensionen sich durch ihr<br />

Tun ein Erleben selbst bereiten. Dabei entsteht<br />

die Lese-Erfahrung gerade durch die<br />

untrennbare Einheit der verschiedenen<br />

Dimensionen des <strong>Lesen</strong>s.“<br />

13) Schön 1999, S. 1.<br />

Erich Schön 13<br />

Die Entwicklung der Massenmedien, die bis Anfang<br />

des 20. Jahrh<strong>und</strong>erts in erster Linie Schriftmedien<br />

waren, geht Hand in Hand mit der Ausdifferenzierung<br />

der Gesellschaften in unterschiedlichste<br />

Gruppen. Die Massenmedien stellen<br />

Öffentlichkeit her. Mit ihrer Informationsfunktion<br />

tragen sie auch zum Zusammenhalt zwischen<br />

den unterschiedlichsten gesellschaftlichen<br />

Teilsystemen bei. Die (selbstbestimmte) Rezeption<br />

der massenmedial verbreiteten Inhalte erforderte<br />

allerdings bis zum Auftreten von Wanderkinos<br />

<strong>und</strong> des Radios, dass man lesen konnte. <strong>Kultur</strong>bewegungen<br />

der Sozialdemokratie <strong>und</strong> der Arbeiterbewegungen<br />

setzten sich unter dem Schlagwort<br />

„Wissen ist Macht“ auch <strong>für</strong> die Alphabetisierung<br />

<strong>und</strong> die Verbesserung der Lesefähigkeiten<br />

von Personen mit geringer Schulbildung ein. Arbeiterinnen<br />

<strong>und</strong> Arbeitern Zugang zu Bildung zu<br />

ermöglichen, stand im Hintergr<strong>und</strong> dieser politischen<br />

Bemühungen, in deren Kontext Ende des 19.<br />

<strong>und</strong> Anfang des 20. Jahrh<strong>und</strong>erts auch eine Reihe<br />

von Arbeiterbüchereien gegründet wurde.<br />

Ein neues Zeitalter <strong>für</strong> die interpersonale Kommunikation<br />

<strong>und</strong> den Transport von Information<br />

bricht im 19. Jahrh<strong>und</strong>ert durch die Erfindung des<br />

Telefons an. Mündliche Nachrichten können über<br />

weite Distanzen ohne Verschriftlichung übermittelt<br />

<strong>und</strong> ausgetauscht werden. Damit entsteht die Möglichkeit<br />

von raumunabhängiger informeller Kommunikation:<br />

Schriftliche Kommunikation ist, wenn<br />

die Texte aufbewahrt werden, nachvollziehbar, –<br />

was mitunter auch ein Nachteil sein kann.<br />

Die erste Hälfte des 20. Jahrh<strong>und</strong>erts stand im Zeichen<br />

der auditiven <strong>und</strong> audiovisuellen Massenmedien,<br />

des Films, des Hörfunks <strong>und</strong> ab den 1950er<br />

Jahren auch des Fernsehens. Diese Technologien<br />

wurden durch verschiedene Speicher-, Übermittlungs-<br />

<strong>und</strong> Ausgabemedien weiterentwickelt. Immer<br />

wenn eines dieser Medien neu auf den Markt<br />

kam, waren die Be<strong>für</strong>chtungen groß, dass Schreiben<br />

<strong>und</strong> <strong>Lesen</strong> an Bedeutung verlieren werden.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!