Gender Lesen - Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur
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„GENDER“<br />
sammen. Je höher die Bildungsabschlüsse, umso<br />
weniger starr sind im Allgemeinen diese Rollenzuweisungen<br />
<strong>und</strong> -erwartungen <strong>und</strong> umso größer<br />
sind die Freiräume in der Lebensgestaltung, die immer<br />
auch gelebte Geschlechteridentität ist.<br />
Dass Buben in den letzten Jahren immer häufiger<br />
als Problemkinder beschrieben werden <strong>und</strong> empirische<br />
Studien wie PISA diese Debatten untermauern,<br />
hängt auch mit den gesellschaftlichen Veränderungen<br />
<strong>und</strong> dem Infragestellen traditioneller<br />
Geschlechterverhältnisse zusammen. Männer <strong>und</strong><br />
Frauen müssen sich neu orientieren. Zumindest auf<br />
den ersten Blick <strong>und</strong> nach patriarchalen Maßstäben<br />
sind in diesen Prozessen des Wandels eher<br />
Männer „die Verlierer“, die zunehmend auf ehemals<br />
selbstverständliche „Rechte“ verzichten <strong>und</strong><br />
neue, auf die veränderten Bedingungen abgestimmte<br />
Rollenbilder entwickeln müssen.<br />
2 „Doing <strong>Gender</strong>“<br />
Was es heißt, ein Mädchen oder ein Bub zu sein,<br />
erlernen wir im Laufe unseres Heranwachsens.<br />
Durch unser Sein in sozial, materiell, räumlich,<br />
geographisch <strong>und</strong> auch medial10 je spezifischen<br />
10) Als sinnstiftende Instanzen, die Bedeutung produzieren <strong>und</strong><br />
transportieren, haben (Massen-)Medien hier eine wichtige doppelte<br />
Funktion: Sie sind materielle Gegenstände unserer Umwelt<br />
<strong>und</strong> ermöglichen bzw. eröffnen Zugänge zu unterschiedlichsten<br />
Konstruktionen von Welt. Gleichzeitig vermitteln sie mit diesen<br />
Entwürfen immer auch Interpretationsschemata an ihre Publika.<br />
Umwelten mit ihren Möglichkeiten <strong>und</strong> Grenzen<br />
lernen wir durch Beobachten, Ausprobieren <strong>und</strong><br />
Anleitungen, durch Lob <strong>und</strong> Anerkennung, Kritik<br />
<strong>und</strong> Sanktionen uns dort zu bewegen <strong>und</strong> uns<br />
an die an uns herangetragenen Erwartungen anzupassen.<br />
Diese Sozialisationsprozesse sind allerdings<br />
nicht als einseitig durch die Umwelt determiniert<br />
zu verstehen. Dadurch, dass wir persönliche<br />
Eigenschaften, subjektive Bedürfnisse <strong>und</strong><br />
Interessen haben, die wir in den gegebenen Handlungsfreiräumen<br />
artikulieren <strong>und</strong> umsetzen, üben<br />
wir Einfluss auf unsere Umwelten aus <strong>und</strong> gestalten<br />
diese mehr oder weniger bewusst mit.<br />
Sozialisation ist ein Prozess, in dem einerseits die<br />
Umwelt mit ihren Merkmalen – als Sozialisation<br />
„von außen“ – die Person beeinflusst <strong>und</strong> andererseits<br />
die Person mit ihren Merkmalen, Interessen<br />
<strong>und</strong> Handlungen – als Sozialisation „von innen“<br />
– die Umwelt verändert. Von großer Bedeutung ist<br />
die sog. „Selbstsozialisation“: Wenn wir eine Handlung<br />
als belohnend erleben, ist die Wahrscheinlichkeit<br />
hoch, dass wir diese Handlung in ähnlichen<br />
Situationen wiederholen. Die Selbstsozialisation<br />
spielt z.B. in der Medien- <strong>und</strong> Lesesozialisation eine<br />
wichtige Rolle, indem sie einerseits Gewohnheiten<br />
<strong>und</strong> Interessen stabilisiert, andererseits aber<br />
auch Desinteresse verstärken kann.<br />
Im Laufe der immer auch geschlechtsspezifischen<br />
Sozialisation machen Mädchen <strong>und</strong> Buben Be-