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© Igor Smichkov<br />
LESESTOFF_HISTORISCHE ROMANE<br />
Stillleben mit Granatapfel:<br />
In Mathias Gatzas Roman<br />
spielt diese Kunstgattung<br />
eine wichtige Rolle<br />
Männer der Revolution<br />
Solch einen historischen<br />
Roman zu schreiben ist<br />
Wagnis und Kraftakt zugleich:<br />
Die englische Autorin<br />
Hilary Mantel, berühmt<br />
durch ihren Booker-Preisgekrönten<br />
Roman „Wölfe“,<br />
erzählt in ihrem neuen<br />
Schmöker die Geschichte<br />
der Französischen Revolution<br />
anhand der drei Protagonisten Maximilien<br />
Robes pierre, Georges Danton und Camille Desmoulins.<br />
Drei völlig unterschiedliche Typen, die<br />
doch alle drei gemeinsam – <strong>als</strong> Vorkämpfer und<br />
<strong>als</strong> gnadenlose Vollstrecker – Geschichte schrieben<br />
und die schließlich alle drei auf dem Schafott<br />
endeten. „Brüder“ ist kein Buch, das man einfach<br />
so wegliest, was nicht nur am gewaltigen Umfang<br />
(1 100 Seiten!) liegt: Mehr <strong>als</strong> einmal blättert man<br />
zum Personenverzeichnis, um sich einen Überblick<br />
zu verschaffen und sich in Erinnerung zu rufen,<br />
von wem da gerade die Rede ist. Denn die<br />
Herkunft, die Familien, das Umfeld und die persönliche<br />
Entwicklung der drei Männer werden von<br />
Mantel akribisch, aber mit viel dichterischer<br />
Freiheit aufgefächert. Ein großartiger Roman, der<br />
gleichzeitig fesselt und entsetzt. bai<br />
^ Hilary Mantel: „Brüder“. Übersetzt von Sabine<br />
Roth und Kathrin Razum. DuMont, 1 104 S.,<br />
22,99 € (D) • 23,70 € (A) • 32,90 sFr.<br />
Wissenschaft<br />
und Zauberei<br />
Ein verkrachter Wissenschaftler, der Erzähler<br />
in diesem fl irrenden Roman, entführt den Leser<br />
mitten ins 17. Jahrhundert. Mit Akribie rollt<br />
er die Lebensgeschichte <strong>des</strong> Malers Silvius<br />
Schwarz auf, der mit seinen lebensechten<br />
Porträts die Zeitgenossen im Dresden <strong>des</strong><br />
Jahres 1673 schockierte. Sollte es möglich<br />
sein, dass die Fotografi e bereits im Barock<br />
erfunden wurde, fragt sich der Erzähler voller<br />
Enthusiasmus? Immerhin gelang es dem<br />
Stilllebenmaler Schwarz schon dam<strong>als</strong>, aus<br />
einer Camera obscura ein künstliches Auge<br />
zu bauen. Der Wissenschaftler meint, einer<br />
Sensation auf der Spur zu sein, und arbeitet<br />
sich fi eberhaft durch die historischen Zeugnisse.<br />
Während beim Leser deutliche Zweifel<br />
am Wahrheitsgehalt aufkommen, fantasiert<br />
sich der Erzähler eine hinkende Beweiskette<br />
zusammen. „Der Augentäuscher“ ist ein spielerischer<br />
Roman, zugleich Thriller, Romanze,<br />
Künstlerepos und Wissenschaftsfarce, eine<br />
mitreißende Gedankenreise in eine Zeit, in<br />
der Gelehrte oft<br />
<strong>als</strong> obskure Zauberer<br />
verschrien<br />
waren. aw<br />
^ Mathias Gatza:<br />
„Der Augentäuscher“.<br />
Graf<br />
Verlag, 352 S.,<br />
19,99 € (D) •<br />
20,60 € (A) •<br />
27,90 sFr.<br />
Wettstreit auf<br />
Leben und Tod<br />
Die Wartburg im Winter <strong>des</strong><br />
Jahres 1206: Auf der tief<br />
verschneiten Burg versammeln<br />
sich die bedeutendsten<br />
Dichter und Sänger<br />
der Zeit. Heinrich von<br />
Ofterdingen, Walter von der<br />
Vogelweide, Wolfram von<br />
Eschenbach und andere<br />
stellen sich einem Wettstreit,<br />
bei dem der beste Sänger gekürt – und der<br />
schlechteste geköpft werden soll. Im Mittelpunkt<br />
<strong>des</strong> Geschehens steht der junge, unerfahrene Biterolf,<br />
der in einen Strudel von Intrigen, geheimen<br />
Absprachen und Verrat hineingezogen wird. Robert<br />
Löhr hat mit seinem Buch der Wartburg und<br />
dem – historisch nicht verbürgten – Sängerkrieg<br />
ein literarisches Denkmal gesetzt. Er nähert sich<br />
dem Thema mit großer dichterischer Freiheit und<br />
einer unbändigen Lust am Fabulieren. Sein Roman,<br />
der mit Spannung und dichter Atmosphäre<br />
überzeugt, ist anspruchsvolle Unterhaltung im<br />
bes ten Sinne. bai<br />
^ Robert Löhr: „Krieg der Sänger“. Piper,<br />
256 S., 19,99 € (D) • 20,60 € (A) • 28,90 sFr.<br />
Kampf gegen die Untoten<br />
Nachzehrer, Untote, die<br />
sich nächtens Lebende holen,<br />
halten den Weiler Alwerode<br />
im hessischen<br />
Knüllwald in Angst und<br />
Schrecken. Es ist Winter<br />
1536, die Zeit der Raunächte.<br />
Pater Fürchtegott soll<br />
<strong>als</strong> Exorzist das Böse vertreiben;<br />
die junge, kluge<br />
Klara, gefl ohen vor Misshandlung und Heirat wider<br />
Willen, schließt sich ihm an. Bald geraten die<br />
beiden in einen Strudel aus Hass, fi nsteren Geheimnissen,<br />
misshandelten Frauen, qualvollen<br />
Toden und einer Müllersfamilie im Bund mit dem<br />
Bösen. Ines Thorn, sprudelnde Geschichtenerzählerin,<br />
die mit prallen Bildern Personen und<br />
historische Schauplätze im ausgehenden Mittelalter<br />
lebendig werden lässt, hat in „Teufelsmond“<br />
wieder alles gesteckt, was ein Pageturner<br />
braucht: archaisch-rohe Männergewalt, Handlung<br />
mit Gruseleffekt, eine starke Heldin, große<br />
Gefühle und derb-witzige Dialoge. Deftiges Lesefutter<br />
für eine lange Nacht. ana<br />
^ Ines Thorn: „Teufelsmond“. Wunderlich, 384 S.,<br />
16,95 € (D) • 17,50 € (A) • 24,50 sFr.<br />
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buchjournal 3_2012