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Skript - an der Hochschule für Technik und Wirtschaft des Saarlandes

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<strong>Skript</strong><br />

Dosimetrie ionisieren<strong>der</strong> Strahlung<br />

Prof.Dr.rer.nat K.-H.Folkerts<br />

<strong>Hochschule</strong> <strong>für</strong> <strong>Technik</strong> <strong>und</strong> <strong>Wirtschaft</strong> <strong>des</strong> Saarl<strong>an</strong><strong>des</strong><br />

FB GIS Labor <strong>für</strong> Kernstrahlungsmeßtechnik <strong>und</strong> Strahlenschutz<br />

Saarbrücken, April 2005<br />

Goebenstr. 40<br />

66117 Saarbrücken


Prof.Dr. K.-H.Folkerts Dosimetrie <strong>und</strong> Strahlenschutz<br />

inhaltdoskap<br />

Inhaltsverzeichnis<br />

1. Einleitung<br />

2. Strahlenschutz ionisieren<strong>der</strong> Strahlung 2<br />

2.1 Allgemeine Dosisbegriffe 2<br />

2.1.1 Energiedosis D<br />

2.1.2 Ionendosis <strong>und</strong> Ionendosisleistung 4<br />

2.1.3 Das lineare Energieübertragungsvermögen 6<br />

2.2 Dosisbegriffe <strong>für</strong> den Strahlenschutz 7<br />

2.2.1 Körperdosisgrößen 8<br />

2.2.2 Dosis-Meßgrößen 12<br />

2.3 Einfache Berechnung von Strahlenexpositionen aus den<br />

Daten <strong>der</strong> Quelle<br />

2.3.1 Quadratisches Abst<strong>an</strong>dsgesetz 15<br />

2.3.2 Einfache Methoden zur Dosisberechnung <strong>für</strong><br />

α- <strong>und</strong> nie<strong>der</strong>energetische β-Strahler 17<br />

2.4 Strahlenbiologische Gr<strong>und</strong>lagen <strong>des</strong> Strahlenschutzes<br />

2.4.1 Einführung 20<br />

2.4.2 Wechselwirkung von Strahlung mit biologischen<br />

Strukturen 20<br />

2.4.3 Makroskopische Strahlenwirkung, Strahlenschäden 25<br />

2.4.3.1 Deterministische Effekte 25<br />

2.4.3.2 Stochastische Schäden 28<br />

2.4.4 Ableitung von Grenzwerten im Strahlenschutz 34<br />

2.5 Die natürliche <strong>und</strong> zivilisatorische Strahlenexposition <strong>des</strong> Menschen<br />

2.5.1 Die natürliche Strahlenexposition 36<br />

2.5.2 Die zivilisatorische Strahlenexposition <strong>des</strong> Menschen 45<br />

2.6 Praktischer Strahlenschutz<br />

2.6.1 Strahlenschutzgesetze <strong>und</strong> Grenzwerte 50<br />

2.6.2 Meßtechnische Überwachung 55<br />

2.6.3 Abschätzung <strong>der</strong> Strahlenexposition bei <strong>der</strong><br />

Inkorporation von Radionukliden 62<br />

2.6.4 Berechnung von Abschirmungen <strong>und</strong> Schutzwänden 65<br />

3. Nichtionisierende Strahlung 73<br />

3.1 Optische Strahlung 73<br />

3.1.1 UV-Strahlung 73<br />

3.1.2 Laser-Strahlung 76<br />

3.2 Hochfrequenz- (HF) Strahlung 80<br />

3.3 Nie<strong>der</strong>frequente <strong>und</strong> statische Fel<strong>der</strong> 87<br />

ii


Vorlesung Dosimetrie <strong>und</strong> Strahlenschutz<br />

1. Einleitung<br />

Gegenst<strong>an</strong>d <strong>der</strong> Betrachtungen ist <strong>der</strong> Schutz <strong>des</strong> Menschen vor <strong>der</strong> Einwirkung ionisieren<strong>der</strong><br />

<strong>und</strong> nichtionisieren<strong>der</strong> Strahlung.<br />

Anwendung <strong>der</strong> Strahlungsarten ist weit verbreitet: Forschung, <strong>Technik</strong>, Medizin.<br />

Strahlenschutz ist notwendig, da ionisierende <strong>und</strong> nichtionisierende Strahlung zu ges<strong>und</strong>heitsschädlichen<br />

Effekten führen können. → Schutzvorschriften.<br />

Begriffsbestimmungen:<br />

Ionisierende Strahlung:<br />

„Ionisierende Strahlung ist eine Strahlung, die aus Teilchen o<strong>der</strong> Photonen besteht, die ein<br />

perm<strong>an</strong>entes Gas direkt o<strong>der</strong> indirekt durch Stoß zu ionisieren vermögen.“<br />

(Teilchen mit Energien oberhalb von 1keV gehören eindeutig zu den ionisierenden Strahlen.)<br />

Direkt ionisierende Strahlung: Besteht aus geladenen Teilchen (Z.B. Elektronen, α-<br />

Teilchen, etc. ) die das Gas unmittelbar durch Stoß ionisieren.<br />

Indirekt ionisierende Strahlung: Besteht aus ungeladenen Teilchen (z.B. Neutronen) o<strong>der</strong><br />

Photonen, die in <strong>der</strong> lage sind Energie auf geladene Teilche zu übertragen, die ihrerseits das<br />

Gas ionisieren.<br />

Teilchenstrahlung (Korpuskularstrahlung): Teilchen mit Ruhemasse (z.B. Elektronen, β-<br />

Teilchen, Protonen, α-Teilchen)<br />

Photonenstrahlung (Teilchen ohne Ruhemasse): elektromagnetische Strahlung (z.B. γ-<br />

Strahlung, Röntgenstrahlung.)<br />

Quellen ionisieren<strong>der</strong> Strahlung:<br />

- Radionuklide (Radioaktivität)<br />

Natürlich (Kosmische Strahlung, Ur<strong>an</strong> etc)<br />

Künstlich (z.B. Kernkraftwerke )<br />

- Technische Prozesse wie: Röntgenröhren, Beschleuniger, Störstrahler (Bildröhren,<br />

Schweißgeräte etc.)<br />

Nichtionisierende Strahlung<br />

Die nichtionisierende Strahlung ist nicht so einheitlich zu definieren wie die ionisierende, da<br />

hier eine Vielzahl unterschiedlicher physikalischer Effekte zu betrachten sind.<br />

Beispiele <strong>für</strong> nichtionisierende Strahlung:<br />

- Laser<br />

- UV<br />

- Radar<br />

- Mikrowellen<br />

- Radiowellen<br />

- Statische elektrische <strong>und</strong> magnetische Fel<strong>der</strong><br />

- Magnetische Wechselfel<strong>der</strong><br />

- Ultraschall<br />

-<br />

Bis auf die UV -Strahlung resultieren die nichtionisierenden Strahlen praktische alle aus<br />

künstlichen (zivilisatorische) Quellen.


Prof.Dr.K.-H.Folkerts Dosimetrie u. Strahlenschutz<br />

Die praktischen Richtlinien <strong>des</strong> Strahlenschutzes basieren auf wissenschaftlichen Erkenntnissen<br />

<strong>und</strong> werden jeweils den neuesten Forschungsergebnissen <strong>und</strong> politischen Entwicklungen<br />

<strong>an</strong>gepaßt.<br />

→ Novellierung <strong>der</strong> Strahlenschutzverordnung (StrlSchV) in 2001 sowie Röntgenverordnung<br />

in 2003.<br />

Än<strong>der</strong>ungen von Grenzwerten beispielsweise, erfor<strong>der</strong>n eine Gesetzesän<strong>der</strong>ung.<br />

Im Folgenden soll zunächst <strong>der</strong> Strahlenschutz bei ionisieren<strong>der</strong> Strahlung beh<strong>an</strong>delt <strong>und</strong> im<br />

Anschluß dar<strong>an</strong> ein Überblick <strong>der</strong> Situation bei den nichtionisierenden Strahlen gegeben<br />

werden.<br />

2. Strahlenschutz bei ionisieren<strong>der</strong> Strahlung.<br />

Es ist bek<strong>an</strong>nt, daß ionisierende Strahlung ges<strong>und</strong>heitsschädliche Effekte hat.<br />

z.B.: Ionisierende Strahlung wirkt k<strong>an</strong>zerogen. → s. Überlebende Hiroshima, Nagasaki.<br />

Hauptziel <strong>des</strong> Strahlenschutzes Kenntnis <strong>des</strong> Zusammenh<strong>an</strong>ges zwischen Strahleneinwirkung<br />

auf den Menschen <strong>und</strong> dem daraus resultierenden Risiko. → Dosis-<br />

Wirkungsbeziehung.<br />

Zur Qu<strong>an</strong>tifizierung <strong>der</strong> „Menge <strong>der</strong> mit dem Körpergewebe eines Menschen wechselwirkenden<br />

Strahlung“, hat m<strong>an</strong> sogen<strong>an</strong>nte Dosisbegriffe eingeführt.<br />

Es sind <strong>für</strong> die vielfältigen Anwendungszwecke eine g<strong>an</strong>ze Reihe unterschiedlicher Dosisbegriffe<br />

eingführt worden. M<strong>an</strong> k<strong>an</strong>n diese Dosisbegriffe grob einteilen in:<br />

doskap1<br />

- Allgemeine o<strong>der</strong> physikalische Dosisbegriffe (meßbar)<br />

- Dosisbegriffe <strong>für</strong> den Strahlenschutz (nicht meßbar, jedoch ableitbar aus den allgemeinen<br />

Dosisbegriffen)<br />

Dosisbegriffe <strong>für</strong> den Strahlenschutz: Neben dem reinen Energieübertrag durch die Strahlung<br />

wird hierbei noch die Reaktion <strong>des</strong> biologischen Gewebes bei <strong>der</strong> Dosisbestimmung<br />

berücksichtigt.<br />

2.1 Allgemeine Dosisbegriffe<br />

2.1.1 Energiedosis D<br />

Das f<strong>und</strong>amentale Dosismaß in <strong>der</strong> Dosimetrie ist die Energiedosis D. M<strong>an</strong> betrachte zur<br />

Definition dieser Größe ein Volumen dV <strong>der</strong> Dichte ρ irgendeiner Art von Materie. Für die<br />

Masse <strong>des</strong> Materievolumens gilt d<strong>an</strong>n: dm = ρ⋅dV.<br />

Rex<br />

dV, ρ<br />

Ri<br />

Auf ein Material übertragene Energie ε.<br />

∑<br />

ε = − R + Q<br />

Rin ex<br />

ε: Auf das Material durch ionisierende Strahlung übertragene<br />

Energie<br />

Rin: Summe <strong>der</strong> Energien (ohne Ruheenergie) aller direkt<br />

o<strong>der</strong> indirekt ionisierenden Teilchen die in das Volumen<br />

eintreten.<br />

2


Prof.Dr.K.-H.Folkerts Dosimetrie u. Strahlenschutz<br />

Rex: Summe <strong>der</strong> Energien aller direkt o<strong>der</strong> indirekt ionisierenden Teilchen, die das Volumen<br />

verlassen.<br />

ΣQ: Summe <strong>der</strong> Reaktions- <strong>und</strong> Umw<strong>an</strong>dlungsenergien aller Kern- <strong>und</strong> Elementarteilchenprozesse<br />

die im Volumen dV stattfinden.<br />

Energiedosis D <strong>und</strong> Energiedosisleistung D & :<br />

Definition:<br />

doskap1<br />

dε<br />

1 dε<br />

J J<br />

D = = ⋅ ; [ D ] = a 1 = 1Gy<br />

( Gray)<br />

dm ρ dV kg kg<br />

d ε : mittlere durch ionisierende Strahlung auf das Material übertragene Energie im Volumenelement<br />

dV.<br />

Die Energiedosis ist <strong>für</strong> je<strong>des</strong> Material definiert. Meint m<strong>an</strong> ein bestimmtes Material, so sagt<br />

m<strong>an</strong>: Wasser-Energiedosis DW, Luft-Energiedosis DL usw.<br />

Energiedosisleistung D & :<br />

Definition: & dD<br />

= [ D&<br />

]<br />

J Gy<br />

D = = =<br />

dt kg ⋅ s s<br />

Ist eine zeitabhängige Energiedosisleistung gegeben, so ergibt sich die erhaltene Energiedosis<br />

in einem Expositionsintervall texp zu:<br />

texp<br />

D = ∫ D&<br />

( t)<br />

⋅ dt<br />

0<br />

W<br />

kg<br />

D = D ⋅ t & ;<br />

Ist die Energiedosisleistung konst<strong>an</strong>t gilt einfach: exp<br />

Anmerkung: Die Einheit <strong>der</strong> Energiedosis bzw. Energiedosisleistung ist eine SI-Größe. Die<br />

im praktischen Strahlenschutz auftretenden Energiedosen sind i.a. wesentlich kleiner. Typische<br />

Werte: µGy/h <strong>und</strong> mGy/h. Die natürliche Umgebungsstrahlung liefert eine Energiedosisleistung<br />

von etwa: 0.1 – 0.2 µGy/h. Zur weiteren Orientierung sei die LD50 (Letaldosis <strong>des</strong><br />

Menschen, bei <strong>der</strong> 50% eines bestrahlten Kollektivs sterben) <strong>an</strong>gegeben:<br />

LD50 ≅ 4 - 5 Gy: das heißt bei D & = 1Gy/s ist die Letaldosis nach 5 Sek<strong>und</strong>en erreicht.<br />

Meßbarkeit <strong>der</strong> Energiedosis. Energieübertragung führt letztlich zur Erwärmung <strong>des</strong> Körpers<br />

→ Kalorimetrische Bestimmung <strong>der</strong> Energiedosis → Messung <strong>der</strong> Temperaturerhöhung.<br />

Abschätzung <strong>des</strong> zu erwartenden Effektes: Körpergewebe ersetzt durch Wasser.<br />

J<br />

∆Q<br />

J<br />

cH O = 4190 → ∆Q = m ⋅c<br />

⋅ ∆T<br />

a = D = c ⋅ ∆T<br />

= 4190 ⋅1K<br />

.<br />

2 kg ⋅ K<br />

m<br />

kg ⋅ K<br />

M<strong>an</strong> benötigt also 4190 Gy (J/kg) um eine Temperaturerhöhung von 1K = 1 0 C zu erreichen.<br />

Bei <strong>der</strong> LD50 = 4Gy ergäbe sich daher eine Temperaturerhöhung von etwa 1 mK. Bei normalen<br />

Expositionen im Bereich von mGy bzw. µGy ergeben sich d<strong>an</strong>n Temperaturerhöhungen<br />

im Bereich von µK bis nK. Dies ist in <strong>der</strong> Praxis nicht meßbar.<br />

Zur meßtechnischen Bestimmung <strong>der</strong> Energiedosis führt m<strong>an</strong> daher weitere Dosigrößen ein,<br />

<strong>der</strong>en Definition <strong>an</strong> <strong>der</strong> Meßbarkeit orientiert sind. Die Energiedosis läßt sich daraus mittels<br />

geeigneter Korrektionen ermitteln.<br />

3


Prof.Dr.K.-H.Folkerts Dosimetrie u. Strahlenschutz<br />

Eine eng mit <strong>der</strong> Energiedosis D verknüpfte Dosisgröße ist die KERMA (Kinetic Energy Released<br />

in Matter)<br />

Definition:<br />

doskap1<br />

e -<br />

dma<br />

dEtr<br />

1 dEtr<br />

J<br />

K = = [ K ] = = Gy<br />

dm ρ dV kg<br />

dEtr : Summe <strong>der</strong> Anf<strong>an</strong>gswerte <strong>der</strong> kinetischen Energie aller geladenen Teilchen, die von<br />

indirekt ionisieren<strong>der</strong> Strahlung aus dem Material in einem Volumenelement dV freigesetzt<br />

wurden.<br />

dm: Massenelement; ρ: Dichte.<br />

Die KERMA ist ebenfalls <strong>für</strong> je<strong>des</strong> beliebige Material definiert. Bsp: Luftkerma Ka, Wasserkerma<br />

KW.<br />

Kermaleistung: & dK<br />

= [ K&<br />

]<br />

K =<br />

dt<br />

e -<br />

Gy<br />

s<br />

Die KERMA berücksichtigt also nicht die tatsächlich <strong>an</strong>s Material übertragene Energie, son<strong>der</strong>n<br />

die unmittelbar auf die Sek<strong>und</strong>ärteilchen übertragene Energie.<br />

D ≤ ; Ist die Reichweite <strong>der</strong> erzeugten Sek<strong>und</strong>ärteilchen kleiner als<br />

Gr<strong>und</strong>sätzlich gilt: K<br />

die Grenzen <strong>des</strong> betrachteten Volumenelementes gilt: D = K<br />

e -<br />

1<br />

dV<br />

2<br />

2.1.2 Ionendosis <strong>und</strong> Ionendosisleistung.<br />

Wird das Elektron auf Weg 1 emittiert, wird seine Energie<br />

vollständig im Volumenelement dV absorbiert → D = K.<br />

Auf Weg zwei wird nur ein Teil <strong>der</strong> Energie in dV deponiert.<br />

→ D < K.<br />

Eine in <strong>der</strong> Dosimetrie wichtige <strong>und</strong> auch meßtechnisch verhältnismäßig einfach zu ermittelnde<br />

Dosisgröße ist die Ionendosis. M<strong>an</strong> betrachte dazu ein Volumen bzw. Massenelement<br />

dma Luft.<br />

Durch Wechselwirkung <strong>der</strong> Strahlung mit <strong>der</strong> Luft werden<br />

Ionenpaare <strong>und</strong> damit elektrische Ladungsträger gebildet. Die<br />

erzeugte elektrische Ladung ist ein Maß <strong>für</strong> den<br />

Energieübertrag durch ionisierende Strahlung.<br />

dQ<br />

dm<br />

dQ<br />

dV<br />

Definition: J = = ⋅ [ J ]<br />

dQ: Betrag <strong>der</strong> elektrischen Ladung <strong>der</strong> Ionen eins Vorzeichens, die in Luft im<br />

Volumenelement dVa durch ionisierende Strahlung gebildet werden.<br />

ρ a : Dichte <strong>der</strong> Luft.<br />

(Alte Einheit <strong>der</strong> Ionendosis: Röntgen R: Umrechnung: 1R = 2.58⋅10 -4 C/kg.)<br />

a<br />

1<br />

ρ<br />

a<br />

a<br />

=<br />

C<br />

kg<br />

4


Prof.Dr.K.-H.Folkerts Dosimetrie u. Strahlenschutz<br />

Ionendosisleistung: & dJ<br />

= [ J&<br />

]<br />

doskap1<br />

i d d G b t<br />

C<br />

J = =<br />

dt kg ⋅ s<br />

Messung <strong>der</strong> Ionendosisleistung mit <strong>der</strong> Ionisationskammer.<br />

e -<br />

⊕<br />

I K<br />

Für die Ionendosis gilt d<strong>an</strong>n: J = J&<br />

⋅ ∆t<br />

= ⋅ ∆t<br />

ρ ⋅V<br />

a<br />

A<br />

kg<br />

K<br />

Aus obiger Definition ergibt sich die<br />

Ionendosisleistung durch Messung<br />

<strong>des</strong> Kammerstromes IK <strong>und</strong> <strong>der</strong> Masse<br />

ma <strong>der</strong> in <strong>der</strong> Kammer befindlichen<br />

Luft. Es gilt:<br />

I<br />

J&<br />

=<br />

m<br />

K<br />

a<br />

I K =<br />

ρ ⋅V<br />

Zusammenh<strong>an</strong>g zwischen Ionendosis <strong>und</strong> Energiedosis in Luft: Es gilt:<br />

dε<br />

E<br />

= ≈<br />

dm m<br />

Nion<br />

⋅ w Q ⋅ w w I K ⋅∆t<br />

w<br />

= = = ⋅ = ⋅ J&<br />

⋅∆t<br />

a D ∝ J&<br />

m e⋅<br />

m e m e<br />

Da tr<br />

a<br />

a a a<br />

a<br />

a<br />

mit: Da: Energiedosis in Luft; Etr: Übertragene Energie; Nion: Zahl <strong>der</strong> erzeugten Ionen eines<br />

Vorzeichens; w: w-Wert von Luft (~ 34eV); e: Elementarladung e = 1.6⋅10 -19 C;<br />

Die Energiedosis ist also direkt proportional zur Ionendosis. Damit die Einheit <strong>der</strong> Energiedosis<br />

in Gy herauskommt ist noch ein „Einheiten<strong>an</strong>passungsfaktor“ erfor<strong>der</strong>lich. Es gilt:<br />

⎡ Q ⋅ w ⎤<br />

⎢ ⎥<br />

⎣e<br />

⋅ ma<br />

⎦<br />

m = ρ ⋅ V<br />

a<br />

C ⋅eV<br />

C ⋅ kg<br />

1.<br />

6⋅10<br />

kg<br />

−19<br />

−19<br />

[ ] = = =<br />

a D = 1.<br />

6⋅10<br />

⋅ J&<br />

⋅ ∆t<br />

D a<br />

Gewebe-Luftfaktor als Funktion <strong>der</strong> Strahlungsener-<br />

a<br />

I<br />

K<br />

J<br />

U<br />

w<br />

e<br />

(w in eV, ∆t in s).<br />

a<br />

K<br />

Die Messung <strong>der</strong> Ionendosis in Luft liefert<br />

die Energiedosis <strong>für</strong> Luft. Will m<strong>an</strong><br />

die Energiedosis in Gewebe ermitteln ist<br />

die Energiedosis <strong>für</strong> Luft noch mit einem<br />

Faktor zu multiplizieren, <strong>der</strong> die unterschiedlichen<br />

Absorptionseigenschaften<br />

<strong>des</strong> Gewebes gegenüber Luft berücksichtigt.<br />

→ Gewebe-Luftfaktor fGL. Es<br />

gilt:<br />

D = f ⋅ D<br />

Gewebe<br />

GL<br />

Der Gewebeluftfaktor ist abhängig vom<br />

Gewebe <strong>und</strong> abhängig von <strong>der</strong> Strahlenenergie.<br />

(s.Abbildung).<br />

a<br />

5


Prof.Dr.K.-H.Folkerts Dosimetrie u. Strahlenschutz<br />

Für Weichteilgewebe (z.Bsp. Muskulatur) ist fGL praktisch gleich 1. Daher gilt <strong>für</strong> Strahlenschutztwecke<br />

in guter Näherung:<br />

doskap1<br />

D ≈ D<br />

WG<br />

Für <strong>an</strong><strong>der</strong>e Gewebetypen ist entsprechend zu korrigieren.<br />

a<br />

Bsp.: In einer Ionisationskammer wird ein Strom von I = 5pA gemessen. Das Volumen<br />

<strong>der</strong> Kammer betrage V = 10l.<br />

Der Luftdruck betrage p = 1000mbar bei einer Temperatur von υ = 23 0 C. Wie groß ist die<br />

Energiedosis in Luft?<br />

Für die Energiedosis gilt:<br />

D&<br />

a<br />

= 1.<br />

6 ⋅10<br />

w<br />

⋅ ⋅ J&<br />

= 1.<br />

6 ⋅10<br />

e<br />

−19 −19<br />

w ⋅ I<br />

⋅<br />

e ⋅ m<br />

Für die Masse <strong>der</strong> Luft gilt: ma = ρ a ⋅VK<br />

Die Dichte <strong>der</strong> Luft beträgt unter Normalbedingungen<br />

(p = 10013mbar <strong>und</strong> C<br />

0<br />

kg<br />

ϑ = 0 .) ρ a = 1.<br />

293 . 3<br />

m<br />

Nach Gasgesetzen gilt:<br />

p1<br />

ρ ⋅T<br />

p0<br />

=<br />

ρ ⋅T<br />

a<br />

p1<br />

⋅T0<br />

1000⋅<br />

273.<br />

15 kg<br />

ρ1<br />

= ρ0<br />

⋅ = 1.<br />

293⋅<br />

= 1.<br />

18 3<br />

p ⋅T<br />

1013⋅<br />

296.<br />

15 m<br />

1<br />

1<br />

0<br />

0<br />

Damit gilt <strong>für</strong> die Energiedosis Da:<br />

Da −19<br />

34<br />

. 6 ⋅10<br />

⋅ −19<br />

1.<br />

6 ⋅10<br />

−<br />

5 ⋅10<br />

⋅<br />

1.<br />

18 ⋅10<br />

= 1 −2<br />

0<br />

12<br />

1<br />

Gy µ Gy<br />

= 1.<br />

44 = 51.<br />

86<br />

s h<br />

2.1.3 Das lineare Energieübertragungsvermögen LET<br />

a<br />

Das Ausmaß biologischer Wirkungen ionisieren<strong>der</strong><br />

Strahlung hängt nicht nur von <strong>der</strong> Energiedosis ab,<br />

son<strong>der</strong>n neben <strong>an</strong><strong>der</strong>en Effekten (s. Kap. über Dosisgrößen<br />

im Strahlenschutz) auch von <strong>der</strong> Art mikroskopischen<br />

Verteilung <strong>der</strong> „Energieportionen“ bei <strong>der</strong> Energieübertragung.<br />

Zur Beschreibung <strong>der</strong> lokalen Abgabe von Energie<br />

durch ionisierende Strahlung wurde das lineare Energieübertragungsvermögen<br />

(engl.: linear energy tr<strong>an</strong>sfer)<br />

LET eingeführt. Die Definition lautet:<br />

Der lineare Energietr<strong>an</strong>sfer LET geladener Teilchen in<br />

einem Medium ist <strong>der</strong> Quotient aus dem mittleren Energieverlust<br />

dE, den das Teilchen durch Stöße erleidet,<br />

bei denen <strong>der</strong> Energieverlust kleiner ist als eine<br />

vorgegebene Energie ∆ <strong>und</strong> dem dabei zurückgelegten<br />

Weg ds.<br />

⎡dE<br />

⎤<br />

LET =<br />

⎢ ds ⎥<br />

⎣ ⎦<br />

∆<br />

[ LET ]<br />

keV<br />

=<br />

µ m<br />

6


Prof.Dr.K.-H.Folkerts Dosimetrie u. Strahlenschutz<br />

Betrachtet m<strong>an</strong> beliebige Energieübertragungen so gilt: ∆ = ∞. Der LET stimmt in diesem Fall<br />

mit dem Bremsvermögen S überein.<br />

→ Der LET ist nicht konst<strong>an</strong>t, son<strong>der</strong>n än<strong>der</strong>t sich mit <strong>der</strong> Teilchenenergie. Er än<strong>der</strong>t sich<br />

also bei <strong>der</strong> Passage <strong>des</strong> Teilchens durch Materie.<br />

keV<br />

Begriffe. Locker ionisierende Strahlung: L∞ < 3.<br />

5<br />

µ<br />

keV<br />

Dicht ionisierende Strahlung: L∞<br />

> 3.<br />

5<br />

µ m<br />

Faustregel: Ionisierende Strahlung ist strahlenbiologisch umso wirksamer, je größer <strong>der</strong> LET<br />

<strong>der</strong> Strahlung ist.<br />

Beispiele: LET∞ in Wasser.<br />

Elektronen:<br />

Energie in keV 50 200 1000 2000<br />

LET in keV/µm 0.6 0.27 0.18 0.18<br />

Alpha-Teilchen:<br />

Energie in keV 200 1000 5000 10000<br />

LET in keV/µm 200 230 100 60<br />

doskap1<br />

2.2 Dosisbegriffe <strong>für</strong> den Strahlenschutz<br />

Begründung <strong>für</strong> das Einführen spezieller Dosisgrößen <strong>für</strong> den Strahlenschutz.<br />

→ Strahlenbiologische Experimente zeigen: Unterschiedliche Strahlenarten, sowie unterschiedliche<br />

Bedingungen bei <strong>der</strong> Exposition führen trotz gleicher Energiedosen zu unterschiedlichen<br />

biologischen Wirkungen.<br />

Milieufaktoren<br />

Gewebeart<br />

Energiedosis<br />

Strahlenwirkung<br />

Räumliche<br />

Dosisverteilung<br />

Strahlenart<br />

Damit Strahlenexpositionen, die unter verschiedenen Bedingungen erhalten wurden bzgl.<br />

<strong>des</strong> damit verb<strong>und</strong>enen Risikos mitein<strong>an</strong><strong>der</strong> vergleichbar gemacht werden können, führt m<strong>an</strong><br />

neue „gewichtete“ Dosisgrößen ein.<br />

7<br />

Zeitliche<br />

Dosisverteilung


Prof.Dr.K.-H.Folkerts Dosimetrie u. Strahlenschutz<br />

Neue Dosisgrößen gehen zurück auf ICRP –Empfehlung von 1990 (ICRP: International Comittee<br />

on Radiological Protection)<br />

Übernahme in deutsche Strahlenschutzgesetzgebung in Strl.Sch.V von Aug 2001 sowie RöV<br />

von 2003.<br />

Konzept <strong>der</strong> Dosisgrößen im Strahlenschutz<br />

Die neuen Dosiskategorien im Strahlenschutz lassen sich in zwei Kategorien einteilen.<br />

doskap1<br />

- Körperdosisgrößen; (Dienen zum Festlegen von Grenzwerten)<br />

- Dosis-Meßgrößen (Schätzwerte <strong>für</strong> die i.a. nicht meßbaren Körperdosisgrößen)<br />

2.2.1 Körperdosisgrößen<br />

Die Energiedosis D bildet die Basis <strong>für</strong> die Abschätzung möglicher Schäden aufgr<strong>und</strong> <strong>der</strong><br />

Einwirkung ionisieren<strong>der</strong> Strahlung auf den Menschen. Im praktischen Strahlenschutz interessiert<br />

dabei i.a. nur das Risiko sogen<strong>an</strong>nter stochastischer Effekte (Tumorinzidenz, genet.Schäden).<br />

Das Auftreten <strong>der</strong>artiger Effekte ist sowohl von <strong>der</strong> Art <strong>des</strong> bestrahlten Gewebes,<br />

von <strong>der</strong> Art <strong>der</strong> Strahlung (Photonen, Neutronen, α-, β-Teilchen etc.) <strong>und</strong> den Umständen<br />

<strong>der</strong> Bestrahlung (Dosisleistung, zeitliche Verteilung etc.) abhängig.<br />

Bezeichnet m<strong>an</strong> mit: D T,<br />

R:<br />

die mittlere Energiedosis in einem Org<strong>an</strong> T durch eine Strahlungsart<br />

R, d<strong>an</strong>n ist die Org<strong>an</strong>äquivalentdosis H T durch die gewichtete Summe <strong>der</strong> Energiedosen<br />

D T,<br />

R gegeben. Es gilt:<br />

J J<br />

H T = ∑ wR<br />

⋅ DT<br />

, R [ HT ] = 1 = 1Sievert<br />

= 1Sv<br />

R<br />

kg kg<br />

wR : Dimensionslose Strahlungswichtungsfaktoren, die die unterschiedliche strahlenbiologische<br />

Wirksamkeit <strong>der</strong> verschiedenen Strahlenarten <strong>und</strong> Strahlenenergien berücksichtigen.<br />

Der Zahlenwert <strong>der</strong> Wichtungsfaktoren <strong>für</strong> eine Strahlenart <strong>und</strong> Energie <strong>der</strong> Strahlung wurde<br />

so gewählt, daß er repräsentativ bzgl. <strong>der</strong> biologischen Wirksamkeit bei <strong>der</strong> Induzierung<br />

stochastischer Effekte bei niedrigen Dosen ist. [1].<br />

Das heißt: Der Begriff <strong>der</strong> Org<strong>an</strong>äquivalentdosis <strong>und</strong> auch <strong>der</strong> weiter unten zu definierenden<br />

Effektiven Dosis bezieht sich nur auf die Abschätzung <strong>des</strong> stochastischen Risikos<br />

(Tumorinzidenz, genet.Schäden) bei niedrigen Dosen. Bei hohen Strahlendosen<br />

o<strong>der</strong> bei <strong>der</strong> Abschätzung deterministischer Strahlenschäden ist <strong>der</strong> Begriff <strong>der</strong> Org<strong>an</strong>äquivalentdosis<br />

(Effektive Dosis) nicht definiert <strong>und</strong> daher nicht sinnvoll <strong>an</strong>wendbar.<br />

Die Zahlenwerte <strong>der</strong> Strahlungswichtungsfaktoren ersetzen den bis zur Novellierung <strong>der</strong><br />

Strl.Sch.V. zur Bestimmung <strong>der</strong> Äquivalentdosis verwendeten Qualitätsfaktor Q. Die Zahlenwerte<br />

entsprechen, bis auf die Zahlen <strong>für</strong> Neutronen, den Zahlenwerten <strong>der</strong> Qualitätsfaktoren<br />

<strong>der</strong> alten Strahlenschutzverordnung. Die Tabelle zeigt die geltenden Strahlungswichtungsfaktoren<br />

nach Strl.Sch.V.2001<br />

8


Prof.Dr.K.-H.Folkerts Dosimetrie u. Strahlenschutz<br />

Strahlungswichtungsfaktoren nach Strl.Sch.V. 2001<br />

Für Photonen, Elektronen <strong>und</strong> Myonen ist <strong>der</strong> Wichtungsfaktor unabhängig von <strong>der</strong> Energie<br />

gleich 1. Alphateilchen <strong>und</strong> schwere Rückstoßkerne werden, wie schon in <strong>der</strong> alten<br />

Strl.Sch.V mit einem Faktor 20 bewertet. Sie weisen also die höchste strahlenbiologische<br />

Wirksamkeit auf. Bei Neutronen variiert <strong>der</strong> <strong>der</strong> Strahlungswichtungsfaktor mit <strong>der</strong> Neutronenenergie<br />

En. Die Abbildung zeigt die Energieabhängigkeit <strong>des</strong> Strahlungswichtungsfaktors<br />

<strong>für</strong> Neutronen.<br />

Wie die Abbildung zeigt, sind Neutronen mit einer Energie um 1 MeV strahlenbiologisch am<br />

wirksamsten. L<strong>an</strong>gsame bzw. schnelle Neutronen werden dagegen nur mit einem Faktor 5<br />

gewertet.<br />

Werden jetzt mehrere Org<strong>an</strong>e o<strong>der</strong> <strong>der</strong> g<strong>an</strong>ze Körper exponiert, so muß über die einzelnen<br />

Org<strong>an</strong>dosen summiert werden. Da jedoch die einzelnen Org<strong>an</strong>e unterschiedliche Strahlenempfindlichkeiten<br />

bzgl. stochastischer Effekte aufweisen, werden die einzelnen Org<strong>an</strong>dosen<br />

mit gewebe- bzw. org<strong>an</strong>spezifischen Wichtungsfaktoren w T multipliziert. M<strong>an</strong> erhält d<strong>an</strong>n<br />

die effektive Dosis E. Die Effektive Dosis ersetzt die bisl<strong>an</strong>g gebräuchliche effektive Äquivalentdosis<br />

H E.<br />

Eine <strong>der</strong>artige, auf den g<strong>an</strong>zen Körper bezogene Größe k<strong>an</strong>n sowohl bei homogener<br />

Exposition <strong>des</strong> gesamtem Körpers als auch bei einer Teilkörperexposition in gleicher<br />

Weise in Beziehung zum Strahlenrisiko gesetzt werden <strong>und</strong> ist <strong>des</strong>halb eine geeignete<br />

Größe zur Angabe von Grenzwerten bei Strahlenexpositionen.<br />

doskap1<br />

w R<br />

20<br />

15<br />

10<br />

7.5<br />

5<br />

w<br />

R<br />

= 5 + 17 ⋅ e<br />

2<br />

−(ln(<br />

2⋅E<br />

n))<br />

/ 6<br />

1.0 10<br />

Strahlungswichtungsfaktoren als Funktion <strong>der</strong> Neutronenenergie<br />

1<br />

10 -1<br />

10 -2<br />

10<br />

-3<br />

10<br />

-5<br />

1<br />

Neutronenenergie in MeV<br />

10 2<br />

9


Prof.Dr.K.-H.Folkerts Dosimetrie u. Strahlenschutz<br />

Es gilt:<br />

E = ∑ wT<br />

⋅ HT<br />

= ∑wT⋅∑w T<br />

doskap1<br />

T R<br />

R<br />

⋅ D<br />

T , R<br />

[ E]<br />

= J / kg;<br />

1J<br />

/ kg = 1Sv<br />

Auch die effektive Dosis wird in Sievert <strong>an</strong>gegeben. Auch hier gilt: Die effektive Dosis ist nur<br />

zur Abschätzung <strong>des</strong> stochastischen Risikos bei niedrigen Expositionen definiert. Der Anwendungsbereich<br />

liegt etwa: E 250mSv<br />

0 ≤ ≤<br />

Die Gewebewichtungsfaktoren sind in <strong>der</strong> folgenden Tabelle nach Strl.Sch.V 2001 <strong>an</strong>gegeben.<br />

Die Werte entsprechen einer über Männer <strong>und</strong> Frauen <strong>und</strong> einen großen Altersbereich<br />

von Erwachsenen gemittelten Verteilung.<br />

Gewebe-Wichtungsfaktoren w T <strong>für</strong> verschiedene Org<strong>an</strong>e o<strong>der</strong> Gewebe.<br />

Die Gewebewichtungsfaktoren sind auf 1 normiert, so daß gilt: ∑ w = 1. Eine G<strong>an</strong>zkörper-<br />

exposition wird daher mit w G . K.<br />

= 1 bewertet.<br />

Die Größe <strong>des</strong> Zahlenwertes <strong>der</strong> Wichtungsfaktoren ist ein Anhaltspunkt <strong>für</strong> die Strahlenempfindlichkeit<br />

eines Gewebes. Die Lunge wird im Vergleich zur Schilddrüse o<strong>der</strong> zur Haut<br />

wesentlich stärker gewichtet.<br />

Beispiele:<br />

1.) Eine Person erhalte eine Lungendosis durch Photonen in Höhe von DT = 10mGy<br />

. Wie<br />

groß ist die Org<strong>an</strong>äquivalentdosis <strong>und</strong> die resultierende effektive Dosis E?<br />

Es gilt: w ⋅ D = w ⋅ D = 1⋅10<br />

mGy = 10 mSv ;<br />

HT = ∑<br />

R<br />

R T , R γ L,<br />

γ<br />

Die Org<strong>an</strong>äquivalentdosis beträgt 10mSv.<br />

Für die effektive Dosis E gilt d<strong>an</strong>n:<br />

E = ∑ wT<br />

⋅ HT<br />

= wL<br />

⋅ H L = 0 . 12⋅10mSv<br />

= 1.<br />

2mSv<br />

T<br />

Die effektive Dosis beträgt dagegen E = 1.2 mSv.<br />

T<br />

T<br />

10


Prof.Dr.K.-H.Folkerts Dosimetrie u. Strahlenschutz<br />

Das heißt: Eine reine Org<strong>an</strong>dosis von 10mSv <strong>der</strong> Lunge beinhaltet das gleiche stochast. Risiko<br />

wie eine G<strong>an</strong>zkörperdosis von 1.2mSv.<br />

2.) Eine Person erhalte eine G<strong>an</strong>zkörperdosis durch Photonen von Dγ = 1mGy <strong>und</strong> zusätzlich<br />

durch Neutronen unbek<strong>an</strong>nter Energie Dn = 0.05mGy. Wie groß ist jeweils die effektive Dosis<br />

E?<br />

Es gilt: E = ∑ wT<br />

⋅ HT<br />

; Hier liegt eine G<strong>an</strong>zkörperexposition vor, so daß gilt:<br />

T<br />

G.<br />

K .<br />

doskap1<br />

1; HT<br />

= wR<br />

DG.<br />

K .<br />

w = ⋅ →<br />

Neutronen: Bei unbek<strong>an</strong>nter Energie <strong>der</strong> Neutronen verwendet m<strong>an</strong> den höchsten Strahlungswichtungsfaktor.<br />

D.h.: wn = 20 a E = wn<br />

⋅ Dn,<br />

G.<br />

K.<br />

= 20⋅<br />

0.<br />

05mGy<br />

= 1mSv<br />

Für die Photonen gilt: w ⋅ D = 1⋅1mGy<br />

= 1mSv<br />

E = γ γ , G.<br />

K.<br />

Beide Expositionen führen zur gleichen Effektiven Dosis (gleiches Strahlenrisiko), obwohl die<br />

Energiedosen stark unterschiedlich sind.<br />

Die Zahlenwerte <strong>für</strong> die Strahlungswichtungsfaktoren werden aus <strong>der</strong> Erfahrung <strong>und</strong> aus<br />

strahlenbiologischen Versuchen aus den relativen biologischen Wirksamkeiten <strong>der</strong> Strahlungsarten<br />

ermittelt. Die Abbildung zeigt das Ergebnis eines Bestrahlungsversuchs <strong>an</strong> Mäusepopulationen.<br />

Als strahlenbiologischer Effekt wurde die LD50 genommen. M<strong>an</strong> erkennt,<br />

daß bei Bestrahlung mit Photonen (Röntgenstrahlung) eine wesentlich höhere Energiedosis<br />

erfor<strong>der</strong>lich ist um den gleichen Effekt hervorzurufen, wie wenn die Bestrahlung mit Neutronen<br />

erfolgt.<br />

Überleben nach Einzelbestrah-<br />

1<br />

0.9<br />

0.8<br />

0.7<br />

0.6<br />

05<br />

0.4<br />

Neutronen<br />

Röntgen<br />

0 LD50 5 10 15 20<br />

Energiedosis in Gy<br />

Schematisiert LD50 <strong>für</strong> Neutronen <strong>und</strong> Röntgenstrahlung nach<br />

Einzelbestrahlung <strong>an</strong> Mäusen.<br />

11


Prof.Dr.K.-H.Folkerts Dosimetrie u. Strahlenschutz<br />

2.2.2 Dosis-Meßgrößen<br />

Körperdosen sind in <strong>der</strong> Regel nicht meßbar, da sie als Mittelwerte über Org<strong>an</strong>e <strong>und</strong> Gewebe<br />

in Personen definiert sind. Um eine Aussage über die Körperdosen strahlenexponierter<br />

Personen machen zu können, führt m<strong>an</strong> <strong>für</strong> extern einfallende Strahlung zusätzlich Größen<br />

ein, die einerseits meßbar <strong>und</strong> <strong>an</strong><strong>der</strong>erseits unter realistischen Expositionsbedingungen eine<br />

Abschätzung <strong>für</strong> die Körperdosen liefern können. Diese Dosis-Meßgrößen sind.<br />

doskap1<br />

- Ortsdosis; Einheit: Sv<br />

- Personendosis; Einheit: Sv<br />

Ortsdosis: Die Ortsdosis ist die Äquivalentdosis in Weichteilgewebe gemessen <strong>an</strong><br />

einem bestimmten Ort. Die Ortsdosis liefert einen Schätzwert <strong>für</strong> die effektive Dosis, die<br />

eine Person erhielte, wenn sie sich <strong>an</strong> diesem Ort aufhalten würde. Messungen <strong>der</strong> Ortsdosis<br />

dienen dem präventiven Strahlenschutz. Ortsdosismessungen liefern Daten zur Einrichtung<br />

von Strahlenschutzbereichen wie , Sperr- <strong>und</strong> Kontrollbereiche.<br />

Personendosis: Die Personendosis ist die Äquivalentdosis in Weichteilgewebe gemessen<br />

<strong>an</strong> einer <strong>für</strong> die Strahlenexposition repräsentativen Stelle <strong>der</strong> Körperoberfläche.<br />

Die Personendosis ist ein individuelles Maß <strong>für</strong> die Exposition einer einzelnen Person durch<br />

externe Strahlung <strong>und</strong> wird in <strong>der</strong> Regel durch ein Dosimeter (Personendosimeter), das von<br />

<strong>der</strong> Person getragen wird, gemessen.<br />

Orts-<strong>und</strong> Personendosis bedürfen als Meßgrößen einer physikalisch eindeutigen Definition.<br />

Im folgenden sollen diese neuen Meßgrößen kurz besprochen werden.<br />

Im Gegensatz zu den neuen Körperdosen sind die neuen Meßgrößen unverän<strong>der</strong>t als „Äquivalentdosis<br />

<strong>an</strong> einem Punkt“ durch das Produkt aus Energiedosis D <strong>und</strong> Qualitätsfaktor Q <strong>an</strong><br />

diesem Punkt definiert.<br />

H = Q ⋅ D<br />

Die Einheit <strong>der</strong> Äquivalentdosis ist das Sievert. Der Qualitätsfaktor Q wurde eingeführt, um<br />

die durch die geladenen Teilchen erzeugte Energiedosis hinsichtlich ihrer unterschiedlichen<br />

biologischen Wirksamkeit zu wichten. Der Qualitätsfaktor ist eine Funktion <strong>des</strong> LET (Linearer<br />

Energietr<strong>an</strong>sfer) <strong>der</strong> Strahlung. (s. Abb. 2.8) Der Qualitätsfaktor in einem Punkt im Gewebe<br />

ist d<strong>an</strong>n als gewichteter Mittelwert gegeben durch:<br />

1<br />

Q = ⋅∫<br />

Q(<br />

L)<br />

⋅ DL<br />

⋅ dL<br />

D<br />

Q(L) ist die Abhängigkeit von Q vom LET.<br />

L<br />

Das ICRU (International Commission on Radiological Units <strong>an</strong>d Measurements) Kugelph<strong>an</strong>tom:<br />

Die neuen Ortsdosis-Meßgrößen sind <strong>für</strong> alle Strahlenarten in Zusammenh<strong>an</strong>g mit einem<br />

Ph<strong>an</strong>tom definiert. Dieses Ph<strong>an</strong>tom ist die ICRU-Kugel, eine Kugel von 30cm Durchmesser<br />

aus gewebeäquivalentem Plastik (Dichte 1g/cm3; Massenzusammensetzung 76.2% Sauerstoff,<br />

11.1% Kohlenstoff, 10.1% Wasserstoff <strong>und</strong> 2.6% Stickstoff.) Sie nähert den menschlichen<br />

Körper hinsichtlich <strong>der</strong> Streuung <strong>und</strong> Schwächung <strong>der</strong> betrachteten Strahlenfel<strong>der</strong> hinreichend<br />

<strong>an</strong>.<br />

12


Prof.Dr.K.-H.Folkerts Dosimetrie u. Strahlenschutz<br />

30<br />

20<br />

10<br />

1<br />

doskap1<br />

Q(L)<br />

1; L 100 keV/ µm<br />

γ, Röntgen, β-Strl.<br />

α-Strl.<br />

1 5 10 50 100<br />

500<br />

Abb.: 2.8 Abhängigkeit <strong>des</strong> Qualitätsfaktors Q vom LET <strong>der</strong> Strahlung.<br />

Ortsdosis-Meßgrößen:<br />

Bei den Ortsdosis-Meßgrößen trägt m<strong>an</strong> <strong>der</strong> Tatsache Rechnung, daß m<strong>an</strong> Schätzwerte <strong>für</strong><br />

zwei Arten von Körperdosen benötigt.<br />

- bei durchdringen<strong>der</strong> Strahlung einen Schätzwert <strong>für</strong> die effektive Dosis,<br />

- bei Strahlung geringer Eindringtiefe einen Schätzwert <strong>für</strong> die lokale Hautdosis<br />

o<strong>der</strong> die Augenlinsendosis.<br />

Ortsdosis-Meßgröße <strong>für</strong> durchdringende Strahlung<br />

LET in keV/<br />

LET in<br />

Die Umgebungs-Äquivalentdosis H*(10) am interssierenden Punkt im tatsächlichen Strahlungsfeld<br />

ist die Äquivalentdosis, die im zugehörigen ausgerichteten <strong>und</strong> aufgeweiteten<br />

Strahlungsfeld in 10mm Tiefe in <strong>der</strong> ICRU-Kugel auf dem <strong>der</strong> Strahleneinfallsrichtung entgegengesetzten<br />

Radiusvektor erzeugt würde.<br />

Mit H*(10) erhält m<strong>an</strong> einen konservativen Schätzwert <strong>für</strong> die effektive Dosis.<br />

13


Prof.Dr.K.-H.Folkerts Dosimetrie u. Strahlenschutz<br />

Ortsdosis-Meßgröße <strong>für</strong> Strahlung geringer Eindringtiefe<br />

Die Richtungs-Äquivalentdosis H`(0.07,Ω) am interessierenden Punkt im tatsächlichen<br />

Strahlungsfeld ist die Äquivalentdosis, die im zugehörigen aufgeweiteten Strahlungsfeld in<br />

0.07mm Tiefe auf einem in festgelegter Richtung Ω orientierten Radius <strong>der</strong> ICRU-Kugel erzeugt<br />

würde.<br />

Personendosis-Meßgrößen.<br />

Personendosis-Meßgröße <strong>für</strong> durchdringende Strahlung.<br />

Die Tiefen-Personendosis Hp(10) ist die Äquivalentdosis in 10mm Tiefe im Körper <strong>an</strong> <strong>der</strong><br />

Tragestelle <strong>des</strong> Personendosimeters.<br />

Personendosis-Meßgröße <strong>für</strong> Strahlung geringer Eindringtiefe.<br />

Die Oberflächen-Personendosis Hp(0.07) ist die Äquivalentdosis in 0.07mm Tiefe im Körper<br />

<strong>an</strong> <strong>der</strong> Tragestelle <strong>des</strong> Personendosimeters.<br />

Wichtig. Ortsdosimeter <strong>und</strong> Personendosimeter müssen so kalibriert sein, daß die eben definierten<br />

Größen gemessen werden.<br />

Die Tabelle gibt einen Überblick über die Meßgrößen sowie die zugehörigen Körperdosisbegriffe.<br />

Übersicht <strong>der</strong> Dosismeßgrößen im Strahlenschutz n. Strl.Sch.V 2001<br />

Externe Strahlung Limitierende<br />

Meßgröße<br />

Meßgröße<br />

Körperdosis<br />

Ortsdosis<br />

Personendosis<br />

Durchdringende<br />

Strahlung<br />

Effektive Dosis E H*(10) Hp(10)<br />

Strahlung geringer Hautdosis H`(0.07,Ω) Hp(0.07)<br />

Eindringtiefe Augenlinsendosis H`(3,Ω) Hp(3)<br />

Abschließend seien noch einige im Zusammenh<strong>an</strong>g mit Strahlenexpositionen verwendete<br />

Begriffe erläutert.<br />

Strahlenexposition: Einwirkung ionisieren<strong>der</strong> Strahlung auf den menschlichen Körper.<br />

G<strong>an</strong>zkörperexposition: Einwirkung ionisieren<strong>der</strong> Strahlung auf den gesamten Körper<br />

Teilkörperexposition: Einwirkung ionisieren<strong>der</strong> Strahlung auf einzelne Org<strong>an</strong>e, Gewebe<br />

o<strong>der</strong> Körperteile.<br />

Äußere Strahlenexposition: Einwirkung durch Strahlungsquellen außerhalb <strong>des</strong> Körpers<br />

Innere Strahlenexposition: Einwirkung durch Strahlungsquellen innerhalb <strong>des</strong> Körpers.<br />

(Inkorporation)<br />

Berufliche Strahlenexposition: Strahlenexposition, die durch berufliche Tätigkeit hervorgerufen<br />

wird.<br />

Medizinische Strahlenexposition: Exposition einer Person im Rahmen ihrer Untersuchung<br />

o<strong>der</strong> Beh<strong>an</strong>dlung in <strong>der</strong> Heilk<strong>und</strong>e o<strong>der</strong> Zahnheilk<strong>und</strong>e. (Patient)<br />

Natürliche Strahlenexposition: Unter üblichen Lebensbedingungen auftretende Strahlenexposition<br />

durch kosmische Strahlung <strong>und</strong> durch Strahlung radioaktiver Stoffe, die in <strong>der</strong><br />

Umgebung <strong>des</strong> Menschen <strong>und</strong> im menschlichen Körper natürlicherweise vorkommen.<br />

doskap1<br />

14


Prof.Dr.K.-H.Folkerts Dosimetrie u. Strahlenschutz<br />

Zivilisatorische Strahlenexposition: Jede Strahlenexposition von Personen aus zivilisatorischen<br />

Ursachen, z.B. die berufliche <strong>und</strong> die medizinische Strahlenexposition <strong>und</strong> die Strahlenexposition<br />

von unbeteiligten Dritten in <strong>der</strong> Umgebung von Strahlenbetrieben.<br />

Weitere Begriffe im Zusammenh<strong>an</strong>g mit offenen radioaktiven Stoffen.<br />

Inkorporation: Aufnahme von radioaktiven Stoffen in den Körper Inkorporationspfade: Inhalation,<br />

Ingestion, Resorption über die Haut.<br />

Retention: Dauern<strong>des</strong> o<strong>der</strong> vorübergehen<strong>des</strong> Verbleiben inkorporierter radioaktiver Stoffe<br />

im Körper nach Teilnahme <strong>an</strong> Stoffwechsel- o<strong>der</strong> Tr<strong>an</strong>sportvorgängen im Körper.<br />

Anreicherung: Erhöhung <strong>der</strong> Aktivitätskonzentration eines radioaktiven Stoffes in einem<br />

bestimmten Org<strong>an</strong> o<strong>der</strong> Gewebe <strong>des</strong> Körpers im Vergleich zur gleichmäßigen Verteilung <strong>des</strong><br />

Stoffes im g<strong>an</strong>zen Körper.<br />

Dekorporation: Entfernen inkorporierter, offener radioaktiver Stoffe aus dem Körper durch<br />

therapeutische Maßnahmen, wie z.B. eine Intensivierung <strong>der</strong> Ausscheidung mit Hilfe von<br />

Komplexbildnern.<br />

doskap1<br />

2.3 Einfache Berechnung von Strahlenexpositionen aus den Daten <strong>der</strong> Quelle.<br />

2.3.1 Berechnung <strong>der</strong> Ortsdosisleistung bei punktförmiger Photonenquelle. Quadratisches<br />

Abst<strong>an</strong>dsgesetz.<br />

Gesucht ist die Umgebungs-Äquivalentdosisleistung H ( 10)<br />

* & im Abst<strong>an</strong>d r von einer unabgeschirmten<br />

punktförmigen Strahlenquelle <strong>der</strong> Aktivität A.<br />

A<br />

Für die Dosisleistung in <strong>der</strong> Kugelschale k<strong>an</strong>n m<strong>an</strong> schreiben:<br />

dm: Masse <strong>der</strong> Kugelschale.<br />

r<br />

Luft<br />

Die Quelle emittiere pro Zerfall die mittlere Energie<br />

E γ .<br />

Die Strahlungsleistung <strong>der</strong> Quelle ergibt sich daher<br />

zu:<br />

Pγ = Eγ<br />

⋅ A<br />

Für die in <strong>der</strong> Kugelschale <strong>der</strong> Dicke dr absorbierte<br />

Strahlungsleistung gilt:<br />

dPγ , abs = −µ<br />

A ⋅ Pγ<br />

⋅ dr ; µA: Energieabsorptionskoeffizient<br />

in 1/m.<br />

dP<br />

D&<br />

γ , abs<br />

= ;<br />

dm<br />

2<br />

Für die Masse <strong>der</strong> Kugelschale mit Radius r gilt: dm = ρ ⋅ dV = ρ ⋅ 4π ⋅ r ⋅ dr<br />

D<strong>an</strong>n gilt <strong>für</strong> die Dosisleistung.<br />

µ A Pγ<br />

dr A Eγ<br />

µ A<br />

A Eγ<br />

µ A<br />

D& ⋅ ⋅ ⋅ ⋅<br />

( r)<br />

=<br />

=<br />

o<strong>der</strong> D&<br />

( r)<br />

= ⋅ ⋅<br />

2<br />

2<br />

2<br />

ρ ⋅ 4π<br />

⋅ r ⋅ dr ρ ⋅ 4π<br />

⋅ r<br />

r 4π<br />

ρ<br />

dr<br />

15


Prof.Dr.K.-H.Folkerts Dosimetrie u. Strahlenschutz<br />

µ A : Massenenergieabsorptionskoeffizient. Für Photonenenergien zwischen 60 keV <strong>und</strong> 2<br />

ρ<br />

MeV gilt in guter Näherung<br />

Für den Faktor<br />

doskap1<br />

1<br />

4<br />

π γ<br />

µ A<br />

ρ<br />

≈ 0.<br />

027<br />

cm<br />

g<br />

µ A E ⋅ schreibt m<strong>an</strong>:<br />

ρ<br />

Γ : Dosisleistungskonst<strong>an</strong>te.<br />

*<br />

H<br />

2<br />

Γ<br />

H<br />

*<br />

Eγ<br />

⋅ µ A<br />

: =<br />

4π<br />

⋅ ρ<br />

Für die Umgebungsäquivalentdosisleistung H ( 10)<br />

*<br />

läßt sich d<strong>an</strong>n schreiben:<br />

H&<br />

*<br />

( 10)<br />

= w<br />

mit wR=1 (Photonen) <strong>und</strong> [ Γ * ]<br />

R<br />

Γ * ⋅ A H ⋅ D&<br />

( r)<br />

= 2<br />

r<br />

mSv ⋅ m<br />

= H Bq ⋅ h<br />

2<br />

Diese Gesetzmäßigkeit wird auch als quadratisches Abst<strong>an</strong>dsgesetz bezeichnet. Die Dosisleistungsknst<strong>an</strong>te<br />

ist nuklidspezifisch <strong>und</strong> hängt von <strong>der</strong> abgestrahlten Photoneenergie <strong>und</strong><br />

den Emissionswahrscheinlichkeiten ab. (s. Tabelle.)<br />

Nuklid Energien<br />

in keV<br />

60<br />

Co 1332.50<br />

1173.24<br />

99m<br />

Tc 140.47<br />

18.33<br />

18.37<br />

131<br />

J 364.48<br />

636.97<br />

284.30<br />

137<br />

Cs 661.66<br />

32.06<br />

192<br />

Ir 316.51<br />

468.07<br />

308.46<br />

295.96<br />

604.41<br />

226 Ra ∗ 609.31<br />

1764.50<br />

Tabelle: Dosisleistungskonst<strong>an</strong>ten<br />

1120.30<br />

Emissionswahrscheinlichkeit<br />

in %<br />

99.982<br />

99.900<br />

88.970<br />

6.18<br />

4.06<br />

81.600<br />

7.120<br />

6.200<br />

85.000<br />

5.600<br />

82.800<br />

47.700<br />

29.800<br />

28.600<br />

8.190<br />

46.281<br />

15.838<br />

15.147<br />

Γ in<br />

mSv⋅m 2 /Bq⋅h<br />

3.5⋅10 -10<br />

1.67⋅10 -11<br />

6.57⋅10 -11<br />

9.21⋅10 -11<br />

1.39⋅10 -10<br />

2.58⋅10 -10<br />

226 Ra ∗ : 226 Ra im Gleichgewicht mit den Folgeprodukten, hier ist die Gammastrahlungskon-<br />

st<strong>an</strong>te <strong>für</strong> 214 Bi <strong>an</strong>gegeben.<br />

Anwendungsbeispiel: Es soll die Dosisleistung einer unabgeschirmten 60 Co-Quelle mit einer<br />

Aktivität von A = 1 GBq in 2 m Abst<strong>an</strong>d berechnet werden:<br />

Γ<br />

⋅A<br />

r<br />

3.5⋅10<br />

mSv⋅<br />

m / Bq ⋅h<br />

⋅1⋅10<br />

Bq<br />

2 m<br />

0.<br />

35<br />

4<br />

-10<br />

2<br />

9<br />

*<br />

H (2m) = 2 =<br />

2 2<br />

= = 0.<br />

0875mSv⋅<br />

h<br />

-1<br />

16


Prof.Dr.K.-H.Folkerts Dosimetrie u. Strahlenschutz<br />

Vergrößert m<strong>an</strong> den Abst<strong>an</strong>d auf 4 m, so reduziert sich die Dosisleistung auf H(4m) = ¼ ⋅<br />

0.0875 mSv⋅h -1 = 0.022 mSv⋅h -1 .<br />

2.3.2 Einfache Methoden zur Dosisberechnung <strong>für</strong> α-Strahler <strong>und</strong> nie<strong>der</strong>energetische<br />

ß-Strahler.<br />

Problemstellung: Inkorporation von α- <strong>und</strong> β-Strahlern. Wie groß ist die Dosis im entsprechenden<br />

Gewebe in dem die Aktivität deponiert wurde.<br />

doskap1<br />

Voraussetzung: Reichweite <strong>der</strong> emittierten Strahlung ist kurz, so<br />

daß die gesamte Energie im betrachteten Gewebe deponiert<br />

wird. (nie<strong>der</strong>energet. ß-Strahler u. α-Strahler)<br />

Bezeichnungen:<br />

C: Aktivitätskonzentration <strong>des</strong> Nukli<strong>des</strong> im Gewebe in Bq/m 3<br />

E: mittlere Teilchenenenergie in MeV pro Zerfall<br />

Daraus ergibt sich die Energiedepositionsrate R zu:<br />

R = C ⋅ E<br />

MeV<br />

[ R]<br />

= Mit <strong>der</strong> Dichte ρ <strong>des</strong> Gewebes erhält m<strong>an</strong> die Energiedosisleistung<br />

3<br />

m ⋅ s<br />

zu:<br />

−1<br />

3<br />

C ⋅ E<br />

D&<br />

s m MeV MeV<br />

= [ D&<br />

/ ⋅ ] =<br />

= 3<br />

ρ<br />

kg / m kg ⋅ s<br />

Zur Angabe <strong>der</strong> Energiedosisleistung in <strong>der</strong> SI-Einheit Gy gilt: 1MeV = 1.6⋅10 -13 J →<br />

C E<br />

D&<br />

−13 ⋅<br />

= 1.<br />

6⋅10<br />

⋅<br />

ρ<br />

C in Bq/m 3 ; E: Zerfallsenergie in MeV, ρ: Gewebedichte in kg/m 3 .<br />

Bsp.: M<strong>an</strong> berechne die durchschnittliche Energiedosisleistung in 50g Gewebe, die A<br />

=1.2⋅10 5 Bq 14 C enthält.<br />

Es gilt:<br />

Teilchen-<br />

b h<br />

C<br />

Gewebebereich<br />

<strong>der</strong> Dichte ρ<br />

C =<br />

A<br />

V<br />

m<br />

3 3<br />

a mit V = a ρ ≈ 10 kg / m ( Wasser)<br />

ρ<br />

−3<br />

50 ⋅10<br />

kg<br />

V = = 5 ⋅10<br />

3 3<br />

10 kg / m<br />

−5<br />

Zerfallsschema von 14 14 14<br />

C: 6C<br />

→ 7N<br />

β<br />

Damit erhält m<strong>an</strong>:<br />

D&<br />

= 1.<br />

6 ⋅10<br />

−13<br />

−<br />

m<br />

3<br />

a<br />

1.<br />

2 ⋅10<br />

C =<br />

5 ⋅10<br />

5<br />

−5<br />

a<br />

9 3<br />

= 2.<br />

4 ⋅10<br />

Bq / m<br />

; t1 / 2 = 5700 y ; Eβ ≈ 0.<br />

045MeV<br />

9<br />

2.<br />

4 ⋅10<br />

⋅ 0.<br />

045<br />

−8<br />

Gy µ Gy<br />

⋅<br />

= 1.<br />

7 ⋅10<br />

= 62<br />

3<br />

1⋅10<br />

s h<br />

Die Gesamtdosis erhält m<strong>an</strong> aus <strong>der</strong> Expositionsdauer durch:<br />

17


Prof.Dr.K.-H.Folkerts Dosimetrie u. Strahlenschutz<br />

Bei großer Halbwertszeit gilt:<br />

doskap1<br />

∆t<br />

exp<br />

∫<br />

D = D&<br />

( t)<br />

⋅ dt ∆ : Expositionsdauer.<br />

0<br />

D = D ⋅ ∆t<br />

&<br />

exp<br />

t exp<br />

Betrachtung von Nukliden mit Halbwertszeiten klein gegen ∆ texp.<br />

C E<br />

A E A t E<br />

D&<br />

−13<br />

⋅<br />

−13<br />

⋅<br />

−13<br />

( ) ⋅<br />

= 1.<br />

6 ⋅10<br />

⋅ = 1.<br />

6 ⋅10<br />

⋅ = 6 ⋅10<br />

⋅ = 1.<br />

6 ⋅10<br />

ρ<br />

ρ ⋅V<br />

ρ ⋅V<br />

A0: Anf<strong>an</strong>gsaktivität; λ: Umw<strong>an</strong>dlungskonst<strong>an</strong>te<br />

Für die Dosis gilt d<strong>an</strong>n:<br />

∆<br />

texp<br />

−13<br />

E<br />

−λ⋅t<br />

−13<br />

E<br />

D = ∫ 1.<br />

6 ⋅10<br />

⋅ ⋅ A0<br />

⋅ e ⋅ dt = 1.<br />

6 ⋅10<br />

⋅ ⋅ A0<br />

⋅ e<br />

ρ ⋅V<br />

ρ ⋅V<br />

∫<br />

a<br />

0<br />

D = 1.<br />

6 ⋅10<br />

−13<br />

D<br />

T<br />

E ⎡ 1<br />

⋅ ⋅ A0<br />

⋅ e<br />

V ⎢<br />

− ⋅<br />

ρ ⋅ ⎣ λ<br />

=<br />

E<br />

1<br />

−λ⋅t<br />

⎤<br />

⎥<br />

⎦<br />

∆<br />

0<br />

texp<br />

= 1.<br />

6 ⋅10<br />

−λ⋅∆t<br />

[ 1−<br />

e ] ⋅ 0<br />

−13<br />

exp<br />

1. 6 ⋅10<br />

⋅ ⋅ ⋅<br />

A<br />

mT<br />

λ<br />

D T:<br />

Energiedosis im Org<strong>an</strong> T in Gy<br />

E : Mittlere Energie pro Zerfall in MeV<br />

mT = ρ ⋅ V : Gewebe- o<strong>der</strong> Org<strong>an</strong>masse in kg<br />

λ : Umw<strong>an</strong>dlungskonst<strong>an</strong>te in 1/s<br />

A 0 : Anf<strong>an</strong>gsaktivität in Bq<br />

∆ texp:<br />

Expositionsdauer in s<br />

−13<br />

∆texp<br />

−λ⋅t<br />

0<br />

−13<br />

⋅ dt<br />

E 1<br />

⋅ ⋅ A0<br />

⋅ ⋅<br />

ρ ⋅V<br />

λ<br />

[ ]<br />

D =<br />

Gy<br />

s<br />

E<br />

⋅ ⋅ A0<br />

⋅ e<br />

ρ ⋅V<br />

−λ⋅∆texp<br />

[ 1−<br />

e ]<br />

Die Org<strong>an</strong>äquivalentdosis erhält m<strong>an</strong> d<strong>an</strong>n durch Multiplikation mit dem Strahlungswichtungsfaktor<br />

wR:<br />

H = w ⋅ D ,<br />

T<br />

R<br />

Beispiel: Ein Ur<strong>an</strong>bergarbeiter inhaliert kurzzeitig eine Aktivitätsmenge von 1000Bq <strong>des</strong> kurzlebigen<br />

Isotops 218 Po. t1/2 = 3.05 min. Die Aktivität verteile sich gleichmäßig auf die Lunge (m<br />

= 1000g) M<strong>an</strong> schätze die resultierende Lungendosis (ohne Folgeprodukte) ab.<br />

E =<br />

α<br />

6 MeV<br />

.<br />

Die Gesamtlungendosis ergibt sich <strong>für</strong> ∆t exp a ∞ ; D<strong>an</strong>n gilt <strong>für</strong> die Energiedosis in <strong>der</strong> Lunge:<br />

D<br />

Lunge<br />

= 1.<br />

6 ⋅10<br />

= 1.<br />

6 ⋅10<br />

−13<br />

−13<br />

⋅<br />

E<br />

m<br />

T<br />

1<br />

⋅ ⋅ A<br />

λ<br />

0<br />

= 1.<br />

6 ⋅10<br />

−13<br />

E<br />

m<br />

6 MeV ⋅ 60 ⋅ 3.<br />

05 s 1<br />

⋅<br />

⋅1000<br />

= 2.<br />

5 ⋅10<br />

1kg<br />

⋅ ln 2 s<br />

⋅<br />

T<br />

T<br />

R<br />

t1/<br />

2 ⋅ A<br />

ln 2<br />

−7<br />

0<br />

Gy = 0.<br />

25 µ Gy<br />

−λ⋅t<br />

18


Prof.Dr.K.-H.Folkerts Dosimetrie u. Strahlenschutz<br />

Für die Äquivalentdosis in <strong>der</strong> Lunge gilt d<strong>an</strong>n mit w α =20:<br />

doskap1<br />

H Lunge<br />

= 20 ⋅0.<br />

25µ<br />

Gy = 5µ<br />

Sv<br />

Genauere Betrachtungen hierzu erfolgen im Zusammenh<strong>an</strong>g mit <strong>der</strong> 50-Jahre Folgedosis<br />

<strong>und</strong> <strong>der</strong> internen Dosimetrie. (Kap. )<br />

19


Prof.Dr.K.-H.Folkerts Dosimetrie <strong>und</strong> Strahlenschutz<br />

2.4. Strahlenbiologische Gr<strong>und</strong>lagen <strong>des</strong> Strahlenschutzes<br />

2.4.1 Einführung<br />

Nicht l<strong>an</strong>ge nach <strong>der</strong> Entdeckung <strong>der</strong> Röntgenstrahlen (1895) <strong>und</strong> <strong>der</strong> natürlichen Radioaktivität<br />

im Jahre 1896 gab es erste klinische Hinweise auf die schädliche Wirkung ionisieren<strong>der</strong><br />

Strahlung. Die beobachteten Schäden bezogen sich meist auf Wirkungen <strong>an</strong> <strong>der</strong> Haut <strong>der</strong><br />

frühen Radiologen. Nicht sehr viel später wurde erk<strong>an</strong>nt, daß ionisierende Strahlung nicht<br />

nur Effekte im bestrahlten Gewebe verursachen k<strong>an</strong>n, son<strong>der</strong>n daß durch Bestrahlung von<br />

„Keimzellen“ in Pfl<strong>an</strong>zen <strong>und</strong> Tieren Effekte bei den Nachkommen hervorgerufen werden<br />

können. Im Anschluß dar<strong>an</strong> wurden umfassende Studien <strong>der</strong> Strahlenwirkung auf lebende<br />

Materie durchgeführt. Die Ergebnisse dieser Studien zeigten, daß es notwendig ist, die biologischen<br />

Effekte ionisieren<strong>der</strong> Strahlung weiter zu untersuchen, um sich einerseits vor den<br />

schädlichen Einwirkungen schützen zu können <strong>und</strong> <strong>an</strong><strong>der</strong>erseits ein Maximum <strong>an</strong> Nutzen<br />

durch die Anwendung zu erfahren.<br />

Für Bel<strong>an</strong>ge <strong>des</strong> praktischen Strahlenschutzes haben sich zwei wichtige Typen von Strahleneffekten<br />

herauskristallisiert. Der erste Typ, die sogen<strong>an</strong>nten deterministischen Schäden<br />

(früher nicht-stochastische Schäden) bezieht sich auf den Funktionsverlust von Org<strong>an</strong>en <strong>und</strong><br />

Geweben infolge hoher Zellverluste durch die Strahleneinwirkung. Diese Effekte resultieren<br />

aus hohen Strahlendosen <strong>und</strong> es existieren Dosisschwellenwerte <strong>für</strong> das Eintreten <strong>der</strong><br />

Schäden. Der zweite Typ, die stochastischen Schäden, treten erst l<strong>an</strong>ge nach erfolgter Exposition<br />

auf <strong>und</strong> verursachen eine Erhöhung <strong>des</strong> Krebs- <strong>und</strong> Leukämierisikos. Aus Ergebnissen<br />

von Tierexperimenten k<strong>an</strong>n auch eine Erhöhung <strong>der</strong> Entstehungsrate von Erbschäden<br />

(genetische Effekte) abgeleitet werden. Bei diesen stochastischen Effekten geht m<strong>an</strong> davon<br />

aus, daß keine Dosisschwellenwerte existieren <strong>und</strong> ihr Auftreten auch bei kleinen Strahlenexpositionen<br />

erwartet werden k<strong>an</strong>n. Jedoch ist die Eintrittswahrscheinlichkeit gering.<br />

2.4.2 Wechselwirkung von Strahlung mit biologischen Strukturen<br />

Wenn ionisierende Strahlung Materie durchquert, wird entsprechend statistischer Gesetzmäßigkeiten<br />

über die elektrische Wechselwirkung <strong>der</strong> geladenen Teilchen (Primär- o<strong>der</strong> Sek<strong>und</strong>ärteilchen)<br />

Energie auf das Medium übertragen. Bei niedrigen Dosen werden die meisten<br />

<strong>der</strong> Atome <strong>und</strong> Moleküle nicht durch die Strahlung beeinflußt, wohingegen einzelne Atome<br />

bzw. Moleküle durch die Wechselwirkung ionisiert o<strong>der</strong> <strong>an</strong>geregt werden. Die mikroskopische<br />

Verteilung <strong>der</strong> Ionisationen <strong>und</strong> Anregungen hängt dabei vom Typ <strong>und</strong> <strong>der</strong> Energie<br />

<strong>der</strong> einfallenden Strahlung ab. Die physikalische Größe, die diese Verteilung <strong>der</strong><br />

Ionisationsereignisse beschreibt, ist <strong>der</strong> LET (Linear Energy Tr<strong>an</strong>sfer) <strong>der</strong> Strahlung. Locker<br />

ionisierende Strahlung liefert wenige Ionisationsereignisse pro µm Bahnlänge, wohingegen<br />

dicht ionisierende Strahlung (High LET) viele Ereignisse pro µm Bahnlänge erzeugt. Die<br />

folgende Abbildung zeigt die Ionisationsdichte entl<strong>an</strong>g <strong>der</strong> Bahn eines Low-LET- <strong>und</strong> eines<br />

High-LET- Teilchens in <strong>der</strong> DNS.<br />

Der Energieübertrag mündet in weiteren, physiko-chemischen Prozessen wie z.Bsp. die<br />

Erzeugung freier Radikale durch Reaktion <strong>der</strong> Strahlung mit dem körpereigenen Wasser.<br />

Diese freien Radikale besitzen eine hohe Beweglichkeit im Medium <strong>und</strong> können über eine<br />

beträchtliche Dist<strong>an</strong>z w<strong>an</strong><strong>der</strong>n <strong>und</strong> weitere chemische Verän<strong>der</strong>ungen hervorrufen, ehe sie<br />

inaktiviert werden.<br />

doskap2<br />

20


Prof.Dr.K.-H.Folkerts Dosimetrie <strong>und</strong> Strahlenschutz<br />

Ionisationsdichte von Hoch-LET (α) <strong>und</strong><br />

Nie<strong>der</strong>-LET (β)-Teilchen<br />

doskap2<br />

Reaktionen mit dem Zellwasser liefern folgende<br />

Reaktionsprodukte.<br />

Primäre Verän<strong>der</strong>ung:<br />

Erzeugung ionisierter <strong>und</strong> <strong>an</strong>geregter Moleküle.<br />

*<br />

H 2 O <strong>und</strong> H 2O<br />

+<br />

<strong>und</strong> e<br />

→ Folgereaktionen mit Nachbarmolekülen<br />

+<br />

+<br />

H O + H O → H O + OH<br />

2<br />

2<br />

H 3O : Hydronium-Ion<br />

3<br />

−<br />

OH : Hydroxyl-Radikal (sehr reaktionsfreudig)<br />

Die <strong>an</strong>geregten Moleküle können folgende Reaktionen<br />

eingehen.<br />

*<br />

H 2 O →<br />

+ −<br />

H 2 O + e<br />

H + OH<br />

H 2 + O<br />

Chemisch aktive Reaktionsprodukte:<br />

+<br />

−<br />

H O , OH,<br />

e ,<br />

3<br />

−<br />

OH,<br />

e , H : freie Radikale mit ungepaarten Elektronen. Reaktionen <strong>der</strong> freien Radikale<br />

mit <strong>der</strong> DNS führen zur „indirekten“ Strahlenwirkung.<br />

H<br />

21


Prof.Dr.K.-H.Folkerts Dosimetrie <strong>und</strong> Strahlenschutz<br />

Schäden <strong>an</strong> wichtigen biologischen Strukturen können durch zwei Wirkungsmech<strong>an</strong>ismen<br />

hervorgerufen werden.<br />

− Ionisation durch direkte Wechselwirkung <strong>der</strong> Strahlung mit <strong>der</strong> biologischen Struktur (direkte<br />

Strahlenwirkung)<br />

− Durch indirekte Wechselwirkung über die von <strong>der</strong> Strahlung erzeugten freien Radikale<br />

(Radikalreaktionen) (indirekte Strahlenwirkung)<br />

Je<strong>der</strong> dieser beiden Wirkungsmech<strong>an</strong>ismen k<strong>an</strong>n zu Schäden insbeson<strong>der</strong>e <strong>an</strong> <strong>der</strong> DNA<br />

führen. Effekte <strong>an</strong> <strong>der</strong> DNA durch die direkte Wechselwirkung sind insbeson<strong>der</strong>e Einzel- <strong>und</strong><br />

Doppelstr<strong>an</strong>gbrüche. Weitere Effekte sind: Än<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong> Zucker- <strong>und</strong> Basen<strong>an</strong>teile, Basensubstitutionen,<br />

Auslöschung g<strong>an</strong>zer Basenabschnitte etc.. Die Abbildung zeigt die möglichen<br />

Schäden <strong>an</strong> <strong>der</strong> DNS<br />

Durch ionisierende Strahlung hervorgerufene<br />

Schäden <strong>an</strong> <strong>der</strong> DNS.<br />

doskap2<br />

Bsp. <strong>für</strong> direkte Strahleneinwirkung: Erzeugung<br />

von Doppelstr<strong>an</strong>gbrüchen <strong>an</strong> <strong>der</strong> DNS<br />

durch direkte Wechselwirkung <strong>der</strong> Strahlung<br />

mit <strong>der</strong> DNS.<br />

Indirekte Wirkung: Erzeugung von Str<strong>an</strong>brüchen<br />

in <strong>der</strong> DNS durch freie OH-Radikale.<br />

Umsetzung <strong>der</strong> primären molekularen Effekte<br />

in biologisch relev<strong>an</strong>te Schäden (Zelltod, bösartige<br />

Verän<strong>der</strong>ungen) erfolgt d<strong>an</strong>n durch biochemische<br />

Prozesse.<br />

Wichtig: Ein großer Teil dieser Schäden k<strong>an</strong>n<br />

durch Reparaturmech<strong>an</strong>ismen beseitigt werden.<br />

Reparaturgeschwindigkeit hängt von <strong>der</strong> Art<br />

<strong>des</strong> Schadens ab.<br />

→ Jedoch Gefahr <strong>der</strong> Fehlreparatur. (Misrepair).<br />

Die Abbildung zeigt den zeitlichen Verlauf <strong>der</strong> Reparaturkinetik bei Einzel– <strong>und</strong> Doppelstr<strong>an</strong>gbrüchen<br />

22


Prof.Dr.K.-H.Folkerts Dosimetrie <strong>und</strong> Strahlenschutz<br />

doskap2<br />

.<br />

Chromosomenaberrationen sind eine Folge <strong>der</strong> Schädigung <strong>an</strong> <strong>der</strong> DNA. Die Zahl <strong>der</strong><br />

Chromosomenaberrationen läßt sich qu<strong>an</strong>titativ als Funktion <strong>der</strong> Dosis messen. Der Zusammenh<strong>an</strong>g<br />

liefert u.a. die Basis <strong>für</strong> die sogen<strong>an</strong>nte biologische Dosimetrie.<br />

Zellen haben jedoch effektive, auf Enzymreaktionen basierende Reparaturmech<strong>an</strong>ismen<br />

entwickelt, um die <strong>an</strong>fänglichen DNS-Schäden auszugleichen. Bei einem Einzelstr<strong>an</strong>gbruch<br />

wird beispielsweise <strong>der</strong> Ort <strong>des</strong> Schadens identifiziert <strong>und</strong> <strong>der</strong> Schaden durch „Verschmelzen“<br />

<strong>der</strong> gebrochenen Enden behoben. Erfolgt eine Schädigung <strong>der</strong> Basen am Einzelstr<strong>an</strong>g,<br />

schneiden die Enzyme die betroffenen Stellen aus, <strong>und</strong> <strong>der</strong> intakte Komplementärstr<strong>an</strong>g liefert<br />

auf Gr<strong>und</strong> <strong>der</strong> Abfolge <strong>der</strong> Basen die Schablone, um das herausgeschnittene Stück in<br />

<strong>der</strong> korrekten Basensequenz zu ersetzen (error free repair,)<br />

Jedoch gibt es auch Reparaturvorgänge, die zu Fehlern bei <strong>der</strong> Reparatur führen (Misrepair).<br />

Diese Fehlreparaturen führen, wenn sie in wichtigen Teilen <strong>der</strong> DNS erfolgen, zum Zelltod,<br />

Verlust <strong>der</strong> Zellreproduktionsfähigkeit o<strong>der</strong> zu stabilen genetischen Verän<strong>der</strong>ungen in <strong>der</strong><br />

Zelle. Die Abbildung 3.5 zeigt den zeitlichen Verlauf <strong>der</strong> Reparaturmech<strong>an</strong>ismen <strong>für</strong> Einzel-<br />

<strong>und</strong> Doppelstr<strong>an</strong>gbrüche. M<strong>an</strong> erkennt, daß innerhalb einiger St<strong>und</strong>en bei den Einzelstr<strong>an</strong>gbrüchen<br />

die Effekte zum größten Teil beseitigt wurden. Bei den Doppelstr<strong>an</strong>gbrüchen bleibt<br />

ein nicht unerheblicher Teil unrepariert zurück. Dies ist <strong>für</strong> die Beurteilung <strong>des</strong> Strahlenrisikos<br />

bzgl. Strahlung mit hohem LET von Bedeutung (Erzeugung von Doppelstr<strong>an</strong>gbrüchen)<br />

bzw. <strong>für</strong> die Bedeutung fraktionierter Bestrahlungen (Erholungseffekt.)<br />

Durch nicht reparierte Strahlenschäden werden folgende Effekte in den Zellen hervorgerufen:<br />

- Erzeugung von Mutationen (Mutagene Wirkung)<br />

- Chromosomenaberrationen<br />

- Zellteilungshemmungen<br />

- Stoffwechselverän<strong>der</strong>ungen in <strong>der</strong> Zelle.<br />

- Zerstörung o<strong>der</strong> Verän<strong>der</strong>ungen von Membr<strong>an</strong>en<br />

- Zelltod<br />

Eine weitere wichtige Abhängigkeit <strong>der</strong> Strahlenempfindlichkeit erhält m<strong>an</strong> von <strong>der</strong> Zellteilungsgeschwindigkeit.<br />

23


Prof.Dr.K.-H.Folkerts Dosimetrie <strong>und</strong> Strahlenschutz<br />

→ Gewebe mit geringer Zellteilungdrate (Nerven, Muskeln) zeigen geringe Strahlenempfindlichkeit.<br />

→ Gewebe mit hoher Zellteilungsrate zeigen hohe Strahlenempfindlichkeit. (Haare, Tumorzellen,<br />

Rotes Knochenmark, Schleimhäute)<br />

Weiterhin wird die Strahlenwirkung durch viele äußere Parameter modifiziert. Die Abbildung<br />

zeigt die Modifikationsfaktoren am Beispiel <strong>des</strong> Zust<strong>an</strong>dekommens einer Mutation<br />

Modifikationsfaktoren sind:<br />

− zeitliches Bestrahlungsmuster<br />

− Termperatur<br />

− chemisches Milieu<br />

doskap2<br />

Modifikationsfaktoren <strong>der</strong> Strahlenwirkung<br />

Chemikalien können auf sehr verschiedene Weise die Strahlenreaktion beeinflussen:<br />

- als Strahlenschutzsubst<strong>an</strong>zen o<strong>der</strong> Sensibilisatoren<br />

- als Stoffwechselinhibitoren<br />

- als Radiomimetika (Wirkung wie Strahlung)<br />

- als Reparaturinhibitoren<br />

- unspezifisch<br />

M<strong>an</strong> k<strong>an</strong>n aus dem bisher festgestellten nun folgende Schlüsse ziehen.<br />

Wegen Reparatur- <strong>und</strong> Erholungsprozessen im Laufe <strong>der</strong> Zellteilung folgt:<br />

- Teilbestrahlungen(fraktionierte) haben eine geringere Strahlenwirkung im Vergleich zu<br />

einer Einzelbestrahlung bei gleicher Gesamtdosis.<br />

24


Prof.Dr.K.-H.Folkerts Dosimetrie <strong>und</strong> Strahlenschutz<br />

- Die zeitliche Verteilung <strong>der</strong> Dosis muß bei <strong>der</strong> Beurteilung <strong>des</strong> Strahlenrisikos berücksichtigt<br />

weden<br />

- Die Verlängerung <strong>der</strong> Bestrahlungszeit (Verringerung <strong>der</strong> Dosisleistung) führt bei gleicher<br />

Gesamtdosis zur Reduktion <strong>der</strong> Strahleneffekte.<br />

2.4.3 Makroskopische Strahlenwirkung, Strahlenschäden<br />

Durch die mikroskopischen Effekte können nun auch makroskopische Wirkungen <strong>an</strong> dem<br />

bestrahlten Individuum o<strong>der</strong> auch <strong>an</strong> seinen Nachkommen beobachtet werden.<br />

M<strong>an</strong> teilt die makroskopischen Strahleneffekte am Menschen in zwei Gruppen ein:<br />

- Deterministische Schäden<br />

- Stochastische Schäden<br />

Im folgenden sollen die beiden Schadenstypen hinsichtlich ihrere Bedeutung <strong>für</strong> den Strahlenschutz<br />

besprochen werden.<br />

2.4.3.1 Deterministische Effekte<br />

Deterministische Effekte am Menschen können durch G<strong>an</strong>z- <strong>und</strong> Teilkörperexpositionen verursacht<br />

werden. Dabei müssen eine Vielzahl von Zellen (multizellulärer Effekt) beeinträchtigt<br />

werden, die nicht mehr durch Vermehrung <strong>an</strong><strong>der</strong>er Zellen kompensiert werden können. Der<br />

resultierende Zellverlust k<strong>an</strong>n ernste klinisch nachweisbare Beeinträchtigungen <strong>der</strong> Funktion<br />

von Gewebe <strong>und</strong> Org<strong>an</strong>en hervorrufen. Bei entsprechend hohen Dosen k<strong>an</strong>n sogar <strong>der</strong> Tod<br />

<strong>des</strong> Org<strong>an</strong>ismus eintreten. Die Schwere <strong>des</strong> auftretenden Schadens ist dabei abhängig von<br />

<strong>der</strong> Dosis. Für das Auftreten dieser Schäden existiert ein Dosisschwellenwert DS, unterhalb<br />

doskap2<br />

25


Prof.Dr.K.-H.Folkerts Dosimetrie <strong>und</strong> Strahlenschutz<br />

<strong>des</strong>sen keine nachweisbare Beeinträchtigung von Gewebe- <strong>und</strong> Org<strong>an</strong>funktionen beobachtet<br />

werden k<strong>an</strong>n. Ver<strong>an</strong>twortlich <strong>für</strong> diese Effekte ist hauptsächlich das Absterben von Zellen<br />

durch die Strahleneinwirkung. Dabei findet das Absterben <strong>der</strong> Zellen (außer bei sehr hohen<br />

Dosen) meist erst bei <strong>der</strong> Zellteilung statt. Die Dosisschwellenwerte sind dabei abhängig<br />

vom betrachteten Effekt. Die geringsten Schwellenwerte liegen bei etwa DS ∼ 0.2 - 0.5 Gy.<br />

Dabei ist vorausgesetzt, daß die Exposition bei hoher Dosisleistung erfolgt. Beispiele <strong>für</strong> deterministische<br />

Schäden sind:<br />

− Hautrötung, subkut<strong>an</strong>e Ödeme<br />

− Entstehung von Katarakten<br />

− Akutes Strahlensyndrom<br />

− Entstehung von Fibrosen<br />

− Hervorrufung von zeitweiser <strong>und</strong> perm<strong>an</strong>enter Sterilität<br />

Die Abbildung zeigt schematisch den Verlauf <strong>der</strong> Dosiswirkungsbeziehung <strong>für</strong> deterministische<br />

Strahlenschäden.<br />

Aufgr<strong>und</strong> <strong>der</strong> hohen Dosisschwellenwerte <strong>für</strong> das Auftreten deterministischer Effekte treten<br />

diese Schäden nur bei Strahlenunfällen <strong>und</strong> eventuell als Nebenwirkung bei strahlentherapeutischer<br />

Beh<strong>an</strong>dlung auf. Die Grenzwerte im Strahlenschutz sind so gewählt, daß deterministische<br />

Effekte mit Sicherheit ausgeschlossen werden.<br />

Die folgenden Tabellen zeigen eine Übersicht über Dosisschwellenwerte, die Effekte beim<br />

akuten Strahlensyndrom sowie die zu erwartenden Überlebenszeiten beim akuten Strahlensyndrom<br />

.<br />

doskap2<br />

Gewebeart <strong>und</strong> Effekt<br />

Hoden<br />

zeitweise Sterilität<br />

dauernde Sterilität<br />

Schwellenwerte <strong>für</strong> deterministische Effekte<br />

Dosisschwellenwerte<br />

Gesamtenergiedosis aus<br />

einer einzelnen Exposition<br />

in Gy<br />

0.15<br />

3.5 - 6.0<br />

26<br />

Jährliche Dosisleistung,<br />

wenn die Exposition in<br />

protrahierter Form über<br />

mehrere Jahre erfolgt.<br />

Gy⋅y -1<br />

0.4<br />

2.0


Prof.Dr.K.-H.Folkerts Dosimetrie <strong>und</strong> Strahlenschutz<br />

doskap2<br />

Eierstöcke<br />

Sterilität<br />

2.5 - 6.0<br />

Augenlinse<br />

Nachweisbare Trübungen<br />

0.5 - 2.0<br />

Katarakt<br />

5.0<br />

Knochenmark<br />

Unterdrückung <strong>der</strong> Blutzellbildung<br />

0.5<br />

Hautrötung (Erythem) 3 - 5<br />

> 0.2<br />

> 0.1<br />

> 0.15<br />

> 0.4<br />

Zusammenh<strong>an</strong>g zwischen Dosis <strong>und</strong> auftretenden Schäden beim akuten Strahlensyndrom;<br />

(Voraussetzung: Akute G<strong>an</strong>zkörperbestrahlung mit Nie<strong>der</strong>-LET-Strahlung)<br />

Dosis in Gy Symptome Bemerkung<br />

0 - 0.25 keine keine nachweisbaren Effekte<br />

0.25 - 1 meist keine, eventuell Appetitlosigkeit Schädigungen <strong>des</strong> Knochenmarks,<br />

Abnahme <strong>der</strong> roten <strong>und</strong> weißen Blutkörperchen,<br />

Schäden <strong>an</strong> Lymphknoten<br />

<strong>und</strong> Milz<br />

1 - 3 leichte bis schwere Infekte, Appetitlosigkeit<br />

3 - 6 ernste Erkr<strong>an</strong>kungen, Infekte, Durchfall,<br />

Haarausfall, zeitweise Sterilität<br />

>6 Obige Symptome plus Schädigung <strong>des</strong><br />

ZNS<br />

G<strong>an</strong>zkörperdosis<br />

Gy<br />

Zusammenh<strong>an</strong>g zwischen Dosis <strong>und</strong> Überlebenszeit<br />

27<br />

Schädigung <strong>des</strong> blutbildenden Systems<br />

schwerer, Erholung möglich, jedoch<br />

nicht immer<br />

Tödlicher Ausg<strong>an</strong>g in 50% <strong>der</strong> Fälle<br />

zwischen 4 - 5 Gy (LD50)<br />

ohne Beh<strong>an</strong>dlung tödlicher Ausg<strong>an</strong>g<br />

Haupteffekt, <strong>der</strong> zum Tode führt To<strong>des</strong>zeitpunkt nach<br />

Exposition (Tage)<br />

3 - 5 Schädigung<br />

50/60)<br />

<strong>des</strong> Knochenmarks (LD 30 - 60<br />

5 - 15 Schädigung <strong>des</strong> Gastrointestinaltraktes<br />

<strong>und</strong> <strong>der</strong> Lungen<br />

10 - 20<br />

> 15 Schädigung <strong>des</strong> Zentralnervensystems 1 - 5<br />

Bedeutung <strong>der</strong> deterministischen Schäden im Strahlenschutz<br />

- Deterministische Schäden sind typisch <strong>für</strong> Strahlenunfälle mit hohen Dosisleistungen <strong>und</strong><br />

Dosen<br />

- Typisch <strong>für</strong> Nebenwirkungen bei <strong>der</strong> Strahlentherapie<br />

- Grenzwerte im Strahlenschutz sind so festgelegt, daß die Schwellenwerte <strong>für</strong> deterministische<br />

Schäden bei weitem unterschritten werden.


Prof.Dr.K.-H.Folkerts Dosimetrie <strong>und</strong> Strahlenschutz<br />

- Das Einhalten <strong>der</strong> Grenzwerte bedeutet also einen sicheren Schutz vor deterministischen<br />

Schäden.<br />

2.4.3.2 Stochastische Schäden<br />

Nachdem im vor<strong>an</strong>geg<strong>an</strong>genen Kapitel ausgeführt wurde, daß deterministische Schäden<br />

erst bei vergleichsweise hohen Dosen auftreten <strong>und</strong> daher <strong>für</strong> den „normalen“ Strahlenschutz<br />

eine untergeordnete Rolle spielen, sollen jetzt im folgenden die sogen<strong>an</strong>nten stochastischen<br />

Strahlenschäden beh<strong>an</strong>delt werden. Der Schutz vor dem Risiko stochastischer<br />

Schäden, insbeson<strong>der</strong>e bei niedrigen Dosen, wird sich als das eigentliche Problem im Strahlenschutz<br />

herausstellen.<br />

Stochastische Effekte sind solche, die aus strahleninduzierten Verän<strong>der</strong>ungen in normalen<br />

Zellen resultieren. Es werden zwei allgemeine Typen stochastischer Schäden unterschieden.<br />

Der erste Schadenstyp resultiert aus Än<strong>der</strong>ungen in den Körperzellen <strong>und</strong> k<strong>an</strong>n in <strong>der</strong> exponierten<br />

Person zum Beispiel zu Krebs führen; <strong>der</strong> zweite Schadenstyp ereignet sich in den<br />

Keimzellen (Spermien o<strong>der</strong> Eizellen) <strong>und</strong> k<strong>an</strong>n zu Verän<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong> genetischen Information<br />

(Erbschäden) in den Nachkommen <strong>der</strong> exponierten Person führen. Die folgende Abbildung<br />

zeigt schematisch die Entwicklung eines strahleninduzierten Tumors nach Strahlenexposition.<br />

Wie aus <strong>der</strong> Abbildung zu ersehen ist, stehen am Anf<strong>an</strong>g <strong>des</strong> Prozesses Än<strong>der</strong>ungen in <strong>der</strong><br />

DNA, die durch die einfallende Strahlung verursacht wurden. Die Wahrscheinlichkeit <strong>für</strong> diese<br />

Effekte ist bei nicht zu hohen Dosen in etwa proportional zur Dosis. Das heißt, es werden<br />

umso mehr DNS-Schäden induziert, je höhe die Dosis ist. Im Anschluß <strong>an</strong> die Schadensverursachung<br />

laufen sehr effiziente Reparaturmech<strong>an</strong>ismen ab. Im allgemeinen werden <strong>an</strong> dieser<br />

Stelle die verursachten Schäden behoben. Gelingt dies bei einer o<strong>der</strong> mehreren Zellen<br />

nicht, so bleibt eine dauernde Tr<strong>an</strong>sformation zurück. Die Zellen teilen sich weiter <strong>und</strong> jetzt<br />

k<strong>an</strong>n das Immunsystem ein weiteres Wachstum <strong>der</strong> tr<strong>an</strong>sformierten Zellen noch verhin<strong>der</strong>n.<br />

Gelingt auch dies nicht, so k<strong>an</strong>n sich durch weitere Zellteilung ein klinisch m<strong>an</strong>ifester Tumor<br />

bilden. Damit sich jedoch aus einer tr<strong>an</strong>sformierten Zelle<br />

doskap2<br />

Modellhafte Darstellung <strong>der</strong> Entstehung eines strahleninduzierten Tumors<br />

ein Tumor ausbildet, sind neben <strong>der</strong> Strahlenwirkung noch <strong>an</strong><strong>der</strong>e Prozesse in <strong>der</strong> Zelle o<strong>der</strong><br />

in ihrer Umgebung notwendig. Für einige Tumorarten sind diese zusätzlich notwendigen<br />

28


Prof.Dr.K.-H.Folkerts Dosimetrie <strong>und</strong> Strahlenschutz<br />

Prozesse altersabhängig. Daher ist die Wahrscheinlichkeit, daß sich nach Bestrahlung ein<br />

Krebs entwickelt, viel geringer als die Wahrscheinlichkeit eines strahleninduzierten Effektes<br />

in <strong>der</strong> DNA. Der in Abbildung dargestellte Zusammenh<strong>an</strong>g ist prinzipiell übertragbar auf die<br />

Entstehung genetischer Schäden. Die hier betroffenen Zellen sind d<strong>an</strong>n keine Körper-, son<strong>der</strong>n<br />

Keimzellen.<br />

Aufgr<strong>und</strong> <strong>der</strong> hier aufgezeigten Zusammenhänge erwartet m<strong>an</strong> <strong>für</strong> das Auftreten stochastischer<br />

Effekte keine Dosisschwellenwerte. Dies ist <strong>für</strong> das Festlegen von Grenzwerten sehr<br />

wichtig. Abbildung zeigt schematische den Verlauf <strong>der</strong> Dosis- Wirkungsbeziehung <strong>für</strong> stochastische<br />

Schäden ohne Annahme eines Dosisschwellenwertes.<br />

Schematische Darstellung <strong>der</strong> Dosis-Wirkungsbeziehung <strong>für</strong> stochastische Strahlenschäden.<br />

Wichtig: Es ist nicht mehr die Schwere <strong>des</strong> Schadens dosisabhängig, son<strong>der</strong>n die Eintrittswahrscheinlichkeit.<br />

Quellen zum Strahlenrisiko bzgl. stochast. Schäden:<br />

- Überlebende von Hiroshima/Nagasaki<br />

- Beruflich strahlenexponierte Personen<br />

- Personen aus <strong>der</strong> Strahlentherapie<br />

- Strahlenunfälle<br />

- Personen die in Gebieten erhöhter natürlicher Starhlenexposition leben.<br />

Um das Strahlenrisiko bezüglich stochastischer Schäden abschätzen zu können, ist es notwendig,<br />

den Zusammenh<strong>an</strong>g zwischen Eintrittswahrscheinlichkeit <strong>und</strong> Dosis zu kennen. Lei<strong>der</strong><br />

gibt es bis heute keine direkte Information über den Zusammenh<strong>an</strong>g zwischen strahleninduziertem<br />

Krebs <strong>für</strong> Nie<strong>der</strong>-LET-Strahlung im <strong>für</strong> den praktischen Strahlenschutz interess<strong>an</strong>ten<br />

Bereich von einigen mGy bis einigen 10 mGy. Statistisch signifik<strong>an</strong>t nachgewiesen ist<br />

<strong>der</strong> Zusammenh<strong>an</strong>g zwischen Tumorinzidenz <strong>und</strong> Exposition erst <strong>für</strong> Dosen > 0.2 Sv. M<strong>an</strong><br />

ist dahr <strong>an</strong>gewiesen, aus Strahlenexpositionen bei hohen Dosen (0.1 - 0.2 Gy <strong>und</strong> mehr) das<br />

stochastische Risiko bei kleinen Expositionen abzuschätzen. Auch f<strong>an</strong>den diese bek<strong>an</strong>nten<br />

Strahlenexpositionen bei hohen Dosisleistungen statt, so daß die Übertragung auf Situationen<br />

wie sie im praktischen Strahlenschutz auftreten (geringe Dosis, geringe Dosisleistung)<br />

Schwierigkeiten bereitet. Es stellt sich also das Problem, die bei hohen Dosen erhaltenen<br />

Zusammenhänge zwischen Dosis <strong>und</strong> Wirkung zu niedrigen Dosiswerten zu extrapolieren.<br />

Die Abbildung zeigt mögliche Zusammenhänge zwischen Dosis <strong>und</strong> Wirkung, wie sie heute<br />

in <strong>der</strong> Diskussion sind.<br />

doskap2<br />

29


Prof.Dr.K.-H.Folkerts Dosimetrie <strong>und</strong> Strahlenschutz<br />

doskap2<br />

Darstellung möglicher Zusammenhänge zwischen Dosis <strong>und</strong><br />

Wirkung <strong>für</strong> strahleninduzierte Karzinome <strong>für</strong> Nie<strong>der</strong>-LET-<br />

Strahlung. a: lineare Risikobeziehung R(D) = R0⋅D; b: linear<br />

quadratische Risikobeziehung R(D) = α⋅D + β⋅D 2 ; c: biopositive<br />

Wirkung kleiner Strahlendosen: R(D) = α⋅D - β⋅D 1/4 ; d:<br />

supralinear: R(D) = α⋅D + β⋅D 1/4 . Die in <strong>der</strong> Abbildung als<br />

„beobachtet“ ausgewiesenen Risikowerte sind im wesentlichen<br />

auf die Auswertung <strong>der</strong> Hiroshima- Nagasaki- Daten<br />

zurückzuführen. Weitere Informationen über den Zusammenh<strong>an</strong>g<br />

zwischen Dosis <strong>und</strong> Risiko erhält m<strong>an</strong> aus Strahlenunfällen<br />

<strong>und</strong> <strong>der</strong> Anwendung ionisieren<strong>der</strong> Strahlung in<br />

<strong>der</strong> Therapie.<br />

Aus vielen strahlenbiologischen Experimenten ist ein linear-quadratischer Verlauf <strong>der</strong> Dosis-<br />

Wirkungsbeziehung bek<strong>an</strong>nt. Das Risiko läßt sich d<strong>an</strong>n ausdrücken gemäß :<br />

R(D) = α⋅D + β⋅D 2<br />

Dies impliziert bei kleinen Dosen einen linearen Anstieg <strong>der</strong> Effekte. Im praktischen Strahlenschutz<br />

geht m<strong>an</strong> heute von einer linearen Extrapolation <strong>des</strong> Mortalitäts-Risikos als Funktion<br />

<strong>der</strong> Dosis aus (Lineares Risikomodell). Für den Zusammenh<strong>an</strong>g zwischen Dosis <strong>und</strong><br />

Wirkung gilt d<strong>an</strong>n:<br />

R(D) = R0⋅D<br />

mit R0 : Risikofaktor <strong>für</strong> das stochastische Mortalitätsrisiko, R0 = 5⋅10 -2 Sv -1<br />

Diese lineare Abschätzung <strong>des</strong> Risikos hat den Vorteil, daß das Risiko bei niedrigen Dosiswerten<br />

wohl überschätzt wird (konservative Abschätzung <strong>des</strong> Risikos). Von Interesse in diesem<br />

Zusammenh<strong>an</strong>g ist noch die Kurve c, die von einer „biopositiven“ Wirkung kleiner Strahlendosen<br />

ausgeht (Strahlenhormesis). Dieser Zusammenh<strong>an</strong>g ist aber <strong>für</strong> den praktischen<br />

Strahlenschutz noch nicht von Bedeutung. Die Abbildung zeigt den Verlauf <strong>der</strong> linearen Dosiswirkungsbeziehung<br />

im Zusammenh<strong>an</strong>g mit dem spont<strong>an</strong>en Krebsrisiko in <strong>der</strong> BRD <strong>und</strong><br />

einigen Beispielen von stattfindenden <strong>und</strong> stattgef<strong>und</strong>enen Strahlenexpositionen.<br />

30


Prof.Dr.K.-H.Folkerts Dosimetrie <strong>und</strong> Strahlenschutz<br />

Strahlenrisiko als Funktion <strong>der</strong> Lebenszeitdosis<br />

An dieser Stelle sei eine Bemerkung zur linearen Risikohypothese ohne Schwellenwert<br />

(LNT: Linear No Threshold) gemacht. Die Annahme eines linearen Zusammenh<strong>an</strong>ges zwischen<br />

Dosis <strong>und</strong> stochastischem Risiko ist durch keine beobachteten Daten im niedrigen<br />

Dosisbereich signifik<strong>an</strong>t nachgewiesen. Alle Abschätzungen über stochastische Risiken <strong>und</strong><br />

evtl.zu erwartende Krebssterbefälle nach Strahlenexposition sind daher hypothetisch <strong>und</strong><br />

nicht nachweisbar. Der Sinn dieser Abschätzung liegt darin, einen genügend konservativen<br />

Anhaltspunkt zur Festlegung von Grenzwerten <strong>für</strong> beruflich strahlenexponierte Personen zu<br />

erhalten.<br />

Weiter ist es wichtig, in diesem Zusammenh<strong>an</strong>g darauf hinzuweisen, daß zwischen dem<br />

Zeitpunkt <strong>der</strong> Exposition <strong>und</strong> dem Auftreten eines stochastischen Effektes eine Reihe von<br />

Jahren vergehen k<strong>an</strong>n. Dieser Zeitraum wird als Latenzzeit bezeichnet. Aus den Daten von<br />

Hiroshima <strong>und</strong> Nagasaki wurde <strong>für</strong> Leukämie eine medi<strong>an</strong>e Latenzzeit von 8 Jahren ermittelt.<br />

Den zwei bis dreifachen Wert erhält m<strong>an</strong> dagegen im Falle induzierter soli<strong>der</strong> Tumore.<br />

Die minimale Latenzzeit beträgt im Falle <strong>der</strong> Leukämie etwa 2 Jahre <strong>und</strong> <strong>für</strong> die <strong>an</strong><strong>der</strong>en<br />

Tumorarten etwa 5 - 10 Jahre. Die Tabelle zeigt die in Hiroshima <strong>und</strong> Nagasaki beobachteten<br />

To<strong>des</strong>fälle <strong>an</strong> Leukämie in den Jahren 1950 bis 1986 im Vergleich zu den in einer Vergleichsgruppe<br />

(erwartet) beobachteten Fälle [6].<br />

doskap2<br />

Leukämiefälle in Hiroshima <strong>und</strong> Nagasaki<br />

Zeitraum Zahl <strong>der</strong> Leukämiefälle<br />

beobachtet erwartet<br />

1950 - 1960 74 29<br />

1961 - 1970 44 28.7<br />

1971 - 1980 59 41.7<br />

1981 - 1985 25 23.5<br />

1950 - 1985 202 123<br />

31


Prof.Dr.K.-H.Folkerts Dosimetrie <strong>und</strong> Strahlenschutz<br />

Die nächste Abbildung zeigt den zeitlichen Verlauf <strong>des</strong> Strahlenkrebsrisikos <strong>für</strong> Leukämie<br />

<strong>und</strong> solide Tumoren (absolutes <strong>und</strong> relatives Risikomodell).<br />

Zu den Kurven ist zu bemerken, daß <strong>für</strong> die Leukämie nach etwa 20 Jahren das Risiko wie<strong>der</strong><br />

dem Spont<strong>an</strong>risiko entspricht. Für solide Tumoren bleibt jedoch das Risiko lebensl<strong>an</strong>g<br />

über dem Spont<strong>an</strong>risiko.<br />

Ein weiteres Beispiel zur Verdeutlichung <strong>der</strong> Latenzzeit ist das Auftreten von Schilddrüsenkrebs<br />

bei den Kin<strong>der</strong>n in Weißrußl<strong>an</strong>d nach dem Tschernobyl-Unfall.<br />

doskap2<br />

80<br />

70<br />

60<br />

50<br />

40<br />

30<br />

20<br />

10<br />

0<br />

Die hier dargestellten Risikofaktoren sind Mittelwerte über alle Altersgruppen, Geschlechter<br />

etc. Im einzelnen ist das Strahlenrisiko jedoch noch abhängig von:<br />

− Alter<br />

− Geschlecht<br />

− Population<br />

− Org<strong>an</strong> <strong>und</strong> Gewebe<br />

Anzahl <strong>der</strong> Schilddrüsenfälle<br />

Bis 1986 wurden je<strong>des</strong><br />

Jahr 2 Fälle registriert<br />

1986 1987 1988 1989 1990 1991 1992 1993<br />

Anzahl 2 4 5 7 29 59 66 79<br />

32


Prof.Dr.K.-H.Folkerts Dosimetrie <strong>und</strong> Strahlenschutz<br />

− An<strong>der</strong>e Faktoren (Synergismus), (Rauchen, UV-Bestrahlung)<br />

Dies macht eine individuelle Abschätzung <strong>des</strong> Strahlenrisikos sehr schwierig.<br />

Folgende Tabelle gibt einen Überblick über die Verteilung <strong>des</strong> stochast. Risikos über verschiedene<br />

Org<strong>an</strong>e <strong>und</strong> Gewebe.<br />

doskap2<br />

Krebsmortalität <strong>für</strong> verschiedene Org<strong>an</strong>e nach ICRP 60<br />

Org<strong>an</strong> Krebsmortalität in %/Sv<br />

Blase 0.3<br />

Brustgewebe 0.2<br />

Dickdarm 0.85<br />

Eierstöcke 0.1<br />

Haut 0.02<br />

Knochenoberfläche 0.05<br />

Rotes Knochenmark 0.5<br />

Leber 0.15<br />

Lunge 0.85<br />

Magen 1.1<br />

Schilddrüse 0.08<br />

Speiseröhre 0.3<br />

Übrige 0.5<br />

Gesamt 5.00<br />

Effekte bei Bestrahlung in utero<br />

Zum Abschluß <strong>des</strong> Kapitels sei noch einiges zum genetischen Risiko <strong>und</strong> zur Bestrahlung<br />

von Embryonen <strong>und</strong> Feten in utero gesagt. Beim Menschen sind bisl<strong>an</strong>g keine strahleninduzierten<br />

genetischen Wirkungen signifik<strong>an</strong>t nachgewiesen worden. Jedoch gibt es zahlreiche<br />

Hinweise auf Effekte bei <strong>der</strong> Bestrahlung in utero. Wesentlich <strong>für</strong> die Auswirkung einer Bestrahlung<br />

ist dabei <strong>der</strong> Zeitpunkt <strong>der</strong> Exposition nach <strong>der</strong> Befruchtung. Ist die Zahl <strong>der</strong> Zellen<br />

noch sehr klein <strong>und</strong> sind die Zellen noch nicht ausdifferenziert, führt ein Schaden <strong>an</strong> diesen<br />

Zellen praktisch immer zum Tod <strong>des</strong> Embryos. M<strong>an</strong> k<strong>an</strong>n davon ausgehen, daß unter diesen<br />

Umständen ein stochastischer Effekt im lebendgeborenen Kind ausgeschlossen werden<br />

k<strong>an</strong>n. Eine Exposition <strong>des</strong> Embryos in den ersten drei Wochen nach erfolgter Befruchtung<br />

führt wahrscheinlich nicht zu deterministischen o<strong>der</strong> stochastischen Schäden. Während <strong>der</strong><br />

Periode <strong>der</strong> Org<strong>an</strong>bildung (typischerweise vom Beginn <strong>der</strong> dritten Schw<strong>an</strong>gerschaftswoche)<br />

können Mißbildungen <strong>an</strong> dem Org<strong>an</strong>, das zum Zeitpunkt <strong>der</strong> Exposition ausgebildet wird,<br />

auftreten. Diese Effekte sind deterministisch mit einem Schwellenwert <strong>für</strong> den Menschen von<br />

etwa 0.1 Gy .<br />

Während <strong>der</strong> gesamten Periode <strong>der</strong> 3 Wochen nach erfolgter Schw<strong>an</strong>gerschaft bis zum Ende<br />

<strong>der</strong> Schw<strong>an</strong>geschaft geht m<strong>an</strong> davon aus, daß eine Strahlenexposition stochastische<br />

Effekte hervorrufen k<strong>an</strong>n, die zu einem erhöhten Krebsrisiko beim Kind führen können. Die<br />

vorliegenden Daten sind diesbezüglich unsicher <strong>und</strong> inkonsistent. Jedoch geht die ICRP von<br />

einem Risikofaktor aus, <strong>der</strong> einigemal größer ist als <strong>der</strong> <strong>für</strong> die Gesamtbevölkerung .<br />

33


Prof.Dr.K.-H.Folkerts Dosimetrie <strong>und</strong> Strahlenschutz<br />

Weitere Effekte, die beobachtet wurden, beziehen sich auf eine Vermin<strong>der</strong>ung <strong>des</strong> Intelligenz-quotienten<br />

<strong>des</strong> Kin<strong>des</strong> nach Bestrahlung in utero. Die Hiroshima-Daten legen eine Verringerung<br />

<strong>des</strong> IQ um 30 Punkte pro Sv nahe (Bestrahlung während <strong>der</strong> achten bis fünfzehnten<br />

Woche <strong>der</strong> Schw<strong>an</strong>gerschaft). Auch hier findet sich ein Schwellenwert von etwa 0.1 Sv,<br />

ehe <strong>der</strong> Effekt auftritt.<br />

2.4.4 Ableitung von Grenzwerten im Strahlenschutz<br />

Aus den Betrachtungen <strong>des</strong> vorherigen Kapitels läßt sich sagen, daß <strong>der</strong> praktische Strahlenschutz<br />

Schutz vor dem stochastischen Risiko ist. Da m<strong>an</strong> <strong>für</strong> das Auftreten stochastischer<br />

Schäden keine Dosisschwellenwerte <strong>an</strong>nimmt, k<strong>an</strong>n prinzipiell jede noch so kleine Exposition<br />

zu einem stochastischen Schaden führen. Grenzwerte können jedoch nicht so verst<strong>an</strong>den<br />

werden, daß sie einen Dosisbereich, bei dem mit Sicherheit „nichts passiert“, von einem Bereich,<br />

in dem mit Sicherheit Schäden auftreten, trennen. Die ICRP hat in ihren Empfehlungen<br />

von 1977 die Grenzwerte bezüglich stochastischer Schäden nach folgendem Prinzip festgelegt<br />

.<br />

Durch Vergleich mit den Unfallraten bezüglich tödlicher Unfälle in Industrien, die nichts mit<br />

ionisieren<strong>der</strong> Strahlung zu tun haben, wurde aus <strong>der</strong> linearen Dosis-Wirkungsbeziehung <strong>der</strong><br />

Dosiswert ermittelt, <strong>der</strong> in etwa das gleiche Risiko ergibt. Dieser Dosiswert ergibt d<strong>an</strong>n einen<br />

Anhaltspunkt <strong>für</strong> die Festlegung <strong>des</strong> Grenzwertes <strong>für</strong> beruflich strahlenexponierte Personen.<br />

Zusammen mit dem Ausschluß deterministischer Schäden läßt sich die Philosophie <strong>der</strong><br />

Grenzwerte im Strahlenschutz folgen<strong>der</strong>weise beschreiben:<br />

doskap2<br />

Grenzwerte im Strahlenschutz sind so festgelegt, daß das Auftreten deterministischer<br />

Schäden mit Sicherheit verhin<strong>der</strong>t wird <strong>und</strong> das Risiko<br />

stochastischer Schäden in einem tolerablen Bereich liegt.<br />

Die Grenzwerte lassen sich daher als Akzept<strong>an</strong>zwerte verstehen. Aufgr<strong>und</strong> <strong>der</strong> Tatsache,<br />

daß jede noch so kleine Exposition zu einem stochastischen Schaden führen k<strong>an</strong>n, ergeben<br />

sich weitere gr<strong>und</strong>sätzliche Verhaltensweisen im Strahlenschutz:<br />

− Jede Anwendung ionisieren<strong>der</strong> Strahlung muß durch ihren positiven Nettonutzen<br />

gerechtfertigt sein.<br />

− Jede unnötige Strahlenexposition soll vermieden werden.<br />

− Jede notwendige Strahlenexposition soll unter den gegebenen Umständen<br />

so niedrig wie möglich gehalten werden (As low as reasonably achievable :<br />

ALARA-Prinzip)<br />

− Grenzwerte dürfen nie bewußt ausgeschöpft werden.<br />

Bei <strong>der</strong> Novellierung <strong>der</strong> Strahlenschutzverordnung 2001 wurden aufgr<strong>und</strong> <strong>der</strong> Neubewertung<br />

<strong>der</strong> Daten <strong>der</strong> Hiroshima- <strong>und</strong> Nagaski-Studie die Grenzwerte <strong>für</strong> beruflich strahlenexponierte<br />

Personen <strong>und</strong> die Bevölkerung deutlich herabgesetzt. Auch wurden Dosisrichtwerte<br />

<strong>für</strong> den Patienten bei diagnostischen Maßnahmen in <strong>der</strong> Medizin eingeführt, die nicht überschritten<br />

werden sollen. Die Tabellen geben einen Überblick über die jetzt geltenden maximal<br />

zulässigen Grenzwerte.<br />

Grenzwerte <strong>für</strong> beruflich strahlenexponierte Personen.<br />

Effektive Dosis: 20 mSv/a*<br />

Org<strong>an</strong>dosis Augenlinse: 150 mSv/a<br />

Org<strong>an</strong>dosis Haut,<br />

Extremitäten: 500 mSv/a<br />

34


Prof.Dr.K.-H.Folkerts Dosimetrie <strong>und</strong> Strahlenschutz<br />

doskap2<br />

Org<strong>an</strong>dosis Keimdrüsen,<br />

Knochenmark(rot) 50 mSv/a<br />

Org<strong>an</strong>dosis Schildrüse,<br />

Knochenoberfläche: 300 mSv/a<br />

Org<strong>an</strong>dosis <strong>an</strong><strong>der</strong>e<br />

Org<strong>an</strong>e <strong>und</strong> Gewebe: 150 mSv/a<br />

*: Gemittelt über 5 Jahre. Im Einzelfall k<strong>an</strong>n die Behörde eine Dosis von 50 mSv/a zulassen.<br />

Berufslebensdosis: Maximal 400 mSv<br />

Darüberhinaus findet noch eine Einteilung <strong>der</strong> beruflich strahlenexponierten Personen in Kategorien<br />

statt, <strong>für</strong> die unterschiedliche Grenzwerte gelten.<br />

Kategorie A: Effektive Dosis > 6 mSv/a<br />

o<strong>der</strong> Org<strong>an</strong>dosis Augenlinse > 45 mSv/a<br />

o<strong>der</strong> Org<strong>an</strong>dosis, <strong>für</strong> Haut,<br />

Hände, Extremitäten > 150 mSv/a<br />

Kategorie B: Effektive Dosis: 1mSv/a < E < 6 mSv/a<br />

Augenlinse: 15 mSv/a < HT < 45 mSv/a<br />

Haut etc.: 50 mSv/a < HT < 150 mSv/a<br />

Gebärfähige Frauen: Monatlicher Grenzwert <strong>an</strong> <strong>der</strong> Gebärmutter: 2 mSv<br />

Ungeborenes Kind <strong>des</strong>sen Mutter berufl. strahlenexponiert ist: 1mSv über die gesamte<br />

Schw<strong>an</strong>gerschaft vom Zeitpunkt <strong>der</strong> Mitteilung über die Schw<strong>an</strong>gerschaft <strong>an</strong> gerechnet.<br />

Begrenzung <strong>der</strong> Strahlenexposition <strong>der</strong> Bevölkerung Strl.Sch.V 2001<br />

Effektive Dosis E: 1mSv/a<br />

Org<strong>an</strong>dosis Augenlinse: 15 mSv/a<br />

Org<strong>an</strong>dosis Haut: 50 mSv/a<br />

Beson<strong>der</strong>e Beachtung findet hier noch die medizinische Exposition schw<strong>an</strong>gerer Frauen.<br />

Wie vorab diskutiert wurde, führt eine Exposition <strong>des</strong> Embryos in den ersten drei Wochen<br />

nach <strong>der</strong> Empfängnis wahrscheinlich nicht zu stochastischen <strong>und</strong> deterministischen Effekten<br />

im Lebendgeborenen. Für spätere Zeitpunkte ist diese Gefahr jedoch gegeben. Aus konservativen<br />

Gründen ist daher bei Frauen, bei denen die letzte Menstruation ausgeblieben ist,<br />

davon auszugehen, daß sie schw<strong>an</strong>ger sind. Diagnostische <strong>und</strong> therapeutische Expositionen<br />

<strong>des</strong> Abdomens von Frauen, die „wahrscheinlich“ schw<strong>an</strong>ger sind, sollten vermieden werden,<br />

es sei denn, es existieren strenge medizinische Indikationen.<br />

35


Prof.Dr. K.-H.Folkerts Dosimetrie <strong>und</strong> Strahlenschutz<br />

2.5 Die natürliche <strong>und</strong> zivilisatorische Strahlenexposition <strong>des</strong> Menschen<br />

2.5.1 Die natürliche Strahlenexposition<br />

Die natürliche Strahlenexposition <strong>des</strong> Menschen stellt die untere Grenze möglicher Strahlenexpositionen<br />

<strong>des</strong> Menschen dar.<br />

→ Natürliche Strahlenexposition <strong>und</strong> ihre Schw<strong>an</strong>kungsbreite stellt das Bezugssystem dar,<br />

gegenüber dem <strong>an</strong><strong>der</strong>e Strahlenexpositionen beurteilt <strong>und</strong> bewertet werden können.<br />

Natürliche Strahlenexposition:<br />

doskap25<br />

Externe Komponente<br />

Interne Komponente<br />

Die „externe“ Komponente besteht aus: Terrestrische Strahlung (Boden, Baumaterialien,<br />

rad. Gase in <strong>der</strong> Atmosphäre)<br />

Kosmische Strahlung. (Strahlung aus dem Weltraum)<br />

Die „interne“ Komponente besteht aus: Inkorporierte natürl. Radionuklide (Nahrung, Atmung)<br />

Alle Komponenten unterliegen starken lokalen Schw<strong>an</strong>kungen durch unterschiedliche geografische<br />

<strong>und</strong> geologische Umweltbedingungen.<br />

Die folgende Grafik gibt einen Überblick über die Beiträge <strong>der</strong> einzelnen Komponenten.<br />

Radon in Wohnungen<br />

Mittlere natürliche Strahlenexposition in <strong>der</strong> BRD.<br />

(Effektive Dosis)<br />

1.3 mSv<br />

Gesamt: 2.4 mSv/a<br />

0.5 mSv<br />

0.3 mSv<br />

Terrestrisch (Außen)<br />

0,3 mSv<br />

Inkorporierte Stoffe<br />

Kosmische Strahlung<br />

Im folgenden sollen jetzt die einzelnen Komponenten <strong>und</strong> ihre Zusammensetzung etwas genauer<br />

betrachtet werden.<br />

36


Prof.Dr. K.-H.Folkerts Dosimetrie <strong>und</strong> Strahlenschutz<br />

Externe Komponente<br />

doskap25<br />

a.) Kosmische Strahlung<br />

Primäre kosmische Strahlung: (energiereiche aus<br />

dem Weltall einfallende Strahlung)<br />

Zusammensetzung: Protonen ( > 85%), He-Kerne (~<br />

10%), schwere Kerne, Photonen, Elektronen wenig.<br />

Ursprung <strong>der</strong> primären kosm. Strahlung liegt in <strong>der</strong> Galaxis,<br />

nur einige Prozent haben ihren Ursprung in Protuber<strong>an</strong>zen<br />

<strong>der</strong> Sonne. Energiespektrum: ~ MeV – 10 14<br />

MeV<br />

Durch Wechselwirkung <strong>der</strong> primären kosmischen Strahlung<br />

mit den Molekülen <strong>der</strong> Atmosphäre entsteht die<br />

sek<strong>und</strong>äre kosmische Strahlung::<br />

Sek<strong>und</strong>äre kosmische Strahlung: Photonen,<br />

Neutronen etc.<br />

Entdeckung <strong>der</strong> kosm. Strahlung durch Hess u. Kolhörster<br />

1913 durch die zunehmende Ionisation <strong>der</strong><br />

Atmosphäre mit zunehmen<strong>der</strong> Höhe.<br />

Beitrag <strong>der</strong> kosmischen Strahlung auf Meereshöhe<br />

zur Dosisleistung:<br />

~ 280 µGy/a durch geladene Teilchen<br />

~ 3.5 µGy/a durch kosmische Neutronen<br />

Teilchenflußdichte sek<strong>und</strong>äre kosmische<br />

Strahlung.<br />

Auf Gr<strong>und</strong> <strong>des</strong> Energiespektrums <strong>der</strong> Neutronen<br />

k<strong>an</strong>n m<strong>an</strong> einen Strahlungswichtungsfaktor von ungefähr<br />

wN≅ 6 <strong>an</strong>setzen. Es ergibt sich d<strong>an</strong>n <strong>für</strong> die effektive Dosis:<br />

E = 280 µSv/a + 6⋅3.5 µSv/a = 301µSv/a → Ekosm ≅ 0.3 mSv/a<br />

Der Dosisbeitrag durch kosmische Strahlung steigt mit <strong>der</strong> Höhe über dem Erdboden stark<br />

<strong>an</strong>.<br />

Dies hat unter <strong>an</strong><strong>der</strong>em eine Bedeutung bei Flügen in großen Höhen. Insbeson<strong>der</strong>e k<strong>an</strong>n es<br />

bei nördlichen Routen in 10 – 15 km Höhe zu bedeutenden Ortsdosisleistungen kommen.<br />

(Die Zunahme <strong>der</strong> kosmischen Strahlung mit <strong>der</strong> Höhe hängt von <strong>der</strong> geografischen Breite<br />

ab.)<br />

37


Prof.Dr. K.-H.Folkerts Dosimetrie <strong>und</strong> Strahlenschutz<br />

2.0<br />

1.5<br />

1.0<br />

0.5<br />

mSv/a<br />

Meer 1000 2000 3000<br />

doskap25<br />

Höhe über Meeresspiegel in m<br />

Zunahme <strong>der</strong> Jahresdosis durch kosmische<br />

Strahlung mit <strong>der</strong> Höhe<br />

Wie aus den Abbildungen hervorgeht<br />

können Ortsdosisleistungen bis zu<br />

20µSv/h gemessen werden (Umgebungsstrahlung<br />

auf <strong>der</strong> Erde liefert<br />

etwa 0.1 – 0.2 µSv/h)<br />

38<br />

Nach <strong>der</strong> neuen Strahlenschutzverordnung<br />

muß bei Ortsdosisleistungen<br />

über 3.5 µSv/h ein Kontrollbereich<br />

abgegrenzt werden.→ Flugzeuginneres<br />

k<strong>an</strong>n unter Umständen Kriterien<br />

eines Kontrollbereiches erfüllen!!<br />

→ Konsequenz: Flugpersonal gehört seit<br />

Novellierung <strong>der</strong> Strahlenschutzverordnung<br />

2001 zur Gruppe <strong>der</strong> beruflich strahlenexponierten<br />

Personen.<br />

Kosmische Strahlung bei Raumflügen.<br />

Mondflüge: Bei den Apollo-Missionen<br />

(Dauer jeweils etwa 7 Tage) erhielten die<br />

Astronauten durch primäre galaktische<br />

Strahlung eine effektive Dosis von etwa 4<br />

mSv.<br />

→ 1 Jahr Aufenthalt im Orbit E ≅ 200mSv<br />

Gefahr besteht durch Strahlungsausbrüche<br />

auf <strong>der</strong> Sonne. (Protonen <strong>und</strong> He-Kerne)<br />

Eruptionsereignis vom 10.7.1959 hätte selbst hinter einer Abschirmung von 3,7mm Al zu<br />

einer Energiedosis von 3.6 Gy durch Protonen <strong>und</strong> 1.5 Gy durch He-Kerne (α-Teilchen) geführt.


Prof.Dr. K.-H.Folkerts Dosimetrie <strong>und</strong> Strahlenschutz<br />

Marsmission: Probleme auch hier Strahlungsausbrüche auf <strong>der</strong> Sonne. Zu erwarten wären<br />

Dosen von bis zu 10Gy in einem „solaren flare“. Flaredauer bis zu 2 Tagen.<br />

3 Jahresflug zum Mars liefert eine Dosis von etwa 0.8 Gy. D.h: Jede Zelle <strong>des</strong> Körpers würde<br />

etwa einmal getroffen.<br />

b.) Terrestrische Strahlung<br />

Für die externe Komponente <strong>der</strong> terrestrischen Strahlung ist im wesentlichen die γ-Strahlung<br />

<strong>der</strong> natürlichen Radionuklide aus <strong>der</strong> Ur<strong>an</strong>-Radium-Reihe, Thorium-Reihe <strong>und</strong> dem nicht zu<br />

einer Zerfallsreihe gehörenden 40 K ver<strong>an</strong>twortlich.<br />

Zahl <strong>der</strong> Nuklide aus nat. Zerfallssreihen: ~ 50.<br />

Primordiale Radionuklide: 40 K (t1/2 = 1.3⋅10 9 a) ; 87 Rb (t1/2 = 4.8⋅10 10 a) etc. Von Bedeutung ist<br />

hier jedoch nur das 40 K.<br />

Dosisbeiträge zur terrestrischen Strahlenexposition unterscheiden sich je nachdem ob m<strong>an</strong><br />

Expositionen im Freien o<strong>der</strong> in Gebäuden betrachtet.<br />

Dosisleistung im Freien. ~40% <strong>der</strong> Dosis im Freien resultiert aus <strong>der</strong> γ-Strahlung von 40 K.<br />

Der rest aus den Nukliden <strong>der</strong> Zerfallsreihen.<br />

Die folgende Tabelle gibt einen Überblick über Aktivitätskonzentrationen <strong>und</strong> Ortsdosisleistungen<br />

durch terrestrische Strahlung im Freien in 1m Höhe.<br />

Material Aktivitätskonzentration in Bq/kg Ortsdosisleistung<br />

40<br />

K<br />

232 *<br />

Th<br />

238 *<br />

U µGy/h mGy/a<br />

Gesteine<br />

Gr<strong>an</strong>it 1000 80 60 0.083 0.73<br />

Diorit 700 30 20 0.058 0.51<br />

Basalt 250 10 10 0.021 0.19<br />

Durit 150 25 0.4 0.023 0.2<br />

Kalkstein 90 7 30 0.021 0.19<br />

S<strong>an</strong>dstein 350 10 20 0.030 0.26<br />

Tonschiefer 700 50 40 0.084 0.74<br />

Boden (Mittel) 400 30 20 0.045 0.4<br />

* Im rad. Gleichgewicht mit den Tochterprodukten<br />

Dosisleistungsfaktoren:<br />

doskap25<br />

40 K: 0.043nGy⋅h -1 /Bq⋅kg -1 .<br />

232 Th: 0.662nGy⋅h -1 /Bq⋅kg -1<br />

238 U: 0.427nGy⋅h -1 /Bq⋅kg -1<br />

Die folgende Tabelle zeigt die Ortsdosisleistung <strong>und</strong> die zu erwartende Jahresdosis durch<br />

terrestrische Strahlung in <strong>der</strong> BRD sowie in einigen Gebieten mit gegenüber dem Weltmittelwert<br />

erhöhter terrestrischer Strahlung.<br />

L<strong>an</strong>d Ortsdosisleistung Mittelwerte<br />

µGy/h µGy/h mGy/a<br />

Deutschl<strong>an</strong>d West 0.040 – 0.350 0.054 0.46<br />

Deutschl<strong>an</strong>d Ost 0.024 – 0.270 0.085 0.74<br />

Indien (Kerala) 4 – 40<br />

39


Prof.Dr. K.-H.Folkerts Dosimetrie <strong>und</strong> Strahlenschutz<br />

Brasilien (Ostküste) bis 200<br />

Brasilien Pocos de Caldas bis 250<br />

Ir<strong>an</strong> Ramsar bis 450<br />

Weltmittelwert 0.055 0.480<br />

Dosisleistung in Gebäuden.<br />

Höhe <strong>der</strong> Dosisleistung hängt stark von verwendeten Baumaterialien ab.<br />

Holzhäuser ohne F<strong>und</strong>ament: keine Schwächung <strong>der</strong> äußeren Dosisleistung, jedoch auch<br />

kaum ein Eigenbeitrag durch Aktivität im Holz.<br />

Naturstein, Beton, Ziegel: Abschirmwirkung gegenüber <strong>der</strong> äußeren Strahlung; Jedoch Beitrag<br />

durch Eigenaktivität.<br />

In Europa: Erhöhung <strong>der</strong> mittleren äußeren Dosisleistung um etwa einen Faktor 1.3.<br />

doskap25<br />

→ H &<br />

γ = 0 . 05µ<br />

Gy / h ⋅1.<br />

3 = 0.<br />

065 µ Gy / h<br />

Das sind im Jahr etwa 0.57 mGy/a<br />

Berücksichtigt m<strong>an</strong> jetzt noch die Aufenthaltswahrscheinlichkeiten im Freien <strong>und</strong> in Gebäuden<br />

so ergibt sich ein Gesamtbeitrag <strong>der</strong> terrestrischen Strahlung <strong>für</strong> den Menschen in Mitteleuropa<br />

zu:<br />

Im Freien: 20% (0.2); In Gebäuden 80% (0.8) . D<strong>an</strong>n gilt:<br />

&<br />

H terr<br />

= 0 . 2⋅<br />

0.<br />

5 mGy / a + 0.<br />

8⋅<br />

0.<br />

6mGy<br />

/ a = 0.<br />

58mGy<br />

/ a<br />

Die Verteilung <strong>und</strong> Absorption <strong>der</strong> Ortsdosisleistung im menschlichen Körper wird d<strong>an</strong>n noch<br />

mit einem Faktor 0.7 bewertet. Es ergibt sich ein Gesamtbeitrag zur Effektiven Dosis durch<br />

terrestrische Strahlung von:<br />

E terr<br />

= 0 . 7 ⋅0.<br />

58mSv<br />

/ a = 0.<br />

4mSv<br />

/ a<br />

(Der Strahlungwichtungsfaktor beträgt 1, da es sich nur um Beiträge durch Photonenstrahlung<br />

h<strong>an</strong>delt.)<br />

Interne Komponente<br />

Interne natürliche Strahlenexposition resultiert aus <strong>der</strong> Aufnahme natürlicher Radionuklide<br />

über Nahrung, Getränke <strong>und</strong> Inhalation in den Körper.<br />

→ Verteilung im Körper <strong>und</strong> Org<strong>an</strong>en entsprechend ihrer biochemischen Eigenschaften.<br />

Die Ermittlung <strong>der</strong> Strahlenexposition erfolgt über Berechnung aus folgenden Parametern:<br />

- Zerfallsart<br />

- Zerfallsenergie<br />

- Aktivität in Nahrungsmitteln, Atemluft etc.<br />

- Inkorporierte Aktivität<br />

- Physikalische Halbwerszeit<br />

40


Prof.Dr. K.-H.Folkerts Dosimetrie <strong>und</strong> Strahlenschutz<br />

doskap25<br />

- Stoffwechselverhalten (Metabolismus)<br />

(Die Berechnungsmethodik wird später in einem eigenen Kapitel kurz erläutert.)<br />

a.) interne Strahlenexposition durch kosmogene Radionuklide.<br />

Die wichtigsten kosmogenen Radionuklide (Radionuklide, die durch Wechselwirkung <strong>der</strong><br />

kosmischen Strahlung mit <strong>der</strong> Erdatmosphäre entstehen) sind:<br />

3 H, 7 Be, 14 C, 22 Na.<br />

Erzeugung <strong>und</strong> Verteilung <strong>der</strong> wichtigsten kosmogenen Radionuklide.<br />

3 H<br />

7 Be<br />

14 C<br />

22 Na<br />

Halbwertszeit 12,3 a 53,3d 5736 a 2,6 a<br />

Produktionsrate<br />

Atome/cm 2 ⋅s<br />

0.25 8.1⋅10 -2 2,3 8.6⋅10 -5<br />

Inventar (PBq)<br />

Prozent. Verteil.<br />

1300 37 8500 0.4<br />

Stratosphäre 7 60 0.3 25<br />

Troposphäre 1 11 1.6 2<br />

Biosphäre 27 8 4 21<br />

Meer, Oberfläche 35 20 2.1 44<br />

Tiefsee 30 0.2 92 8<br />

Durch <strong>an</strong>dauernde Neubildung dieser Nuklide kommt es zu einer Gleichgewichtskonzentration<br />

in <strong>der</strong> Atmo- <strong>und</strong> Biosphäre.<br />

3 14 3 12<br />

H (Tritium) Entstehung. N(n, H) C (Einf<strong>an</strong>greaktion von sek<strong>und</strong>ären kosmischen Neutronen<br />

<strong>an</strong> atmosphärischem Stickstoff)<br />

→<br />

12.<br />

323a<br />

β<br />

3 3<br />

Umw<strong>an</strong>dlungsdaten: H He + 0.<br />

0186MeV<br />

Tritium findet m<strong>an</strong> zu 99% im Wassermolekül THO<br />

Die Aktivitätskonzentration im Süßwasser beträgt etwa: 200 – 900 Bq/m 3 .<br />

Im oberflächlichen Meerwasser findet m<strong>an</strong> etwa 100 Bq/m 3 .<br />

Tritium verteilt sich daher im Körper wie normales Wasser. Die resultierende G<strong>an</strong>zkörperenergiedosis<br />

beträgt <strong>für</strong> den Menschen etwa: 0.010 µGy/a.<br />

EC<br />

7 7<br />

7<br />

Be: Umw<strong>an</strong>dlungsdaten: Be→ Li + 0.<br />

4776MeV<br />

γ<br />

53.<br />

29 d<br />

Konzentration in <strong>der</strong> Atemluft etwa: 3mBq/m 3 .<br />

Im Regenwasser findet m<strong>an</strong> etwa 700Bq/m 3<br />

Die Inkorporation erfolgt im wesentlichen durch den Verzehr von Blattpfl<strong>an</strong>zen (Salat, Gemüse)<br />

Im Jahr werden etwa 50 Bq inkorporiert. Die resultierende effektive Dosis beträgt etwa 3<br />

µSv/a.<br />

14 C: Entstehung erfolgt durch Reaktionen von Neutronen mit atmosphärischem Stickstoff:<br />

3 H<br />

16 O<br />

1 H<br />

41


Prof.Dr. K.-H.Folkerts Dosimetrie <strong>und</strong> Strahlenschutz<br />

14 14 14 14<br />

N(n,p) C Umw<strong>an</strong>dlung: C→ N + 0.<br />

156 MeV<br />

5730a<br />

β<br />

In einem natürlichen Kohlenstoff-Isotopengemisch erhält m<strong>an</strong> eine spezifische Aktivität von<br />

14 C zu: 227 Bq/kg.<br />

Das Verhältnis von 14 C zu stabilem 12 C beträgt 1 : 1.2⋅10 -12 . Altersbestimmung nach <strong>der</strong> Radio-Carbon-Methode.)<br />

14C<br />

im Menschen: Männlicher St<strong>an</strong>dardmensch hat 16kg Kohlenstoff im Körper. → Spezifische<br />

Aktivität <strong>an</strong> 14 C beträgt 52Bq/kg.<br />

Resultierende Jahresdosis: ~12 µSv/a.<br />

22 Na: Umw<strong>an</strong>dlung:<br />

doskap25<br />

22<br />

Na<br />

+<br />

β , EC<br />

22<br />

→<br />

2.<br />

6 a<br />

+<br />

Ne + γ ( 1.<br />

27MeV<br />

) + β<br />

Jährliche Inkorporation: ~50 Bq, Resultierende Jahresdosis: ~ 0.3 µGy/a<br />

b.) Interne Exposition durch primordiale Radionuklide<br />

Wichtigstes Nuklid: 40 K<br />

−<br />

EC,<br />

β<br />

→<br />

40 40 40 40<br />

K: Umw<strong>an</strong>dlung: K Ca,<br />

Ar + γ ( 1.<br />

46MeV<br />

) + β ( 11.<br />

3MeV<br />

)<br />

9<br />

1.<br />

2⋅10<br />

a<br />

Mensch besitzt etwa 2 g Kalium im Gewebe: → 64 Bq/kg Körpergewicht 40 K. das heißt bei<br />

70kg Körpergewicht sind das insgesamt etwa 4500 Bq.<br />

Kalium verteilt sich relativ gleichmäßig über den Körper. Die resultierende Jahresdosis aus<br />

allen Strahlungskomponenten beträgt etwa 155 µGy/a.<br />

c.) Natürliche Zerfallsreihen.<br />

Am wichtigsten sind die Ur<strong>an</strong>-Radium- <strong>und</strong> die Thorium-Zerfallsreihe. Die Aktinium-Reihe<br />

(Mutter-Nuklid 235 U) spielt wegen <strong>der</strong> geringen Konzentration <strong>des</strong> Mutter-Nukli<strong>des</strong> kaum eine<br />

Rolle.<br />

Wichtig: Beide natürlichen Zerfallssreihen beinhalten überwiegend α-strahlende Nuklide.<br />

Zusätzlich befindet sich unter den Zerfallsreihen jeweils ein Isotop <strong>des</strong> Edelgases Radon<br />

( 222 Rn, 220 Rn) daher findet die Strahlenexposition durch diese Nuklide im wesentlichen in den<br />

Org<strong>an</strong>en statt, in denen die Nuklide nach <strong>der</strong> Inkorporation deponiert werden.<br />

238 U: Inkorporation im wesentlichen über Nahrungsmittel. Jährliche Zufuhr etwa 5Bq/a<br />

Wegen <strong>des</strong> radioaktiven Gleichgewichtes k<strong>an</strong>n m<strong>an</strong> <strong>für</strong> die Folgeprodukte etwa die gleiche<br />

Aktivität <strong>an</strong>nehmen.<br />

Deposition: 70% Knochen; 30% Weichteilgewebe.<br />

Die Inkorporation von 238 U führt zu einer effektiven Dosis von etwa 5 µSv/a.<br />

42


Prof.Dr. K.-H.Folkerts Dosimetrie <strong>und</strong> Strahlenschutz<br />

230 Th: Inkorporationswege wenig bek<strong>an</strong>nt. Im Körper reichert es sich im Knochen <strong>an</strong>. (Knochenoberfläche)<br />

Praktisch keine biologische Ausscheidung. → Zunahme <strong>der</strong> Thorium-<br />

Konzentration mit dem Alter.<br />

Effektive Dosis etwa ~ 7 µSv/a.<br />

Radon: Radon <strong>und</strong> kurzlebige Folgeprodukte werden fast ausschließlich über die Atemwege<br />

inkorporiert.<br />

222 218<br />

214<br />

214<br />

214<br />

Umw<strong>an</strong>dlung: Rn Po Pb Bi Po ...<br />

doskap25<br />

220<br />

Rn<br />

α<br />

→<br />

3.<br />

8d<br />

α<br />

→<br />

55s<br />

216<br />

Po<br />

α<br />

→<br />

3.<br />

11min<br />

α<br />

→<br />

0.<br />

145s<br />

212<br />

Pb<br />

β<br />

−<br />

→<br />

26.<br />

8min<br />

β<br />

−<br />

→<br />

10.<br />

64<br />

212<br />

Bi<br />

β<br />

β<br />

−<br />

→<br />

19.<br />

9min<br />

−<br />

, 64%<br />

212<br />

→<br />

60.<br />

55min<br />

Po<br />

α<br />

→<br />

164.<br />

3µ<br />

s<br />

α<br />

→<br />

0.<br />

299µ<br />

s<br />

Radon befindet sich als Edelgas im wesentlichen in <strong>der</strong> Atemluft.<br />

208<br />

Pb(<br />

stabil)<br />

Das Weltmittel im Freien liegt zwischen 0.1 - 15 Bq/m 3 <strong>und</strong> zwischen 5 <strong>und</strong> 60 Bq/m 3 in Innenräumen.<br />

In <strong>der</strong> BRD liegt <strong>der</strong> medi<strong>an</strong>e Gehalt <strong>an</strong> Radon in <strong>der</strong> Atemluft von Wohnungen bei etwa 40<br />

Bq/m 3 .<br />

Je nach Baumaterial, Lüftungsgewohnheiten <strong>und</strong> Bodenbeschaffenheit können jedoch erheblich<br />

höhere Konzentrationen gemessen werden. In Einzelfällen wurden Konzentrationen<br />

von mehr als 1000Bq/m 3 gemessen.<br />

Radon <strong>und</strong> kurzlebige Zerfallsprodukte geben ihre Energie im wesentlichen im Atemtrakt<br />

durch α-Strahlung ab. Nach einem dosimetrischen Modell (ICRP) läßt sich Energiedosis in<br />

<strong>der</strong> Lunge durch folgende Konversionsfaktoren abschätzen:<br />

µ Gy<br />

µ Gy<br />

Im Freien: f außen = 13 ; Wohnräume: f 3<br />

Innen = 11<br />

3<br />

a ⋅ Bq / m<br />

a ⋅ Bq / m<br />

im Freien ergibt sich durch die dort höhere Atemrate)<br />

(Der etwas höhere Wert<br />

Mit einem Strahlenwichtungsfaktor <strong>für</strong> α-Strahlung von wα=20 ergibt sich <strong>für</strong> die Daten <strong>der</strong><br />

BRD: (20% im Freien, 80% in Wohnräumen)<br />

Hinnen=7.04mSv/a; Haußen=0.73mSv/a (Lungendosis)<br />

Für die effektive Dosis ergibt sich mit wLunge=0.12:<br />

ERadon=0.12(7.04 + 0.73) mSv/a ≅ 1mSv/a.<br />

Die Inhalation von Radon liefert also fast die Hälfte <strong>der</strong> gesamten natürlichen Strahlenexposition<br />

<strong>des</strong> Menschen.<br />

210Pb <strong>und</strong> 210 Po gel<strong>an</strong>gen über die Ingestion von Fisch, Muscheln <strong>und</strong> <strong>an</strong><strong>der</strong>en Meerestieren<br />

in den Menschen. Jährliche Aufnahme ~ 40Bq/a.<br />

Blei ist ein Knochensucher: Verteilung im Körper: 70% Knochen, 30% Weichteilgewebe.<br />

43


Prof.Dr. K.-H.Folkerts Dosimetrie <strong>und</strong> Strahlenschutz<br />

Polonium verteilt sich dagegen gleichförmig im Körper.<br />

Mittlere jährliche Dosis: 120 µSv/a.<br />

Strahlenexposition durch Rauchen. Tabakpfl<strong>an</strong>zen nehmen aus dem Boden über die Wurzeln<br />

210 Pb <strong>und</strong> über die Blätter 222 Rn aus <strong>der</strong> Luft auf. Durch Zerfall entsteht 210 Po.<br />

210<br />

206<br />

( Po Pb ) Das Polonium wird d<strong>an</strong>n mit dem Rauch inhaliert <strong>und</strong> im Bronchialsystem<br />

doskap25<br />

→<br />

138.<br />

37<br />

α<br />

d<br />

abgelagert. Bei Gewohnheitsrauchern k<strong>an</strong>n es dadurch zu Strahlenexpositionen <strong>der</strong> Lunge<br />

zwischen 40 <strong>und</strong> 400mSv/a kommen.<br />

Die folgende Tabelle gibt eine Zusammenfassung <strong>der</strong> Dosisbeiträge aus den einzelnen natürlichen<br />

Komponenten.<br />

Beiträge <strong>der</strong> einzelnen Komponenten zur natürlichen Strahlenexposition<br />

Effektive Dosen mSv/a Total mSv/a<br />

Extern terrestrische Strl.<br />

Weltmittel (γ) Im Freien 0.070<br />

Innen 0.340<br />

Zusammen 0.41<br />

BRD (West,γ) Im Freien 0.0644<br />

Innen 0.335<br />

Weltmittel β 0.007<br />

Summe terrestrisch 0.417<br />

Extern Kosmische Strl.<br />

Neutronenkomponente 0.055<br />

Direkt ionisierende Strl. 0.300<br />

Summe kosmisch extern 0.355<br />

Intern kosmogene Nuklide<br />

3 H, 7 Be, 14 C, 22 Na 0.015<br />

Intern primordiale Nuklide<br />

40 K 0.18<br />

87 Rb 0.006<br />

238 U - 234 U 0.005<br />

230 Th 0.007<br />

226 Ra 0.007<br />

222 Rn - 214 Po 1.100<br />

210 Pb - 210 Po 0.12<br />

Teilsumme 1.425<br />

232 Th 0.003<br />

228 Ra - 224 Ra 0.013<br />

220 Rn - 208 Tl 0.16<br />

Teilsumme 0.1176<br />

Summe intern 1.616<br />

Gesamt Intern + Extern 2.388<br />

2.5.2 Die zivilisatorische Strahlenexposition <strong>des</strong> Menschen.<br />

44


Prof.Dr. K.-H.Folkerts Dosimetrie <strong>und</strong> Strahlenschutz<br />

Zur zivilisatorischen Strahlenexposition <strong>des</strong> Menschen gehören alle Expositionen, die durch<br />

die folgenden Anwendungen ionisieren<strong>der</strong> Strahlung hervorgerufen werden.<br />

doskap25<br />

- Medizin (Diagnostik, Therapie)<br />

- Kerntechnik<br />

- Bergbau<br />

- Forschung<br />

- Energiegewinnung durch fossile Brennstoffe<br />

- Betrieb von Störstrahlern (z.Bsp. Elektroschweißgeräte)<br />

- Düngung in <strong>der</strong> L<strong>an</strong>dwirtschaft (Kalium)<br />

- Industrielle, wissenschaftliche <strong>und</strong> kleintechnische Anwendungen.<br />

a.) Medizin.<br />

Die Röntgendiagnostik ist die älteste Anwendung ionisieren<strong>der</strong> Strahlung. Erste zivilisatorisch<br />

bedingte Strahlenschäden entst<strong>an</strong>den durch den unvorsichtigen Umg<strong>an</strong>g mit Röntgenröhren<br />

durch Wissenschaftler <strong>und</strong> Ärzte um die Jahrhun<strong>der</strong>twende. → Hautrötung, Strahlengeschwüre<br />

<strong>und</strong> Krebs.<br />

Auch heute liefert die Röntgendiagnostik den höchsten Beitrag zur mittleren medizinischen<br />

Strahlenexposition <strong>des</strong> Menschen.<br />

Genetisch signifik<strong>an</strong>te Dosis <strong>für</strong> Bevölkerung <strong>der</strong> BRD: 0.5 mSv/a<br />

(Genetisch signifik<strong>an</strong>te Dosis: Summe <strong>der</strong> mit dem genetischen Wichtungsfaktor multiplizierten<br />

Werte <strong>der</strong> Gonadendosen aller Angehörigen einer Bevölkerungsgruppe, dividiert durch<br />

<strong>der</strong>en Anzahl. Dabei ist im genet. Wichtungsfaktor die mittlere Kin<strong>der</strong>erwartung <strong>der</strong> strahlenexponierten<br />

Person in Abhängigkeit von ihrem Alter berücksichtigt.)<br />

Die über die gesamte Bevölkerung gemittelte "Effektive Dosis" durch Röntgendiagnostische<br />

Maßnahmen beträgt etwa : = 1.<br />

8mSv<br />

.<br />

E Rö<br />

Das ist etwa 75% <strong>der</strong> gesamten natürlichen Strahlenexposition. Trotz mo<strong>der</strong>ner dosissparen<strong>der</strong><br />

Systeme ist mit einem weiteren Anstieg zu rechnen.<br />

Der individuelle Patient hat natürlich, je nach Art <strong>der</strong> Untersuchung, im Vergleich zum Populationsmittel<br />

mit höheren Expositionen zu rechnen.<br />

Die folgende Tabelle gibt einen Überblick über die mittleren effektiven Dosen bei verschiedenen<br />

röntgendiagnostischen Maßnahmen.<br />

Aufnahmeart Effektive Dosis in mSv<br />

Röntgen: Schädel p.a. 0.03<br />

Lunge p.a. 0.07<br />

Lunge lateral 0.07<br />

BWS p.a. 0.37<br />

BWS lateral 0.11<br />

Abdomen a.p. 0.35<br />

Becken a.p. 0.58<br />

Dentalradiologie:<br />

Frontzähne Oberkiefer 0.002<br />

Unterkiefer 0.002<br />

Backenzähne Oberkiefer 0.003<br />

Unterkiefer 0.003<br />

CT-Untersuchungen<br />

45


Prof.Dr. K.-H.Folkerts Dosimetrie <strong>und</strong> Strahlenschutz<br />

doskap25<br />

Thorax 7.5<br />

Abdomen 7.3<br />

Becken 28.4<br />

Zur groben Abschätzung <strong>und</strong> zum Vergleich von Dosen bei verschiedenen bildgebenden<br />

Verfahren k<strong>an</strong>n m<strong>an</strong> folgende Faustregeln verwenden.<br />

- Eine Minute Durchleuchtung erzeugt die gleiche Strahlenexposition wie 1 -3 Filmaufnahmen<br />

in gleicher Geometrie.<br />

- Bei Erhöhung <strong>des</strong> Patientendurchmessers um 3 - 4 cm verdoppelt sich bei gleicher<br />

Röhrensp<strong>an</strong>nung die Dosis bei Röntgenaufnahmen o<strong>der</strong> Durchleuchtungen<br />

am Körperstamm.<br />

- Die Dosis bei einer Untersuchung mit dem Computertomografen entspricht <strong>der</strong><br />

von etwa 10 Filmaufnahmen in <strong>der</strong> gleichen Körperregion<br />

Beson<strong>der</strong>s hohe Expositionen entstehen bei sogen<strong>an</strong>nten interventionellen Verfahren<br />

(z.Bsp. Herzkatheter, Nieren-Angiografie) .<br />

Ursache: Vergleichsweise l<strong>an</strong>ge Durchleuchtungszeiten während <strong>der</strong> Maßnahme. (teilweise<br />

bis zu einer St<strong>und</strong>e) Es können hierbei <strong>an</strong> <strong>der</strong> Strahleneintrittstelle lokale Hautdosen von<br />

einigen Gy auftreten → Hautrötung am Patienten.<br />

Nuklearmedizinische Diagnostik <strong>und</strong> Therapie.<br />

Nuklearmedizin: Es werden Radionuklide in den Körper verbracht. Die den Körper verlassende<br />

γ-Strahlung wird zur Bildgebung verwendet → Szintigrafie.<br />

Das wichtigste nuklearmedizinische Isotop ist Technetium-99m ( 99m Tc) Dies ist ein reiner γ-<br />

Strahler mit E γ = 140keVbei<br />

etwa 6h Halbwertszeit.<br />

Beitrag <strong>der</strong> nuklearmedizinischen Diagnostik zur mittleren effektiven Dosis: 0.01 - 0.03<br />

mSv/a.<br />

Die folgende Tabelle gibt einige Daten zur nuklearmedizinischen Diagnostik.<br />

Org<strong>an</strong> Radionuklid Aktivität Energiedosis in mGy<br />

MBq Gonaden Knochenm. Org<strong>an</strong><br />

Schilddr. Tc-99m 40 0.15 0.2 SD: 4<br />

J-131 2 0.08 0.2 SD: 1000<br />

J-123 8 0.04 0.1 SD: 40<br />

Nieren Tc-99m 200 0.3 0.5 Nieren: 5<br />

Blasenw<strong>an</strong>d:<br />

18<br />

J-131 20 0.25 Blasenw<strong>an</strong>d 60<br />

SD: 240<br />

Skelett Tc-99m 370 - 1000 Skelett: 4<br />

Nieren: 3<br />

46


Prof.Dr. K.-H.Folkerts Dosimetrie <strong>und</strong> Strahlenschutz<br />

b.) Kernwaffentests<br />

Seit <strong>der</strong> ersten Zündung einer Kernwaffe (Atombombe) durch die USA am 16.Juli.1945 sind<br />

bis heute etwa:<br />

oberirdisch: 423<br />

unterirdisch 1000<br />

Kernwaffentests bek<strong>an</strong>nt geworden. Die meisten davon wurden Ende <strong>der</strong> 50-iger bis Anf<strong>an</strong>g<br />

<strong>der</strong> 60-iger Jahre durchgeführt.<br />

Nuklidspektrum entspricht dem Spaltproduktspektrum bei <strong>der</strong> Kernspaltung (U, Pu) Bei oberirdischen<br />

Explosionen wird ein Großteil <strong>der</strong> erzeugten Aktivität in die Stratosphäre verbracht.<br />

Von dort wird sie mit den atmosphärischen Bewegungen über die g<strong>an</strong>ze Welt verteilt.<br />

Die folgende Tabelle gibt einen Überblick über die Daten oberirdischer Kernwaffentests.<br />

Zeitraum Anzahl Spaltung (Mt TNT) Fusion (Mt TNT)<br />

1945 - 1951 26 0.8 -<br />

1952 - 1954 31 37 23<br />

1955 - 1956 44 14 17<br />

1957 - 1958 128 40 41<br />

1959 - 1960 3 0.1 -<br />

1961 - 1962 128 102 238<br />

1964 - 1969 22 10.6 4.9<br />

1970 - 1974 34 10 2.2<br />

1976 - 1980 7 2.9 1.9<br />

Davon<br />

USA 193 72.1 66.5<br />

UDSSR 142 110.9 246.6<br />

Großbrit<strong>an</strong>nien 21 10.6 5.1<br />

Fr<strong>an</strong>kreich 45 10.9 1.0<br />

China 22 12.7 8.0<br />

Seit 1980 wurden keine oberirdischen Tests mehr durchgeführt.<br />

Für die Exposition wichtigste Nuklide sind: (In <strong>der</strong> Reihenfolge ihrer Bedeutung)<br />

14 C, 137 Cs, 95 Zr, 90 Sr, 106 Ru, 144 Ce, 3 H.<br />

Heute spielen nur die l<strong>an</strong>glebigen Nuklide wie 14 C, 137 Cs, 90 Sr, 3 H eine Rolle. Die mittlere<br />

jährliche "Effektive Dosis" durch die Kernwaffentests wird in <strong>der</strong> BRd heute auf etwa 10µSv/a<br />

geschätzt. Folgedosen bis zum Abklingen <strong>der</strong> Nuklide → 3 - 4.5mSv/a.<br />

Etwa 0.1% dieser Werte geht auf die l<strong>an</strong>glebigen Aktiniden 239 Pu, 240 Pu <strong>und</strong> 241 Am zurück.<br />

c.) Energie- <strong>und</strong> Wärmegewinnung durch fossile Brennstoffe.<br />

Steinkohle enthält im Mittel 50Bq/kg 40 K <strong>und</strong> je 20Bq/kg 232 Th <strong>und</strong> 238 U <strong>und</strong> Folgeprodukte.<br />

Durch Verbrennung werden diese Nuklide freigesetzt. → Anreicherung in <strong>der</strong> Asche. Bei <strong>der</strong><br />

Rauchgasfilterung findet m<strong>an</strong> die Aktivität im Filtrat. Filtrate von Kohlekraftwerken werden in<br />

Baustoffe eingearbeitet → Erhöhung <strong>der</strong> externe Strahlenexposition in Gebäuden.<br />

Die im Rauchgas emittierten Nuklide erhöhen durch γ-Strahlung die externe <strong>und</strong> inach Inkorporation<br />

die interne Strahlenexposition.<br />

Mittlere "Effektive Dosis" durch Kraftwerksemissionen in BRD: ~1µSv/a.<br />

In <strong>der</strong> Nähe von Großfeuerungs<strong>an</strong>lagen können bis zu 0.7mSv/a erreicht werden.<br />

Erdgas, Koks, Erdöl liefern dagegen praktisch keinen Beitrag zur Strahlenexposition.<br />

doskap25<br />

47


Prof.Dr. K.-H.Folkerts Dosimetrie <strong>und</strong> Strahlenschutz<br />

c.) Kernenergie:<br />

Beim Regelbetrieb von kerntechnischen Anlagen werden Nuklide über Abluft <strong>und</strong> Abwasser<br />

<strong>an</strong> die Umwelt abgegeben.<br />

Die wichtigsten Nuklide sind:<br />

doskap25<br />

Aktivierungsprodukte: 14 C, 16 N, 35 S, 41 Ar.<br />

Spaltprodukte: Kr-, Xe-Isotope (Edelgase) Tritium, Jod-Isotope.<br />

Expositionspfade: Inhalation <strong>und</strong> Ingestion:<br />

Aus Modellrechnungen <strong>und</strong> genauen Messungen <strong>der</strong> Aktivität in Abluft <strong>und</strong> Abwasser ergeben<br />

sich Jahresdosen von etwa 1µSv/a <strong>für</strong> die Bevölkerung <strong>der</strong> BRD.<br />

Unfälle (Tschernobyl) : In Süddeutschl<strong>an</strong>d ergaben sich Effektive Dosen von 0.2 - 1.2mSv<br />

im ersten Jahr <strong>und</strong> eine 50-Jahre-Folgedosis von bis zu 4mSv.<br />

d.) Weitere Quellen natürlicher Strahlenexposition.<br />

Störstrahler: Geräte o<strong>der</strong> Anlagen, bei denen Strahlung als Nebenprodukt entsteht.<br />

Bsp.: Fernsehröhren, Hochfrequenzgeneratoren, Rechnerbildschirme u.ä.<br />

Strahlung: Weiche Röntgenstrahlung. Anfor<strong>der</strong>ungen <strong>an</strong> Störstrahler sind in <strong>der</strong> Röntgenverordnung<br />

geregelt. Jedoch: Dosisleistungen sind so gering, daß sie auch mit empfindlichen<br />

Geräten nicht nachgewiesen werden können.<br />

Weitere Quellen: radioaktive Stoffe in Leuchtfarben <strong>für</strong> Instrumentenskalen o<strong>der</strong> Uhren,<br />

Rauchmel<strong>der</strong> nach dem Ionisationsprinzip, Füllst<strong>an</strong>dskontrolle in Silos sowie in Geräten zur<br />

Dicke- <strong>und</strong> Dichtemessung.<br />

Beitrag zur Strahlenexposition ~ 1µSv/a<br />

Industrielle Verarbeitung von Phosphatgestein zur Erzeugung von Kunstdünger <strong>und</strong> Phosphatgips<br />

etc.<br />

Gehalt von Phosphatgestein <strong>an</strong> Nukliden <strong>der</strong> Ur<strong>an</strong>-Radium Reihe: ~1500Bq/m 3 .<br />

Jahresdosen <strong>für</strong> l<strong>an</strong>dwirtschaftliches Personal durch Ausbringen von Düngemitteln: ~20µSv .<br />

Für die Industriearbeiter ergibt sich ein Wert von 0.5mSv/a.<br />

e.) Berufliche Strahlenexposition<br />

Personen die bei ihrer Berufsausübung o<strong>der</strong> Ausbildung ionisieren<strong>der</strong> Strahlung ausgesetzt<br />

sind <strong>und</strong> dabei Körperdosen akkumulieren können, die größer als gewisse, gesetzlich festgelegte<br />

Grenzwerte sind werden als beruflich strahlenexponierte Personen bezeichnet.<br />

Dazu gehören:<br />

→ Personen in <strong>der</strong> med. Radiologie (2/3 <strong>der</strong> beruflich strahlenexponierten Personen in <strong>der</strong><br />

BRD) Im Weltmittel betragen die Dosen medizinischen Personals ~ 0.2 - 3 mSv/a.<br />

→ Arbeitnehmer <strong>der</strong> Kernindustrie, Bergleute, fliegen<strong>des</strong> Personal <strong>der</strong> Luftfahrt, Wissenschaftler<br />

o<strong>der</strong> sonst. Beschäftigte in <strong>der</strong> Industrie.<br />

Mittlere berufliche Strahlenexposition in Deutschl<strong>an</strong>d: 0.5mSv/a<br />

48


Prof.Dr. K.-H.Folkerts Dosimetrie <strong>und</strong> Strahlenschutz<br />

In Einzelfällen k<strong>an</strong>n es jedoch zu deutlich höheren Dosen kommen.<br />

Die höchsten Dosen werden von Mitarbeitern <strong>der</strong> Leistungskernkraftwerke erhalten. Nach<br />

Informationen <strong>der</strong> Vereinten Nationen (UNSCEAR) Weltweit beträgt die mittlere jährliche<br />

Strahlenexposition von in Kernkraftwerken <strong>und</strong> <strong>der</strong> Zulieferindustrie beschäftigten Personen<br />

3 - 8mSv/a.<br />

Berufliche Strahlenexpositionen sind in <strong>der</strong> Röntgen- <strong>und</strong> Strahlenschutzverordnung geregelt.<br />

→ Personen sind verpflichtet Dosimeter zur Ermittlung <strong>der</strong> Körperdosis zu tragen.<br />

Zusammenfassung natürliche <strong>und</strong> zivilisatorische Strahlenexposition.<br />

Strahlungsquelle mittlere effektive Dosis individueller Bereich<br />

mSv/a mSv/a<br />

Natürliche Strahlenexp. 2.4 1 - 5<br />

Mediz. Röntgendiagnostik 0.4 - 1.0 (1.8 Industr.Nation.) 0.1 - 10<br />

Nuklearmed. Diagnostik 0.01 - 0.03 Bis 1000<br />

Nuklearmed. Therapie 0.01 Bis 800Gy/Therapie<br />

Berufliche Exposition 0.002 0.5 - 5<br />

Fossile Energie BRD 0.001 0.001 - 0.7<br />

Kernenergie BRD 0.001<br />

Tschernobyl-Unfall (BRD) 0.2 - 1.2<br />

Kernwaffentests 0.01 0.01<br />

Industrieprodukte 0.001 0.02 - 0.5<br />

Summe zivilasatorisch 0.5 - 1<br />

Gesamt 2.9 - 3.4<br />

Summe: 4.3 mSv<br />

doskap25<br />

terrestr.<br />

10%<br />

Radon<br />

29%<br />

kosm.<br />

8%<br />

0.42 mSv<br />

1.26 mSv<br />

intern<br />

8%<br />

0.36 mSv<br />

0.36 mSv<br />

1.8 mSv<br />

zivil.<br />

2%<br />

0.08 mSv<br />

med.<br />

43%<br />

Mittlere jährliche Strahlenexposition in <strong>der</strong> BRD aus natürlichen <strong>und</strong><br />

zivilisatorischen Quellen.<br />

49


Prof.Dr.K.-H.Folkerts Dosimetrie u. Strahlenschutz 50<br />

2.6 Praktischer Strahlenschutz<br />

2.6.1 Strahlenschutzgesetze <strong>und</strong> Grenzwerte<br />

Ziel bei <strong>der</strong> Anwendung ionisieren<strong>der</strong> Strahlung ist, den Beschäftigten höchstmögliche Sicherheit<br />

beim Umg<strong>an</strong>g mit Strahlenquellen zu gewähren. → Gesetzliche Regelungen <strong>für</strong> die<br />

Anwendung <strong>und</strong> den Umg<strong>an</strong>g mit ionisieren<strong>der</strong> Strahlung.<br />

Das gr<strong>und</strong>legende Rechtswerk <strong>für</strong> die Anwendung ionisieren<strong>der</strong> Strahlung ist das:<br />

„Gesetz über die friedliche Verwendung <strong>der</strong> Kernenergie <strong>und</strong> den Schutz gegen ihre Gefahren<br />

(Atomgesetz AtG) in <strong>der</strong> letzten Fassung v. 3.5.2000“ (s. unten)<br />

Gesetz über die friedliche Verwendung <strong>der</strong><br />

Kernenergie <strong>und</strong> den Schutz gegen ihre Gefahren<br />

(Atomgesetz)<br />

Vom 23. Dezember 1959 (BGBl<br />

I S. 814)<br />

in <strong>der</strong> Fassung <strong>der</strong> Bek<strong>an</strong>ntmachung vom 15.<br />

Juli 1985 (BGBl. I S. 1565)<br />

zuletzt geän<strong>der</strong>t durch Gesetz zur Än<strong>der</strong>ung <strong>des</strong><br />

Atomgesetzes <strong>und</strong> <strong>des</strong> Gesetzes über die Errichtung<br />

eines<br />

B<strong>und</strong>esamtes <strong>für</strong> Strahlenschutz vom<br />

6. April 1998 (BGBl I S<br />

23. Dezember 19999<br />

03. Mai 2000<br />

§ 1<br />

Zweck dieses Gesetzes ist,<br />

1. die Erforschung, die Entwicklung <strong>und</strong> die Nutzung <strong>der</strong><br />

Kernenergie zu friedlichen Zwecken zu för<strong>der</strong>n,<br />

2. Leben, Ges<strong>und</strong>heit <strong>und</strong> Sachgüter vor den Gefahren <strong>der</strong><br />

Kernenergie <strong>und</strong> <strong>der</strong> schädlichen Wirkung ionisieren<strong>der</strong><br />

Strahlen zu schützen <strong>und</strong> durch Kernenergie o<strong>der</strong><br />

ionisierende Strahlen verursachte Schäden<br />

auszugleichen,<br />

3. zu verhin<strong>der</strong>n, daß durch Anwendung o<strong>der</strong> Freiwerden<br />

<strong>der</strong> Kernenergie die innere o<strong>der</strong> äußere Sicherheit <strong>der</strong><br />

B<strong>und</strong>esrepublik Deutschl<strong>an</strong>d gefährdet wird,<br />

4. die Erfüllung internationaler Verpflichtungen <strong>der</strong><br />

B<strong>und</strong>esrepublik Deutschl<strong>an</strong>d auf dem Gebiet <strong>der</strong><br />

Kernenergie <strong>und</strong> <strong>des</strong> Strahlenschutzes zu gewährleisten.<br />

Aufgr<strong>und</strong> <strong>des</strong> Atomgesetzes werden Rechtsverordnungen erlassen, die die Details beim<br />

Umg<strong>an</strong>g mit ionisierenden Strahlen regeln. In BRD gibt es zwei Verordnungen<br />

Atomgesetz<br />

Strahlenschutzverordnung (StrlSchV) v. 26.Jul.2001<br />

Röntgenverordnung (RöV) v. 8.1.1987 (Novellierung <strong>und</strong> Anpassung<br />

<strong>an</strong> StrlSchV in 2002)<br />

Beide Verordnungen haben unterschiedliche Anwendungsbereiche.


Prof.Dr.K.-H.Folkerts Dosimetrie u. Strahlenschutz 51<br />

Strahlenschutzverordnung.<br />

§1: Zweckbestimmung: Zweck dieser Verordnung ist es, zum Schutz <strong>des</strong> Menschen <strong>und</strong> <strong>der</strong><br />

Umwelt vor <strong>der</strong> schädlichen Wirkung ionisieren<strong>der</strong> Strahlung Gr<strong>und</strong>sätze <strong>und</strong> Anfor<strong>der</strong>ungen<br />

<strong>für</strong> Vorsorge- <strong>und</strong> Schutzmaßnahmen zu regeln, die bei <strong>der</strong> Nutzung <strong>und</strong> Einwirkung radioaktiver<br />

Stoffe <strong>und</strong> ionisieren<strong>der</strong> Strahlung zivilisatorischen <strong>und</strong> natürlichen Ursprungs Anwendung<br />

finden.<br />

§2 Anwendungsbereich: Diese Verordnung trifft Regeluungen <strong>für</strong> folgende Tätigkeiten:<br />

a.) den Umg<strong>an</strong>g mit<br />

aa.) künstlich erzeugten radioaktiven Stoffen<br />

bb.) natürlich vorkommenden radioaktiven Stoffen, wenn dieser Umg<strong>an</strong>g aufgr<strong>und</strong> ihrere<br />

Radioaktivität, ihrer Nutzung als Kernbrennstoff o<strong>der</strong> zur Erzeugung von Kernbrennstoff<br />

erfolgt.<br />

b.) den Erwerb <strong>der</strong> in Buchstabe a) gen<strong>an</strong>nten radioaktiven Stoffe, <strong>der</strong>en Abgabe <strong>an</strong><br />

<strong>an</strong><strong>der</strong>e, <strong>der</strong>en Beför<strong>der</strong>ung sowie <strong>der</strong>en grenzüberschreitende Verbringung,<br />

c.) usw. (genaueres s. Gesetzestext.)<br />

Röntgenverordnung<br />

§1: Anwendungsbereich:<br />

(1) Diese Verordnung gilt <strong>für</strong> Röntgeneinrichtungen <strong>und</strong> Störstrahler, in denen Röntgenstrahlen<br />

mit einer Grenzenergie von von min<strong>des</strong>tens 5 keV durch beschleunigte<br />

Elektronen erzeugt werden können <strong>und</strong> bei denen die Beschleunigung <strong>der</strong><br />

Elektronen auf eine Energie von drei MeV begrenzt ist.<br />

(2) Diese Verordnung gilt nicht <strong>für</strong> Störstrahler, die zur Erzeugung ionisieren<strong>der</strong> Teilchenstrahlung<br />

betrieben werden <strong>und</strong> <strong>der</strong> Strahlenschutzverordnung unterliegen.<br />

→ StrlSchV regelt den Umg<strong>an</strong>g mit radioaktiven Stoffen <strong>und</strong> Beschleunigern mit Energien ><br />

3MeV<br />

→ RöV regelt den Umg<strong>an</strong>g mit Röntgenquellen <strong>und</strong> Störstrahlern bei Energien < 3MeV<br />

Ergänzt werden die Verordnungen durch eine Reihe von Richtlinien <strong>und</strong> DIN Normen.<br />

Wichtige Einzelheiten aus Strahlenschutz- <strong>und</strong> Röntgenverordnung.<br />

Strahlenschutzver<strong>an</strong>twortlicher <strong>und</strong> Strahlenschutzbeauftragte.<br />

Strahlenschutzver<strong>an</strong>twortliche <strong>und</strong> Strahlenschutzbeauftragte sind zusammen <strong>für</strong> die Einhaltung<br />

<strong>der</strong> Strahlenschutzvorschriften ver<strong>an</strong>twortlich.<br />

Strahlenschutzver<strong>an</strong>twortlicher nach StrlSchV ist, wer einer Genehmigung nach §§ 6, 7 o<strong>der</strong><br />

9 <strong>des</strong> Atomgesetzes bedarf. Er hat unter Beachtung <strong>des</strong> St<strong>an</strong><strong>des</strong> von Wissenschaft <strong>und</strong><br />

<strong>Technik</strong> zum Schutz <strong>des</strong> Menschen <strong>und</strong> <strong>der</strong> Umwelt vor den schädlichen Wirkungen ionisieren<strong>der</strong><br />

Strahlung durch geeignete Schutzmaßnahmen, Bereitstellung <strong>des</strong> notwendigen Personals<br />

etc. da<strong>für</strong> Sorge zu tragen, daß die Vorschriften <strong>der</strong> StrlSchV (RöV) eingehalten werden.<br />

Insbeson<strong>der</strong>e hat er die Pflicht einen Strahlenschutzbeauftragten schriftlich zu bestellen.<br />

Strahlenschutzbeauftragte müssen die erfor<strong>der</strong>liche Fachk<strong>und</strong>e im Strahlenschutz besitzen.<br />

Dem Strahlenschutzbeauftragten sind <strong>des</strong>sen Aufgaben, <strong>des</strong>sen innerbetrieblicher Entscheidungsbereich<br />

schriftlich mitzuteilen.<br />

Die Pflichtenkataloge <strong>des</strong> Strahlenschutzver<strong>an</strong>twortlichen <strong>und</strong> Strahlenschutzbeauftragten<br />

findet m<strong>an</strong> in § 33 StrlSchV.


Prof.Dr.K.-H.Folkerts Dosimetrie u. Strahlenschutz 52<br />

Wichtigste Aufgaben.<br />

- Betriebliche Org<strong>an</strong>isation <strong>des</strong> Strahlenschutzes.<br />

- Physikalische Strahlenschutzkontrolle<br />

- Schutz <strong>der</strong> Bevölkerung <strong>und</strong> <strong>der</strong> Umwelt aus den Tätigkeiten<br />

- Begrenzung <strong>der</strong> Strahlenexposition bei <strong>der</strong> Berufsausübung<br />

- Arbeitsmedizinische Vorsorge beruflich strahlenexponierter Personen<br />

Strahlenschutzbereiche<br />

Strahlenschutzbereiche sind räumliche Bereiche, in denen entwe<strong>der</strong> eine bestimmte Ortsdosisleistung<br />

überschritten wird, o<strong>der</strong> in denen Personen beim Aufenthalt bestimmte Körperdosen<br />

erhalten können.<br />

Überwachungsbereich: E ><br />

1mSv/a<br />

HAuge > 15mSv/a<br />

Bei Festlegung <strong>des</strong> Kontrollbereichs bzw. <strong>des</strong> Überwachungsbereichs ist von folgenden Aufenthaltszeiten<br />

auszugehen:<br />

40 h je Woche <strong>und</strong> 50 Wochen pro Jahr.<br />

Dies entspricht Ortsdosisleistungen von:<br />

Überwachungsbereich: H 0.<br />

5 Sv/<br />

h<br />

*<br />

> µ<br />

Kontrollbereich: H 3 Sv/<br />

h<br />

*<br />

> µ<br />

&<br />

&<br />

Kontrollbereich: E ><br />

6mSv/a<br />

HAuge > 45mSv/a<br />

Sperrbereich: H* >


Prof.Dr.K.-H.Folkerts Dosimetrie u. Strahlenschutz 53<br />

Kontroll- <strong>und</strong> Sperrbereiche sind abzugrenzen <strong>und</strong> zu kennzeichnen<br />

Kontrollbereiche können ortsfest o<strong>der</strong> ortsverän<strong>der</strong>lich sein. (Bsp. Schweißnahtprüfung<br />

durch Radiografie vor Ort, fahrbare Röntgenröhren) Der Zutritt zu Kontrollbereichen ist beschränkt<br />

auf Personen, die zur Durchführung o<strong>der</strong> Aufrechterhaltung <strong>der</strong> vorgesehenen Betriebsvorgänge<br />

<strong>und</strong> zu Ausbildungszwecken darin tätig sein müssen.<br />

Sperrbereiche sind wegen <strong>der</strong> hohen Ortsdosisleistung dauerhaft abzugrenzen <strong>und</strong> mit <strong>der</strong><br />

Kennzeichnung "Sperrbereich - kein Zutritt" zu versehen. Der Zutritt ist bis auf wenige Ausnahmen<br />

untersagt.<br />

Grenzwerte<br />

Zur Vermeidung von Schäden beim Umg<strong>an</strong>g mit ionisieren<strong>der</strong> Strahlung sieht die StrlSchV<br />

<strong>und</strong> die RöV eine Reihe von Dosisbegrenzungsmaßnahmen vor. Die Prinzipien <strong>der</strong> Festlegung<br />

dieser Dosisgrenzwerte können wie folgt beschrieben werden:<br />

- Die Dosisgrenzwerte sind so festgelegt, daß deterministische Wirkungen<br />

mit Sicherheit ausgeschlossen werden können.<br />

- Die Dosisgrenzwerte sind so festgelegt, daß das Risiko bzgl. stochastischer<br />

Schäden in einem akzeptablen Bereich bleibt.<br />

Zusätzlich gelten folgende Gr<strong>und</strong>sätze. (§§ 4, 5, 6 StrlSchV)<br />

- Jede unnötige Strahlenexposition o<strong>der</strong> radioaktive Kontamination von Personen,<br />

Sachgütern o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Umwelt ist zu vermeiden. (Rechtfertigungsprinzip)<br />

- Notwendige Strahlenexpositionen o<strong>der</strong> Kontaminationen von Personen,<br />

Sachgütern etc. sind auch unterhalb <strong>der</strong> festgelegten Grenzwerte so gering<br />

wie möglich zu halten (Optimierungsgebot)<br />

ALARA -Prinzip (As low as reasonably achievable)<br />

Die Grenzwerte haben sich im Laufe <strong>der</strong> Zeit stark geän<strong>der</strong>t. Zu Beginn (1925) interessierte<br />

m<strong>an</strong> sich nur <strong>für</strong> die Vermeidung deterministischer Schäden. → Toler<strong>an</strong>zdosis pro Jahr.(1/10<br />

<strong>der</strong> Erythemdosis ≈ 0.3 Gy)<br />

→ Begrenzung <strong>des</strong> stochastischen Risikos 1956: 50 mSv/a<br />

→ Neue StrlSchV (2001) 20 mSv/a.<br />

Die folgende Übersicht zeigt die aktuellen (primären) Grenzwerte bei beruflicher Strahlenexposition<br />

nach StrlSchV 2001 (§ 55 StrlSchV)<br />

Grenzwerte <strong>für</strong> beruflich strahlenexponierte Personen.<br />

Effektive Dosis: 20 mSv/a*<br />

Org<strong>an</strong>dosis Augenlinse: 150 mSv/a<br />

Org<strong>an</strong>dosis Haut,<br />

Extremitäten: 500 mSv/a<br />

Org<strong>an</strong>dosis Keimdrüsen,<br />

Knochenmark(rot) 50 mSv/a<br />

Org<strong>an</strong>dosis Schildrüse,<br />

Knochenoberfläche: 300 mSv/a


Prof.Dr.K.-H.Folkerts Dosimetrie u. Strahlenschutz 54<br />

Org<strong>an</strong>dosis <strong>an</strong><strong>der</strong>e<br />

Org<strong>an</strong>e <strong>und</strong> Gewebe: 150 mSv/a<br />

*: Gemittelt über 5 Jahre. Im Einzelfall k<strong>an</strong>n die Behörde eine Dosis von 50 mSv/a zulassen.<br />

Berufslebensdosis: Maximal 400 mSv<br />

Es erfolgt zusätzlich eine Unterteilung <strong>der</strong> beruflich strahlenexponierten Personen in zwei<br />

Kategorien. (§ 54 StrlSchV)<br />

Kategorie A: Effektive Dosis > 6 mSv/a<br />

o<strong>der</strong> Org<strong>an</strong>dosis Augenlinse > 45 mSv/a<br />

o<strong>der</strong> Org<strong>an</strong>dosis, <strong>für</strong> Haut,<br />

Hände, Extremitäten > 150 mSv/a<br />

Kategorie B: Effektive Dosis: 1mSv/a < E < 6 mSv/a<br />

Augenlinse: 15 mSv/a < HT < 45 mSv/a<br />

Haut etc.: 0 mSv/a < HT < 150 mSv/a<br />

Für die Bevölkerung sieht die StrlSchV folgende Grenzwerte vor:<br />

Begrenzung <strong>der</strong> Strahlenexposition <strong>der</strong> Bevölkerung Strl.Sch.V 2001 (§ 46)<br />

(Durch Nutzung ionisieren<strong>der</strong> Strahlung <strong>und</strong> den Betrieb von entsprechenden<br />

Anlagen)<br />

Effektive Dosis E: 1mSv/a<br />

Org<strong>an</strong>dosis Augenlinse: 15 mSv/a<br />

Org<strong>an</strong>dosis Haut: 50 mSv/a<br />

Für die Pl<strong>an</strong>ung, Errichtung, den Betrieb, die Stilllegung, den sicheren Einschluß <strong>und</strong> den<br />

Abbau von Anlagen o<strong>der</strong> Einrichtungen gelten folgende Grenzwerte <strong>der</strong> durch Ableitungen<br />

radioaktiver Stoffe mit Luft o<strong>der</strong> Wasser aus diesen Anlagen o<strong>der</strong> Einrichtungen jeweils bedingten<br />

Strahlenexpositionen von Einzelpersonen <strong>der</strong> Bevölkerung im Kalen<strong>der</strong>jahr.<br />

Begrenzung <strong>der</strong> Ableitung radioaktiver Stoffe<br />

Jeweils zulässige Strahlenexpositionen durch Ableitungen aus Abwasser <strong>und</strong> Abluft.<br />

Effektive Dosis: 0.3 mSv/a<br />

Org<strong>an</strong>dosis <strong>für</strong> Keimdrüsen<br />

Gebärmutter, Knochenmark: 0.3 mSv/a<br />

Org<strong>an</strong>dosis <strong>für</strong> Dickdarm,<br />

Lunge, Magen, Blase, Brust,<br />

Speiseröhre, Schilddrüse,<br />

<strong>an</strong><strong>der</strong>e Org<strong>an</strong>e o<strong>der</strong> Gewebe<br />

gemäß Anlage VI 0.9 mSv/a<br />

Org<strong>an</strong>dosis Knochenober-<br />

fläche, Haut 1.8 mSv/a


Prof.Dr.K.-H.Folkerts Dosimetrie u. Strahlenschutz 55<br />

Weitere Begriffe:<br />

Freigrenze <strong>und</strong> Oberflächenkontamination: Werte <strong>der</strong> Aktivität <strong>und</strong> spezifischen Aktivität radioaktiver<br />

Stoffe nach Anlage III Tabelle 1 Spalte 2 <strong>und</strong> 3, bei <strong>der</strong>en Überschreitung Tätigkeiten<br />

mit diesen radioaktiven Stoffen <strong>der</strong> Überwachung durch die StrlSchV unterliegen.<br />

Freigrenzen <strong>und</strong> Kontaminationsgrenzwerte <strong>für</strong> einige ausgewählte Radionuklide<br />

Nuklid Freigrenze in Bq Freigrenze in Bq/g Oberflächenkont.<br />

3 H 10 9<br />

10 6<br />

60<br />

Co<br />

6<br />

10<br />

1<br />

10 1<br />

90<br />

Sr+<br />

4<br />

10 10 2<br />

1<br />

131<br />

J<br />

6<br />

10<br />

2<br />

10<br />

1<br />

10<br />

Bq/cm 2<br />

10 2<br />

137<br />

Cs<br />

4<br />

10<br />

1<br />

10 1<br />

192<br />

Ir<br />

4<br />

10<br />

1<br />

10 1<br />

238<br />

U+<br />

4<br />

10<br />

1<br />

10 1<br />

239<br />

Pu<br />

4<br />

10 1 0.1<br />

241<br />

Am<br />

4<br />

10 1 0.1<br />

2.6.2 Meßtechnische Überwachung in Strahlenschutzbereichen.<br />

In Strahlenschutzbereichen ist in dem <strong>für</strong> die Ermittlung <strong>der</strong> Strahlenexposition erfor<strong>der</strong>lichen<br />

Umf<strong>an</strong>g zu messen:<br />

- die Ortsdosis o<strong>der</strong> die Ortsdosisleistung o<strong>der</strong><br />

- die Konzentration radioaktiver Stoffe in <strong>der</strong> Luft o<strong>der</strong><br />

- die Kontamination <strong>des</strong> Arbeitsplatzes<br />

- An Personen die sich im Kontrollbereich aufhalten ist die Körperdosis zu ermitteln.<br />

Näheres regeln die §§ 39, 40 StrlSchV.<br />

Die Notwendigkeit von Messungen im Strahlenschutz ergibt sich im wesentlichen aus drei<br />

Gründen.<br />

- Zur Vorbeugung <strong>und</strong> Warnung vor außergewöhnlichen Strahlenexpositionen<br />

- Zum Nachweis, daß keine Grenzwerte überschritten werden.<br />

- Zur Erfüllung <strong>des</strong> ALARA -Prinzips<br />

Die erfor<strong>der</strong>lichen Messungen lassen sich einteilen in:<br />

- Personenbezogene Messungen (Dokumentarisch)<br />

- Arbeitsplatzbezogene Messungen (Kontrolle, Vorbeugung)<br />

- Umweltbezogene Messungen (Registrierend <strong>und</strong> Vorbeugend)<br />

Die Messung <strong>der</strong> Körperdosis erfolgt durch Dosimeter, die von einer offiziellen Meßstelle<br />

<strong>an</strong>zufor<strong>der</strong>n sind. Die Dosimeter sind <strong>an</strong> einer <strong>für</strong> die Strahlenexposition repräsentativen<br />

Stelle <strong>der</strong> Körperoberfläche zu tragen. → Anzeige <strong>des</strong> Dosimeters gilt als Maß <strong>für</strong> die effektive<br />

Dosis.<br />

Häufigster Typ von Personendosimetern. Filmplakette (Indirekt ablesbares Dosimeter)<br />

Funktionsprinzip: Die Schwärzung eines photografischen Films durch die ionisierende Strahlung<br />

ist ein Maß <strong>für</strong> die erhaltene Dosis. Durch Metallabsorber (Cu, Pb) in verschiedenen


Prof.Dr.K.-H.Folkerts Dosimetrie u. Strahlenschutz 56<br />

Dicken, lassen sich Aussagen über Intensität, Richtung, Strahlenart <strong>und</strong> Strahlenenergie<br />

machen. Durch eine Öffnung in <strong>der</strong> Kassette läßt sich auch β-Strahlung nachweisen. Die<br />

untere Nachweisgrenze liegt bei etwa 0.2mSv.<br />

Cu<br />

1.2<br />

Cu<br />

0.3 Pb<br />

Cu<br />

0.8<br />

0.05<br />

Filmplakette<br />

β-<br />

Fenster<br />

Film<br />

Die Dosis wird d<strong>an</strong>n durch Vergleich mit einer<br />

unter Referenzbedingungen erhaltenen<br />

Schwärzungskurve ermittelt.<br />

Vorteile:<br />

Mech<strong>an</strong>ische Wi<strong>der</strong>st<strong>an</strong>dsfähigkeit<br />

Niedriger Preis<br />

Relativ hoher Informationsinhalt<br />

Mech<strong>an</strong>ische Wi<strong>der</strong>st<strong>an</strong>dsfähigkeit<br />

Dokumentarische Erfassung <strong>der</strong> Strahlenexposition.<br />

Nachteile:<br />

Relativ umständliche Auswertung<br />

K<strong>an</strong>n nicht je<strong>der</strong>zeit abgelesen werden<br />

Begrenzte Meßgenauigkeit.<br />

Eine neue Entwicklung in <strong>der</strong> Personendosimetrie sind Personendosimeter nach dem "Direct<br />

Ion Storage (DIS)" Prinzip. Hierbei wird ein MOSFET-Tr<strong>an</strong>sistor aufgeladen. Durch einfallende<br />

Strahlung wird <strong>der</strong> Ladungszust<strong>an</strong>d <strong>des</strong> Tr<strong>an</strong>sistors geän<strong>der</strong>t (Ionisationskammerprinzip).<br />

Die Än<strong>der</strong>ung <strong>des</strong> Ladungszust<strong>an</strong><strong>des</strong> ist ein Maß <strong>für</strong> die erhaltene Dosis.<br />

Vorteile:<br />

- Die Dosimeter messen die gesetzlichen Dosisgrößen HP(10) <strong>und</strong> HP(0.07)<br />

- Das Ansprechverhalten ist über einen weiten Energiebereich linear . (15keV - 10<br />

MeV)<br />

- Dosimeter können je<strong>der</strong>zeit abgelesen werden.<br />

Nachteil. Lese- <strong>und</strong> Auswertegerät vergleichsweise teuer.<br />

Inkorporationsmessungen<br />

Zur Feststellung <strong>der</strong> Inkorporation von Radionukliden ist es notwendig Messungen durchzuführen,<br />

die Aufschluß geben über:<br />

- Art<br />

- Menge<br />

- Verteilung <strong>der</strong> inkorporierten Nuklide<br />

- Bestimmung <strong>der</strong> Org<strong>an</strong>dosen.<br />

Möglichkeiten zur Bestimmung:<br />

Seiten<strong>an</strong>-<br />

- Bei γ-strahlenden Nukliden Messung von Außen im G<strong>an</strong>zkörperzähler<br />

- Bei α-, β-strahlenden Nukliden Messung von außen nicht möglich<br />

Inkorporationsbestimmung erfolgt d<strong>an</strong>n über Aktivitätsmessungen in den Körperausscheidungen<br />

(Urin, Stuhl, Sputum, Blut)<br />

Aus Stoffwechselmodellen läßt sich d<strong>an</strong>n die im Körper vorh<strong>an</strong>dene Aktivität<br />

bestimmen.<br />

Arbeitsplatzbezogene Messungen<br />

Messung <strong>der</strong> Photonenortsdosisleistung ist verhältnismäßig einfach. (Tragbare Geräte; meist<br />

Proportional- o<strong>der</strong> GM-Zählrohre mit Nachweisgrenzen bis zu < 0.1 µSv/h. )


Prof.Dr.K.-H.Folkerts Dosimetrie u. Strahlenschutz 57<br />

Nachweis von α-, β- Strahlen wesentlich schwieriger. Insbeson<strong>der</strong>e beim Nachweis von Oberflächenkontaminationen<br />

werden hierzu Proportionalzähler mit dünnem Strahleneintrittsfenster<br />

eingesetzt. → Kontaminationsmonitore.<br />

Überwachung von Personenkontaminationen erfolgen über stationäre Anlagen. →<br />

H<strong>an</strong>d-, Fuß-, Klei<strong>der</strong>monitore, Aerosolüberwachungs<strong>an</strong>lagen.<br />

Für die Umweltüberwachung kommen stationäre Anlagen, Probensammeln mit <strong>an</strong>schließen<strong>der</strong><br />

spektroskopischer Auswertung sowie mobile spektroskopische Meßsysteme (Reinstgerm<strong>an</strong>ium-Detektoren)<br />

zum Einsatz.<br />

Die Anfor<strong>der</strong>ungen <strong>an</strong> Strahlenschutzmeßgeräte sind in DIN 6818, Blatt 5 geregelt.<br />

Allgemeine Maßnahmen zur Verringerung <strong>der</strong> Strahlenexposition:<br />

- Vermin<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Aufenthaltsdauer im Strahlenfeld<br />

- Vergrößeruung <strong>des</strong> Abst<strong>an</strong><strong>des</strong> zwischen Strahlenquelle <strong>und</strong> exponierter Person<br />

- Vermin<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Ortsdosisleistung durch Abschirmung <strong>des</strong> Strahlenfel<strong>des</strong>.<br />

Anschaulich lassen sich die drei Maßnahmen als die "drei A" <strong>des</strong> praktischen Strahlenschutzes<br />

bezeichnen.<br />

2.6.3 Abschätzung <strong>der</strong> Strahlenexposition bei <strong>der</strong> Inkorporation von Radionukliden.<br />

Die primären Grenzwerte im Strahlenschutz sind als Effektive Dosen E o<strong>der</strong> als Teilkörperdosen<br />

gegeben. Erfolgt die Exposition durch inkorporierte Radionuklide, so stellt sich die<br />

Frage:<br />

" Welche Aktivitätsmenge darf m<strong>an</strong> zuführen, so daß die daraus resultierende Exposition<br />

nicht größer als <strong>der</strong> vorgegebene Grenzwert ist?" → Grenzwert <strong>der</strong> Jahresaktivitätszufuhr.<br />

Zur Be<strong>an</strong>twortung dieser Frage muß u.a. das Verhalten <strong>des</strong> Radionukli<strong>des</strong> <strong>und</strong> <strong>der</strong> chem.<br />

Verbindung in <strong>der</strong> es inkorporiert wird bek<strong>an</strong>nt sein. Daraus lassen sich d<strong>an</strong>n sogen<strong>an</strong>nte<br />

"sek<strong>und</strong>äre" Grenzwerte herleiten.<br />

Bsp.<strong>für</strong> sek<strong>und</strong>äre Grenzwerte: Luftaktivitätskonzentrationen, Konzentrationen in Nahrungsmitteln,<br />

Wasser etc.<br />

Sek<strong>und</strong>äre Grenzwerte: ALI (Annual limit of intake), DAC (Derived air concentration)<br />

Kriterien <strong>für</strong> die Festlegung von ALI bzw. DAC:<br />

Wird durch die Inkorporation eines Radionukli<strong>des</strong> nur eine Teilkörperexposition verursacht,<br />

so muß <strong>für</strong> die durch das Nuklid hervorgerufene Org<strong>an</strong>dosis (Folgedosis) HT( τ ) gelten:<br />

∑<br />

T<br />

w ⋅ H (τ ) ≤ E<br />

T<br />

T<br />

H T (τ ) : Org<strong>an</strong>folgedosis im Org<strong>an</strong> T in mSv durch Inkorporation <strong>des</strong> Radionukli<strong>des</strong>; τ: Integrationszeitraum<br />

w T : Wichtungsfaktor <strong>für</strong> das Org<strong>an</strong> T<br />

E grenz : Grenzwert <strong>der</strong> Effektiven Dosis (z.Bsp <strong>für</strong> beruflich strahlenexponierte Personen<br />

20mSv/a)<br />

grenz


Prof.Dr.K.-H.Folkerts Dosimetrie u. Strahlenschutz 58<br />

Für die Folgedosis ( )<br />

t0<br />

+ τ<br />

HT τ gilt: H ( ) = H ( t)<br />

dt<br />

T<br />

∫<br />

τ &<br />

t0<br />

T<br />

t 0 : Inkorporationsbeginn<br />

τ: Zeitraum, in Jahren, über den die Integration erfolgt. Wird kein Wert <strong>an</strong>gegeben, so gilt <strong>für</strong><br />

Erwachsene τ = 50 Jahre (→ 50 Jahre-Folgedosis), bei Kin<strong>der</strong>n gilt: τ = 70 Jahre.<br />

& (t)<br />

: mittlere Org<strong>an</strong>dosisleistung im Org<strong>an</strong> T zur Zeit t in Sv<br />

H T<br />

Die effektive Folgedosis E(τ) berechnet sich d<strong>an</strong>n zu:<br />

( τ ) T T ( τ ) H w E ⋅ = ∑<br />

Berechnung <strong>des</strong> Grenzwertes <strong>der</strong> Jahresaktivitätszufuhr Amax (ALI):<br />

T<br />

Sei A die Gesamtjahreszufuhr eines bestimmten Radionukli<strong>des</strong> über Inhalation bzw. Ingestion<br />

in Bq. Die Org<strong>an</strong>folgedosis erhält m<strong>an</strong> d<strong>an</strong>n durch Multiplikation mit einem Faktor, <strong>der</strong> die<br />

)<br />

inkorporierte Aktivität in Dosis umrechnet → Dosiskonversionsfaktor HT( τ)<br />

in Sv/Bq<br />

)<br />

( τ ) = A⋅<br />

H ( τ ) Bq<br />

H T<br />

T<br />

Die Dosiskonversionsfaktoren ergeben sich aus den physikalischen <strong>und</strong> biophysikalischen<br />

Eigenschaften <strong>des</strong> betreffenden Radionukli<strong>des</strong> <strong>und</strong> sind in einem Zusatz zur StrlSchV tabelliert.<br />

( B<strong>und</strong>es<strong>an</strong>zeiger Nr. 160a, <strong>und</strong> b vom 28.Aug.2001 Teil I, II, iV <strong>und</strong> V. (s. Bsp. <strong>und</strong><br />

Anh<strong>an</strong>g zu Kapitel 2.6.3)<br />

Für das Einhalten <strong>der</strong> Grenzwerte gilt d<strong>an</strong>n:<br />

)<br />

)<br />

w (τ w ⋅ H ≤ E Daraus folgt <strong>für</strong> die maximal zulässige<br />

∑ T ⋅ A⋅<br />

H T ) ≤ Egrenz<br />

→ A∑<br />

T<br />

T<br />

Aktivitätszufuhr Amax:<br />

A<br />

max<br />

T<br />

Egrenz<br />

≤ )<br />

∑ wT<br />

⋅ H<br />

T<br />

T<br />

T<br />

Bq<br />

Beispiel: Wieviel 131 J darf m<strong>an</strong> über den Inhalationspfad inkorporieren, damit ein Jahresgrenzwert<br />

von Egrenz = 20mSv nicht überschritten wird?<br />

)<br />

−7<br />

Für Inhalation gilt: H SD ( τ ) = 2.<br />

1⋅10<br />

Sv / Bq Es braucht nur die Schilddrüse berücksichtigt<br />

werden. wSD = 0.05.<br />

grenz<br />

0. 02 Sv<br />

6<br />

D<strong>an</strong>n gilt: Amax ≤ = 1.<br />

9⋅10<br />

Bq = 1.<br />

9 MBq<br />

− 7<br />

0.<br />

05⋅<br />

2.<br />

1⋅10<br />

Sv / Bq<br />

Welche Aktivitätskonzentrationen in <strong>der</strong> Luft bzw. in <strong>der</strong> Nahrung dürfen jetzt zugelassen<br />

werden?<br />

Frage ist zunächst nicht eindeutig zu be<strong>an</strong>tworten, da je<strong>der</strong> Mensch <strong>an</strong><strong>der</strong>e Verhaltensweisen<br />

hat. Bsp.: Atemrate, Verzehrgewohnheiten.


Prof.Dr.K.-H.Folkerts Dosimetrie u. Strahlenschutz 59<br />

→ Reference m<strong>an</strong>: M<strong>an</strong> bezieht die zulässigen Konzentrationen auf die Gewohnheiten eines<br />

statistischen Durchschnittsmenschen → Reference m<strong>an</strong>.<br />

Inhalation: Die maximal zulässige Konzentration eines Radionukli<strong>des</strong> in <strong>der</strong> Atemluft in<br />

Bq/m 3 ist definiert durch die Konzentration in <strong>der</strong> Atemluft, die während eines Arbeitsjahres<br />

beim Referenzmenschen eine Dosis in Höhe <strong>des</strong> Grenzwertes hervorruft.<br />

Referenzbedingungen:<br />

Bei beruflicher Strahlenexposition wird als mittlere Atemrate <strong>an</strong>genommen:<br />

R = 1.2m 3 /h bei 2000 Arbeitsst<strong>und</strong>en. → Gesamtatemvolumen Vges:<br />

3<br />

Vges = R ⋅ t = 2400 m .<br />

Für die Berechnung von Strahlenexpositionen <strong>der</strong> Bevölkerung setzt m<strong>an</strong> m<strong>an</strong> folgende Atemvolumen<br />

<strong>an</strong> (StrlSchV):<br />

Altersgruppe<br />

Atemrate in<br />

m 3 /Jahr<br />

< 1 Jahr > 1 - < 2 > 2 - < 7 > 7 - < 12 > 12 - < 17 > 17 Jahre<br />

Jahre Jahre Jahre Jahre<br />

1100 1900 3200 5640 7300 8100<br />

Die maximal zulässige Aktivitätskonzentration in <strong>der</strong> Atemluft ergibt sich d<strong>an</strong>n gemäß:<br />

C<br />

max<br />

A<br />

≤<br />

V<br />

max<br />

ges<br />

Bq<br />

3<br />

m<br />

A max:<br />

Maximal zulässige Aktivitätszufuhr in Bq<br />

V ges:<br />

Gesamratemvolumen.<br />

Beispiel: Welche maximale 131 J-Konzentration in <strong>der</strong> Atemluft ergibt sich <strong>für</strong> eine beruflich<br />

strahlenexponierte Person. (Exposition erfolge ausschließlich über Inhalation von 131 J.)<br />

A<br />

max<br />

6<br />

6<br />

Amax<br />

1.<br />

9 ⋅10<br />

Bq Bq<br />

= 1. 9 ⋅10<br />

Bq → Cmax<br />

≤ = = 791.<br />

67 ;<br />

3<br />

3<br />

V 2400 m m<br />

ges<br />

Erfolgt die Inkorporation über Ingestion so gilt <strong>für</strong> die maximal zulässige Konzentration <strong>des</strong><br />

Radionuklids im Lebensmittel.<br />

Amax,<br />

Ing Bq<br />

Cmax<br />

≤<br />

mges,<br />

Ing kg<br />

A max, Ing : Maximale zulässige Zufuhr <strong>des</strong> Radionuklids durch Ingestion<br />

m ges,<br />

Ing:<br />

Verzehrmenge in kg <strong>des</strong> Lebensmittels pro Jahr durch den Referenzmenschen.<br />

Die Verzehrmengen <strong>für</strong> den Referenzmenschen sind ebenfalls in <strong>der</strong> StrlSchV tabelliert.


Prof.Dr.K.-H.Folkerts Dosimetrie u. Strahlenschutz 60<br />

Mittlere Verzehrsraten <strong>der</strong> Referenzperson in kg/a<br />

Altersgruppe < 1 Jahr > 1 - < 2 > 2 - < 7 > 7 - < 12 > 12 - < 17 > 17 Jahre<br />

Lebensmittel<br />

Jahre Jahre Jahre Jahre<br />

Trinkwasser 55 100 100 150 200 350<br />

Muttermilch<br />

Milchfertigprodukte<br />

145 - - - - -<br />

Milch, Milchprodukte<br />

45 160 160 170 170 130<br />

Fisch 0.5 3 3 4.5 5 7.5<br />

Fleisch, Wurst<br />

Eier<br />

5 13 50 65 80 90<br />

Getreide, Getreideprodukte<br />

12 30 80 95 110 110<br />

Frischobst,<br />

Obstprodukte<br />

25 45 65 65 60 35<br />

Kartoffeln,<br />

Wurzelgemüse<br />

30 40 45 55 55 55<br />

Blattgemüse 3 6 7 9 11 13<br />

Gemüse, Gemüseprodukte<br />

5 17 30 35 35 40<br />

Beispiel: Welche maximale Aktivitätskonzentration <strong>des</strong> Radionukli<strong>des</strong> 137 Cs darf in Fleisch<br />

enthalten sein, damit <strong>der</strong> Grenzwert <strong>der</strong> Jahresaktivitätszufuhr durch Ingestion <strong>für</strong> einen Er-<br />

6<br />

wachsenen von = 4 ⋅10<br />

Bq nicht überschritten wird?<br />

Amax, Ing<br />

6<br />

Amax,<br />

Ing 4 ⋅10<br />

Bq<br />

Es gilt: Cmax<br />

≤ = = 44444 Bq / kg<br />

m 90 kg<br />

max, Ing<br />

Hat m<strong>an</strong> Nuklidgemische, so gilt <strong>für</strong> die maximale Jahresaktivitätszufuhr:<br />

A<br />

n<br />

i<br />

∑<br />

i= 1 Ai<br />

, max<br />

≤1<br />

; A i : Aktivität <strong>des</strong> i-ten Nukli<strong>des</strong> im Gemisch; Ai , max : Maximal zulässige<br />

Aktivität <strong>des</strong> Nukli<strong>des</strong> i.


Prof.Dr.K.-H.Folkerts Dosimetrie u. Strahlenschutz 61<br />

Anh<strong>an</strong>g Kapitel 2.6.3 Beispiele <strong>für</strong> Dosisfaktoren n. StrlSchV.<br />

Dosiskoeffizienten <strong>für</strong> 137 Cs <strong>für</strong> die allgemeine Bevölkerung (Ingestion)


Prof.Dr.K.-H.Folkerts Dosimetrie u. Strahlenschutz 62<br />

Dosiskoeffizienten <strong>für</strong> beruflich strahlenexponierte Personen in Sv/Bq. 131 J.


Prof.Dr.K.-H.Folkerts Dosimetrie u. Strahlenschutz 63<br />

Dosiskoeffizienten <strong>für</strong> beruflich strahlenexponierte Personen 137 Cs


Prof.Dr.K.-H.Folkerts Dosimetrie u. Strahlenschutz 64<br />

Dosiskoeffizienten <strong>für</strong> beruflich strahlenexponierte Personen 239 Pu


Prof.Dr.K.-H.Folkerts Dosimetrie <strong>und</strong> Strahlenschutz<br />

2.6.4 Berechnung von Abschirmungen <strong>und</strong> Schutzwänden<br />

Direkt ionisierende Strahlung (α, β) ist vergleichsweise einfach abzuschirmen. → Definierte<br />

Reichweiten, i.a. kurzreichweitige Strahlung.<br />

Indirekt ionisierende Strahlung, insbeson<strong>der</strong>e Photonen, sind wegen <strong>der</strong> nicht definierten<br />

Reichweite wesentlich schwieriger abzuschirmen.<br />

Aufgabe einer Schutzw<strong>an</strong>d: Ionisierende Strahlung soll so weit absorbiert werden, daß die<br />

austretende Strahlungsintensität sich nicht mehr wesentlich von <strong>der</strong> Umgebungsstrahlung<br />

unterscheidet.<br />

Das Gr<strong>und</strong>gesetz <strong>für</strong> die Berechnung von Abschirmungen <strong>für</strong> Photonen ist das Schwächungsgesetz:<br />

−µ<br />

⋅x<br />

S(<br />

x)<br />

= S ⋅e<br />

S(x): Strahlungsintensität hinter einem Absorber <strong>der</strong> Dicke x<br />

S0: Einfallende Strahlungsintensität<br />

µ = µ(Z,ρ,Eγ): Linearer Schwächungskoeffizient in cm -1 .<br />

doskap264<br />

0<br />

Das Gesetz gilt in dieser Form jedoch nur <strong>für</strong> ein eng kollimiertes Strahlenbündel <strong>und</strong> monoenergetische<br />

Strahlung.<br />

Problem: In <strong>der</strong> Praxis hat m<strong>an</strong> es i.a. mit divergenten Strahlungsbündeln <strong>und</strong> polychromatischer<br />

Strahlung (insbeson<strong>der</strong>e bei Röntgenröhren, kontinuierliches Strahlungsspektrum) zu<br />

tun.<br />

Es ist nicht möglich <strong>für</strong> jede Strahlungsgeometrie einen <strong>an</strong>alytischen Ausdruck <strong>für</strong> die Strahlungsschwächung<br />

<strong>an</strong>zugeben. M<strong>an</strong> hat sich daher auf ein normiertes, vereinfachtes Verfahren<br />

<strong>für</strong> Abschirmungsberechnungen geeinigt.<br />

(DIN 6804/1, DIN 6844/3, DIN 25425/2, DIN 6812)<br />

Vereinfachte Annahme: - Punktförmige Strahlenquelle, Beschreibung <strong>der</strong> Strahlungsausbreitung<br />

durch das quadrat. Abst<strong>an</strong>dsgesetz <strong>und</strong> die γ-Strahlenkonst<strong>an</strong>te Γ. Die Wirkung<br />

<strong>der</strong> Schutzw<strong>an</strong>d wird durch vorberechnete, tabellierte o<strong>der</strong> grafisch dargestellte Schwächungsgrade<br />

k berücksichtigt.<br />

Strahlenquelle<br />

r<br />

x<br />

Abschirmung <strong>der</strong><br />

Dicke x<br />

Aufpunkt<br />

H ( r)<br />

= ? &<br />

Der Schwächungsgrad k ist definiert<br />

zu:<br />

H&<br />

0 ( r)<br />

k =<br />

H&<br />

( r)<br />

0 ( ) r H& : Dosisleistung am Ort r<br />

ohne Abschirmung<br />

H (r)<br />

& : Dosisleistung mit Abschirmung<br />

<strong>der</strong> Dicke x<br />

Für H ( ) & gilt das quadratische<br />

0 r<br />

Abst<strong>an</strong>dsgesetz: 0<br />

2<br />

65<br />

A<br />

H&<br />

Γ ⋅<br />

( r)<br />

=<br />

r


Prof.Dr.K.-H.Folkerts Dosimetrie <strong>und</strong> Strahlenschutz<br />

1 A<br />

Es gilt d<strong>an</strong>n: H&<br />

Γ ⋅<br />

( r)<br />

= ⋅ ; 2<br />

k r<br />

H( r)<br />

& : Dosisleistung im Abst<strong>an</strong>d r bei Abschirmungsdicke x.<br />

Γ: Dosisleistungskonst<strong>an</strong>te <strong>des</strong> betreffenden Nukli<strong>des</strong> in mSv⋅m 2 /h⋅Bq<br />

A: Aktivität <strong>des</strong> Nukli<strong>des</strong> in Bq.<br />

k: Schwächungsfaktor; tabelliert (s. Anh<strong>an</strong>g Kapitel 2.6.4)<br />

Bei einer Abschirmung aus mehreren Schichten ergibt sich <strong>der</strong> Schwächungsfaktor kges gemäß:<br />

doskap264<br />

k<br />

ges<br />

= k1<br />

⋅ k2<br />

⋅...<br />

⋅ k<br />

n<br />

=<br />

n<br />

∏<br />

i=<br />

1<br />

Vorgehensweise bei <strong>der</strong> Berechnung einer Abschirmung.<br />

k<br />

i<br />

→ Zunächst muß die am Aufpunkt zugelassene bzw. gewünschte Dosisleistung H( r)<br />

& bestimmt<br />

werden.<br />

→ Berechnung <strong>der</strong> Dosisleistung im Abst<strong>an</strong>d r bei <strong>der</strong> Aktivität A "ohne" Abschirmung mittels<br />

Abst<strong>an</strong>dsquadratgesetz.<br />

→ Der Quotient aus den beiden Dosisleistungen ergibt d<strong>an</strong>n den Schwächungsfaktor.<br />

→ Benötigte Schichtdicken werden d<strong>an</strong>n aus den Tabellen <strong>für</strong> das betreffende Abschirmmaterial<br />

entnommen.<br />

Beispiel: Folgende Strahlenquelle ist gemäß StrlSchV so abzuschirmen, daß in r = 2m Abst<strong>an</strong>d<br />

von <strong>der</strong> Strahlenquelle die Bedingungen <strong>für</strong> einen Überwachungsbereich gelten.<br />

60 Co, A = 37GBq<br />

x<br />

r = 2m<br />

Abschirmung <strong>der</strong><br />

Dicke x<br />

Aufpunkt<br />

H &<br />

( r)<br />

= 0.<br />

5 µ Sv / h<br />

Für den Arbeitsplatz soll eine<br />

Ortsdosisleistung von<br />

H & ( r)<br />

= 0.<br />

5 µ Sv / h nicht überschritten<br />

werden.<br />

Bestimmung <strong>des</strong> Schwächungsfaktors<br />

k.<br />

66<br />

Dosisleistung ohne Abschirmung<br />

in r = 2m Abst<strong>an</strong>d:<br />

A<br />

H&<br />

Γ ⋅<br />

0 ( r)<br />

= 2<br />

r<br />

2<br />

mSv ⋅ m<br />

0.<br />

351⋅37<br />

Γ60 = 0. 351⋅<br />

→ H&<br />

( r 2m)<br />

3.<br />

25mSv<br />

/ h<br />

Co<br />

0 = = = 2<br />

h ⋅GBq<br />

2<br />

H&<br />

0 ( r)<br />

3250µ<br />

Sv / h<br />

Schwächungsfaktor k: k = =<br />

= 6500<br />

H&<br />

( r)<br />

0.<br />

5µ<br />

Sv / h<br />

Die notwendige W<strong>an</strong>dstärke soll <strong>für</strong> eine Beton- wie <strong>für</strong> eine Bleiabschirmung bestimmt werden.<br />

Die mittlere γ-Energie beträgt bei 60 Co: E Co ≈1.<br />

2MeV<br />

γ , 60−<br />

Aus den Nomogrammen im Anh<strong>an</strong>g ergibt sich <strong>für</strong> einen Schwächungsfaktor von k = 6500<br />

daher:


Prof.Dr.K.-H.Folkerts Dosimetrie <strong>und</strong> Strahlenschutz<br />

doskap264<br />

x Beton<br />

x Blei<br />

≈ 95cm<br />

≈ 14<br />

cm<br />

Abschirmung von Bremsstrahlung (Röntgenröhren)<br />

Röntgenstrahlung → kontinuierliches Energiespektrum in Abhängigkeit von Beschleunigungssp<strong>an</strong>nung<br />

<strong>und</strong> Filterung <strong>der</strong> Strahlung.<br />

Im Nutzstrahlenbündel einer Röntgenröhre gilt näherungsweise auch ein "Quadratisches<br />

Abst<strong>an</strong>dsgesetz".<br />

→ In formaler Analogie zum Abst<strong>an</strong>dsquadratgesetz bei Punktstrahlern k<strong>an</strong>n m<strong>an</strong> <strong>für</strong> die<br />

Ortsdosisleistung im Nutzstrahlenbündel einer Röntgenröhre schreiben:<br />

Rö-Röhre<br />

Blende<br />

H& X(<br />

r)<br />

Filter<br />

Nutzstrahlenbündel<br />

strahlenkonst<strong>an</strong>ten.<br />

r<br />

i<br />

H&<br />

ΓX<br />

⋅<br />

X ( r)<br />

= 2<br />

r<br />

H& X (r)<br />

: Dosisleistung im Abst<strong>an</strong>d r vom Fokus <strong>der</strong> Röhre in<br />

mSv/h<br />

Γ X : Röntgenstrahlenkonst<strong>an</strong>te in mSv⋅m 2 /mA⋅h; Abhängig von<br />

<strong>der</strong> Röhrensp<strong>an</strong>nung <strong>und</strong> Filterung.<br />

I: Röhrenstrom in mA<br />

R: Abst<strong>an</strong>d Aufpunkt zum Fokus in m.<br />

Folgende Tabelle gibt eine Zusammenstellung von Röntgen-<br />

Röntgenstrahlenkonst<strong>an</strong>te bei 0.5mm Cu-Filterung<br />

Röhrensp<strong>an</strong>nung kV<br />

2<br />

mSv ⋅m<br />

ΓX<br />

h⋅<br />

mA<br />

60 18<br />

100 120<br />

150 390<br />

200 780<br />

250 1200<br />

300 1800<br />

350 2400<br />

400 3000<br />

Bei <strong>der</strong> Bestimmung von Abschirmdicken geht m<strong>an</strong> jetzt genau wie bei <strong>der</strong> Abschirmung von<br />

radioaktiven Strahlern vor. M<strong>an</strong> hat aus dem gewünschten Wert <strong>der</strong> Ortsdosisleistung am<br />

Aufpunkt H& X (r)<br />

<strong>und</strong> <strong>der</strong> Dosisleistung ohne Abschirmung H& X , 0 ( r)<br />

den Schwächungsfaktor<br />

k zu bestimmen. Die erfor<strong>der</strong>liche Abschirmdicke k<strong>an</strong>n d<strong>an</strong>n wie<strong>der</strong> aus Nomogrammen o<strong>der</strong><br />

Tabellen abgelesen werden. (s. Anh<strong>an</strong>g zu Kap.2.6.4)<br />

Beson<strong>der</strong>heit. Röntgenröhren strahlen nur während <strong>der</strong> Einschaltzeit. → Die Betriebsbelastung<br />

<strong>der</strong> Röhre wird in die Berechnung mit einbezogen. Angaben über Betriebsbelastungen<br />

von Rö-Röhren findet m<strong>an</strong> in <strong>der</strong> DIN.<br />

67


Prof.Dr.K.-H.Folkerts Dosimetrie <strong>und</strong> Strahlenschutz<br />

Beispiel.<br />

Abschirmung einer Röntgenröhre <strong>für</strong> die Werkstoffprüfung. U = 300kV, i = 10mA; Die Bestrahlungszeit<br />

betrage 30h pro Woche. Der abzuschirmende Arbeitsplatz befinde sich in 4m<br />

Entfernung im Überwachungsbereich. Die höchstzulässige Jahresdosis beträgt daher 6<br />

mSv/a.<br />

In Folge <strong>der</strong> Einschaltzeit von 30h/Woche ergibt sich eine Gesamtstrahlzeit von t =<br />

30h/W⋅50W=1500 h.<br />

mSv<br />

→ H& 6<br />

X ( r)<br />

= = 4µ<br />

Sv / h<br />

1500h<br />

2<br />

mSv ⋅ m<br />

1800 ⋅10mA<br />

i<br />

mSv<br />

→ H&<br />

ΓX<br />

⋅<br />

r m<br />

h mA<br />

X , 0 ( = 4 ) = =<br />

⋅<br />

= 1125<br />

2<br />

2<br />

r<br />

16m<br />

h<br />

6<br />

H&<br />

X , 0 ( r)<br />

1.<br />

13⋅10<br />

µ Sv / h<br />

5<br />

→ k = =<br />

= 2.<br />

8⋅10<br />

H ( r)<br />

4µ<br />

Sv / h<br />

doskap264<br />

X<br />

→ Aus dem Nomogramm im Anh<strong>an</strong>g ergibt sich bei einer Röhrensp<strong>an</strong>nung von 300kV <strong>und</strong><br />

einem Schwächungsfaktor von ~3⋅10 5 eine Abschirmdicke <strong>für</strong> Blei von:<br />

XPb = 2.3 cm.<br />

68


Prof.Dr.K.-H.Folkerts Dosimetrie <strong>und</strong> Strahlenschutz<br />

Anh<strong>an</strong>g zu Kapitel 2.6.4 Nomogramme <strong>der</strong> Schwächungsfaktoren <strong>und</strong> Abschirmdicken.<br />

Dicke einer Betonschutzschicht <strong>für</strong> verschiedene Schwächungsfaktoren k <strong>der</strong> γ-<br />

Strahlung (breites Strahlenbündel) BETON (ρ = 2.3 g/cm 3 )<br />

doskap264<br />

69


Prof.Dr.K.-H.Folkerts Dosimetrie <strong>und</strong> Strahlenschutz<br />

Dicke einer Bleischutzschicht <strong>für</strong> verschiedene Schwächungsfaktoren k <strong>der</strong> γ-<br />

Strahlung (breites Strahlenbündel) BLEI; (ρ = 11.34 g/cm 3 )<br />

doskap264<br />

70


Prof.Dr.K.-H.Folkerts Dosimetrie <strong>und</strong> Strahlenschutz<br />

Schwächungsfaktor <strong>für</strong> Röntgenstrahlung bis 200 kV Röhrensp<strong>an</strong>nung in Blei;<br />

Gleichsp<strong>an</strong>nung <strong>und</strong> Filterung mit 2 mm Al.<br />

doskap264<br />

71


Prof.Dr.K.-H.Folkerts Dosimetrie <strong>und</strong> Strahlenschutz<br />

Schwächungsfaktor <strong>für</strong> Röntgenstrahlung bis 500 kV Röhrensp<strong>an</strong>nung in Blei; Gleichsp<strong>an</strong>nung<br />

<strong>und</strong> Filterung mit 0.5 mm Cu (250 kV) bzw. 3 mm Cu (300 kV)<br />

doskap264<br />

72


Prof.Dr.K.-H.Folkerts Dosimetrie <strong>und</strong> Strahlenschutz<br />

3. Nichtionisierende Strahlung<br />

Nichtionisierende Strahlen überstreichen ein äußerst heterogenes Feld elektromagnetischer<br />

Wellen <strong>und</strong> Fel<strong>der</strong>.<br />

Zu den nichtionisierenden Strahlen gehören:<br />

doskap3<br />

- Infrarotstrahlung<br />

-<br />

-<br />

Sichbares Licht<br />

UV-Strahlung Typ A, B, C<br />

Optische Strahlung<br />

- Radiowellen<br />

- Mikrowellen<br />

- Nie<strong>der</strong>frequente elektrische u. magnet. Fel<strong>der</strong><br />

- Statische Fel<strong>der</strong><br />

- Infraschall (f < 15 Hz)<br />

- Ultraschall (f > 20 kHz)<br />

Expositionen durch nichtionisierende Strahlung k<strong>an</strong>n stattfinden in:<br />

- Umwelt<br />

- Am Arbeitsplatz<br />

- Zu Hause<br />

- Patienten bei Diagnostik <strong>und</strong> Therapie<br />

Mittlerweile existieren , ähnlich wie <strong>für</strong> den Umg<strong>an</strong>g mit ionisieren<strong>der</strong> Strahlung, verschiedene<br />

Gesetze <strong>und</strong> Verordnungen, die den Umg<strong>an</strong>g mit nichtionisieren<strong>der</strong> Strahlung regeln.<br />

Beispiele<br />

26. B<strong>und</strong>esimmissionsschutzVerordnung (BimSchV) Verordnung über elektromagnetische<br />

Fel<strong>der</strong> v. 16.12.1996<br />

Medizingeräteverordnung MedGV; Gerätesicherheitsgesetz, Normenreihe DIN VDE 0848<br />

etc.<br />

Die Grenzwertempfehlungen werden meist auf internationaler Ebene beschlossen. Das internationale<br />

Gremium, das sich mit den Wirkungen nichtionisieren<strong>der</strong>´Strahlung befaßt ist;<br />

International Commission on Non-Ionizing Radiation Protection (ICNIRP)<br />

(Analog zur ICRP bei den ionisierenden Strahlen)<br />

Im folgenden soll <strong>für</strong> die einzelnen Gruppen nichtionisieren<strong>der</strong> Strahlung ein Überblick über<br />

physikalische Eigenschaften, biologische Effekte, Expositionen <strong>und</strong> Grenzwerte gegeben<br />

werden.<br />

3.1 Optische Strahlung<br />

Der Wellenlängenbereich <strong>der</strong> optischen Strahlung umfaßt Wellenlängen von λ > 100nm bis λ<br />

< 1mm.<br />

Folgende Tabelle gibt einen Überblick über Bezeichnungen <strong>und</strong> zugehörige Wellenlängen.<br />

73


Prof.Dr.K.-H.Folkerts Dosimetrie <strong>und</strong> Strahlenschutz<br />

3.1.1 UV-Strahlung:<br />

doskap3<br />

Bezeichnung Wellenlänge in nm<br />

UV-C 100 - 280<br />

UV-B 280 - 315<br />

UV-A 315 - 400<br />

Sichtbares Licht 400 - 780<br />

IR-A 780 - 1400<br />

IR-B 1400 - 3000<br />

IR-C 3000 -1mm<br />

Quellen von UV-Strahlung<br />

Umwelt: Hauptquelle ist die Sonne. Leistungsflußdichte (Intensität) <strong>der</strong> von <strong>der</strong> Sonne<br />

stammenden UV-Strahlung beträgt auf Erdoberfläche etwa 70 W/m 2 . Gesamtleistungsflußdichte<br />

im gesamten Spektralbereich etwa 1120 W/m 2 . Auf <strong>der</strong> Erdoberfläche kommt kein UV-<br />

C Anteil mehr <strong>an</strong>, da dieser von <strong>der</strong> Ozonschicht herausgefiltert wird.<br />

<strong>Technik</strong>: Thermische Erregung durch hohe Temperaturen von Schmelzen <strong>und</strong> Festkörpern<br />

(s. Wien´sches Verschiebungsgesetz) → Temperaturstrahler. Bsp.: Halogenlampen (hohe<br />

Betriebstemperatur) O<strong>der</strong> durch Anregung in Gasen <strong>und</strong> Dämpfen durch beschleunigte Elektronen.<br />

→ Gasentladungsstrahler. Bsp. Quecksilbernie<strong>der</strong>druck- bzw. hochdrucklampen.<br />

UV-Strahlung entsteht auch als Störstrahlung z.Bsp. beim Lichtbogenschweißen <strong>und</strong> -<br />

schneiden.<br />

Anwendung von UV-Strahlung.<br />

UV-Strahlung wird in den verschiedensten Bereichen aus Forschung, Medizin, Industrie, <strong>und</strong><br />

in <strong>der</strong> Kosmetik eingesetzt.<br />

- UV-Spektrometer<br />

- Spezielle Betrachtungslampen<br />

- Sterilisation <strong>und</strong> Entkeimung<br />

- Photochemische Prozesse<br />

- Trocknung <strong>und</strong> Härtung<br />

- Werkstoffprüfung<br />

- Therapeutische Zwecke (Hautkr<strong>an</strong>kheiten <strong>und</strong> Rachitis)<br />

- Kosmetische Bräunung<br />

Biologische Wirkungen von UV-Strahlen<br />

Gr<strong>und</strong>sätzlich: Mit zunehmen<strong>der</strong> Wellenlänge <strong>der</strong> UV-Strahlung (abnehmen<strong>der</strong> Photonenenergie)<br />

nimmt die biologische Wirkung ab.<br />

UV-C-Strahlung tötet Mikroorg<strong>an</strong>ismen <strong>und</strong> Keime (Bakterien, Sporenpilze)<br />

UV-B-Strahlen zeigen vielfältige biologische Wirkungen. U.a. Auslösung <strong>der</strong> Produktion von<br />

Vitamin D durch photochem. Reaktionen. L<strong>an</strong>gwellige UV-B-Strahlung führt zur Pigment-<br />

Bildung in <strong>der</strong> Haut (Bräunung)<br />

UV-A-Strahlen führen im wesentlichen zur Pigmentbildung in <strong>der</strong> Haut.<br />

Bei zu l<strong>an</strong>ger Exposition k<strong>an</strong>n es zu folgenden schädigenden biologischen Wirkungen kommen:<br />

74


1<br />

0.1<br />

0.01<br />

0.001<br />

Prof.Dr.K.-H.Folkerts Dosimetrie <strong>und</strong> Strahlenschutz<br />

Akute Wirkungen:<br />

- Bindehautentzündung <strong>der</strong> Augen,<br />

- Hornhautentzündung <strong>der</strong> Augen<br />

- Erythembildung <strong>der</strong> Haut (Sonnenbr<strong>an</strong>d)<br />

Chronische Wirkungen bei l<strong>an</strong>gjähriger Bestrahlung sind:<br />

doskap3<br />

- vorzeitiges Altern <strong>der</strong> Haut<br />

- Pigmentverän<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Haut ("Altersflecken")<br />

- Erhöhung de Hautkrebsrisikos<br />

UV-Strahlung gilt als Hauptursache von Hautkrebs.<br />

Grenzwerte <strong>für</strong> die Bestrahlung.<br />

Die biologische Wirksamkeit <strong>der</strong> UV-Strahlung ist wellenlängenabhängig. → es wird ein mit<br />

<strong>der</strong> biologischen Wirksamkeit <strong>der</strong> Strahlung gewichtetes Expositionsmaß eingeführt.<br />

Erythemwirksamkeitsfaktor<br />

Wellenlänge in nm<br />

Zur Vermeidung akuter Hautschäden<br />

durch UV-Strahlen gilt ein Grenzwert<br />

<strong>für</strong> die "wirksame, über einen Zeitraum<br />

von 8h akkumulierte" Bestrahlung<br />

von 30J/m 2 .<br />

Unter wirksamer Bestrahlung wird<br />

hierbei die gesamte, über das relev<strong>an</strong>te<br />

UV-Spektrum (250 bis 400nm)<br />

integrierte , mit einem Wirksamkeitsfaktor<br />

gewichtete Bestrahlung verst<strong>an</strong>den.<br />

Der Wirksamkeitsfaktor ist stark von<br />

<strong>der</strong> Wellenlänge abhängig. Er drückt<br />

die relative Erythemwirksamkeit <strong>der</strong><br />

Bestrahlung bei einer Wellenlänge λ<br />

in Bezug zur maximalen Wirksamkeit<br />

bei λ = 270 nm aus.<br />

Bsp. Bei monochromatischer Bestrahlung<br />

gilt <strong>für</strong> λ = 270 nm: Maximal<br />

zulässige Bestrahlung in 8h wäre 30 J/m 2 400 380 360 340 320 300 280 260<br />

. (Wirksamkeitsfaktor 1)<br />

Bei λ = 320 nm gilt: Maximal zulässige Bestrahlung 3kJ/m 2 , wegen <strong>des</strong> um einen Faktor 100<br />

geringeren Wirksamkeitsfaktors.<br />

Für die Bestrahlungsstärke ausgedrückt in W/m 2 ergibt sich in 8h <strong>für</strong> λ = 270nm 1mW/m 2 <strong>und</strong><br />

bei λ = 320 nm 0.1W/m 2 .<br />

Erythemale Dosis <strong>und</strong> Hautkrebsrisiko<br />

Um Hautrötung zu erzielen, muß die wirksame Bestrahlung deutlich höher sein als 30J/m 2 in<br />

8h.<br />

Notwendige Bestrahlung hängt vom Hauttyp ab. Mitteleuropäer: >250 J/m 2 . Hier<strong>für</strong> wurde<br />

<strong>der</strong> Begriff "MED" eingeführt. (MED: Mittlere erythemale Dosis); Die natürliche UV-Exposition<br />

beträgt etwa 100 bis 300 MED pro Jahr.<br />

75


Prof.Dr.K.-H.Folkerts Dosimetrie <strong>und</strong> Strahlenschutz<br />

Karzinogene Wirkung: Zusätzliche jährliche Exposition von 75 bis 100 MED hat nach 30%<br />

Jahren eine Zunahme <strong>der</strong> Hautkrebsinzidenz von etwa 5% zur Folge (Toler<strong>an</strong>zgrenze.) Entspricht<br />

etwa einer täglichen Bestrahlung mit dem doppelten 8h-Grenzwert über einen Zeitraum<br />

von 30 Jahren.<br />

Problem: Risiken durch Verwendung von Nie<strong>der</strong>volt Halogenlampen (Schreibtischlampen)<br />

ohne Schutzglas.<br />

8h Grenzwert k<strong>an</strong>n bereits nach wenigen St<strong>und</strong>en erreicht werden (Abst<strong>an</strong>d 30 - 60cm)<br />

Bei Expositionszeiten von 500 h pro Jahr, k<strong>an</strong>n die Toler<strong>an</strong>zgrenze <strong>für</strong> das Hautkrebsrisiko<br />

überschritten werden.<br />

Schutzmaßnahmen.<br />

doskap3<br />

- Abschirmen <strong>der</strong> Strahlung nahe am Entstehungsort durch lichtdichte Gehäuse,<br />

Scheiben aus Glas (kein Quarzglas)<br />

- Persönliche Schutzausrüstung <strong>und</strong> Schutzmittel wie Kleidung, H<strong>an</strong>dschuhe,<br />

Schutzbrillen, UV-Schutzcremes<br />

- Begrenzung <strong>der</strong> Aufenthaltszeit<br />

- Einhalten von Sicherheitsabständen <strong>und</strong> Zutrittsbeschränkungen.<br />

In Deutschl<strong>an</strong>d geht m<strong>an</strong> zur Zeit davon aus, daß es etwa 200.000 Arbeitsplätze mit UV-<br />

Expositionen gibt.<br />

Gesetzliche Regelungen zur UV-Exposition befinden sich in Form von Unfallverhütungsvorschriften<br />

(UVV) in Vorbereitung.<br />

3.1.2 Laserstrahlung<br />

Laserstrahlen werden im Frequenzbereich von etwa 1000µm bis 180nm erzeugt. Laserstrahlung<br />

umfaßt also sowohl den sichtbaren Bereich <strong>des</strong> elektromagnetischen Spektrums als<br />

auch den UV <strong>und</strong> den IR Bereich.<br />

Beson<strong>der</strong>e Eigenschaften <strong>der</strong> Laserstrahlung:<br />

Anwendung von Lasern:<br />

S =<br />

1<br />

Augenlinse<br />

- Extrem monochromatisch (eine Wellenlänge)<br />

- Kohärent (phasenfeste Wellenzüge)<br />

- Extrem gebündelt; Strahldivergenz ~ 0.05 0<br />

- Extrem fokussierbar.<br />

- Meß- <strong>und</strong> Nachrichtentechnik,<br />

- Vermessungs- <strong>und</strong> Justierarbeiten<br />

- Materialbearbeitung<br />

- Zielortung <strong>und</strong> Feuerleitung (militärisch)<br />

- Medizinische Zwecke (Augenheilk<strong>und</strong>e, Chirurgie, Akupunktur)<br />

- Unterhaltungselektronik<br />

- Laser-Drucker, Laser Sc<strong>an</strong>ner etc.<br />

Netzhaut<br />

S = 10 5<br />

Biologische Wirkung:<br />

Laser-Strahlung k<strong>an</strong>n Atome nicht ionisieren. Jedoch<br />

besteht ein hohes Gefährdungspotential in <strong>der</strong><br />

hohen Intensität <strong>und</strong> <strong>der</strong> extremen Fokussierbarkeit.<br />

→ Auge ist das am meisten gefährdete Org<strong>an</strong>. Fokussierungseigenschaften<br />

<strong>des</strong> Auges führen zu E-<br />

76


Prof.Dr.K.-H.Folkerts Dosimetrie <strong>und</strong> Strahlenschutz<br />

nergiedichteüberhöhungen bei parallelen Laserlicht auf <strong>der</strong> Netzhaut bis zu einem Faktor<br />

10 5 .<br />

Beson<strong>der</strong>s gefährlich sind Laser mit Wellenlängen zwischen1400 <strong>und</strong> 400 nm. Hornhaut <strong>und</strong><br />

Glaskörper <strong>des</strong> Auges sind hier tr<strong>an</strong>sparent.<br />

Mögliche Schäden auf <strong>der</strong> Netzhaut: Koagulation (Verschmelzen) <strong>des</strong> Gewebes o<strong>der</strong> Verdampfen<br />

<strong>des</strong> Gewebswassers.<br />

Laserklassen<br />

Lasereinrichtungen werden nach <strong>der</strong> Unfallverhütungsvorschrift „Laserstrahlung“ nach DIN<br />

EN 60825-1 (11.2001) in Abhängigkeit <strong>der</strong> zugänglichen Strahlung in Klassen eingeteilt. (1,<br />

1M, 2, 2M, 3R, 3B <strong>und</strong> 4)<br />

Definition <strong>der</strong> Laserklassen<br />

Klasse 1 Die zugängliche Laserstrahlung ist unter venünftigerweise vorhersehbaren Bedingungen<br />

ungefährlich.<br />

doskap3<br />

Anmerkung:<br />

Die venünftigerweise vorhersehbaren Bedingungen sind beim bestimmungsgemäßen<br />

Betrieb eingehalten.<br />

Der Grenzwert <strong>der</strong> zugänglichen Strahlung <strong>der</strong> DIN EN 60825-1:2001-11 im<br />

Wellenlängenbereich von 400 nm bis 1400 nm zur Klassifizierung eines Lasers<br />

ist zwischen 100 s <strong>und</strong> 30000 s gleich. Deshalb sind bei L<strong>an</strong>gzeiteinwirkungen<br />

Belästigungen nicht auszuschließen.<br />

Klasse 1M: Die zugängliche Laserstrahlung liegt im Wellenlängenbereich von 302.5 nm bis 4<br />

000 nm. Die zugängliche Laserstrahlung ist <strong>für</strong> das Auge ungefährlich, sol<strong>an</strong>ge<br />

<strong>der</strong> Querschnitt nicht durch optische Instrumente (Lupen, Linsen, Teleskope)<br />

verkleinert wird!<br />

Anmerkung:<br />

Sofern keine optisch sammelnden Instrumente verwendet werden, die den<br />

Strahlquerschnitt verkleinern, besteht bei Lasereinrichtungen <strong>der</strong> Klasse 1M eine<br />

vergleichbare Gefährdung wie bei Lasereinrichtungen <strong>der</strong> Klasse 1.<br />

Bei Einsatz optisch sammeln<strong>der</strong> Instrumente können vergleichbare Gefährdungen<br />

wie bei Klasse 3R o<strong>der</strong> 3B auftreten.<br />

Klasse 2 Die zugängliche Laserstrahlung liegt im sichtbaren Spektralbereich (400 nm bis<br />

700 nm). Sie ist bei kurzzeitiger Einwirkungsdauer (bis 0,25s) ungefährlich auch<br />

<strong>für</strong> das Auge. Zusätzliche Strahlungs<strong>an</strong>teile außerhalb <strong>des</strong> Wellenlängenbereiches<br />

von 400-700 nm erfüllen die Bedingungen <strong>für</strong> Klasse 1.<br />

Anmerkung:<br />

Bei Lasereinrichtungen <strong>der</strong> Klasse 2 ist das Auge bei zufälliger, kurzzeitiger Einwirkung<br />

<strong>der</strong> Laserstrahlung, d. h. bei Einwirkungsdauern bis 0,25s nicht gefährdet.<br />

Lasereinrichtungen <strong>der</strong> Klasse 2 dürfen <strong>des</strong>halb ohne weitere Schutzmaßnahmen<br />

eingesetzt werden, wenn sichergestellt ist, dass we<strong>der</strong> ein absichtliches<br />

Hineinschauen <strong>für</strong> die Anwendung über längere Zeit als 0,25 ѕ, noch wie<strong>der</strong>holtes<br />

Hineinschauen in die Laserstrahlung bzw. spiegelnd reflektierte Laserstrahlung<br />

erfor<strong>der</strong>lich ist.<br />

Von dem Vorh<strong>an</strong>densein eines Lidschlussreflexess zum Schutz <strong>der</strong> Augen darf<br />

in <strong>der</strong> Regel nicht ausgeg<strong>an</strong>gen werden:<br />

77


Prof.Dr.K.-H.Folkerts Dosimetrie <strong>und</strong> Strahlenschutz<br />

doskap3<br />

Für kontinuierlich strahlende Laser <strong>der</strong> Klasse 2 beträgt <strong>der</strong> Grenzwert <strong>der</strong> zugänglichen<br />

Strahlung (GZS) P grenz =1 mW (bei C6= 1).<br />

Klasse 2M Die zugängliche Laserstrahlung liegt im sichtbaren Spektralbereich von 400 nm<br />

bis 700 nm. Sie ist bei kurzzeitiger Einwirkungsdauer (bis 0,25s) <strong>für</strong> das Auge<br />

un-gefährlich, sol<strong>an</strong>ge <strong>der</strong> Querschnitt nicht durch optische Instrumente (Lupen,<br />

Linsen, Teleskope) verkleinert wird! Zusätzliche Strahlungs<strong>an</strong>teile außerhalb <strong>des</strong><br />

Wellenlängenbereiches von 400-700 nm erfüllen die Bedingungen <strong>für</strong> Klasse 1<br />

M.<br />

Anmerkung:<br />

Sofern keine optischen Instrumente verwendet werden, die den Strahlquerschnitt<br />

verkleinern, besteht bei Lasereinrichtungen <strong>der</strong> Klasse 2M eine vergleichbare<br />

Gefährdung wie bei Lasereinrichtungen <strong>der</strong> Klasse 2.<br />

Bei Einsatz optisch sammeln<strong>der</strong> Instrumente können vergleichbare Gefährdungen<br />

wie bei Klasse 3R o<strong>der</strong> 3B auftreten.<br />

Klasse 3A Die zugängliche Laserstrahlung wird <strong>für</strong> das Auge gefährlich, wenn <strong>der</strong> Strahlquerschnitt<br />

durch optische Instrumente verkleinert wird. Sie ist <strong>für</strong> das Auge ungefährlich,<br />

sol<strong>an</strong>ge <strong>der</strong> Querschnitt nicht durch optische Instrumente (Lupen,<br />

Linsen, Teleskope) verkleinert wird! Ist dies nicht <strong>der</strong> Fall, ist die ausges<strong>an</strong>dte<br />

Laserstrahlung im sichtbaren Spektralbereich ( 400 nm bis 700 nm) bei kurzzeitiger<br />

Einwirkungsdauer (bis 0,25s), in den <strong>an</strong><strong>der</strong>en Spektralbereichen auch bei<br />

L<strong>an</strong>gzeitbestrahlung, ungefährlich.<br />

Anmerkung:<br />

Bei Lasereinrichtungen <strong>der</strong> Klasse 3A h<strong>an</strong>delt es sich um Laser, die nach <strong>der</strong><br />

alten Norm klassifiziert worden sind. Sofern keine optischen Instrumente verwendet<br />

werden, die den Strahlquerschnitt verkleinern, besteht bei Lasereinrichtungen<br />

<strong>der</strong> Klasse 3A, die nur im sichtbaren Spektralbereich emittieren, eine<br />

vergleichbare Gefährdung wie bei Lasereinrichtungen <strong>der</strong> Klasse 2. Bei Lasereinrichtungen<br />

<strong>der</strong> Klasse 3A, die nur im nicht sichtbaren Spektralbereich emittieren,<br />

besteht eine vergleichbare Gefährdung wie bei Lasereinrichtungen <strong>der</strong><br />

Klasse 1.<br />

Klasse 3R Die zugängliche Laserstrahlung liegt im Wellenlängenbereich von 302,5 nm bis<br />

106 nm <strong>und</strong> ist gefährlich <strong>für</strong> das Auge. Die Leistung bzw. die Energie beträgt<br />

maximal das Fünffache <strong>des</strong> Grenzwertes <strong>der</strong> zulässigen Strahlung <strong>der</strong> Klasse 2<br />

im Wellenlängenbereich von 400 nm bis 700 nm.<br />

Anmerkung:<br />

Lasereinrichtungen <strong>der</strong> Klasse 3R sind <strong>für</strong> das Auge potentiell gefährlich wie<br />

Lasereinrichtungen <strong>der</strong> Klasse 3B. Das Risiko eines Augenschadens wird dadurch<br />

verringert, dass <strong>der</strong> Grenzwert <strong>der</strong> zugänglichen Strahlung (GZS) im<br />

sichtbaren Wellenlängenbereich auf das Fünffache <strong>des</strong> Grenzwertes <strong>der</strong> zugänglichen<br />

Strahlung <strong>für</strong> Klasse 2, in den übrigen Wellenlängenbereichen auf<br />

das Fünffache <strong>des</strong> Grenzwertes <strong>der</strong> zugänglichen Strahlung <strong>für</strong> Klasse 1 begrenzt<br />

ist.<br />

Klasse 3B Die zugängliche Laserstrahlung ist gefährlich <strong>für</strong> das Auge, häufig auch <strong>für</strong> die<br />

Haut.<br />

Das direkte Blicken in den Strahl bei Lasern <strong>der</strong> Klasse 3B ist gefährlich. Ein<br />

Strahlbündel k<strong>an</strong>n sicher über einen diffusen Reflektor betrachtet werden, wenn<br />

78


Prof.Dr.K.-H.Folkerts Dosimetrie <strong>und</strong> Strahlenschutz<br />

doskap3<br />

fol-gende Bedingungen gleichzeitig gelten:<br />

� <strong>der</strong> minimale Beobachtungsabst<strong>an</strong>d zwischen Schirm <strong>und</strong> Hornhaut <strong>des</strong><br />

Auges ist 13 cm;<br />

� die maximale Beobachtungsdauer 10s.<br />

� es treten keine gerichteten Strahl<strong>an</strong>teile auf, die ins Auge treten können<br />

Ein Strahlenbündel k<strong>an</strong>n nur d<strong>an</strong>n über ein Diffusor betrachtet werden,<br />

wenn keine gerichteten Strahl<strong>an</strong>teile auftreten.<br />

Eine Gefährdung <strong>der</strong> Haut durch die zugängliche Laserstrahlung besteht<br />

bei Lasereinrichtungen <strong>der</strong> Klasse 3B, wenn die Werte <strong>der</strong> maximal zulässigen<br />

Bestrahlung (MZB überschritten werden.<br />

Klasse 4 Die zugängliche Laserstrahlung ist sehr gefährlich <strong>für</strong> das Auge <strong>und</strong> gefährlich<br />

<strong>für</strong> die Haut. Auch diffus gestreute Strahlung k<strong>an</strong>n gefährlich sein. Die Laserstrahlung<br />

k<strong>an</strong>n Br<strong>an</strong>d- <strong>und</strong> Explosionsgefahr verursachen.<br />

Anmerkung:<br />

Lasereinrichtungen <strong>der</strong> Klasse 4 sind Hochleistungslaser, <strong>der</strong>en Ausg<strong>an</strong>gsleistungen<br />

bzw. -energien die Grenzwerte <strong>der</strong> zugänglichen Strahlung (GZS) <strong>für</strong><br />

Klasse 3 B übertreffen.<br />

Die Laserstrahlung von Lasereinrichtungen <strong>der</strong> Klasse 4 ist so intensiv, dass bei<br />

jeglicher Art von Exposition <strong>der</strong> Augen o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Haut mit Schädigungen zu rechnen<br />

ist.<br />

Außerdem muss bei <strong>der</strong> Anwendung von Lasereinrichtungen <strong>der</strong> Klasse 4 immer<br />

geprüft werden, ob ausreichende Maßnahmen gegen Br<strong>an</strong>d- <strong>und</strong> Explosionsgefahren<br />

getroffen sind; siehe auch §§ 10 <strong>und</strong> 16 <strong>der</strong> Unfallverhütungsvorschrift<br />

"Laserstrahlung".<br />

Maximal zulässige Bestrahlung (MZB)<br />

Die Abbildung zeigt in Abhängigkeit <strong>der</strong> Wellenlänge <strong>und</strong> <strong>der</strong> Bestrahlungszeit maximal zulässige<br />

Bestrahlungswerte <strong>für</strong> das Auge.<br />

79


Prof.Dr.K.-H.Folkerts Dosimetrie <strong>und</strong> Strahlenschutz<br />

Schutzmaßnahmen:<br />

Ein Unterschreiten <strong>der</strong> MZB-Werte am kritischen Org<strong>an</strong> k<strong>an</strong>n erreicht werden durch:<br />

doskap3<br />

100<br />

10<br />

1<br />

0.1<br />

0.01<br />

Bestrahlung in<br />

J/m 2<br />

0.001<br />

1 ns 1 µs 1 ms 1 s<br />

Einwirkzeit<br />

- Abschirmungen, die verhin<strong>der</strong>n, daß die von Einrichtungen erzeugte Laserstrahlung<br />

zugänglich ist.<br />

- Einhalten von Sicherheitsabständen ( Wegen <strong>der</strong> geringen Divergenz teilweise<br />

bis zu 30km bei Beobachtung mit opt. Instrumenten)<br />

- Verwenden von Laserschutzfiltern <strong>und</strong> -brillen.<br />

3.2 Hochfrequenz- (HF) Strahlung<br />

Begriffe HF-Fel<strong>der</strong>, hochfrequenten elektromagnetische Fel<strong>der</strong> sind nicht eindeutig definiert.<br />

Hier: HF-Fel<strong>der</strong>: elektromagnetische Strahlung im Frequenzbereich von 30kHz - 300GHz<br />

Weitere Begriffsbestimmungen:<br />

Maximal zulässige<br />

Bestrahlung (MZB)<br />

<strong>des</strong><br />

A<br />

1050 - 1400 nm<br />

1000 nm<br />

900 nm<br />

800 nm<br />

400 - 700 nm<br />

Mikrowellen: - EHF "Extremely High Frequency" 30 GHz - 300 GHz<br />

- SHF "Super High Frequency" 3 GHz - 30 GHz<br />

- UHF "Ultra High Frequency" 300 MHz - 3 GHz<br />

80


Prof.Dr.K.-H.Folkerts Dosimetrie <strong>und</strong> Strahlenschutz<br />

sowie: - VHF "Very High Frequency" 30 MHz - 300MHz<br />

- HF " High Frequency" 3 MHz - 30 MHz<br />

- MF "Medium Frequency" 300 kHz - 3 MHz<br />

- LF "Low Frequency" 30 kHz - 300 kHz<br />

Physikalische Größen mit denen HF-Fel<strong>der</strong> charakterisiert werden:<br />

- elektrische Feldstärke E( r,<br />

t)<br />

r r<br />

in V/m<br />

- magnetische Feldstärke H ( r,<br />

t)<br />

r r<br />

in A/m<br />

- magnetische Flußdichte B r in T<br />

- Feldwellenwi<strong>der</strong>st<strong>an</strong>d Z0 (Z0=377 Ω)<br />

- Leistungsflußdichte S in W/m 2 S = E⋅H = Z0⋅H 2 = E 2 /Z0<br />

- Wellenlänge λ in m<br />

- Frequenz f in Hz<br />

- Stromdichte j in A/m 2<br />

Anwendungen <strong>und</strong> Quellen von HF-Strahlung.<br />

doskap3<br />

- Fester Funkdienst (Richtfunk, R<strong>und</strong>funk, Fernsehen)<br />

- Mobilfunk<br />

- Flug-, See- <strong>und</strong> L<strong>an</strong>dfunkdienst,<br />

- Funkdienste über Satelliten<br />

- Schweißen u. Schmelzen in <strong>der</strong> Metallurgie,<br />

- Aufwärmung, Trocknen, Polymerisation in <strong>der</strong> Kunststoffverarbeitung<br />

- Diathermie <strong>und</strong> Mikrowellenbestrahlung in <strong>der</strong> Medizin<br />

- Kernspinreson<strong>an</strong>z<br />

- Mikrowellenöfen<br />

- Radioastronomie<br />

- Etc.<br />

Wechselwirkung von HF-Strahlen mit biologischen Gewebe<br />

Biologische Materie ist nicht magnetisch (µr ≅ 1) → Für Wechselwirkung ist im wesentlichen<br />

die elektrische Feldstärke maßgebend. Die wichtigsten Wechselwirkungsprozesse von HF-<br />

Strahlen mit biologischer Materie sind:<br />

- Induzierung elektrischer Dipole<br />

- Ausrichtung von vorh<strong>an</strong>denen perm<strong>an</strong>enten sowie induzierter Dipole<br />

- Erzeugung von Raumladung<br />

- Polarisation von Grenzflächen<br />

- Ausüben von Kräften auf vorh<strong>an</strong>den freie Ladungsträger.<br />

→ Durch Reibungsverluste bei diesen Polaristionsän<strong>der</strong>ungen <strong>und</strong> Ladungsbewegungen<br />

entsteht Wärme.<br />

→ Die Ladungsverschiebungen in den Zellen bzw. in <strong>der</strong>en Umgebung k<strong>an</strong>n zu Membr<strong>an</strong>sp<strong>an</strong>nungen<br />

führen. Reizwirkungen auf Nerven- <strong>und</strong> Muskelzellen sind auf Frequenzen unterhalb<br />

100 kHz beschränkt.<br />

→ Für Frequenzen > 100 kHz überwiegt jedoch die Wärmewirkung.<br />

"Dosimetrische" Größen bei <strong>der</strong> Exposition gegen HF-Strahlung<br />

Energie <strong>der</strong> HF-Strahlung wird auf biologisches Gewebe übertragen. → Dosimetrische Größe<br />

<strong>für</strong> HF-Strahlung über 100 kHz. "Spezifische Absorptionsrate SAR in W/kg"<br />

81


Prof.Dr.K.-H.Folkerts Dosimetrie <strong>und</strong> Strahlenschutz<br />

doskap3<br />

Energieübertrag<br />

J<br />

SAR =<br />

=<br />

Zeiteinheit<br />

⋅ Masseneinheit<br />

s ⋅ kg<br />

Die SAR beschreibt die im Gewebe durch die Wechselwirkung mit HF-Strahlung freigesetzte<br />

"thermische" Energie. Dies ist nicht zu verwechseln mit <strong>der</strong> durch ionisierende Strahlung<br />

übertragenen Energie, die zunächst in Form von Ionisationsereignissen übertragen wird.<br />

Biologische Effekte ähneln denen, die durch <strong>an</strong><strong>der</strong>e Wärmequellen verursacht werden können.<br />

→ Verbrennungen, Überlastung <strong>der</strong> Thermoregulation, Katarakte bis zu letalen Wirkungen.<br />

Problem: Wärmeübertrag erfolgt über Umgehung <strong>der</strong> Thermorezeptoren in <strong>der</strong> Haut. Strahlung<br />

wird erst in tieferen, hinter den Thermorezeptoren gelegenen Gewebeschichten absorbiert.<br />

Ges<strong>und</strong>heitliche Beurteilung von SAR-Werten orientiert sich am Gr<strong>und</strong>umsatz <strong>des</strong> Menschen.<br />

Gr<strong>und</strong>umsatz SMR (Spezifische Metabolismus Rate) Die SMR beträgt beim Menschen<br />

in Ruhe<br />

SMR = 1.2W/kg<br />

Leichte Tätigkeiten erhöhen den Gr<strong>und</strong>umsatz bereits auf 5 W/kg. Unter günstigsten Umständen<br />

k<strong>an</strong>n das Thermoregulationssystem Leistungen bis zu 2KW abführen.<br />

Basisgrenzwerte:<br />

Gr<strong>und</strong>regel: Die SAR sollte nicht größer als <strong>der</strong> Gr<strong>und</strong>umsatz von 1.2W/kg sein. Expositionen<br />

von 1 - 4W/kg können schon nach 1/2-stündiger Einwirkzeit Temperaturän<strong>der</strong>ungen von<br />

1 0 C hervorrufen. Länger <strong>an</strong>haltende Expositionen in diesem Bereich können d<strong>an</strong>n ges<strong>und</strong>heitliche<br />

Effekte wie Überlastung <strong>der</strong> Thermoregulation, Verhaltensän<strong>der</strong>ungen etc. hervorrufen.<br />

Unterscheidung zwischen beruflicher Exposition <strong>und</strong> <strong>der</strong> Bevölkerung durch Einführung<br />

zweier Expositionsbereiche.<br />

Expositionsbereich 1:<br />

Ein <strong>der</strong> Kontrolle <strong>des</strong> Betreibers einer Sende<strong>an</strong>lage unterliegen<strong>der</strong> Bereich o<strong>der</strong> ein Bereich<br />

in dem nur Kurzzeitexpositionen (Expositionszeit kleiner 6h pro Tag) vorkommen.<br />

Expositionsbereich 2:<br />

Ein nicht <strong>der</strong> Kontrolle <strong>des</strong> Betreibers unterliegen<strong>der</strong> Bereich, in dem nicht nur Kurzzeitexpositionen<br />

vorkommen.<br />

Beispiele <strong>für</strong> Expositionsbereich 2:<br />

- Gebiete mit Wohn- <strong>und</strong> Gesellschaftsbauten<br />

- Einzelne Wohngr<strong>und</strong>stücke<br />

- Anlagen <strong>und</strong> Einrichtungen <strong>für</strong> Sport, Freizeit <strong>und</strong> Erholung<br />

- Arbeitsstätten, in denen die Erzeugung von HF-Strahlen nicht bestimmungsgemäß<br />

erwartet wird.<br />

-<br />

Grenzwerte <strong>für</strong> Expositionsbereich 2: (BImSchV)<br />

Basisgrenzwert <strong>der</strong> SAR <strong>für</strong> die Bevölkerung in <strong>der</strong> BRD:<br />

W<br />

kg<br />

0.08 W/kg gemittelt über den g<strong>an</strong>zen Körper.<br />

82


Prof.Dr.K.-H.Folkerts Dosimetrie <strong>und</strong> Strahlenschutz<br />

Für Teilkörperbereiche (z.Bsp. Kopf):<br />

doskap3<br />

2 W/kg gemittelt über 10g Körpergewebe.<br />

Für beruflich exponiertes Personal gilt ein Grenzwert von 0.4 W/kg, gemittelt über den gesamten<br />

Körper.<br />

Abgeleitete Grenzwerte <strong>für</strong> Feldstärken <strong>und</strong> Leistungsdichte.<br />

SAR-Werte sind praktisch nicht meßbar. → Begrenzung von Größen die <strong>der</strong> Messung beser<br />

zugänglich sind. → Rückschluß auf SAR.<br />

Die folgende Abbildung zeigt den Zusammenh<strong>an</strong>g zwischen Leistungsflußdichte S <strong>und</strong> <strong>der</strong><br />

resultierenden SAR beim Menschen in Abhängigkeit von <strong>der</strong> Körpergröße.<br />

Die nächste Abbildung zeigt die Leistungsflußdichten, die die mittlere, körperinnere SAR gerade<br />

auf 0.4 W/kg begrenzen. (Grenzwert <strong>für</strong> berufliche Exposition)<br />

Die 26.BImSchV vom 16.12.96 (§2) schreibt <strong>für</strong> den Betrieb von Hochfrequenz<strong>an</strong>lagen (10<br />

MHz - 300.000 MHZ folgende sek<strong>und</strong>äre Grenzwerte <strong>der</strong> elektrischen <strong>und</strong> magnetischen<br />

Feldstärke <strong>für</strong> den Schutz <strong>der</strong> Allgemeinheit vor.<br />

83


Prof.Dr.K.-H.Folkerts Dosimetrie <strong>und</strong> Strahlenschutz<br />

Effektivwerte <strong>der</strong> Feldstärke, quadratisch gemittelt<br />

über 6-Minuten Intervalle<br />

Frequenz f in MHz Elektr. Feldstärke in V/m Magnet. Feldstärke in A/m<br />

10 - 400 27.5 0.073<br />

400 - 2000 1. 375⋅<br />

f<br />

0. 0037 ⋅ f<br />

2000 - 300000 61 0.16<br />

Zahlen gelten <strong>für</strong> das Fernfeld <strong>der</strong> Antennen.<br />

Berechnungsbeispiele <strong>für</strong> Sicherheitsabstände bei R<strong>und</strong>funksende<strong>an</strong>lagen.<br />

Für die Leistungsflußdichte einer Sende<strong>an</strong>tenne <strong>der</strong> Leistung P im Abst<strong>an</strong>d r gilt im Fernfeld<br />

bei isotroper Abstrahlung das quadratische Abst<strong>an</strong>dsgesetz. Es gilt:<br />

doskap3<br />

S =<br />

P<br />

W<br />

2 2<br />

4⋅π ⋅r<br />

m<br />

R<strong>und</strong>funk<strong>an</strong>tennen strahlen im allgemeinen nicht isotrop ab. Die Leistung wird in bestimmten<br />

Richtungen verstärkt abgestrahlt. Dies wird durch einen <strong>für</strong> diese Richtung geltenden Antennengewinnfaktor<br />

G berücksichtigt. Diese Antennengewinnfaktoren werden auf die Abstrahlcharakteristik<br />

von "Halbwelldipolen" (Fernsehen, Ultrakurzwellen) o<strong>der</strong> auf den "Kurzen Monopol"<br />

(L<strong>an</strong>g- Mittel <strong>und</strong> Kurzwellenr<strong>und</strong>funk) bezogen. Die Antennengewinne <strong>des</strong> Halbwelldipols<br />

bzw. Kurzen Monopols relativ zum isotropen Strahler betragen:<br />

- Halbwelldipol 1.64<br />

- Kurzer Monopol 3.00<br />

Für die Leistungsflußdichte einer R<strong>und</strong>funk<strong>an</strong>tenne in Richtung maximaler Abstrahlung gilt<br />

daher:<br />

S<br />

S<br />

D<br />

M<br />

P ⋅GD<br />

⋅1.<br />

64<br />

=<br />

2<br />

4⋅π<br />

⋅r<br />

P ⋅GM<br />

⋅3.<br />

00<br />

=<br />

2<br />

4⋅π<br />

⋅r<br />

Für die elektrische Feldstärke gilt daher mit:<br />

Halbwelldipol<br />

Kurzer Monopol<br />

E<br />

S =<br />

Z<br />

Z0<br />

⋅ P ⋅GD<br />

⋅1.<br />

64<br />

E =<br />

Für den Halbwelldipol. Für den Kurzen Monopol gilt entsprechen<strong>des</strong>.<br />

4π<br />

⋅r<br />

Der Sicherheitsabst<strong>an</strong>d rmin ergibt sich bei Vorliegen eines Grenzwertes <strong>der</strong> maximalen elektrischen<br />

Feldstärke gemäß:<br />

r<br />

min<br />

=<br />

Z<br />

0<br />

⋅ P ⋅G<br />

D ⋅1.<br />

64<br />

4π<br />

⋅ E<br />

max<br />

Berechnungsbeispiel: Gegeben sei eine Sendeleistung von P = 1000W, ein Antennengewinnfaktor<br />

von GD = 6 <strong>und</strong> einen <strong>für</strong> den Expositionsbereich 2 (Bevölkerung) bei f = 100<br />

MHz geltenden Grenzwert <strong>für</strong> die elektrische Feldstärke von 27.5 V/m. Für den Sicherheitsabst<strong>an</strong>d<br />

gilt d<strong>an</strong>n:<br />

2<br />

0<br />

84


Prof.Dr.K.-H.Folkerts Dosimetrie <strong>und</strong> Strahlenschutz<br />

r<br />

min<br />

=<br />

doskap3<br />

Z<br />

0<br />

⋅ P ⋅G<br />

D ⋅1.<br />

64<br />

= r<br />

4π<br />

⋅ E<br />

max<br />

min<br />

Warnschild elektromagnet. Feld<br />

=<br />

377V<br />

/ m⋅1000W<br />

⋅6<br />

⋅1.<br />

64<br />

= 27m<br />

4π<br />

⋅27.<br />

5V<br />

/ m<br />

Schutzmaßnahmen.<br />

Org<strong>an</strong>isatorisch<br />

- Kennzeichnung räumlicher Bereiche sowie<br />

Unterweisung <strong>des</strong> Personals<br />

- Absperrung <strong>der</strong> räumlichen Bereiche erhöhter<br />

Leistungsflußdichten<br />

- Ausrüstung mit Indikatoren <strong>und</strong> Meßgeräten.<br />

Technische Schutzmaßnahmen<br />

- Leistungsreduzierung <strong>der</strong> Quellen<br />

- Reduzierung <strong>der</strong> Einwirkzeit <strong>des</strong> elektromagnetischen<br />

Fel<strong>des</strong><br />

- Abschirmung <strong>der</strong> Strahlenquelle (Metallfolien,<br />

Bleche, Maschengitter)<br />

- Automatisch wirkende Sicherheitseinrichtungen.<br />

(Abschalten bzw. Leistungsreduzierung<br />

beim Betreten eines kritischen Bereiches)<br />

Die folgende Tabelle auf <strong>der</strong> nächsten Seite gibt einen Überblick über HF-Expositionen im<br />

Alltag.<br />

85


Prof.Dr.K.-H.Folkerts Dosimetrie <strong>und</strong> Strahlenschutz<br />

Mobilfunk:<br />

Gr<strong>und</strong>sätzlich: Sendeleistungen, Aufbau <strong>und</strong> Abstrahlcharakteristiken <strong>der</strong> Feststationen<br />

schließen aus, daß die Grenzwerte nach BimSchV überschritten werden.<br />

Schwieriger ist die HF-Exposition <strong>der</strong> Nutzer <strong>der</strong> Mobilfunkstationen (Endgeräte ) zu ermitteln.<br />

Strahlenschutzkommission empfiehlt folgende Min<strong>des</strong>tabstände von Mobilfunkgeräten<br />

vom Körper <strong>für</strong> die Bevölkerung.<br />

doskap3<br />

86


Prof.Dr.K.-H.Folkerts Dosimetrie <strong>und</strong> Strahlenschutz<br />

Min<strong>des</strong>tabstände <strong>der</strong> Antenne von Mobilfunkgeräten zum Körper <strong>für</strong> die Bevölkerung,<br />

die eine Einhaltung <strong>des</strong> Teilkörper-SAR-Wertes von 2W/kg (gemittelt über 10g Gewebe<br />

in 6-Minutenintervallen) gewährleisten sollen. (Pulsförmige Abstrahlung, Puls/Pause<br />

=1/8, ist berücksichtigt.)<br />

Frequenz Spitzenleistung Min<strong>des</strong>tabst<strong>an</strong>d<br />

900 MHz (D!/D2) digital Bis 0.5W Kein Min<strong>des</strong>tabst<strong>an</strong>d<br />

Bis 4W Ca. 3 cm<br />

Bis 8 W Ca. 5 cm<br />

Bis 20 W Ca. 8 cm<br />

1800 MHz (E-Netz) Bis 1 W Kein Min<strong>des</strong>tabst<strong>an</strong>d<br />

Bis 2 W Ca. 3 cm<br />

Bis 8 W Ca. 7 cm<br />

Bis 20 W Ca. 12 cm.<br />

DECT (Digitales System <strong>für</strong> schnurlose Telefone) 1800 - 1900 MHz ; geringe Sendeleistung<br />

max. 0.25 W; mittlere Sendeleistung. 0.01W<br />

Bluetooth: (Funkdatenübertragung bis zu etwa 100m <strong>für</strong> drahtlose Verbindung von Drucker<br />

Tastatur etc.zum PC) : 2.4 GHz; Sendeleistung 0.001 bis 0.1W.<br />

3.3 Nie<strong>der</strong>frequente <strong>und</strong> statische Fel<strong>der</strong>.<br />

Unter nie<strong>der</strong>frequenten elektromagnetischen Strahlen versteht m<strong>an</strong> elektromagnet. Strahlen<br />

mit Frequenzen unterhalb 30 kHz bis 30 Hz.<br />

doskap3<br />

Biologische Wirkungen:<br />

Im Frequenzbereich unter 100 kHz → Nichtthermische<br />

Wirkungen<br />

Wesentlicher Effekt: Influenzwirkung führt zur<br />

Umverteilung von Ladungen <strong>an</strong> <strong>der</strong> Objektoberfläche<br />

→ Entstehung von Körperströmen<br />

im Innern <strong>des</strong> Objektes.<br />

Durch die Leitfähigkeit von biologischem Gewebe<br />

kommt es zu Feldverzerrungen . → Erhöhung<br />

<strong>der</strong> Feldstärke am Objekt<br />

Bei Feldstärken von etwa 20 kV/m (50 Hz) →<br />

resultieren Stromdichten von etwa j =<br />

300nA/cm 2 (=3mA/m 2 ) im Kopf- <strong>und</strong> Thoraxbereich.<br />

Größenordnung <strong>der</strong> Stromdichten durch<br />

elektrische Körperaktivitäten ~ 300nA/cm 2 .<br />

Die induzierten Stromdichten im Kopf- <strong>und</strong> Körperbereich lassen sich in Abhängigkeit <strong>der</strong><br />

Frequenz berechnen gemäß:<br />

−9<br />

j = 3 ⋅10<br />

⋅ f ⋅ E<br />

E: elektrische Feldstärke in V/m; f: Frequenz in Hz.; j: Stromdichte in A/m 2 .<br />

87


Prof.Dr.K.-H.Folkerts Dosimetrie <strong>und</strong> Strahlenschutz<br />

Die folgende Abbildung gibt einen Überblick über die möglichen Schäden durch induzierte<br />

Ströme in Abhängigkeit von <strong>der</strong> Frequenz.<br />

doskap3<br />

Kurve D: Oberhalb D werden schädigende<br />

Erregungen von Sinnesrezeptoren<br />

sowie Herzkammerflimmern<br />

beobachtet.<br />

Kurve C: In diesem Bereich werden<br />

Nervenzellen erregt <strong>und</strong> neuronale<br />

Reiz<strong>an</strong>tworten verän<strong>der</strong>t. (Erregung<br />

von Nerven-Muskel-Systemen)<br />

Kurve B: Bereich möglicher, subtiler<br />

nicht gesicherter Effekte. Effekte<br />

sind, wenn überhaupt vorh<strong>an</strong>den,<br />

nicht ges<strong>und</strong>heitsschädlich<br />

Kurve C: Bereich in dem keine biologischen<br />

Effekte auftreten. Die induzierten Stromdichten sind kleiner als die Ruhestromdichte<br />

im Gehirn (1mA/m 2 )<br />

Nach 26. BImSchV (§3) gelten <strong>für</strong> die Bevölkerung <strong>für</strong> den Betrieb nie<strong>der</strong>frequenter Anlagen<br />

folgende Grenzwerte.<br />

Effektivwert <strong>der</strong> elektr. Feldstärke bzw.magnet. Flußdichte<br />

Frequenz in Hz Elektr. Feldstärke in kV/m Magnet. Flußdichte in µT<br />

50 Hz-Fel<strong>der</strong> 5 100<br />

16 2 /3-Hz-Fel<strong>der</strong> 10 300<br />

Die Grenzwerte sind so festgelegt, daß bei Dauerexposition keine Ströme induziert werden<br />

die größer sind als die nach Kurve B.<br />

Exposition durch Hochsp<strong>an</strong>nungsfreileitungen.<br />

Hochsp<strong>an</strong>nungsfreileitungen leiten Wechselströme mit einer Frequenz von 50 Hz <strong>und</strong> bei<br />

elektrischen Sp<strong>an</strong>nungen von 110 bis 380 kV weiter. Dabei treten in Erdnähe elektrische<br />

Feldstärken zwischen 1 - 10 kV/m auf sowie magnet. Feldstärken bis zu 25 A/m<br />

In einigen zehn Metern von den Freileitungen betragen die Feldstärken nur noch Bruchteile<br />

<strong>der</strong> Feldstärken unter den Leitungen. → Es sind daher keine ges<strong>und</strong>heitlichen Effekte zu<br />

erwarten. Epidemiologische Untersuchungen zum Krebs- <strong>und</strong> Leukämie-Risiko <strong>für</strong> Personen,<br />

die in <strong>der</strong> Nähe solcher Freileitungen leben sind bisl<strong>an</strong>g ohne signifik<strong>an</strong>te Ergebnisse geblieben.<br />

Magnetische Fel<strong>der</strong><br />

Wichtigste Wirkungsmech<strong>an</strong>ismen → Magnetische Induktion.<br />

- Kraftwirkung <strong>des</strong> Magnetfel<strong>des</strong> auf bewegte Ladungsträger → Induzierung<br />

von elektrischen Fel<strong>der</strong>n <strong>und</strong> Strömen im Körperinnern<br />

- Magnet. Wechselfel<strong>der</strong>: → Induzierung von Wirbelströmen (Erregung von<br />

Nerven- <strong>und</strong> Muskelzellen.)<br />

88


Prof.Dr.K.-H.Folkerts Dosimetrie <strong>und</strong> Strahlenschutz<br />

Physikal. Basisgrößen die mit dem Auftreten biologischer Effekte auf zellulärer Ebene verknüpft<br />

sind:<br />

doskap3<br />

- induzierte elektr. Feldstärke<br />

- Stromdichte.<br />

Abschätzung <strong>der</strong> im biologischen Objekt induzierten Stromdichte.<br />

Gehirn: R ⋅σ = 0. 075m<br />

⋅0.<br />

2S<br />

/ m<br />

Herz: R ⋅σ = 0. 06m<br />

⋅0.<br />

25S<br />

/ m<br />

1<br />

j = ⋅ R ⋅σ<br />

⋅ B&<br />

2<br />

bei sinusförmigen Fel<strong>der</strong>n gilt d<strong>an</strong>n:<br />

j = π ⋅ R ⋅σ<br />

⋅ f ⋅ B<br />

0<br />

89<br />

j: induzierte Stromdichte in A/m 2<br />

σ: Leitffähigkeit in S/m<br />

R: Radius <strong>der</strong> induzierten Stromschleife<br />

in m<br />

F: Frequenz in Hz.<br />

B0: Magnet. Flußdichte in Tesla.<br />

Für den Menschen gilt: (worst case)<br />

Biologische Wirkungen:<br />

Bei den magnet. Wechselfel<strong>der</strong>n ergeben sich die biologischen Wirkungen aus den induzierten<br />

Strömen. (vgl. Wirkung elektr. Fel<strong>der</strong>)<br />

B < 0.5 mT bei 50 Hz → j < 1mA/m 2 → keine signifik<strong>an</strong>ten biolog. Wirkungen<br />

5 mT < B < 50 mT bei 50 Hz → 10 < j < 100 mA/m 2 → biolog. Wirkungen gut dokumentiert<br />

B > 50 mT bei 50 Hz → j > 100 mA/m 2 → Überschreiten <strong>der</strong> Stimulationsschwellen <strong>für</strong> Nerven-<br />

<strong>und</strong> Muskelzellen. Akute Ges<strong>und</strong>heitsgefahren. Kammerflimmern <strong>und</strong> Extrasystolen bei<br />

j > 1 - 10A/m 2 .<br />

Statische Magnetfel<strong>der</strong>: Bisher keine gesicherten Hinweise auf eine ges<strong>und</strong>heitsschädliche<br />

Wirkung bei kurzer Exposition (St<strong>und</strong>en) in Magnetfel<strong>der</strong>n B < 2T. (Gr<strong>und</strong>feld im Kernspintomograf<br />

liegt bei etwa 2 T)<br />

Für B > 5T können signifik<strong>an</strong>te Schäden auftreten.


Prof.Dr.K.-H.Folkerts Dosimetrie <strong>und</strong> Strahlenschutz<br />

Folgende Tabellen geben einen Überblick über Expositionen mit nie<strong>der</strong>frequenten Fel<strong>der</strong>n.<br />

Weitere Beispiele: Magnetische Flußdichte von Haushaltsgeräten in unterschiedlichen Ab<br />

ständen (BfS, 2000)<br />

doskap3<br />

90


Prof.Dr.K.-H.Folkerts Dosimetrie <strong>und</strong> Strahlenschutz<br />

Magnet. Flußdichte in µT gemessen im Abst<strong>an</strong>d von<br />

Gerät 3 cm 30 cm 1 m<br />

Haarfön 6 - 2000 0.01 - 7 0.01 - 0.3<br />

Trockenrasierer 15 - 1500 0.08 - 9 0.01 - 0.3<br />

Bohrmaschine 400 - 800 2 - 3.5 0.08 - 0.2<br />

Staubsauger 200 - 800 2 - 20 0.13 - 2<br />

Mikrowellengerät 73 - 200 4 - 8 0.25 - 0.6<br />

Farbmonitor 5.6 - 10 0.45 - 1.0 < 0.01 - 0.03<br />

Computer 0.5 - 3.0 < 0.01<br />

Kühlschr<strong>an</strong>k 0.5 - 1.7 0.01 - 0.25 < 0.01<br />

Uhr (Netzbetrieb) 300 2.25

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