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deutsch - Schweizerisches Rotes Kreuz

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Impressum<br />

Humanité Ausgabe 3/2011<br />

August 2011<br />

ISSN 1664-1159<br />

Titelbild und Rückseite: Caspar Martig<br />

Herausgeber: <strong>Schweizerisches</strong> <strong>Rotes</strong> <strong>Kreuz</strong>,<br />

Rainmattstrasse 10, Postfach, 3001 Bern<br />

Telefon 031 387 71 11, info@redcross.ch,<br />

www.redcross.ch<br />

Spenden: Postkonto 30-9700-0<br />

Adressänderungen: E-Mail an<br />

aboservice@redcross.ch oder<br />

Telefon 031 387 71 11<br />

Redaktionsadresse: <strong>Schweizerisches</strong><br />

<strong>Rotes</strong> <strong>Kreuz</strong>, Redaktion Humanité,<br />

Postfach, 3001 Bern,<br />

humanite@redcross.ch,<br />

www.magazin-humanite.ch<br />

Redaktion: Tanja Pauli (Redaktionsleitung),<br />

Urs Höltschi (Public Fundraising), Hana Kubecek<br />

(Gesundheit und Integration), Isabelle Roos<br />

(Corporate Partnerships), Christine Rüfenacht<br />

(Sekretariat der Kantonalverbände), Isabel<br />

Rutschmann (Kommunikation), Karl Schuler<br />

(Internationale Zusammenarbeit)<br />

Mitarbeitende dieser Ausgabe: Wanda Arnet,<br />

Philippe Bender, Mario Böhler, Urs Frieden,<br />

Martin Grossenbacher, Hildegard Hungerbühler,<br />

Heinz Jehle, Markus Mader, Marco Ratschiller,<br />

Katharina Schindler, Mario Wüthrich, Julia Zurfluh<br />

Abo-Kosten: Das Abonnement kostet CHF 6.–<br />

pro Jahr und ist für SRK-Gönnerinnen und<br />

SRK-Gönner im Beitrag enthalten.<br />

Erscheinungsweise: vier Mal jährlich<br />

Sprachen: <strong>deutsch</strong> und französisch<br />

Gesamtauflage: 116 300<br />

Bildrechte aller Fotos ohne Hinweis:<br />

<strong>Schweizerisches</strong> <strong>Rotes</strong> <strong>Kreuz</strong><br />

Übersetzungen: Übersetzungsdienst SRK<br />

Gestaltungskonzept: Effact AG, Zürich<br />

Layout, Lektorat und Druck: Vogt-Schild Druck AG,<br />

Derendingen<br />

Nächste Ausgabe: Dezember 2011<br />

2 Humanité 3/2011<br />

neutral<br />

Drucksache<br />

No. 01-11-421718 – www.myclimate.org<br />

© myclimate – The Climate Protection Partnership<br />

4<br />

12<br />

14<br />

16<br />

RepoRt – Diskussion<br />

4 Das Älterwerden positiv gestalten<br />

8 Alt sein – Würde oder Bürde?<br />

12 KoNKRet – Bosnien und Herzegowina<br />

Das schwere erbe der Nachkriegskinder<br />

14 KoNKRet – Patenschaft für Wasser<br />

«es ist wie ein neues Leben»<br />

16 ÜBeRZeUGt – Das Rote <strong>Kreuz</strong> und die Frauen<br />

Die Heldentat von odette Micheli<br />

18 KoNKRet – Haiti<br />

«Im neuen Zuhause fühle ich mich sicher»<br />

22 eRLeBt – Annemarie Huber-Hotz<br />

Smarte, organisierte Strategin<br />

25 eNGAGIeRt – Freiwillige des Besuchs- und<br />

Begleitdienstes SRK<br />

Menschlichkeit kommt nie aus der Mode<br />

29 KReUZ & QUeR<br />

Heisshunger auf Neues<br />

Rätsel/Cartoon<br />

18<br />

22<br />

25


© SRK, Caspar Martig<br />

Die Freiheit, Hilfe anzunehmen<br />

Liebe Leserin, lieber Leser<br />

Was wir als «alt» bezeichnen, ist Ansichtssache. Ich erinnere mich, dass meine<br />

Mutter mich in der 4. Klasse nach dem Alter der neuen Lehrerin fragte. «Ich weiss es<br />

nicht, aber sie ist schon älter», antwortete ich. Meine Mutter musste am Elternabend<br />

feststellen, dass ich damit eine 34-Jährige meinte.<br />

Die kleine Geschichte zeigt: «Man ist so alt, wie man sich fühlt». Dieses oft zitierte<br />

Bonmot ging mir durch den Kopf, als ich den Report auf Seite 4 dieser Ausgabe<br />

las. Die Einstellung der acht Mitglieder vom Club 66+ gefällt mir. Ich hoffe, dass ich<br />

dereinst auch einen aktiven Ruhestand erleben darf und mich mein Umfeld als meist<br />

gutgelaunten Senior wahrnehmen wird. Und ich werde den Fahrdienst und den<br />

Notruf des SRK nutzen, wenn es nötig sein sollte. Ohne falschen Stolz, weil ich<br />

weiss, dass diese Dienstleistungen mir Unabhängigkeit ermöglichen.<br />

Hilfe anzunehmen heisst nicht, sich hilflos zu fühlen oder gar egoistisch zu handeln.<br />

Im Gegenteil, in der Regel ist es ein freier, selbstbestimmter Entscheid und zudem<br />

rücksichtsvoll, wenn dadurch Familienangehörige entlastet werden. In dieser Hinsicht<br />

nehme ich mir die körperlich behinderte Sandra Hadorn als Vorbild, die uns<br />

auf Seite 25 erzählt, warum sie den Begleitdienst des SRK nutzt.<br />

Herzliche Grüsse<br />

Markus Mader<br />

Direktor des Schweizerischen Roten <strong>Kreuz</strong>es<br />

editorial<br />

Humanité 3/2011 3


Fritz Boss (73) und<br />

seine Lebenspartnerin<br />

Lisa Fankhauser (67),<br />

Hugo Pfeuti (69), Astrid<br />

Notz (70), Doris Hauri<br />

(66), Jakob Notz (70)<br />

und Marc Dinichert (68) –<br />

nicht auf dem Bild ist<br />

Martin Freitag (67)<br />

Humanité 3/2011 5


eport<br />

Astrid und Jakob Notz sind den Enkelkindern nahe, geografisch und emotional<br />

Sie gehören der «Generation Gold»<br />

an, sind «best Ager» und «Silver Surfer».<br />

Sie sind vital, stecken voller Lebensfreude<br />

und zählen sich noch überhaupt<br />

nicht zum alten Eisen: Die Rede ist von<br />

acht Mitgliedern des Clubs 66+ aus Lyss,<br />

die sich bereit erklärt haben, die überarbeitete<br />

Broschüre «Das Älterwerden gestalten»<br />

zu studieren. In einer moderierten<br />

Diskussionsrunde sagten sie uns ihre<br />

Meinung. Sowohl zum Ratgeber als auch<br />

zum Thema Älterwerden im Allgemeinen.<br />

«Je älter man wird, desto wichtiger ist<br />

es, ein gutes Netz an Freunden und Bekannten<br />

zu pflegen, denn dieser Kreis<br />

wird mit den Jahren immer kleiner», sagt<br />

Clubmitglied Doris Hauri. Mit der Idee,<br />

regelmässig gemeinsam etwas zu unternehmen,<br />

wurde der Club 66+ gegründet.<br />

Der Name gibt zugleich einen Hinweis<br />

auf die Aufnahmebedingung: Der Verein<br />

ist offen für alle Ortsansässigen ab dem<br />

66. Lebensjahr. Man kann mit auf Gruppenführungen,<br />

die alleine gar nicht möglich<br />

wären oder macht einen Ausflug, den<br />

6 Humanité 3/2011<br />

Die Hündin bringt Leben in den Alltag von Doris Hauri<br />

man ohne Gruppendynamik vielleicht auf<br />

ewig hinausschieben würde. «Im Club 66+<br />

trifft man Gleichgesinnte, mit denen man<br />

über Alltagsfreuden und -sorgen reden<br />

kann. Das tut gut», sagt Fritz Boss. Und<br />

man vertiefe bisher nur flüchtige Bekanntschaften,<br />

sodass der Bekanntenkreis stets<br />

grösser werde, fügt Astrid Notz an.<br />

Unruhige Ruheständler<br />

«Uns wäre es aber auch ohne das Club-Programm<br />

nie langweilig. Unsere Agenda ist<br />

immer randvoll», sagt Lisa Fankhauser und<br />

ihr Lebenspartner nickt bestätigend. Ausnahmslos<br />

alle anderen Teilnehmenden der<br />

«Unsere Agenda ist immer<br />

randvoll.»<br />

Diskussionsrunde stimmen dieser Aussage<br />

ebenfalls zu. Das Klischee, Pensionierte hätten<br />

mehr Stress als Berufstätige, scheint sich<br />

zu bestätigen. «Das Problem ist, dass ich<br />

seit meiner Pensionierung oft auch unüberlegt<br />

zusage, wenn mich jemand für eine Ak-<br />

Fritz Boss entdeckt die Schönheit der Schweiz gerne zu Fuss<br />

Marc Dinichert sieht die Natur als Hobbyfotograf mit anderen Augen<br />

tivität anfragt. So nach dem Motto, dass ich<br />

ja jetzt für alles Zeit habe», erklärt Marc Dinichert.<br />

Eine gewisse Tagesstruktur sei nach<br />

wie vor ein wichtiges Element im Alltag, sind<br />

sich die Senioren einig: «Man braucht Fixpunkte.<br />

Sonst besteht die Gefahr, dass man<br />

Sachen auf unbestimmte Zeit hinausschiebt<br />

oder ganz versanden lässt.» Zwischendurch<br />

sei es aber auch sehr angenehm, einfach<br />

einmal überhaupt nichts loszuhaben und die<br />

eigenen Hobbys zu pflegen, wie zum Beispiel<br />

ausgedehnte Spaziergänge mit dem<br />

Hund, ergänzt Doris Hauri.<br />

ein Nachschlagewerk<br />

Aber wie wird ein Ratgeber aufgenommen<br />

von der Zielgruppe, die sich offensichtlich<br />

selber zu helfen weiss? «Das Älterwerden<br />

gestalten» entstand in Kooperation von<br />

ProSenectute und dem Schweizerischen<br />

Roten <strong>Kreuz</strong> (SRK) und wurde soeben in<br />

einer überarbeiteten Version neu vom Careum<br />

Verlag veröffentlicht. Das Urteil ist<br />

nicht repräsentativ für eine ganze Generation,<br />

steht aber sicher stellvertretend für


Mit Tennis spielen hält sich Hugo Pfeuti fit<br />

Lisa Fankhauser bleibt mit dem Velo in Bewegung<br />

viele. Die Broschüre sei inhaltlich professionell<br />

und interessant, findet Martin Freitag.<br />

Aber: «Ich hätte sie bereits viel früher<br />

gebraucht, denn viele Themen wären bei<br />

der Vorbereitung auf die Pensionierung<br />

sehr hilfreich gewesen.» Den Schritt vom<br />

Arbeitsleben in die Rente hätten sie alle<br />

gut gemeistert, sind sich die Anwesenden<br />

einig. «Wir geben uns viel Freiraum,<br />

sprechen Unstimmigkeiten sofort an und<br />

haben beide neben den gemeinsamen<br />

auch eigene Hobbys», schildert beispielsweise<br />

Jakob Notz den Alltag mit seiner<br />

Frau seit seiner Pensionierung.<br />

Der Ratgeber beinhaltet aber auch Ratschläge<br />

für das fortgeschrittene Alter, bis hin zu<br />

den Themen Sterben und Tod. «Ich kann<br />

mir gut vorstellen, dass ich die Broschüre<br />

von Zeit zu Zeit als Nachschlagewerk<br />

brauchen werde, wenn irgend ein Problem<br />

auftaucht», sagt Marc Dinichert. Alle finden<br />

es sehr hilfreich, dass im Anhang wichtige<br />

Adressen von Organisationen und Diensten<br />

für Fragen im Alter zu finden sind. Obwohl:<br />

«Für mich ist es gefühlsmässig noch<br />

weit weg, dass ich mich an eine dieser<br />

Stellen wenden müsste», sagt Hugo Pfeuti.<br />

Trotzdem könnten sich die Seniorinnen<br />

und Senioren gut vorstellen, später einmal<br />

Dienstleistungen wie den SRK-Notruf, den<br />

Fahrdienst oder den Besuchsdienst in Anspruch<br />

zu nehmen. «Ich bin sehr froh zu wissen,<br />

dass es diese Angebote gibt. Sollte ich<br />

aus irgend einem Grund später einmal nicht<br />

mehr mobil sein, würde ich keinen Moment<br />

zögern, den Fahrdienst zu beanspruchen»,<br />

sagt Astrid Notz. Sie kann sich auch sehr<br />

gut vorstellen, vom Notruf Gebrauch zu machen,<br />

sollte sie je alleinstehend sein.<br />

tipps für das Alter<br />

Doch an Zeiten, in denen es ihnen vielleicht<br />

gesundheitlich nicht mehr so gut gehen wird<br />

wie heute, mag in dieser Gesprächsrunde<br />

noch niemand denken. Im Gegenteil: «Positives<br />

Denken» sei das Rezept, um gut mit<br />

dem Älterwerden zurechtzukommen, findet<br />

Astrid Notz. «Es gibt jeden Tag etwas Schönes,<br />

auch wenn man vom Schicksal ab und<br />

zu ‹eines auf den Deckel› bekommt», sagt<br />

sie. Fritz Boss Tipp, um in Würde älter zu<br />

werden: «Lernen zu akzeptieren, dass nicht<br />

mehr alles gleich und vor allem nicht mehr so<br />

einfach geht wie früher.» Voraussetzung dafür<br />

sei, an sich zu arbeiten und Veränderungen<br />

im guten Sinne anzunehmen, fügt er an.<br />

«Ich lache auch mal über mich<br />

selber. Das hilft oft.»<br />

Doris Hauri sieht in ihrem Hund eine Chance,<br />

um gut mit dem Altern umzugehen:<br />

«Man lernt neue Leute kennen, kommt an<br />

andere Orte und erlebt viel mehr als vorher.»<br />

Ihn würden im Alltag Selbstgespräche<br />

weiterbringen, gibt Marc Dinichert mit<br />

einem Schmunzeln preis. Und: «Ich lache<br />

auch mal über mich selber, das hilft mir oft<br />

weiter. Es bringt ja nichts, sich über Kleinigkeiten<br />

aufzuregen.» Weise Worte von weisen,<br />

aber keineswegs verstaubten Rentnern.<br />

Der Ratgeber kann für CHF 50.–<br />

beim Verlag bestellt werden: telefon<br />

043 222 51 50 oder verlag-careum.ch<br />

✎ Ihre Meinung: Schreiben Sie uns zu<br />

diesem thema per e-Mail an<br />

humanite@redcross.ch oder per post<br />

an die Redaktionsadresse (Seite 2).<br />

kommentar<br />

Hildegard<br />

Hungerbühler<br />

Ethnologin und Gerontologin<br />

im Departement Gesundheit<br />

und Integration des SRK<br />

report<br />

Noch nie ging es bei uns so vielen<br />

Menschen im Alter gut. Materiell abgesichert,<br />

körperlich und geistig fit, lässt<br />

sich das Alter positiv gestalten. Das<br />

trifft zumindest für diejenige Generation<br />

mehrheitlich zu, die nun im dritten Lebensalter<br />

(65–75 Jahre) steht. Die sogenannten<br />

Babyboomer verfügten in ihrem<br />

Leben bereits über mehr Chancen als<br />

noch ihre Eltern. Das wirkt sich jetzt im<br />

Alter positiv aus auf ihr Selbstverständnis.<br />

Immer mehr ältere Menschen sind<br />

nach ihrer Pensionierung aktiv und leisten<br />

mit Freiwilligenarbeit gesellschaftlich<br />

wertvolle Beiträge. Ein Beispiel ist die<br />

Kinderbetreuung, welche Grosseltern<br />

– insbesondere die Grossmütter – leisten.<br />

Sie wird in der Schweiz auf einen<br />

Wert von zwei Milliarden Franken pro<br />

Jahr geschätzt. Freiwilligenarbeit älterer<br />

Menschen erfüllt eine doppelte Funktion:<br />

sie kommt einem wachsenden gesellschaftlichen<br />

Bedürfnis entgegen und unterstützt<br />

die individuelle Sinnfindung älterer<br />

Menschen in ihrer nachberuflichen<br />

Lebensphase. So weit so gut. Es existiert<br />

jedoch noch ein anderer Teil der Altersbevölkerung:<br />

Menschen, die an der Armutsgrenze<br />

oder gar vereinsamt leben,<br />

die von einem harten Arbeitsleben in<br />

ihrer Gesundheit mehrfach geschädigt<br />

und sozial isoliert sind. Diese Gruppe,<br />

welche die Leistungsanforderungen, die<br />

unsere Gesellschaft nun zunehmend<br />

auch an ältere Menschen richtet, nicht<br />

mehr zu erfüllen vermag, gerät im neuen<br />

Diskurs um die «Golden Ager» häufig<br />

in Vergessenheit. Als Hilfswerk, das<br />

sich dem Engagement für verletzliche<br />

Menschen verpflichtet, trägt das SRK<br />

die Verantwortung, genau diese älteren<br />

Menschen als Zielgruppe seiner Dienstleistungen<br />

im Blick zu behalten.<br />

Humanité 3/2011 7


eport<br />

Auch im hohen Alter wichtig: Aktiv bleiben und Kontakte pflegen<br />

interview<br />

alt sein – Würde oder Bürde?<br />

Älter werden und alt sein ist nicht immer leicht in einer Zeit, wo alles auf Jugend getrimmt ist. Und doch ist damit<br />

auch viel Positives verbunden. Wir sprachen mit zwei Menschen, die es wissen müssen – Judith Giovannelli-<br />

Blocher und François Höpflinger.<br />

INTERVIEW: HANA KUBECEK BILDER: ROLAND BLATTNER<br />

Frau Giovannelli-Blocher: Wir werden<br />

immer älter – eine Chance oder<br />

Bürde?<br />

Judith Giovannelli-Blocher (GB): Es ist<br />

beides. Eine Chance, weil man einen<br />

ganz neuen Lebensabschnitt kennenlernt,<br />

weil man sich neu orientieren kann, neue<br />

Qualitäten, neue Möglichkeiten entdeckt.<br />

Eine Bürde ist es nicht, aber eine ziemliche<br />

Herausforderung. Bedingt durch die<br />

Einschränkungen, mit denen man altersbedingt<br />

konfrontiert wird und die sich auf<br />

alle Lebensbereiche auswirken.<br />

Wie sehen Sie das Herr Höpflinger?<br />

François Höpflinger (FH): Immer mehr<br />

Menschen leben lange. Dadurch gibt<br />

8 Humanité 3/2011<br />

es im Alter auch völlig verschiedene Lebenssituationen.<br />

Menschen, die heute<br />

zwischen 65 und 79 Jahre alt sind, sind<br />

psychisch in besserer Verfassung, zufriedener<br />

und weniger häufig einsam als<br />

Menschen aus früheren Generationen.<br />

Ob Bürde oder Würde, ist sehr individuell.<br />

Das Leben kann dann zur Bürde<br />

werden, wenn Gebrechlichkeit und Bedürftigkeit<br />

auftreten. Davon betroffen<br />

sind vor allem Menschen im vierten Lebensaltersabschnitt<br />

(80+).<br />

Woran wachsen wir im Alter?<br />

GB: Das lässt sich nicht generalisieren.<br />

Das Leben wird einerseits schwerer und<br />

anderseits auch leichter. Leichter, weil ich<br />

nichts mehr «muss» und weniger Angst<br />

habe. Natürlich habe ich Angst, etwa vor<br />

Stürzen, aber ich habe weniger Angst vor<br />

dem Leben, Angst zu versagen. Aktiv bleiben<br />

und dennoch loslassen können, das<br />

ist die grosse Kraft des Alters.<br />

FH: Dem kann ich nur zustimmen. Insbesondere<br />

ältere Invalide oder Langzeitarbeitslose<br />

erleben die Pensionierung als Befreiung,<br />

weil sie sich nicht mehr legitimieren müssen,<br />

weshalb sie «nicht arbeiten».<br />

Haben Menschen Angst vor dem<br />

Älterwerden?<br />

GB: Im Alter haben Menschen vor allem<br />

Angst vor Hilfsbedürftigkeit, Gebrechlichkeit<br />

und Abhängigkeit. Viele davon<br />

© Martin Volken


etroffene Menschen verschweigen<br />

das. Doch ich finde, das gehört einfach<br />

zum Leben, zum Altsein. Hilfsbedürftigkeit<br />

widerspricht nicht der Würde des<br />

Menschen, sondern gehört zum Wesen<br />

des Menschseins. Deshalb mein Motto:<br />

Gebrechlichem mit mehr Zärtlichkeit begegnen!<br />

Der Umgang mit gebrechlichen<br />

Menschen ist in vielen anderen Kulturen<br />

emotionaler, löst positive Gefühle aus. Bei<br />

uns ist das Gegenteil der Fall.<br />

FH: Zerfall und Gebrechlichkeit werden<br />

noch immer häufig versteckt. Doch lässt<br />

sich auch beobachten, dass immer mehr<br />

Menschen es wagen, ihre Behinderung<br />

zu zeigen. Beispielsweise begegnet man<br />

heute vielen älteren Menschen, die mit<br />

dem Rollator unterwegs sind. Am meisten<br />

Angst haben ältere Menschen vor einer<br />

Demenzerkrankung. Und vor einem leidvollen<br />

Sterben, nicht aber vor dem Tod.<br />

GB: Ja, viele haben Angst vor Demenz<br />

und dementen Menschen. Ich finde, von<br />

diesen kann man viel lernen. Würden wir<br />

diese Menschen so nehmen, wie sie sind,<br />

hätten wir nicht so einen Schrecken vor<br />

ihnen.<br />

Fällt es Männern leichter als Frauen,<br />

älter zu werden?<br />

FH: Solange Männer in einer Paarbeziehung<br />

leben, haben sie es leichter. Gut die<br />

Hälfte der Männer über 90 sind in einer<br />

Paarbeziehung. Wenn jedoch die Partnerin<br />

nicht mehr da ist, wird es schwieriger.<br />

Für einen Mann ist die Vertrauensperson<br />

meist seine Partnerin. Für eine Frau sind<br />

es oft Freundinnen oder Bekannte.<br />

Wie verhält es sich mit Altersmilde<br />

und Alterssturheit?<br />

FH: Im hohen Alter braucht es eine geschützte<br />

Umgebung. Das führt dazu,<br />

dass man resistenter gegen Veränderungen<br />

wird. Gibt es zu viele Veränderungen,<br />

etwa wenn Betreuungspersonen<br />

dauernd wechseln, kann dies zu einer<br />

gewissen Sturheit führen. Besonders im<br />

vierten Lebensalter ist vertraute Routine<br />

sehr wichtig. In der Kindheit gibt es auch<br />

viele körperliche und seelische Veränderungen,<br />

nur nehmen in dieser Phase<br />

die Kapazitäten zu. Im Alter ist die Ausgangslage<br />

ähnlich, doch man verliert<br />

Energie und Kraft.<br />

Sollen alte Menschen durch ihre Angehörigen<br />

gepflegt werden?<br />

GB: Es ist oft erschwerend, wenn alte<br />

und hilfsbedürftige Menschen durch ihre<br />

Angehörige gepflegt werden. Es ist ein<br />

Mythos zu meinen, es sei am schönsten,<br />

wenn die Tochter die bedürftige Mutter<br />

oder den Vater pflegt. Da ist viel Konfliktpotenzial<br />

im Spiel.<br />

FH: Das sehe ich gleich: Die Angehörigen<br />

sollen helfen, aber nicht pflegen. Es<br />

kann für beide Seiten für die Beziehung<br />

sehr belastend sein, wenn beispielsweise<br />

die Mutter vom Sohn gebadet wird.<br />

Die eigentliche Pflege soll den Fachkundigen<br />

(Spitex, <strong>Rotes</strong> <strong>Kreuz</strong>) überlassen<br />

werden.<br />

Was ist Ihre persönliche Empfehlung,<br />

um sich auf das Alter vorzubereiten?<br />

FH: Selbstunternehmer, Selbstunternehmerin<br />

werden. Im Alter ist es von Vorteil,<br />

wenn man Generalist ist. Ältere<br />

Menschen sollten vielfältige Interessen<br />

und Kontakte pflegen. Selber aktiv sein<br />

und auf andere zugehen, aus sich heraus<br />

den eigenen Rhythmus finden. Was<br />

nicht heisst, dass man unbedingt immer<br />

report<br />

aktiv sein muss. Zudem ist es wichtig,<br />

dass man lernt mit Einschränkungen kreativ<br />

umzugehen, diese können finanzieller,<br />

gesundheitlicher oder sozialer Art<br />

sein.<br />

GB: Das eigene Leben als Weg des Werdens<br />

betrachten, auf dem wir wachsen<br />

und reifen. Je offener, mutiger, lernender<br />

wir durchs Leben gehen, desto versöhnlicher,<br />

demütiger und inspirierter können<br />

wir uns selbst begegnen. Nur denen,<br />

die rechtzeitig die Weichen für das Alter<br />

stellen, gelingt es, den «Höhenweg<br />

des Alters» zu gehen. Mein Tipp: leicht<br />

werden, Ballast abwerfen, loslassen,<br />

mit weniger auskommen, zu persönlicher<br />

Souveränität und Unabhängigkeit<br />

gelangen. Im ständigen Wandel sich<br />

selbst treu bleiben. Und fähig sein zur<br />

Liebe, aber auch zum Zorn. Fähig sein<br />

zu Reflexion, vor allem zur Selbstreflexion.<br />

Älter sein bedingt, Unternehmerin,<br />

Unternehmer zu werden; sein eigener<br />

Manager zu sein.<br />

➥ Das ungekürzte Interview finden sie<br />

im Internet: magazin-humanite.ch<br />

Judith Giovannelli-Blocher,<br />

Jahrgang 1932, bekannt als<br />

Sozialarbeiterin, Organisationsberaterin<br />

und Supervisorin.<br />

Erst im Alter ist sie als<br />

Schriftstellerin hervorgetreten.<br />

Ihre Bücher «Das Glück der<br />

späten Jahre. Mein Plädoyer<br />

für das Alter» und «Woran wir<br />

wachsen. Erfahrungen eines<br />

Lebens» haben ein grosses<br />

Echo ausgelöst. Sie lebt<br />

zusammen mit ihrem Mann<br />

in Biel.<br />

François Höpflinger, Jahrgang<br />

1948, studierte Soziologie<br />

in Zürich und in London. Seit<br />

1991 befasst er sich mit Alters-<br />

und Generationenforschung.<br />

Er lehrt als Titularprofessor<br />

Soziologie an der Universität<br />

Zürich und veröffentlichte<br />

Publikationen wie «Einblicke<br />

und Ausblicke zum Wohnen<br />

im Alter». Mit seiner Frau lebt<br />

er in Horgen und hat zwei<br />

erwachsene Kinder sowie vier<br />

Enkelkinder.<br />

Humanité 3/2011 9


Gemeinsam für<br />

eine gute Sache.<br />

Die Mitarbeitenden der Credit Suisse engagieren sich gemeinsam<br />

mit dem Schweizerischen Roten <strong>Kreuz</strong> für soziale Projekte.<br />

Wir sind stolz auf das soziale Engagement unserer Mitarbeitenden. Im Rahmen unserer Partnerschaft mit<br />

dem Schweizerischen Roten <strong>Kreuz</strong> unterstützen wir dessen gemeinnützige Projekte mit Freiwilligeneinsätzen.<br />

credit-suisse.com/volunteering


konkret<br />

Bosnien und Herzegowina<br />

das schwere erbe der nachkriegs<br />

Sie putzen und kochen für einsame Kriegswitwen, führen Nothilfekurse an Schulen durch und geben<br />

sich gegenseitig Halt: Das Schweizerische Rote <strong>Kreuz</strong> (SRK) unterstützt in Bosnien junge Menschen dabei,<br />

sich sinnvoll zu engagieren.<br />

TExT: KATHARINA SCHINDLER BILDER: CLAUDIA KÄLIN<br />

In Bosnien und Herzegowina ist besonders<br />

für junge Menschen die Lebenssituation<br />

schwierig. Sie haben keine persönlichen<br />

Erinnerungen an den Krieg, der vor<br />

16 Jahren zu Ende ging. Und doch prägt<br />

er ihr Leben. «Für junge Menschen gibt es<br />

kaum Freizeitangebote und erst recht kei-<br />

12 Humanité 3/2011<br />

ne beruflichen Perspektiven. Umso wichtiger<br />

ist es, dass sie eine gesellschaftliche<br />

Aufgabe übernehmen können, bei der sie<br />

gebraucht und geschätzt werden», sagt<br />

Jürg Frei, Verantwortlicher des SRK für<br />

Bosnien und Herzegowina. Nach dem<br />

Krieg baute das SRK Schulen und Spitäler<br />

wieder auf, lieferte medizinische Geräte<br />

und betreute kriegstraumatisierte Frauen<br />

und Kinder. Heute konzentriert sich das<br />

SRK darauf, die Eigeninitative der Bevölkerung<br />

zu stärken. Das ist immer noch<br />

nötig, denn viele Wunden sind noch nicht<br />

verheilt. Die Spannungen zwischen den


kinder<br />

Die jungen Rotkreuz-<br />

Freiwilligen spüren viel<br />

Dankbarkeit<br />

Bevölkerungsgruppen dauern an und<br />

auch wirtschaftlich hat sich das Land nicht<br />

erholt. Viele Familien überleben nur dank<br />

den Geldern, die Verwandte aus dem<br />

Ausland nach Hause schicken. Mehr als<br />

die Hälfte der jungen Frauen und Männer<br />

sind arbeitslos.<br />

Jungen Menschen eine<br />

perspektive geben<br />

Im Rahmen eines umfassenden Sozialprogramms<br />

fördert das SRK gemeinsam<br />

mit dem Bosnischen Roten <strong>Kreuz</strong> Jugendgruppen,<br />

die sich sozial engagieren. In<br />

Kursen und Workshops erlernen die Ju-<br />

gendlichen nicht nur, wie man einsamen<br />

Menschen im Alltag beisteht. Sie erhalten<br />

auch das Rüstzeug, um selber Aktionen<br />

durchzuführen.<br />

«Es gibt so viele Menschen in unserem<br />

Land, die unter Einsamkeit und Armut leiden.<br />

Ich bin glücklich, dass ich einigen<br />

von ihnen den Alltag etwas erleichtern<br />

kann.» Die 18-jährige Aleksandra Pesta<br />

ist eine von Dutzenden Jugendlichen, die<br />

sich in Bosnien als Rotkreuz-Freiwillige sozial<br />

engagieren. Jede Woche besucht sie<br />

vier, manchmal auch mehr betagte Menschen.<br />

Sie hilft ihnen im Haushalt, kauft<br />

für sie ein und wenn jemand erkrankt, organisiert<br />

sie die nötige Hilfe. Die meisten<br />

von ihnen sind Kriegswitwen, die ganz<br />

auf sich selbst gestellt sind. «Ohne mich<br />

hätten sie niemanden», stellt die junge<br />

Frau fest. «Wenn ich ein Lächeln auf ihr<br />

Gesicht zaubern kann, bin ich der glücklichste<br />

Mensch.»<br />

Standaktionen in den Städten<br />

Mitten in der Kleinstadt Maglaj halfen die<br />

Jugendlichen mit bei einer Standaktion,<br />

bei der Passantinnen und Passanten kostenlos<br />

Blutdruck und Blutzuckergehalt gemessen<br />

wurden. Ein begehrtes Angebot,<br />

denn im schlecht funktionierenden Gesundheitswesen<br />

gelten selbst für einfache<br />

medizinische Kontrollen lange Wartezeiten<br />

– und sie kosten Geld.<br />

konkret<br />

Ein anderes Mal wurden auf dieselbe Weise<br />

Blutspender angeworben. An Schulen<br />

klären die Jugendliche ihre Altersgenossen<br />

über Alkohol und Drogen auf, oder<br />

sie führen Nothelferkurse durch. Ergänzend<br />

gibt es regelmässig Jugendlager,<br />

wo sich die Rotkreuz-Freiwilligen aus dem<br />

ganzen Land gegenseitig kennen lernen.<br />

«Dieser Austausch ist besonders wertvoll.<br />

Es ist einer der wenigen Orte, wo Jugend-<br />

«Die Jugendlager der Rotkreuz-<br />

Freiwilligen tragen dazu bei,<br />

Vorurteile abzubauen.»<br />

liche aus verschiedenen ethnischen Gruppen<br />

gemeinsam etwas unternehmen und<br />

Vorurteile abbauen», betont Jürg Frei.<br />

«es gibt noch viel zu tun»<br />

Der 21-jährige Nedim Iamanovic hat<br />

schon mehrere Sommerlager hinter sich.<br />

Vor vier Jahren besuchte er auf Anregung<br />

seines Lehrers einen ersten Rotkreuz-Kurs.<br />

«Ich bin ihm noch heute dankbar», betont<br />

Nedim. «Seit ich beim Roten <strong>Kreuz</strong> bin,<br />

hat sich mein Leben drastisch verändert.<br />

Ich habe Freunde gefunden, eine Aufgabe<br />

und ein Ziel: Ich will möglichst viele<br />

junge Leute für das Engagement beim Roten<br />

<strong>Kreuz</strong> gewinnen. Denn es gibt noch<br />

so viel zu tun in unserem Land.»<br />

➥ redcross.ch/bosnien-herzegowina<br />

Die Jugendlichen des Bosnischen Roten <strong>Kreuz</strong>es messen am Stand kostenlos den Blutdruck und den Blutzuckergehalt<br />

Humanité 3/2011 13


konkret<br />

patenschaft für Wasser<br />

Bevor wir den Brunnen hatten, waren<br />

die Kinder oft krank. Sie litten<br />

an Durchfall und ihre Haut war voller<br />

Ekzeme. Für uns hat ein neues Leben<br />

begonnen», sagt die vierfache Mutter<br />

Kadija. Seit anderthalb Jahren hat ihr<br />

Heimatdorf Bintagoungou einen solarbetriebenen<br />

Brunnen, der vom SRK<br />

gebaut wurde. 60 Meter tief musste<br />

gebohrt werden, um zum Grundwasser<br />

zu gelangen. Denn in dieser Region<br />

breitet sich die Wüste immer weiter aus.<br />

Die Menschen leiden unter Wassernot<br />

und chronischer Unterernährung. Früher<br />

gab es im Dorf einfache Sodbrunnen,<br />

aus denen die Frauen das Wasser holten.<br />

Doch im Laufe der Jahre sind sie ausgetrocknet<br />

und verwittert. So mussten die<br />

Frauen immer weiterlaufen, um das Wasser<br />

Kessel um Kessel herbeizuschleppen.<br />

Diese Frau schöpft sauberes Wasser aus dem Brunnen, den das SRK restauriert hat<br />

«es ist wie ein neues leben»<br />

Im Norden Malis, am Rand der Sahara, leiden die Menschen unter Wassernot. Mit dem Bau von Tiefbrunnen,<br />

die mit Solarenergie Wasser pumpen, hat das SRK die Lebensgrundlage von rund 10 000 Menschen deutlich<br />

verbessert. Patinnen und Paten des SRK machen es möglich, dass solche Brunnen gebaut werden können.<br />

TExT: KATHARINA SCHINDLER<br />

14 Humanité 3/2011<br />

«Es war sehr anstrengend. Wir standen<br />

im Morgengrauen auf und machten uns<br />

auf den Weg. Erst gegen Mittag, in der<br />

grössten Hitze waren wir mit dem Wasser<br />

zurück. Und das jeden Tag. Auch<br />

die Mädchen mussten mithelfen, nur so<br />

konnten wir den Bedarf einigermassen<br />

decken», erinnert sich Kadija.<br />

In einigen Weilern wurden die alten<br />

Sodbrunnen renoviert und können


wieder genutzt werden. Doch wo der<br />

Grundwasserspiegel zu tief war, entschloss<br />

sich das SRK zum Bau von Tiefbrunnen,<br />

die mit Solarenergie das Wasser<br />

aus 60 m Tiefe heraufpumpen. Die<br />

Intensität der Sonne, unter der die Menschen<br />

oft leiden, kann so sinnvoll genutzt<br />

werden.<br />

Gesunde ernährung dank Wasser<br />

Jetzt hat die junge Mutter genügend<br />

Wasser und Zeit, um gemeinsam mit<br />

andern Dorffrauen einen Gemüsegarten<br />

«Jeder Brunnen hat<br />

Hunderten Menschen die<br />

Hoffnung zurückgegeben.»<br />

zu betreiben. Das Saatgut haben sie<br />

vom Roten <strong>Kreuz</strong> erhalten. Einen Teil<br />

des Gemüses brauchen die Frauen für<br />

die gesunde Ernährung der eigenen Familien.<br />

Den Rest verkaufen sie auf dem<br />

Markt.<br />

Bintagoungou liegt in der Region Timbuktu<br />

in Nord-Mali, wo die Lebensbe-<br />

dingungen äusserst prekär sind. Wenn<br />

die Regenzeit einmal schlecht ausfällt,<br />

droht rasch eine Hungersnot. Das SRK<br />

hilft rund einem Dutzend besonders armer<br />

Dörfer, ihre Lebensbedingungen zu<br />

verbessern. Wasser ist dabei das Schlüsselelement.<br />

Dank an die patinnen und paten<br />

des SRK<br />

Für Kamilou Wahabou, den Delegierten<br />

des SRK in Mali, ist klar, dass sich die<br />

Investition gelohnt hat: «Diese Dörfer<br />

sind kaum wieder zu erkennen. Vor allem<br />

den Frauen und Kindern geht es<br />

viel besser. Jeder Brunnen hat Hunderten<br />

Menschen die Hoffnung zurückgegeben.»<br />

Möglich waren diese Brunnen<br />

unter anderem dank den Patinnen und<br />

Paten einer Wasserpatenschaft, die alle<br />

täglich mindestens einen Franken gespendet<br />

haben.<br />

➥ Wie Sie eine patenschaft abschliessen<br />

können, erfahren Sie auf Seite 24<br />

oder auf redcross.ch/patenschaft<br />

Ohne Trinkwasser in der<br />

Nähe muss bei Gluthitze<br />

kilometerweit Wasser<br />

geholt werden oder die<br />

Menschen trinken aus Not<br />

verschmutztes Wasser<br />

kurz BeFraGt<br />

eliane Boss<br />

Sie koordiniert seit 2006 die<br />

Patenschaften des SRK im<br />

In- und Ausland und berät die<br />

Patinnen und Paten.<br />

konkret<br />

Was ist der Unterschied<br />

zwischen einer Spende und<br />

einer patenschaft?<br />

Als Patin oder Pate entscheiden Sie sich<br />

dafür, längerfristig und regelmässig ein<br />

bestimmtes Anliegen zu unterstützen.<br />

Sie wählen einen unterstützungswürdigen<br />

Bereich, der Ihnen persönlich am<br />

Herzen liegt. Zweimal pro Jahr werden<br />

Sie informiert, was dank Ihrem Patenschaftsbeitrag<br />

realisiert werden konnte.<br />

Die meisten Patenschaften werden<br />

mit einem Betrag von monatlich CHF<br />

30.– abgeschlossen.<br />

Warum kann ich nicht ein<br />

einziges Kind begünstigen?<br />

Beim SRK gibt es sechs verschiedene<br />

Projekt-Patenschaften im In- und Ausland,<br />

die alle effizient eine bestimmte Sache<br />

unterstützen und deshalb gleich mehrere<br />

Familien, ganze Dörfer oder Gemeinschaften<br />

begünstigen. Eine sogenannte<br />

«Einzelpatenschaft» würde immer zu<br />

einer Chancenungerechtigkeit führen.<br />

Dies sieht auch die ZEWO so, deren<br />

Richtlinien untersagen es, Patenschaften<br />

für einzelne Personen anzubieten.<br />

Wie wähle ich eine patenschaft<br />

aus?<br />

Häufig haben unsere Patinnen und<br />

Paten einen persönlichen Bezug. Zum<br />

Beispiel sind sie vielleicht gerade Eltern<br />

oder Grosseltern geworden und möchten<br />

deshalb die Patenschaft des SRK für<br />

«Kinder in Not» unterstützen, um anderen<br />

Kindern in Entwicklungsländern<br />

eine Zukunft zu ermöglichen. Oder<br />

sie haben auf einer Reise erlebt, wie<br />

verheerend Wasserknappheit für die<br />

Menschen ist, und investieren deshalb<br />

einen Franken pro Tag in die Wasserpatenschaft<br />

des SRK.<br />

Humanité 3/2011 15


ÜBerzeuGt<br />

das rote kreuz und die Frauen<br />

die Heldentat von odette micheli<br />

Frauen haben unzählige Verwundete gepflegt und Henry Dunant in Solferino nachhaltig beeindruckt.<br />

Eine besondere Heldin der Geschichte war Odette Micheli, eine Delegierte des Schweizerischen Roten <strong>Kreuz</strong>es<br />

(SRK). Sie vermochte gar General Eisenhower zu überzeugen.<br />

TExT: PHILIPPE BENDER<br />

ie Wahl der ersten Frau an die Spitze<br />

D des SRK (Seite 22) bietet Gelegenheit,<br />

die Rolle der Frauen in der humanitären<br />

Arbeit hervorzuheben. Schon in der<br />

Geburtsstunde des Roten <strong>Kreuz</strong>es, am<br />

24. Juni 1859 in Solferino, konnte Henry<br />

Dunant auf das Engagement von Dutzenden<br />

von Frauen zählen. Sie folgten spontan<br />

dem Ruf «Tutti fratelli» und versorgten<br />

auf dem Schlachtfeld unterschiedslos alle<br />

Verwundeten.<br />

16 Humanité 3/2011<br />

Dem Roten <strong>Kreuz</strong> gelang es von Anfang<br />

an, Millionen von Frauen zu mobilisieren.<br />

Der ehemalige Präsident des IKRK, Cor-<br />

odette Micheli war Delegierte<br />

des SRK für Kinderhilfe während<br />

dem Zweiten Weltkrieg.<br />

nelio Sommaruga, sagte einmal, die Frau<br />

in der Welt des Roten <strong>Kreuz</strong>es sei eine<br />

Realität mit zahlreichen Facetten. Die<br />

Arbeit in der Zentralstelle<br />

für Kriegsgefangene:<br />

Gustave Ador<br />

(IKRK-Präsident und<br />

Bundesrat), Paul des<br />

Gouttes (stehend),<br />

Frédéric Barbey,<br />

Odette Micheli und<br />

ihr Vater, Nationalrat<br />

Horace Micheli<br />

Frauen, die sich rund um den Globus für<br />

ein humanitäres Ideal einsetzten, seien<br />

ganz unterschiedliche Persönlichkeiten<br />

und verwahrten sich zu Recht dagegen,<br />

in eine Schablone gepresst zu werden.<br />

Ein Beispiel für dieses Engagement ist<br />

Odette Micheli.<br />

Die Delegierte für Kinderhilfe<br />

Sie entstammte einem alten Genfer Geschlecht;<br />

ihr Vater Horace war Nationalrat<br />

Dünkirchen (franz.<br />

Dunkerque) liegt am<br />

Ärmelkanal, im Norden<br />

Frankreichs


Odette Micheli organisierte die Kinderhilfe des SRK für die<br />

Nordzone Frankreichs<br />

und Mitglied des IKRK. Im Krieg von 1914–<br />

1918 arbeitete sie zunächst als Freiwillige<br />

in der Zentralstelle für Kriegsgefangene.<br />

Danach leitete sie im Zweiten Weltkrieg<br />

die Delegation der Kinderhilfe in Paris.<br />

Diese Delegation in Paris war für die von<br />

der Wehrmacht besetzte Nordzone zuständig.<br />

Eine weitere Delegation der Kinderhilfe<br />

in Toulouse betreute die sogenannte «freie»<br />

Südzone, die dem Vichy-Regime unterstellt<br />

war. Neben der Organisation von Konvois<br />

in die Schweiz war das dringendste Problem<br />

die unzureichende, unausgewogene<br />

Ernährung: Tausende von Kindern mussten<br />

mit 1200 bis 1600 Kalorien am Tag auskommen.<br />

Als Notbehelf organisierte die<br />

Delegation in Paris in den Jahren 1944<br />

und 1945 fast 700 000 Imbisse. Während<br />

und unmittelbar nach dem Krieg wurden<br />

in Lagern, Kantinen, Schulen und Krippen<br />

über 2200 Tonnen Nahrungsmittel verteilt.<br />

Denkwürdige Rettungsaktion<br />

Am 6. Juni 1944 landeten die Alliierten<br />

in der Normandie. Am 25. August wurde<br />

Paris befreit. Darauf folgten im Dezember<br />

die Ardennenschlacht und das Vorrücken<br />

gegen Deutschland mit dem Zusammenbruch<br />

der Westfront im Frühjahr 1945.<br />

Doch im Sommer und Herbst 1944 war<br />

noch nicht ganz Frankreich befreit. Noch<br />

hielten sich feindliche Stützpunkte wie die<br />

grossen Atlantikhäfen Lorient, Saint-Nazaire,<br />

Dünkirchen und Royan. Die Alliierten<br />

begnügten sich damit, diese zu blockieren<br />

oder durch Luftangriffe zu zerstören.<br />

Odette Micheli verkehrte in militärischen<br />

ÜBerzeuGt<br />

und politischen Kreisen. Dort erfuhr sie,<br />

dass die Amerikaner Dünkirchen bombardieren<br />

wollten. Sogleich setzte sie sich mit<br />

den französischen Generälen König und<br />

Chaban-Delmas, dem künftigen Premierminister,<br />

in Verbindung, die sie an den amerikanischen<br />

General Redman verwiesen. Gemeinsam<br />

baten sie den Oberbefehlshaber<br />

der alliierten Streitkräfte, General Eisenhower,<br />

die Bombardierungen aufzuschieben.<br />

Eisenhower liess sich überzeugen und befahl,<br />

die Kriegshandlungen einzustellen,<br />

bis die Zivilbevölkerung evakuiert war.<br />

Zusammen mit dem Französischen Roten<br />

<strong>Kreuz</strong> und dem Schweizer Konsul in Lille,<br />

Fred Huber, organisierte Odette Micheli<br />

den Transport. Anfang Oktober wurden innerhalb<br />

von vier Tagen 18 000 Einwohner,<br />

darunter tausende Kinder, ins Landesinnere<br />

gebracht. Die Stadt blieb schliesslich<br />

verschont, doch die <strong>deutsch</strong>e Besatzung<br />

ergab sich erst am 9. Mai 1945. Odette<br />

Micheli wurde für ihre Verdienste zur Ehrenbürgerin<br />

von Dünkirchen ernannt. Sie<br />

starb 1962 im Alter von 64 Jahren.<br />

➥ redcross.ch/geschichte<br />

Humanité 3/2011 17<br />

© Photo Studio Mallevaey


Hinter der provisorischen<br />

Hütte aus Brettern entsteht<br />

das neue, erdbebensichere<br />

Zuhause für die 7-köpfige<br />

Familie von Marie-Sélide<br />

Séan (2. von links)<br />

Übermorgen können wir in unser neues<br />

Haus ziehen», sagt Marie-Sélide<br />

Séan voller Stolz. Sie zeigt uns die Baustelle,<br />

wo ein Team von fünf Bauarbeitern<br />

gerade dabei ist, das Metalldach zu<br />

montieren und die Fenster einzupassen.<br />

Zusammen mit ihrem Mann, zwei Kindern<br />

und einem Enkel wird sie das 21 m2 grosse<br />

Wohnhaus bewohnen. Ihr früheres Zuhause<br />

war beim heftigen Erdbeben vom<br />

12. Januar 2010 komplett eingestürzt.<br />

«Jeden tag sind wir dankbar<br />

für die Hilfe.»<br />

Nur dank viel Glück war niemand dabei<br />

verletzt worden.<br />

Zeit des Schmerzes<br />

Marie-Sélide mag nicht über den<br />

schlimmsten Tag Haitis sprechen, das<br />

spürt man. Es war eine Zeit der Angst<br />

und des Schmerzes. Fast ihr ganzes Hab<br />

und Gut war unter den Trümmern begraben.<br />

Im Dorf gab es Tote und Verletzte.<br />

Dazu kam die Ungewissheit um die Verwandten,<br />

die in der 40 Kilometer entfernten<br />

Hauptstadt Port-au-Prince wohnten.<br />

Wochenlang hörte sie nichts von ihnen.<br />

Die Sorgen waren immens. Heute blickt<br />

sie wieder etwas optimistischer in die Zukunft:<br />

«In unserem neuen Zuhause werde<br />

ich mich sicher fühlen. Es ist viel stabiler<br />

als das Alte. Selbst bei einem Erdbeben<br />

oder Hurrikan würde es nicht einstürzen.»<br />

Häuser des SRK für haitianische<br />

Lebensgewohnheiten<br />

Vor knapp einem Jahr hat das SRK im<br />

Bergdorf Palmiste-à-Vin das erste von<br />

insgesamt 600 geplanten Wohnhäusern<br />

aufgebaut. Die grosszügigen Spenden<br />

der Schweizer Bevölkerung ermöglichen<br />

den haitianischen Familien diese<br />

sicheren Behausungen. Mittlerweile sind<br />

bereits mehr als 400 bewohnt. Guirlène<br />

Jean-Louis’ Familie konnte bereits<br />

letzten Oktober ihr neues Haus beziehen.<br />

«Wir fühlen uns wohl und sicher,<br />

jeden Tag sind wir dankbar für die Hilfe,<br />

die wir vom Roten <strong>Kreuz</strong> erhielten»,<br />

sagt sie und öffnet grosszügig die Tür<br />

zum 1-Zimmer-Haus, das die siebenköpfige<br />

Familie wohnlich eingerichtet<br />

hat. Diese Wohnform ist üblich im ländlichen<br />

Haiti. Gekocht wird draussen an<br />

der Feuerstelle und wichtig ist in diesem<br />

Klima die gedeckte Terrasse. Bei der<br />

apropoS<br />

konkret<br />

«Ich bin ein Fan»<br />

«Gutes tun und darüber sprechen» –<br />

nach diesem Motto wird das Schweizerische<br />

Rote <strong>Kreuz</strong> (SRK) auch in<br />

diesem September wieder auf seine<br />

humanitäre Arbeit in der Schweiz und<br />

im Ausland aufmerksam machen. Mit<br />

Inseraten sowie Präsenz im Fernsehen<br />

und im Internet wird das SRK aufzeigen,<br />

was die konkrete Hilfe bei Bedürftigen<br />

bewirkt. Dabei werden gleich<br />

jene Menschen zu Wort kommen, deren<br />

Lebensbedingungen dank Schweizer<br />

Spenden verbessert werden können:<br />

Begünstigte aus Haiti, Togo und<br />

Laos geben sich als Fans des SRK zu<br />

erkennen und erklären, wie sich ihre<br />

Situation verbessert hat.<br />

ZEWO-zertifizierte Organisationen wie<br />

das SRK erhalten bei der SRG und bei<br />

den meisten Verlagen Vorzugsbedingungen.<br />

Für die Sensibilisierungskampagne<br />

werden nicht unnötig Spendengelder<br />

ausgegeben.<br />

➥ redcross.ch<br />

Humanité 3/2011 19


konkret<br />

Die Stelzen sorgen dafür, dass auch bei starkem Regenfall kein Wasser ins Haus eindringt<br />

Planung eines Wiederaufbaus berücksichtigt<br />

das SRK die jeweilige lokale<br />

Lebensweise.<br />

Die vom SRK erstellten Häuser sind nicht<br />

zu übersehen: Wer von der Küstenstadt<br />

Léogane die kurvige Strasse nach Palmiste<br />

à Vin hinauf fährt, erblickt überall<br />

die mit hellem Sperrholz verkleideten<br />

Stahlkonstruktionen, die mal einzeln,<br />

mal in Gruppen an den Hängen kleben.<br />

Die Fertighäuser aus Stahl werden aus<br />

Die Familien bringen das<br />

Baumaterial selber von der<br />

zentralen Verteilstelle im Dorf<br />

auf ihr eigenes Grundstück.<br />

Vietnam geliefert, mit lokal eingekauftem<br />

importiertem Holz ergänzt und per Lastwagen<br />

zur zentralen Verteilstelle im Dorf<br />

geliefert. Wie alle andern Bewohner der<br />

weitläufigen Streusiedlung musste auch<br />

Marie-Sélides Familie das Baumaterial<br />

dort abholen und selber zum eigenen<br />

Grundstück bringen. Unterstützt von<br />

Nachbarn und Verwandten schleppten<br />

sie die insgesamt 900 Kilogramm Stahl<br />

und Holz fast zwei Kilometer weit. Jetzt<br />

schauen sie interessiert zu, wie das vom<br />

SRK geschulte Bauteam in nur drei Tagen<br />

das Haus fachgerecht zusammenbaut.<br />

Um die Häuser dauerhafter zu machen,<br />

werden sie demnächst an den Aussen-<br />

20 Humanité 3/2011<br />

wänden mit Fiberzementplatten verstärkt.<br />

Zudem wird noch die gedeckte<br />

Veranda angebaut und ein Tank für<br />

Regenwasser installiert. Neu werden<br />

zudem Latrinen und Waschplätze eingerichtet,<br />

um die Hygiene und Gesundheit<br />

zu verbessern. «Sämtliche Neuerungen<br />

wurden im Gespräch mit der Dorfgemeinschaft<br />

entwickelt. Die Menschen<br />

sind froh für diese Verbesserungen»,<br />

sagt Olivier Le Gall, der Baudelegierte<br />

des SRK in Haiti.<br />

Gedrückte Stimmung<br />

Bei aller Dankbarkeit, die die Menschen<br />

äussern, ist nicht zu übersehen: Die traumatische<br />

Erfahrung des Erdbebens, die<br />

fehlenden Perspektiven, die wirtschaftlichen<br />

Sorgen belasten sie schwer. Die<br />

Stimmung ist gedrückt. Selbst Kinder<br />

scheinen ungewöhnlich ernst. «Die Situation<br />

ist alles andere als einfach», betont<br />

denn auch Olivier Le Gall, der seit zehn<br />

Monaten für das SRK in Haiti arbeitet.<br />

«Die Häuser ermöglichen es den Menschen,<br />

vor Wind und Wetter geschützt unter<br />

würdigen Umständen zu leben. Das ist<br />

sehr wichtig, aber es ist nur ein Anfang.<br />

Es bleibt noch sehr viel zu tun.»<br />

➥ redcross.ch/haiti<br />

Olivier Le Gall, der Baudelegierte des SRK (rechts), im Gespräch mit dem Sohn von Guirlène Jean-Louis (links)


Google Schweiz packt mit an<br />

Im Rahmen eines Freiwilligeneinsatzes<br />

haben rund 15 Personen von Google<br />

Schweiz das SRK-Secondhand-Warenhaus<br />

«La Trouvaille» in der Region Bern<br />

während drei Tagen tatkräftig unterstützt.<br />

➥ latrouvaille-bern.ch<br />

Jugend-rotkreuz<br />

unterstützt Sommercamp<br />

von Swisscor<br />

Im zweiwöchigen Sommercamp von<br />

Swisscor organisierten 16 Freiwillige des<br />

Schweizer Jugend-Rotkreuz das Freizeitprogramm<br />

für Kinder aus einem ehemaligen<br />

Kriegs- oder Krisengebiet. Die Stiftung<br />

Swisscor lädt jedes Jahr solche Kinder in<br />

die Schweiz ein. Hier können sie für zwei<br />

Wochen ihren Alltag vergessen und erhalten<br />

medizinische Versorgung. Dieses<br />

Jahr wurden 80 Kinder aus Mazedonien<br />

eingeladen. Trotz Sprachbarriere fanden<br />

die Jugendlichen des SRK schnell Zugang<br />

zu den Kindern und boten ihnen ein unvergessliches<br />

und abwechslungsreiches<br />

Freizeitprogramm. Sechs Freiwillige des<br />

Mazedonischen Jugend-Rotkreuz unterstützten<br />

ihre Schweizer Kollegen.<br />

Wohnhäuser für Flutopfer in pakistan<br />

Ein Jahr nach den schweren Fluten in<br />

Pakistan engagiert sich das SRK stark im<br />

Wiederaufbau zerstörter Dörfer. In der<br />

südlichen Provinz Sindh entstehen Wohnhäuser<br />

für 700 Familien. Diese beteiligen<br />

sich unter der Anleitung von Fachleuten<br />

selber an den Bauarbeiten. Wie wir bereits<br />

berichtet haben, konnten die von<br />

den Fluten vertriebenen Menschen erst<br />

im Februar in ihre Dörfer im Bezirk Dadu<br />

zurückkehren. Sowohl hier im Süden wie<br />

auch in der im Norden Pakistans gelege-<br />

das rote kreuz am Comptoir Suisse<br />

Vom 16.–25. September präsentiert sich<br />

das Schweizerische Rote <strong>Kreuz</strong> (SRK) am<br />

Comptoir Suisse in Lausanne. Besuchen Sie<br />

unseren Stand an einer der grössten Messen<br />

in der Schweiz. Es erwarten Sie viele<br />

Aktivitäten und Attraktionen. Erleben Sie<br />

die Rettungshunde von REDOG, Erste-Hilfe-<br />

Vorführungen der Samariter, ein Zeichenwettbewerb<br />

für Kinder und betreten Sie ein<br />

echtes Nothilfezelt. Die Messe hat täglich<br />

von 10.00–19.00 Uhr geöffnet. Der Eintritt<br />

ist am Eröffnungstag gratis. Wir freuen uns<br />

Sie helfen bei den Hausaufgaben, sortieren<br />

Pakete bei der Aktion 2 5 Weihnachten<br />

und zeigen grosse Solidarität bei Grosskatastrophen.<br />

Die Credit Suisse und ihre Mitarbeitenden<br />

engagieren sich seit Jahren für<br />

die Gesellschaft und für soziale Anliegen.<br />

Deshalb ist die Bank seit 2008 offizieller<br />

Partner des SRK im Bereich Corporate Volunteering<br />

(Freiwilligenarbeit). Zahra Dar-<br />

kurz & BÜndiG<br />

nen Region von Charsadda versorgt das<br />

Rote <strong>Kreuz</strong> die Obdachlosen weiterhin<br />

mit Nahrungsmitteln.<br />

Aber auch Massnahmen zur Gesundheitsvorsorge<br />

sind nötig. Gemeinsam mit<br />

ausgebildeten Freiwilligen des Pakistanischen<br />

Roten Halbmondes bietet das SRK<br />

der Bevölkerung Gesundheitsdienste an.<br />

Sauberes Trinkwasser und Aufklärung<br />

über Hygiene sind besonders wichtig zur<br />

Vermeidung von Krankheiten.<br />

➥ redcross.ch/pakistan<br />

auf Ihren Besuch im Bereich Gesundheitsförderung.<br />

Auf Wiedersehen in Lausanne!<br />

➥ comptoir.ch<br />

mitarbeitende der Credit Suisse engagieren sich weiterhin<br />

vishi ist bei der Credit Suisse für diesen Bereich<br />

verantwortlich: «Wir freuen uns über<br />

die spannende und erfolgreiche Partnerschaft<br />

mit dem SRK, die es uns ermöglicht,<br />

gemeinsam neue Projekte zu entwickeln<br />

und umzusetzen. Das grosse Interesse unserer<br />

Mitarbeitenden motiviert uns, auch<br />

2011 mit dem SRK zusammenzuarbeiten<br />

und weitere Programme zu realisieren.»<br />

© Olivier Matthys<br />

Humanité 3/2011 21


annemarie Huber-Hotz<br />

Smarte, organisierte Strategin<br />

Die neue Präsidentin des Schweizerischen Roten <strong>Kreuz</strong>es (SRK) hat am 1. Juli 2011 ihr Amt angetreten.<br />

Annemarie Huber-Hotz ist die erste Frau in diesem Amt. Das war sie auch schon als Bundeskanzlerin.<br />

Sie kann auf wertvolle Erfahrungen aus dem Berufs- und Familienleben zurückgreifen.<br />

TExT: TANJA PAULI BILDER: SANDRO HUBER<br />

Wie so manche Frau hat Annemarie<br />

Huber-Hotz viele Rollen zu erfüllen.<br />

Sie wechselt diese fliessend und scheinbar<br />

so einfach wie Schuhe. Auf ihre neue Rolle<br />

als Präsidentin des SRK freut sie sich besonders:<br />

«Es war schon immer mein Wunsch,<br />

einmal für das Rote <strong>Kreuz</strong> zu arbeiten. Für<br />

mich war und ist es DIE humanitäre Organisation<br />

der Welt.» Mit Annemarie Huber-<br />

Hotz hat das SRK erstmals in seiner fast<br />

150-jährigen Geschichte eine Frau an der<br />

22 Humanité 3/2011<br />

Seit Langem fasziniert von den sieben Rotkreuz-Grundsätzen, verpflichtet sich die Präsidentin diesen Grundwerten aus Überzeugung<br />

Spitze. In dieser Funktion ist die 63-Jährige<br />

zugleich auch Vizepräsidentin der Föderation<br />

der Rotkreuz- und Rothalbmondgesell-<br />

«es war schon immer mein<br />

Wunsch, für das Rote <strong>Kreuz</strong><br />

zu arbeiten.»<br />

schaften. Sie ist es sich gewohnt, als erste<br />

Frau in ein prestigeträchtiges Amt gewählt<br />

zu werden, vielen Mitarbeitenden vorzuste-<br />

hen und grosse Verantwortung zu tragen.<br />

Denn als erste Bundeskanzlerin der Schweiz<br />

hat sie von 1999 an acht Jahre auf höchster<br />

Ebene den Bundesrat bei der Geschäftsführung<br />

unterstützt. Und dies in bewegten Zeiten<br />

erfolgreich. Umso sympathischer wirken<br />

ihr Auftreten und ihre bescheidene, offene<br />

Art. Ob das am berühmten Spagat zwischen<br />

Karriere- und Familienfrau liegt, den<br />

sie scheinbar mühelos beherrschte, in einer<br />

Zeit, die dafür noch nicht einmal reif war?


Fortschrittliche Rollenverteilung<br />

Zusammen mit ihrem Mann hat Annemarie<br />

Huber-Hotz drei Adoptivkinder<br />

grossgezogen. Die Rollenverteilung der<br />

Familie Huber-Hotz war für die 80er-Jahre<br />

untypisch: Er kümmerte sich tagsüber<br />

um Haushalt und Kinder, sie entlastete<br />

ihn nach ihrem Feierabend. So fand die<br />

Führungsfrau einen gesunden Ausgleich<br />

zum Büroalltag. Auch eine gegenseitige<br />

Nachbarschaftshilfe hat dazu beigetragen,<br />

die intensiven Jahre mit Kindern<br />

zu organisieren. Annemarie Huber-Hotz<br />

weiss aber, dass nicht alle Eltern auf<br />

ein privates Umfeld zurückgreifen können.<br />

Deshalb findet sie den Entlastungsdienst<br />

für Eltern ein wichtiges Angebot<br />

des SRK. Den jungen Müttern, die Beruf<br />

und Familie verbinden wollen, rät sie:<br />

«Wenn man es wirklich will: nicht aufgeben.<br />

Auch wenn es manchmal hart ist.<br />

Man lernt dazu und dann geht es nach<br />

den ersten Etappen immer leichter.»<br />

Schon ihre Eltern haben Beruf und Familienleben<br />

verbunden und zusammen einen<br />

Müllereibetrieb geführt. Eine Mühle, wie<br />

man sie aus alten Zeiten kennt, neben einem<br />

Bach mit einem wasserbetriebenen<br />

Mühlrad. Mühlen mahlen langsam, aber<br />

in ihrem Leben ging es rasch vorwärts.<br />

Während der Studienzeit in Genf war<br />

sie bereits nahe dran am Roten <strong>Kreuz</strong>.<br />

1978 trat sie im Bundeshaus eine Stelle<br />

an als Mitarbeiterin des Generalsekretärs<br />

der Bundesversammlung. Nicht ahnend,<br />

dass der Regierungssitz der Schweiz für<br />

fast dreissig Jahre ihr Arbeitsplatz bleiben<br />

würde. Sie arbeitete sich hoch bis zur Generalsekretärin<br />

der Bundesversammlung.<br />

Der Rest ist auch ein Stück Schweizer Geschichte.<br />

2007 entschied sie sich, nicht<br />

mehr zur Wiederwahl als Bundeskanzlerin<br />

anzutreten. Dies war auch das Jahr,<br />

in dem sie sich zur Wahl stellte für den<br />

Rotkreuz-Rat, um die strategische Ausrichtung<br />

des SRK mitzubestimmen.<br />

Facettenreicher Alltag<br />

Als Präsidentin des SRK wird sie nun<br />

noch stärker in alle Bereich des SRK eingebunden.<br />

Unter anderem sind ihr die<br />

über 50 000 Freiwilligen des SRK ein besonderes<br />

Anliegen. Bis vor Kurzem präsidierte<br />

sie die Schweizerische Gemeinnützige<br />

Gesellschaft und kennt den Wert<br />

der Freiwilligenarbeit auch aus eigener<br />

Annemarie Huber-Hotz<br />

leitet den Rotkreuz-Rat,<br />

dessen neun Mitglieder die<br />

Strategie festlegen für das<br />

gesamte SRK<br />

apropoS<br />

erleBt<br />

Kurzbiografie<br />

Annemarie Huber-Hotz wurde am 16.<br />

August 1948 in Baar/ZG geboren. Sie<br />

studierte Soziologie, Ethnologie und<br />

Politikwissenschaften in Bern, Uppsala<br />

(Schweden) und Genf. Sie nahm u.a.<br />

Einsitz in folgenden Gremien: Schweiz.<br />

Vereinigung für politische Wissenschaft,<br />

Schweiz. Vereinigung für Zukunftsforschung,<br />

Schweiz. Akademie für Geisteswissenschaften,<br />

Schweiz. Gesellschaft<br />

für Verwaltungswissenschaften,<br />

Schweiz. Gemeinnützige Gesellschaft,<br />

Schweizer Berghilferat. Aktuell ist sie im<br />

Fachhochschulrat der Fachhochschule<br />

Zentralschweiz, Präsidentin des Stiftungsrates<br />

Schweizerischer Bankenombudsman<br />

und der Preiskommission der<br />

Dr. J.E. Brandenberg-Stiftung sowie Stiftungsrätin<br />

bei der Doron-Stiftung und<br />

der Kuoni-Hugentobler-Stiftung. Nebst<br />

der Muttersprache Deutsch spricht sie<br />

Englisch, Französisch und Schwedisch.<br />

Mit ihrem Mann lebt sie in Bern.<br />

Erfahrung: «Es war mir immer wichtig,<br />

nebst Beruf und Familie noch etwas zu<br />

tun. Und man kann so ein breites Netzwerk<br />

spannen», meint sie zusammenfassend<br />

zu ihren bisherigen und aktuellen<br />

ehrenamtlichen Tätigkeiten.<br />

Auch wird sie sich künftig vermehrt selber<br />

überzeugen, was das SRK in 28 Ländern<br />

an Entwicklungszusammenarbeit leistet.<br />

Was entgegnet sie jenen, die behaupten,<br />

Arbeit in den Entwicklungsländern<br />

sei ein Tropfen auf den heissen Stein?<br />

«Dann muss man erst recht anfangen.<br />

Jeder Tropfen auf den heissen Stein ist<br />

wertvoll und das Rote <strong>Kreuz</strong> lässt gleich<br />

mehrere Tropfen auf mehrere heisse Steine<br />

fallen.»<br />

Das Leben von Annemarie Huber-Hotz<br />

war früher schon facettenreich und ist<br />

es heute erst recht. Denn seit September<br />

2010 hat Annemarie Huber-Hotz noch<br />

eine wichtige Rolle mehr zu spielen:<br />

Sie ist Grossmutter geworden und übernimmt<br />

nun auch einen Tag pro Woche<br />

die Verantwortung für ihre Enkelin.<br />

➥ redcross.ch/organisation<br />

Humanité 3/2011 23


© SRK/CRS<br />

Mit einer Wasserpatenschaft unterstützen Sie Kinder wie Nian in den ärmsten<br />

Regionen der Welt.<br />

Mit einer Patenschaft helfen Sie nachhaltig. Ihre regelmässigen Beiträge fliessen in langfristige Projekte. Sie ermöglichen beispielsweise<br />

eine Wasserversorgung in Notstandsgebieten oder einen Brunnen in Mali. Wenn Sie eine Patenschaft abschliessen möchten, senden Sie<br />

untenstehenden Talon ausgefüllt an: <strong>Schweizerisches</strong> <strong>Rotes</strong> <strong>Kreuz</strong>, Rainmattstrasse 10, Postfach, 3001 Bern oder schliessen Sie unter<br />

www.redcross.ch/wasser eine Patenschaft ab.<br />

Ja, ich möchte gerne eine Wasser-Patenschaft übernehmen<br />

und überweise monatlich Fr. 30.–. Bitte senden Sie mir<br />

Einzahlungsscheine.<br />

Ich bin noch nicht sicher, senden Sie mir bitte Unterlagen.<br />

Vorname/Name<br />

Strasse/Nr.<br />

PLZ/Ort<br />

Tel. Geburtsdatum<br />

E-Mail<br />

Unterschrift<br />

Jetzt Pate<br />

WeRdeN!


enGaGiert<br />

Sie könnte meine Tochter sein», war<br />

der erste Gedanke von Joséphine<br />

Flüeler, als sie ihrer neuen Klientin im<br />

Frühling das erste Mal begegnete. Sandra<br />

Hadorn hingegen konnte kaum glauben,<br />

dass die attraktive, energiegeladene<br />

Joséphine Flüeler bereits 71 Jahre zählt.<br />

Trotz des Altersunterschieds von 28 Jahren<br />

haben die zwei Frauen viel gemeinsam.<br />

Sie haben beide das Leben von der<br />

unberechenbaren Seite kennengelernt.<br />

Das Leben fordert heraus<br />

Nach der Geburt ihres Sohnes vor 22<br />

Jahren hatte Sandra Hadorn erfahren,<br />

dass sie an einer angeborenen Muskelkrankheit<br />

leidet, die zwar langsam, aber<br />

kontinuierlich fortschreitet. «Mit einem<br />

Kind war es für mich keine Option, in<br />

eine Depression zu versinken», sagt sie<br />

mit Bestimmtheit. «Ich habe mir immer<br />

Etappenziele gesetzt, für mich und meinen<br />

Sohn.» Zwanzig Jahre lang trug sie<br />

ein Stützkorsett. Vor drei Jahren hat sie<br />

sich stattdessen für einen Rollstuhl entschieden,<br />

was ihr die Ärztin ursprünglich<br />

schon bei der Diagnose geraten hatte.<br />

Die heute 43-Jährige ist kreativ und flexibel<br />

geblieben in ihrer Lebensgestaltung.<br />

Um ihre Familie zu entlasten, fragte sie<br />

beim SRK Aargau an, ob jemand sie<br />

beim Kleidereinkauf begleiten würde.<br />

Allein hat sie nicht die Kraft, den Roll-<br />

«Mich hat erstaunt, wie rasch<br />

das Rote <strong>Kreuz</strong> helfen kann.»<br />

stuhl selber durch die engen Regale zu<br />

steuern. Die Antwort klang vielversprechend:<br />

Man wüsste eine Person, die sei<br />

ganz genau die Richtige dafür. Sandra<br />

Hadorn erinnert sich, wie erfreut sie damals<br />

war: «Mich hat erstaunt, dass das<br />

Rote <strong>Kreuz</strong> so rasch helfen kann. Ich rief<br />

als Privatperson dort an und es funktionierte<br />

ohne mühsames administratives<br />

Prozedere!» Es fiel ihr nicht leicht, um<br />

Hilfe zu bitten. Bereut hat sie es nie: «Im<br />

Gegenteil - wenn ich das früher gewusst<br />

hätte!»<br />

Für Sandra Hadorn entpuppte sich ihre<br />

freiwillige Begleiterin als «Volltreffer».<br />

Die positive Lebenseinstellung und die<br />

erfrischend direkte Art von Joséphine<br />

Flüeler beeindruckten sie bereits beim ers-<br />

26 Humanité 3/2011<br />

ten Kennenlernen so sehr, dass sie ihren<br />

Mann per SMS wissen liess: «Die Frau ist<br />

der Wahnsinn!»<br />

Zusammen besuchen die beiden Frauen<br />

nun alle paar Wochen ein Shoppingcenter<br />

und sind innert Kürze ein<br />

eingespieltes Team geworden. Sandra<br />

Hadorn kann im Rollstuhl keine Kleider<br />

anprobieren. Deshalb versucht sie, mit<br />

dem Messband das Passende zu finden.<br />

«Joséphine berät mich und hat einen her-<br />

vorragenden Kleidergeschmack. Ich bin<br />

da eher konservativ und was mir fehlt,<br />

ergänzt sie», schwärmt Sandra Hadorn.<br />

«Und sie geht offen auf alle Leute zu und<br />

besteht unmissverständlich darauf, dass<br />

sich die Verkäuferinnen mit uns noch ein<br />

bisschen mehr Mühe geben», sagt sie<br />

augenzwinkernd und meint damit die<br />

direkte, temperamentvolle Art ihrer freiwilligen<br />

Begleiterin, welche sie schätzt<br />

und bewundert.


Ob über das aktuelle<br />

Weltgeschehen, Mode oder<br />

das eigene Befinden: an<br />

Gesprächsstoff mangelt es<br />

Sandra Hadorn (links) mit<br />

Joséphine Flüeler nie<br />

Das Leben prägt<br />

Joséphine Flüeler selber meint, dass sie<br />

im Alter geduldiger geworden sei. Aber<br />

respektloses Benehmen – ganz besonders<br />

gegenüber Behinderten – duldet sie nicht.<br />

Was Joséphine Flüeler sich vorgenommen<br />

hat, wird umgesetzt. Sie will mit ihren<br />

Klientinnen eine schöne Zeit verbringen.<br />

Und gemäss eigener Aussage hat sie<br />

die immer. «Eigentlich habe ich keinen<br />

Hang zu sozialen Tätigkeiten», sagt sie<br />

über sich selber und erzählt aus ihrem<br />

Leben: «Ich war Geschäftsfrau in der<br />

Kosmetikbranche bis zu meiner Pensionierung.<br />

Mein Leben war immer<br />

sehr hektisch.» Aber auch tragisch. Sie<br />

musste den Tod ihrer Tochter verkraften<br />

und auch ihren Mann verlor sie früh.<br />

«Als Freiwillige des Besuchsdienstes<br />

will ich eine schöne<br />

Zeit verbringen mit den Leuten.<br />

Und die habe ich immer.»<br />

Schicksalsschläge, die man bei einer so<br />

starken, fröhlichen Frau kaum vermuten<br />

würde. «Ich fiel in ein Loch, aus dem ich<br />

mich selber wieder befreien musste. Ich<br />

wollte etwas tun und habe für mich das<br />

passende Engagement gefunden. Früher<br />

fiel mir nicht auf, dass viele in meinem<br />

Umfeld fast ausschliesslich mit sich sel-<br />

ber beschäftigt sind. Ich war ja selber<br />

drin in dieser Glamourwelt. Alles drehte<br />

sich ums Äussere und es ging hauptsächlich<br />

darum einander auszustechen. Plötzlich<br />

hat mich das alles genervt. Es war<br />

Zeit für eine Neuorientierung.»<br />

Ihre Bekannten bewundern sie für ihre<br />

Freiwilligenarbeit. Sie geniesst es, dass<br />

sie mit Sandra Hadorn über Gott und<br />

die Welt diskutieren kann. Beide Frauen<br />

finden, dass zu oft über oberflächliche<br />

Probleme gejammert wird. Sie sind sich<br />

einig, dass jeder Mensch sein eigenes Rezept<br />

finden muss, für sein Leben – allen<br />

Widrigkeiten zum Trotz. «Es geht um die<br />

Qualität im Leben, nicht um die Quantität»,<br />

meint Sandra Hadorn und liefert mit<br />

dieser Aussage die Grundlage für eine<br />

weitere tiefgründige Diskussion mit ihrer<br />

neuen Freundin.<br />

➥ redcross.ch/entlastung<br />

Mit ihrer Begleiterin fühlt sie sich weder hilflos noch abhängig – der natürliche Umgang macht es aus<br />

enGaGiert<br />

Humanité 3/2011 27


Schenken Sie doppelte Freude<br />

SRK-Kalender 2012<br />

für die «Opfer vergessener Katastrophen»<br />

Der mehrfach ausgezeichnete Luzerner<br />

Fotograf Fabian Biasio hat sich<br />

auf eine Reise von Karthoum nach<br />

Bentiu im Südsudan begeben und<br />

atemberaubend schöne Bilder für<br />

den SRK-Kalender 2012 mitgebracht.<br />

Der Kalender ist dem Thema Gesundheitsförderung<br />

gewidmet. Jede Seite<br />

präsentiert eine Facette des Themas,<br />

jedes Bild begleitet eine Geschichte,<br />

die zeigt, wie das Rote <strong>Kreuz</strong> hilft.<br />

Mit dem Kauf eines Kalenders spenden<br />

Sie Fr. 25.— an Opfer vergessener<br />

Katastrophen. Danke.<br />

(Auslieferung des Kalenders Anfang<br />

November 2011)<br />

�<br />

Ich bestelle gegen Rechnung:<br />

Weitere<br />

Geschenkideen:<br />

Original SIGG-Flasche, 0,6 l<br />

aus Aluminium mit exklusivem<br />

SRK-Design. Vom Kaufpreis<br />

fl iessen 10 Franken in Wasserprojekte<br />

des SRK.<br />

SRK-Shop Hotline: Tel. 031 387 71 11<br />

Alle Geschenkartikel des SRK fi nden Sie<br />

in unserem Internet-Shop:<br />

St. SRK-Kalender 2012 à Fr. 51.–* St. SIGG-Flasche à Fr. 25.–* St. Teddy à Fr. 30.–*<br />

*Zuzüglich Verpackung/Porto Fr. 8.–, Lieferfrist ca. 7 Arbeitstage (Auslieferung Kalender Anfang November), Lieferung solange Vorrat.<br />

Name Vorname<br />

Adresse PLZ/Ort<br />

Telefon<br />

E-Mail<br />

2012<br />

Talon einsenden an:<br />

<strong>Schweizerisches</strong> <strong>Rotes</strong> <strong>Kreuz</strong>, Rainmattstrasse 10, 3001 Bern<br />

Fr. 51.–<br />

Das ideale Weihnachtsgeschenk,<br />

mit dem Sie doppelte<br />

Freude schenken.<br />

In den Medien folgt eine Katastrophe<br />

auf die nächste. Das Elend<br />

von heute ist morgen schon vergessen.<br />

Das Rote <strong>Kreuz</strong> arbeitet<br />

da, wo keiner hinschaut und<br />

kaum einer hinkommt. Zum Beispiel<br />

im Südsudan. Dort stirbt<br />

jedes fünfte Kind vor dem 5.<br />

Altersjahr, die Müttersterblichkeit<br />

ist 400-mal höher als in der<br />

Schweiz. Durch die Weiterbildung<br />

traditioneller Hebammen<br />

und den Bau von Gesundheitszentren<br />

hilft das SRK die Kindersterblichkeit<br />

zu senken.<br />

Mehr Informationen:<br />

www.redcross.ch/<br />

vergessene-katastrophen<br />

«Wasser schenkt Leben»<br />

Fr. 25.–<br />

Knuddel Teddy<br />

Fr. 30.–<br />

Unterstützen Sie Menschen in<br />

der Schweiz, die auf Hilfe angewiesen<br />

sind. 10 Franken vom<br />

Kaufpreis kommen bedürftigen<br />

Menschen im Inland zugute!<br />

www.redcross.ch/geschenkideen


Die Gäste schätzen das Ambiente und die motivierten Mitarbeiter des Fomaz – hier Abas Mohamed<br />

restaurant Fomaz, altdorf<br />

Heisshunger<br />

auf neues<br />

Für Abas Mohamed aus Somalia ist das Restaurant Fomaz in Altdorf (UR)<br />

der Schlüssel zum Glück: Das einjährige Gastronomie-Praktikum, das er dort<br />

absolvieren kann, macht ihm Mut auf eine hoffnungsvolle Zukunft.<br />

TExT: ISABEL RUTSCHMANN BILD: ANGEL SANCHEZ<br />

Abas Mohamed hat zwar gerade eine<br />

anstrengende Mittagsschicht als Praktikant<br />

in der Küche des Restaurants Fomaz<br />

hinter sich. Trotzdem zieht sich ein strahlendes<br />

Lachen über das ganze Gesicht des<br />

24-Jährigen. «Bevor ich die Arbeit hier anfangen<br />

konnte, war ich mutlos und traurig.<br />

Jetzt bin ich glücklich, denn ich bekomme<br />

eine Chance in der Arbeitswelt», sagt er.<br />

Wie für Abas Mohamed werden im Fomaz<br />

noch für fünf weitere junge Menschen jedes<br />

Jahr die Weichen für die Zukunft gestellt.<br />

Das Restaurant ist ein Integrationsprojekt<br />

des Schweizerischen Roten <strong>Kreuz</strong>es und<br />

bietet anerkannten Flüchtlingen und vorläufig<br />

Aufgenommenen Ausbildungsplätze in<br />

der Gastronomie an. Die Auszubildenden<br />

sammeln in den Bereichen Service, Buffet,<br />

Office und Küche praktische Erfahrung<br />

und erhalten am Nachmittag Theorieunterricht.<br />

Abas Mohamed hat während der<br />

ersten drei Monate seiner Ausbildung erste<br />

Praxiserfahrungen im Service gesammelt,<br />

jetzt lernt er die Arbeiten in der Küche<br />

kennen. Für ihn ist mittlerweile klar, dass<br />

er nach dem Praktikum eine Kochlehre in<br />

Angriff nehmen möchte: «Die Arbeit in der<br />

Küche gefällt mir sehr. Zu Hause koche<br />

ich oftmals die Gerichte nach, die wir am<br />

Mittag für die Gäste zubereitet haben.» Er<br />

ist zuversichtlich, dass er nach dem Praktikum<br />

eine Lehrstelle oder eine Arbeitsstelle<br />

in der Gastronomie finden wird: «Nach<br />

diesem Jahr habe ich eine gute Grundlage<br />

und bin sehr motiviert, zu arbeiten.»<br />

Stammgäste des Fomaz wie Madeleine<br />

Burri und ihre Arbeitskolleginnen aus<br />

dem nahe gelegenen Alters- und Pflegeheim<br />

Rosenberg kommen gerne hier essen<br />

und loben die Leistung des Personals:<br />

«Die Menüs sind abwechslungsreich, der<br />

Service ist aufmerksam und das Ambiente<br />

ist familiär. Man spürt, dass die Leute hier<br />

gerne arbeiten.»<br />

Das nebenstehende vegetarische Gericht<br />

wurde diesen Sommer im Fomaz serviert.<br />

Geradezu begeistert hat uns die harmonische<br />

Kombination von Kohlrabi und Basilikum<br />

in der Sauce.<br />

➥ magazin-humanite.ch/rezepte<br />

rezept<br />

kreuz & quer<br />

Griess-Nocken mit<br />

Kohlrabi-Basilikum-Sauce<br />

Für 4 Personen<br />

Zutaten<br />

Griess-Nocken: 4 dl Milch, 2 EL Butter,<br />

¼ TL Salz, 150 g Hartweizengriess,<br />

3 Eier, 5 EL geriebener Sbrinz, Salz,<br />

Pfeffer, 1 Prise Muskatnuss<br />

Kohlrabi-Basilikum-Sauce: 1 Zwiebel,<br />

150 g geschälter Kohlrabi, 1 EL Butter,<br />

je 1,5 dl Gemüsebouillon und Rahm,<br />

1 Bund Basilikum, Salz, Pfeffer<br />

Zubereitung<br />

Griess-Nocken: Milch, Butter und Salz<br />

aufkochen. Griess unter Rühren einrieseln<br />

lassen. Bei kleiner Hitze 5 Min.<br />

köcheln. Leicht auskühlen lassen. Eier<br />

verquirlen und mit dem Sprinz darunter<br />

mischen und würzen. Mit 2 Esslöffeln<br />

Nocken formen und portionenweise in<br />

knapp siedendem Salzwasser garen,<br />

bis die Nocken an die Oberfläche steigen.<br />

Herausnehmen und warm stellen.<br />

Sauce: Zwiebel hacken und Kohlrabi<br />

in kleine Würfel schneiden. Beides in<br />

Butter andämpfen und mit der Bouillon<br />

und dem Rahm ablöschen. Zugedeckt<br />

weich kochen. Basilikum-Blätter beigeben<br />

und pürieren. Mit Salz und Pfeffer<br />

abschmecken. Etwas Sauce in tiefe Teller<br />

geben. Die Nocken darauf anrichten<br />

und mit Basilikum garnieren.<br />

apropoS<br />

Fomaz – Heisshunger<br />

Das Wort «Fomaz» kommt aus dem<br />

Rätoromanischen und bedeutet übersetzt<br />

«Heisshunger». Mit diesem Namen<br />

spielt das Restaurant einerseits<br />

auf das Speiseangebot an, andererseits<br />

steht der Ausdruck symbolisch<br />

für den Wunsch der Auszubildenden<br />

auf neue Herausforderungen und eine<br />

zuversichtliche Zukunft. Rätoromanisch<br />

ist typisch schweizerisch und doch vielen<br />

sehr fremd – diese Gegensätze will<br />

das Fomaz verbinden.<br />

Humanité 3/2011 29


kreuz & quer<br />

Für Humanité zeichnet «Karma» alias Marco Ratschiller. Er ist Cartoonist und Chefredaktor des Satire-Magazins Nebelspalter.<br />

labyrinth<br />

Vom Start bis ans Ziel wird der Weg mit feinen Linien markiert.<br />

Den gefundenen Weg ausfüllen – und schon erscheint das Bild.<br />

30 Humanité 3/2011<br />

(C) Conceptis Puzzles<br />

4002503<br />

HuMANITé 2/2011<br />

Lösungswort des letzten <strong>Kreuz</strong>worträtsels:<br />

tRINKWASSeR<br />

Wir gratulieren den Gewinnerinnen<br />

und Gewinnern:<br />

Esther Demuth, Rapperswil<br />

Jean-Louis Girardin, Genf<br />

Jean-Michel Mérier, Ecublens<br />

Ursula Rosin, Grosshöchstetten<br />

Käthi Schaad, Grenchen<br />

Übrige Lösungen der letzten<br />

Ausgabe:<br />

1<br />

3<br />

6<br />

2<br />

9<br />

7<br />

4<br />

8<br />

5<br />

9<br />

5<br />

6<br />

3<br />

4<br />

8<br />

1<br />

7<br />

2<br />

5<br />

2<br />

4<br />

3<br />

8<br />

1<br />

9<br />

7<br />

6<br />

2<br />

3<br />

7<br />

1<br />

5<br />

9<br />

4<br />

8<br />

6<br />

7<br />

9<br />

8<br />

6<br />

5<br />

4<br />

1<br />

2<br />

3<br />

1<br />

4<br />

8<br />

6<br />

7<br />

2<br />

9<br />

5<br />

3<br />

6<br />

4<br />

2<br />

7<br />

1<br />

3<br />

5<br />

9<br />

8<br />

3<br />

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9<br />

8<br />

1<br />

6<br />

2<br />

4<br />

5<br />

8<br />

7<br />

3<br />

5<br />

2<br />

9<br />

6<br />

1<br />

4<br />

8<br />

1<br />

5<br />

2<br />

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4<br />

6<br />

3<br />

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9<br />

5<br />

1<br />

4<br />

6<br />

8<br />

2<br />

3<br />

7<br />

6<br />

2<br />

4<br />

5<br />

3<br />

7<br />

8<br />

9<br />

1<br />

3<br />

6<br />

7<br />

1<br />

4<br />

2<br />

8<br />

5<br />

9<br />

5<br />

8<br />

2<br />

9<br />

6<br />

3<br />

7<br />

1<br />

4<br />

2<br />

8<br />

5<br />

9<br />

7<br />

6<br />

3<br />

4<br />

1<br />

7<br />

6<br />

1<br />

4<br />

8<br />

5<br />

3<br />

2<br />

9<br />

4<br />

1<br />

9<br />

8<br />

3<br />

5<br />

7<br />

6<br />

2<br />

06010016145<br />

4<br />

9<br />

3<br />

7<br />

2<br />

1<br />

5<br />

6<br />

8<br />

06010015019<br />

Die Lösung zum Sudoku, zum Wortsuchspiel<br />

und zum Labyrinth finden Sie<br />

jeweils in der nächsten Ausgabe oder<br />

im Internet.<br />

➥ magazin-humanite.ch<br />

4002502


kreuzworträtsel<br />

GeWinnen<br />

Für weitere Artikel des SRK: ➥ redcross.ch/shop<br />

Wir verlosen unter allen korrekt eingeschickten<br />

Lösungswörter des <strong>Kreuz</strong>worträtsels<br />

fünf SIGG-Design-Flaschen<br />

«Wasser schenkt Leben». Die robuste<br />

Flasche aus Alu fasst 0,6 l und ist ideal<br />

auf Wanderungen oder beim Sport.<br />

Senden Sie das Lösungswort und Ihre<br />

Adresse in einem E-Mail an<br />

crosswords@redcross.ch oder<br />

auf einer Postkarte an:<br />

<strong>Schweizerisches</strong> <strong>Rotes</strong> <strong>Kreuz</strong><br />

Magazin «Humanité»<br />

postfach, 3001 Bern<br />

Einsendeschluss: 30. September 2011<br />

Wortsuchspiel<br />

Sudoku<br />

kreuz & quer<br />

Füllen Sie die leeren Felder mit<br />

den Zahlen von 1 bis 9. Dabei<br />

darf jede Zahl in jeder Zeile,<br />

jeder Spalte und in jedem der<br />

neun 3 x 3-Blöcke nur einmal<br />

vorkommen.<br />

Finden Sie die 20 Wörter horizontal, vertikal und diagonal.<br />

Die Buchstaben können für mehrere Wörter gelten.<br />

7<br />

1<br />

3<br />

9<br />

1<br />

3<br />

1<br />

3<br />

8<br />

6<br />

3<br />

4<br />

5<br />

6<br />

1<br />

8<br />

8<br />

7<br />

7<br />

5<br />

1<br />

6<br />

8<br />

4<br />

4<br />

3<br />

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9<br />

1<br />

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6<br />

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5<br />

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Conceptis Puzzles 06010016146<br />

3<br />

4<br />

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5<br />

6<br />

9<br />

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4<br />

7<br />

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1<br />

4<br />

Conceptis Puzzles 06010015018<br />

Humanité 3/2011 31


Fahrdienst, notruf, Besuchs-<br />

und entlastungsdienste –<br />

das Srk unterstützt in der<br />

Schweiz jede Generation.<br />

unsere Hilfe braucht<br />

ihre Spende.<br />

Postkonto 30-9700-0

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