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Die erzgebirgischen Orte mit Eigennamen - geschichte-ana.de

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<strong>Die</strong> <strong>erzgebirgischen</strong> <strong>Orte</strong> <strong>mit</strong> <strong>Eigennamen</strong>.<br />

Von Lic. Dr. Bönhoff, Ra<strong>de</strong>beul.<br />

„ E i n D e n k m a l , d a u e r n d e r a l s E r z ! “<br />

Was man einmal versprach, muß man auch halten. Wenn man's selbst nach Jahren<br />

einlöst, die Hauptsache bleibt doch, d a ß ein Versprechen erfüllt wird. So versprach<br />

ich 1927 1 die Deutung <strong>de</strong>r <strong>de</strong>utschen Ortsnamen im Erzgebirge, d. h. vor allem <strong>de</strong>r <strong>mit</strong><br />

<strong>Eigennamen</strong> zusammenhängen<strong>de</strong>n, verbun<strong>de</strong>n <strong>mit</strong> einer Beantwortung <strong>de</strong>r Frage<br />

nach <strong>de</strong>r Heimat ihrer Ansiedler. Das greift aber zurück auf noch ältere Versprechen,<br />

die ich 1917, ja 1915 2 gab. Mit <strong>de</strong>n nachfolgen<strong>de</strong>n Zeilen löse ich sie jetzt ein.<br />

Zuerst zählen wir die betreffen<strong>de</strong>n <strong>Orte</strong> auf. 3 <strong>Die</strong> meisten von ihnen sind <strong>mit</strong> - d o r f<br />

zusammengesetzt. „Dorf“ be<strong>de</strong>utet ursprünglich wohl soviel wie „kleines Gehöft“, dann<br />

eine „Vereinigung von mehreren Gehöften“. Der Rest <strong>de</strong>r Namen bis auf einige wenige,<br />

die sich nur auf <strong>de</strong>n <strong>Eigennamen</strong>, natürlich <strong>mit</strong> sinngemäßer Ergänzung (hinzu<strong>de</strong>nken),<br />

beschränken, verteilt sich auf Zusammensetzungen, wie 1. „ - a u “ (Aue), 2.<br />

„ - b a c h “ (am Bache), 3. „ - b e r g “ (am Berge), 4. „ - f e l d “ (setzt bestellbaren Bo<strong>de</strong>n<br />

voraus), 5. „ - g r ü n “ (selten! meist auf gero<strong>de</strong>te grüne Fläche), 6. „ - h a i n “<br />

(nicht zu häufig! <strong>de</strong>utet auf eine vom Wal<strong>de</strong> umhegte Siedlung), 7. „ - r o d e “ (thüringisch!<br />

nur hier und da! Anbau auf Waldbo<strong>de</strong>n), 8. „ - s c h l a g “ (vereinzelt! abgeholzter<br />

Wald) und 9. „ - w a l d e “ (Lokativ! weist auf früheren Urwald hin).<br />

Liste <strong>de</strong>r <strong>Orte</strong> <strong>mit</strong> <strong>Eigennamen</strong>:<br />

1. Albernau bei Schneeberg W 1556<br />

Großolbersdorf bei Scharfenstein W 1333<br />

Kleinolbersdorf bei Chemnitz W 1308<br />

Alber(o), Albert, Albrecht. 4<br />

2. Albero<strong>de</strong> bei Lößnitz W 1490<br />

Albold, Alvold.<br />

3. Ammelsdorf bei Frauenstein O 1349<br />

Amelung.<br />

4. Arnsfeld bei Wolkenstein W 1380<br />

(Ortsteil Arnstatt = Oberschaar 1539)<br />

Arnold. 5<br />

5. Berbisdorf bei Chemnitz W 1381<br />

Beribert, Beroward.<br />

1 Vergl. Glückauf 1927, S. 165. Anm. 19 (S. 158. Anm. 1)<br />

2 Vergl. Glückauf 1917, S. 35. Anm. 61 und S. 36. Anm. 63; 1915, S. 8 Anm. *.<br />

3 O = Osterzgebirge; W = Westerzgebirge<br />

4 Olbernhau gehört nicht hierher trotz vorübergehen<strong>de</strong>r, volkstümlicher Deutung auf „Albertshain“.<br />

Es be<strong>de</strong>utet vielmehr „Nie<strong>de</strong>rschlag von Weißpappeln“.<br />

5 A<strong>de</strong>lsberg bei Chemnitz, einst Wüstung, jetzt Gesamtbezeichnung <strong>de</strong>r vereinigten Dörfer Ober- und<br />

Nie<strong>de</strong>rhermersdorf, be<strong>de</strong>utet wohl „Ahornberg“. Manche halten „A<strong>de</strong>ls“ für Zusammenziehung v.<br />

„Arnolds“!<br />

1


6. Bermsgrün bei Schwarzenberg W 1529<br />

Bärenwal<strong>de</strong> bei Kirchberg W 1401<br />

Bero, Bermann (Verlängerungsform).<br />

7. Bernsdorf (<strong>mit</strong> Plaue vereinigt) bei Flöha W 1378<br />

Bernsdorf, Ortsteil von Chemnitz W 1402<br />

Berold, Bernold.<br />

8. Bernsbach bei Zwönitz W 1240<br />

Bernhard.<br />

9. Berthelsdorf bei Freiberg O 1183<br />

Berthelsdorf, Waldstück, früher Wüstung bei Lengefeld O 1369<br />

Berthold.<br />

10.Borsendorf, Wüstung bei Chemnitz W 1402<br />

Borstendorf bei Lengefeld O 1349 6<br />

Schlößchen-Porschendorf bei Zschopau W 1560<br />

Purschenstein Schloß O (1251) 1324<br />

Borso. 7<br />

11.Puttendorf Wüstung 8 bei Jöhstadt W<br />

Bo<strong>de</strong>n bei Marienberg? W 9 ….<br />

Bodo, Boto, Botho.<br />

12.Braunsdorf bei Lichtenwal<strong>de</strong> O 1349<br />

Bruno.<br />

13.Burkhardtsgrün bei Schneeberg W 1395<br />

Burgold, Burghold.<br />

14.Burkersdorf bei Kirchberg W 1302<br />

Burkersdorf bei Frauenstein O 1333<br />

Burkhardtsdorf bei Chemnitz W um 1200 10<br />

Burgwal<strong>de</strong> (Wüstung 11 am Pöhlberge) W 1514<br />

Burkhard (beliebter fränkischer Name).<br />

15.Christiansdorf in Freiberg aufgegangen O 1183<br />

Christian.<br />

16.Conradsdorf bei Freiberg O 1334<br />

Cun(n)ersdorf bei Kirchberg W 14. Jahrh.<br />

Cunersdorf bei Buchholz W 1367<br />

Cun(n)ersdorf bei Augustusburg W 1344<br />

Conrad.<br />

17.Dittersdorf bei Lößnitz W 1240<br />

Dittersdorf bei Chemnitz W 1352<br />

Dittersdorf Wüstung bei Frauenstein O 1429<br />

6 Das „t“ ward eingeschoben im 16. Jahrhun<strong>de</strong>rt; im 15. hieß es Bursen- und Bors(s)endorf.<br />

7 Purschenstein heißt nach Borso v. Riesenburg, <strong>de</strong>n K ä m m e r e r (daher Cämmerswal<strong>de</strong>) <strong>de</strong>r böhmischen<br />

Krone.<br />

8 Früher Mühle, jetzt Feuerspritzenfabrik <strong>mit</strong> Beamtenhäusern.<br />

9 Bo<strong>de</strong>n kann <strong>mit</strong> <strong>de</strong>m Personennamen zusammenhängen. Natürlicher erscheint mir die so naheliegen<strong>de</strong><br />

Deutung „Eben am Bergabhang“ (Terrasse).<br />

10 Mit <strong>de</strong>m villa abbatis ist es wohl gemeint. Burchard hieß <strong>de</strong>r 4. Abt <strong>de</strong>s Chemnitzer Bergklosters<br />

(Benediktiner). Ist <strong>de</strong>r Ort nach seinem G e b i e t s herrn genannt?<br />

11 Daher nannte man es auch „Witzdorf“, d. h. wüstes Dorf!<br />

2


Dittersdorf bei Liebstadt O ….<br />

Dittersbach bei Frauenstein O 1335<br />

Dittersbach bei Neuhausen O 1451 12<br />

<strong>Die</strong>trich.<br />

18.Dittmannsdorf bei Augustusburg W 1322<br />

Dittmannsdorf bei Sayda W 1348<br />

<strong>Die</strong>tmar.<br />

19.Draisdorf bei Chemnitz W 1288<br />

Drago<br />

20.Ebersbach Ortsteil von Eppendorf W<br />

Ebersdorf (<strong>mit</strong> Chemnitz vereinigt) W 1349<br />

Ebershain, ihm benachbart (eingegangen) W 1349<br />

Eppendorf bei Augustusburg W 1336<br />

Eberhard, Eppo (Kurzform).<br />

21.Ehrenfrie<strong>de</strong>rsdorf, Stadt am Greifenstein W 1308<br />

Erenbrecht.<br />

22.Memmendorf bei Oe<strong>de</strong>ran O 1403<br />

Emmert, Emmehar<strong>de</strong> (Jeminhard) 13<br />

o<strong>de</strong>r Memmert <strong>mit</strong> <strong>de</strong>r Kurzform Memmo (Meganbert).<br />

23.Erdmannsdorf bei Chemnitz W 1206<br />

Ertmar.<br />

24.Erfenschlag bei Chemnitz W 1402<br />

Erbendorf Wüstung bei Crottendorf W (Chr. Lehmann)<br />

Erfo.<br />

25.Erbisdorf, jetzt <strong>mit</strong> Brand vereinigt O 1226<br />

Erluwin.<br />

26.Metzdorf (Lokativ!) bei Augustusburg O 1378<br />

Ezzilo. 14<br />

27.Frie<strong>de</strong>rsdorf bei Frauenstein O 1341<br />

Friedrich.<br />

28.Geiselro<strong>de</strong> Wüstung bei Zöblitz O 1497<br />

Gisilo (Kurzform für Giselbrecht, Giselhar(t) o<strong>de</strong>r Giselmar.)<br />

29.Geising am gleichnamigen Berge O 1451 15<br />

Giso (Kurzform für Gisbert, Gishart, Gis[il]her).<br />

12 Heißt es nach <strong>Die</strong>trich von Schönberg auf Purschenstein?<br />

13 In diesem Fall ist „M“ Zeichen <strong>de</strong>s Lokativs: (zu)m [Emmendorf]. Ich möchte mich eher für die zweite<br />

Deutung entschei<strong>de</strong>n.<br />

14 Hier wären gegebenen Falls, wenn nämlich <strong>de</strong>r Personenname F a l k o für sie in Betracht käme,<br />

einzufügen: F a l k e n a u bei Flöha O 1348, F a l k e n b a c h bei Wolkenstein W 1386, F a l -<br />

k e n b e r g bei Freiberg O 1349, F a l k e n h a i n bei Schmie<strong>de</strong>berg O 1329. Ich möchte in<strong>de</strong>s diese<br />

Ortsnamen <strong>mit</strong> <strong>de</strong>m Raubvogel in Zusammenhang bringen. Bei einer statistischen Erhebung<br />

(1716) schreibt <strong>de</strong>r Pfarrer von Schönbrunn (b. Wolkenstein) über das eingepfarrte Falkenbach: vor<br />

alters habe hier ein Gehölz gestan<strong>de</strong>n, worin viele F a l k e n hausten, wie man damals noch wußte,<br />

und daher möchte <strong>de</strong>r Name gekommen sein!<br />

15 <strong>Die</strong> Ableitung von G e i s (wil<strong>de</strong> Zige) ist weniger wahrscheinlich. Das bei Bergen nicht seltene Anhängsel<br />

„ing“ <strong>de</strong>utet auf Sippenangehörigkeit, also eine Mehrzahl von Siedlern.<br />

3


30.Geyersdorf bei Annaberg W 1397<br />

Görsdorf bei Lengefeld O 1400<br />

Gerhard.<br />

31.Geringswal<strong>de</strong> bei Wolkenstein W 1452<br />

Gerung.<br />

32.Geyer <strong>mit</strong> <strong>de</strong>m Geyersberg (Freihof) W 1315<br />

vielleich Gyr (Geyr), Kurzform für Giselbrecht 16<br />

33.Görbersdorf bei Oe<strong>de</strong>ran O 1378<br />

Gerwingsdorf, Wüstung bei Schwarzenberg W (Chr. Lehmann)<br />

Gerwig.<br />

34.Jöhstadt 17 = Gießdorf = Goswinsdorf W 1386<br />

Goswin.<br />

35.Greifenstein, einst Burg W 1349 (1372)<br />

Greifo. 18<br />

36.Gückelsberg bei Flöha O 1367<br />

Jakob (Verkleinerungsform).<br />

37.Günsdorf bei Stollberg W En<strong>de</strong> 14., Anfang 15. Jahrhun<strong>de</strong>rt 19<br />

Günther.<br />

38.Halsbach bei Freiberg O 1294 20<br />

Habich(o).<br />

39.Härtensdorf bei Wil<strong>de</strong>nfels W 1322<br />

Hartwin.<br />

40.Hartmannsdorf bei Kirchberg W 1300<br />

Kleinhartmannsdorf bei Frauenstein O 1349<br />

Kleinhartmannsdorf bei Augustusburg O 1376<br />

Großhartmannsdorf bei Freiberg O 1368<br />

Hermersdorf Ortsteil von Weißbach W … bei Wil<strong>de</strong>nfels<br />

Oberhermersdorf bei Chemnitz W 1290<br />

Nie<strong>de</strong>rhermersdorf 21 bei Chemnitz W 1331<br />

Krumhermersdorf bei Zschopau W 1369<br />

Hartmar.<br />

41.Hei<strong>de</strong>rsdorf bei Sayda O 1451<br />

Hei<strong>de</strong>rich.<br />

42.Helbigsdorf bei Freiberg O 1324<br />

Helbigsdorf, Wüstung bei Frauenstein O (Hussiten!)<br />

16 Hier läßt es sich schwer entschei<strong>de</strong>n, ob ein Personen- o<strong>de</strong>r Tiername in Frage kommt. Das alte sigilum<br />

<strong>de</strong> monte Geiers zeigt drei aufsteigen<strong>de</strong> G e i e r !<br />

17 Vergl. die volkstümliche Aussprache „das Göstä<strong>de</strong>l“. Das setzt ein Gösdorf voraus, wobei dann -dorf<br />

durch „-stä<strong>de</strong>l“ sinngemäß ersetzt ward.<br />

18 Hier kann man schwanken zwischen <strong>de</strong>m Personennamen o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>n sagenhaften Vogel „Greif“.<br />

19 Günsdorf war ein Grünhainer Klosterdorf. Wir wissen aber nicht, wann es ans Kloster kam, und wer<br />

es schenkte. Etwa bereits die Burggrafen von Starkenberg, die eine Zeitlang Herren auf Stollberg<br />

waren, wozu Günsdorf anfangs gehört haben wird?<br />

20 Erst im 15. Jahrh. erscheinen die Formen „Haylsbach“ und „Halsbach“. <strong>Die</strong> letztere wur<strong>de</strong> <strong>de</strong>m Namen<br />

<strong>de</strong>s benachbarten Vorwerks H a l s (schmale Erdzunge, d. i. zwischen zwei Mul<strong>de</strong>nkrümmungen)<br />

angeglichen.<br />

21 Bei<strong>de</strong> sind jetzt unter <strong>de</strong>m Namen „A<strong>de</strong>lsberg“ (s. o.) vereinigt.<br />

4


Helbersdorf, in Chemnitz einverleibt W 1375<br />

Helwig.<br />

43.Hennersdorf bei Augustusburg W 1349<br />

Hennersdorf bei Frauenstein O 1241<br />

Heinersdorf, in Chemnitz einverleibt W 1338<br />

Heinrich.<br />

44.Herold bei Thum W 1386<br />

Herold (nord. Harald).<br />

45.Hermannsdorf bei Annaberg W (1308)<br />

Hermsdorf bei Frauenstein O 1331<br />

Hermann.<br />

46.Hetzdorf bei Augustusburg O 1378<br />

Hetzel (Kurzform für Hadubald).<br />

47.Hilbersdorf, in Chemnitz einverleibt W 1290<br />

Hilbersdorf bei Freiberg O 1272<br />

Hil<strong>de</strong>brand.<br />

48.Hilmersdorf bei Wolkenstein W 1488<br />

Hilmersbach bei Marienberg W …<br />

Hil<strong>de</strong>mar.<br />

49.Hormersdorf bei Stollberg W 1447<br />

Hortmar.<br />

50.Jahnsdorf bei Stollberg W 1412<br />

Jahnsbach bei Thum W 1487<br />

Ober-Johnsbach bei Glashütte O 1412 22<br />

Nie<strong>de</strong>r-Johnsbach bei Glashütte O 1412<br />

Johannes. 23<br />

51.Gornsdorf bei Stollberg W 1415<br />

Jordan.<br />

52.Kempfersgrün, Wüstung bei Lößnitz W (Oesfeld)<br />

Chemphero.<br />

53.Kraftsdorf (Kraxdorf), Wüstung bei Crottendorf (lag an <strong>de</strong>r Stelle von Neudorf)<br />

W (Hussiten!)<br />

Kraft(o).<br />

54.Leubsdorf bei Augustusburg O 1349<br />

Luppold.<br />

55.Leukersdorf bei Stollberg W 14. Jahrh.<br />

Leukhard.<br />

56.Leutersbach bei Kirchberg W 1446<br />

Leuthard.<br />

22 Zur Deutung von J o n a s (Profetenname) kann ich mich trotz <strong>de</strong>r Formen Jonspach (1412) und Jonasbach<br />

nicht entschließen: ihnen steht ja auch Jansbach (1413) gegenüber.<br />

23 Ja h n s g r ü n , kleiner Ort bei Kirchberg, war anfangs nur ein Forsthaus.<br />

5


57.Löbenhain, Ortsteil von Röhrsdorf bei Chemnitz W 1375<br />

Löwenhain bei Lauenstein O 1412<br />

Leu, Lewe, Lau, Lawe. 24<br />

58.Liebenau bei Lauenstein O 1340<br />

Liebenstein, Ruine bei Zöblitz im Pockautale („Raubschloß“, wonach ein Bächlein<br />

hieß O 14. Jahrhun<strong>de</strong>rt<br />

Liubo, Liebe.<br />

59.Lippersdorf bei Lengefeld O 1398<br />

Luppert.<br />

60.Markersdorf, in Chemnitz einverleibt W um 1200<br />

Markersbach bei Schwarzenberg W 1240<br />

Markward (auch Marquard).<br />

61.Meinersdorf bei Stollberg W 1383<br />

Meinhard.<br />

62.Müdisdorf bei Freiberg O 1348<br />

Muding.<br />

63.Lenkersdorf bei Lößnitz W 1312 (Nenkerstorf)<br />

Nenckert.<br />

64.Ortmannsdorf bei Wil<strong>de</strong>nfels W 1219<br />

Ortwin.<br />

65.Pillsdorf bei Sayda O 1445<br />

Pilling.<br />

66.Pobershau bei Marienberg O 1559/60<br />

Bo(<strong>de</strong>)bert. 25<br />

67.Pretzschendorf bei Freiberg O 1349<br />

Pretzsch, slavisiert aus Bartholomäus.<br />

68.Rechenberg bei Sayda O 1270<br />

Recho. 26<br />

69.Reichenhain, in Chemnitz einverleibt W 1439<br />

Richo. 27<br />

70.Reitzenhain bei Marienberg O 1401<br />

Ri(chi)zo.<br />

71.Reuckersdorf bei Sayda O um 1445<br />

Reichart. 28<br />

72.Röhrsdorf bei Chemnitz W 1335<br />

Rüdiger.<br />

24 Während die obigen 4 Formen einem Personennamen zugehören, weist L a u e n s t e i n , Burg und<br />

Städtlein auf das Tier, <strong>de</strong>n L ö w e n , hin.<br />

25 <strong>Die</strong> Überlieferung, <strong>de</strong>r Ort sein von Freiberger Bergleuten aus <strong>de</strong>n bei<strong>de</strong>n (Ober- und Nie<strong>de</strong>r-) B o -<br />

b r i t z s c h gegrün<strong>de</strong>t wor<strong>de</strong>n, beruht auf volkstümlicher Deutung.<br />

26 Möglich sind noch zwei an<strong>de</strong>re Deutungen: entwe<strong>de</strong>r weist die eine auf ein Tier, das R e h, o<strong>de</strong>r die<br />

an<strong>de</strong>re auf rauhes (reche) Gelän<strong>de</strong>.<br />

27 Auch hier ist es möglich, daß „reich“ auf die Fruchtbarkeit <strong>de</strong>s Bo<strong>de</strong>ns abzielt.<br />

28 Hier wären eigentlich anzuschließen: R i t t e r s g r ü n bei Schwarzenberg W 1560 und R i t -<br />

t e r s b e r g bei Marienberg O 1555 (neu!). Als <strong>Orte</strong> sind bei<strong>de</strong> verhältnismäßig jung. Es wer<strong>de</strong>n<br />

alte Flurnamen, abgeleitet von <strong>de</strong>m Namen <strong>de</strong>s B e s i t z e r s : R i t t e r = R u t h a r t, sein.<br />

6


73.Rottluff (Nominativ) bei Chemnitz W 1375<br />

Rudolf.<br />

74.Klein-Rückerswal<strong>de</strong>, Vorstadt von Annaberg W 1397<br />

Groß- (früher: Fern-) Rückerswal<strong>de</strong> bei Marienberg W 1386<br />

Ruotger.<br />

75.Sadisdorf bei Schmie<strong>de</strong>berg O 1349<br />

benannt nach einem adligen (ritterbürtigen) Grund v. d. S e y d e (bei<br />

Frauenstein): <strong>de</strong> Sydin o<strong>de</strong>r (latein.) <strong>de</strong> Serico = si<strong>de</strong>.<br />

76.Saupersdorf bei Kirchberg W 1370<br />

Sudpert.<br />

77.Seifersdorf bei Stollberg W 14. Jahrh.<br />

Siegfried.<br />

78.Sibottendorf, Wüstung bei Lößnitz W (Oesfeld)<br />

Siboto (Seibt).<br />

79.Siegmar (Nominativ), Stadt bei Chemnitz W 1375<br />

Siegmar.<br />

80.Stelzendorf bei Chemnitz W um 1200<br />

Stelizo.<br />

81.Streckewal<strong>de</strong> bei Wolkenstein W 1241<br />

Strecko.<br />

82.Thiemendorf bei Oe<strong>de</strong>ran O 1349<br />

Thimo.<br />

83.Tuttendorf bei Freiberg O 1183<br />

Tutta.<br />

84.Ullersdorf bei Sayda O 1445<br />

Ullersdorf, Wüstung bei Zöblitz W, woran noch ein Bächlein erinnert.<br />

Ulrich.<br />

85.Voigtsdorf bei Freiberg O 1350 29<br />

Fonso (Alfons).<br />

86.Waltersdorf bei Schlettau W 1367<br />

Klein-Waltersdorf bei Freiberg O 1230<br />

Groß- (Wüst-) Waltersdorf bei Augustusburg W 1378<br />

Walther.<br />

87.Weigmannsdorf bei Freiberg O 1348<br />

Wigmar.<br />

88.Wernsdorf 30 bei Zöblitz O 1434 31<br />

Wernher.<br />

29 Der Ableitung von „Voigt“ ([ad]vocatus) kann ich nicht zustimmen. Welcher Vogt sollte da übrigens<br />

in Frage kommen?<br />

30 Meiche hält diesen Ort für das Nidperg (Neidberg), quod Wernherus aedificaverat (1292)? Ich suche<br />

es vielmehr südlich von Nie<strong>de</strong>rlauterstein gegenüber <strong>de</strong>m Vorwerke Neu<strong>de</strong>ck (Nei<strong>de</strong>ck) im Pockautale.<br />

31 Neuwernsdorf, jetzt Ortsteil von Cämmerswal<strong>de</strong> (bei Sayda), ward 1667 von 30 lutherischen Familien<br />

aus W e r n s d o r f (in <strong>de</strong>r Herrschaft Dux), die <strong>de</strong>n Namen dorther brachten, Göhren und Riesenburg<br />

gegrün<strong>de</strong>t.<br />

7


88a. Witzschdorf bei Zschopau W 1399<br />

Wetzel (Kurzform für Werner!)<br />

89.Wittgensdorf bei Chemnitz W 1404<br />

Witten(s)dorf, Wüstung (neuaufgebaut) bei Oelsnitz W 1464<br />

Wittich, Witego.<br />

90.Wolfersgrün bei Schneeberg W 1533<br />

Wolfart.<br />

Man könnte in diesen 90 Namen nach Analogie <strong>de</strong>r Ortsnamen K ö n i g s w a l d e<br />

bei Buchholz (W 1367) und C ä m m e r s w a l d e bei Sayda (O 1350) entwe<strong>de</strong>r – übrigens<br />

seltener – Grundherren (in diesen bei<strong>de</strong>n Fällen <strong>de</strong>n König von Böhmen und seinen<br />

Kämmerer [s. o.], <strong>de</strong>n Herrn von Riesenburg) o<strong>de</strong>r die „Lokatoren“, d. h. die<br />

Gründungsleiter, die R o d e m e i s t e r o<strong>de</strong>r S i e d e l f ü h r e r erblicken. 32 Das letztere<br />

wird in sehr vielen, um nicht zu sagen: in <strong>de</strong>n meisten Fällen zutreffen. Aber haben<br />

wir nicht auch da<strong>mit</strong> zu rechnen, daß die neuen Anbauer unseres Erzgebirges aus<br />

ihrer alten Heimat solche Ortsnamen <strong>mit</strong>brachten, die <strong>mit</strong> P e r s o n e n namen zusammenhängen?<br />

Ich warte zunächst <strong>mit</strong> einer Tatsache auf: es han<strong>de</strong>lt sich hierbei um zahlreiche<br />

Dörfer <strong>de</strong>r Chemnitzer Pflege, wobei ich betone, daß es nicht um 2 – 3 o<strong>de</strong>r 3 – 4 geht,<br />

son<strong>de</strong>rn daß die Anzahl Eindruck machen muß. Hier kann also von einem Zufalle keine<br />

Re<strong>de</strong> mehr sein.<br />

Man vergleiche also (auch etwas über <strong>de</strong>n <strong>erzgebirgischen</strong> Bereich hinaus) um<br />

Chemnitz:<br />

a) nördlich (5):<br />

1. Schönborn bei Mittweida – Schönborn bei Triptis;<br />

2. Ottendorf bei Lichtenwal<strong>de</strong> – Ottendorf bei Roda;<br />

3. Lichtenau (Ober- und Nie<strong>de</strong>r-) bei Frankenberg – Lichtenau bei Triptis;<br />

4. *Ebersdorf (Nr. 20), in Chemnitz einverleibt – Ebersdorf bei Triptis bez. (Groß-)<br />

Ebersdorf bei Roda;<br />

5. *Braunsdorf (Nr. 12) bei Flöha – Braunsdorf bei Triptis. –<br />

b) westlich (7):<br />

6. *Wittgensdorf (Nr. 89) bei Chemnitz – Wittchensdorf bei Weida;<br />

7. *Burkersdorf (Nr. 14), jetzt in Burgstädt (früher Städtlein Burkersdorf) – Burkersdorf<br />

bei Weida;<br />

8. *Hartmannsdorf (Nr. 40) bei Limbach – Hartmannsdorf bei Gera;<br />

9. *Röhrsdorf (Nr. 72) bei Limbach (Rudigersdorff) – Ru<strong>de</strong>rsdorf bei Gera (Rudigesdorf);<br />

10. Grüna bei Chemnitz – Grüna bei Klosterlausnitz;<br />

11. *Borsendorf (Wüstung) bei Chemnitz – Porstendorf (Burschendorf) bei Weida;<br />

12. Schönau bei Chemnitz – Schöna bei Weida.<br />

32 Wir wollen nicht vergessen, daß es zur Zeit <strong>de</strong>r Ansiedlung noch gar k e i n e Familiennamen (in<br />

unserem Sinne) gab! Höchstens für <strong>de</strong>n A<strong>de</strong>l (liberi und ministeriales) begann die Bezeichnung nach<br />

<strong>de</strong>m Besitze o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>m <strong>Orte</strong> <strong>de</strong>s <strong>Die</strong>nstlehns.<br />

8


c) südlich (7):<br />

13. *Seifersdorf (Nr. 77) bei Stollberg – Seifartsdorf bei Eisenberg;<br />

14. *Stelzendorf (Nr. 80) bei Chemnitz – Stelzendorf bei Auma;<br />

15. *Markersdorf (Nr. 60), in Chemnitz einverleibt – Markersdorf bei Gera;<br />

16. *Bernsdorf (Nr. 7), in Chemnitz einverleibt – München- und Klein-Bernsdorf bei<br />

Roda;<br />

17. *Ober- und Nie<strong>de</strong>r-Hermersdorf (jetzt A<strong>de</strong>lsberg,) (Nr. 40) bei Chemnitz –<br />

Hermsdorf bei Klosterlausnitz;<br />

18. *Klein-Olbersdorf (Nr. 1) bei Chemnitz – Albersdorf bei Roda.<br />

19. Weißbach bei Zschopau – Weißbach bei Roda.<br />

d) östlich (8):<br />

20. *Hilbersdorf (Nr. 47), in Chemnitz einverleibt – Hilbersdorf bei Weida;<br />

21. *Erdmannsdorf (Nr. 23) bei Augustusburg – Erdmannsdorf bei Roda;<br />

22. *Bernsdorf (-Plaue) bei Flöha – vgl. oben Nr. 16;<br />

23. *Hetzdorf (Nr. 46) bei Augustusburg – Hetzdorf bei Klosterlausnitz;<br />

24. *Thiemendorf (Nr. 82) bei Oe<strong>de</strong>ran – Thiemendorf bei Eisenberg;<br />

25. Ober-Reichenbach bei Freiberg – Reichenbach bei Klosterlausnitz;<br />

26. *Leubsdorf (Nr. 54) bei Augustusburg – Leubsdorf bei Triptis;<br />

27. *Groß-Waltersdorf bei Augustusburg – Waltersdorf bei Roda;<br />

Es sind also 27 <strong>Orte</strong> in <strong>de</strong>m Städteviereck Roda – Eisenberg – Weida – Triptis. Unter<br />

ihnen befin<strong>de</strong>n sich allein 20 <strong>mit</strong> <strong>de</strong>m gleichen Personennamen (*). Man darf, auch<br />

wenn hier Abstriche zu machen wären, getrost <strong>de</strong>n Schluß ziehen: die C h e m n i t -<br />

z e r P f l e g e, die <strong>mit</strong> ihrem Sü<strong>de</strong>n das Erzgebirge berührt, <strong>mit</strong> ihrem Osten in es<br />

hineinreicht, wur<strong>de</strong> von T h ü r i n g e r n in <strong>de</strong>m Striche G e r a – K a h l a zwischen<br />

E l s t e r und S a a l e besie<strong>de</strong>lt.<br />

Eine ähnliche Zusammenstellung bietet uns die Gegend zwischen <strong>de</strong>r Zschopau<br />

(Wolkenstein – Scharfenstein) und <strong>de</strong>r Zwönitz:<br />

1. Thalheim bei Stollberg – Thalheim bei Limburg (N);<br />

2. Kemtau bei Chemnitz – Kemmenau bei Koblenz;<br />

3. *Günsdorf (Nr. 37) bei Stollberg – Guntersdorf am Westerwald;<br />

4. Greifenstein, Berg (und Ruine) bei Ehrenfrie<strong>de</strong>rsdorf – Greifenstein, Berg (und<br />

Ruine) bei Guntersdorf;<br />

5. Gelenau bei Thum – Geilnau (an <strong>de</strong>r Lahn) bei Limburg (W);<br />

6. Herold bei Thum – Herold bei Limburg (SW);<br />

7. Schönbrunn bei Wolkenstein – Schönborn bei Limburg (SW);<br />

8. Falkenbach bei Wolkenstein – Falkenbach (an <strong>de</strong>r Lahn) bei Limburg (NOO).<br />

Auch hier kann bei dieser Gruppe kein Zufall obwalten; unter <strong>de</strong>n 7 <strong>Orte</strong>n befin<strong>de</strong>t<br />

sich nur ein einziger (*) <strong>mit</strong> einem Personennamen. Aber wir können feststellen, daß<br />

rings um <strong>de</strong>n sächsischen Greifenstein eine r h e i n f r ä n k i s c h e Kolonie aus <strong>de</strong>m<br />

oberen L a h n tale (in <strong>de</strong>r Umgebung von Limburg) sich einst festgesetzt hat.<br />

9


Eine weitere, etwas kleinere Ortsgruppe <strong>mit</strong> gleichen Namen, die schon öfters auffiel<br />

und beobachtet ward, treffen wir in <strong>de</strong>r Umgebung von F r e i b e r g an:<br />

1. Wegefahrt (1292 Wegenvor<strong>de</strong>, 1439 Wegefurd) W,<br />

2. Ober-Schöna (um 1230 Sconowe) W 33 ,<br />

3. Weißenborn SO, vielleicht<br />

4. Brand (jetzt <strong>mit</strong> Erbisdorf vereinigt, anfänglich wohl nur Flurname?) SSW.<br />

<strong>Die</strong>selben Ortsbezeichnungen tauchen in Unterf r a n k e n bei Bischofsheim, also<br />

im R h ö n g e b i e t e auf: Wegefurt, Schönau, Weißenbrunn und Brand auf <strong>de</strong>r Nordseite<br />

<strong>de</strong>s Kreuzberges. In Unterf r a n k e n stoßen wir auf die <strong>Orte</strong> S a n d, *B e r t -<br />

h e l s d o r f und *H a l s b a c h wie in <strong>de</strong>r Nähe von F r e i b e r g: N, S, O. Vielleicht<br />

darf man auch an die bei<strong>de</strong>n <strong>Orte</strong> *B o d e n (Nr. 11) und S t e i n b a c h im Preßnitztale,<br />

<strong>de</strong>ren Namen wir im Lahngebiete bei L i m b u r g (NW bez. N) wie<strong>de</strong>rfin<strong>de</strong>n.<br />

Darf man ferner es nicht beachtsam fin<strong>de</strong>n, daß auch in <strong>de</strong>r Nähe von Wiesba<strong>de</strong>n Burgruinen<br />

liegen, die wie in unserem Erzgebirge die Namen S c h w a r z e n b e r g (W),<br />

S c h a r f e n s t e i n (SWW) und F r a u e n s t e i n (SWW) tragen? An und für sich<br />

wür<strong>de</strong> diese Tatsache nicht so sehr ins Gewicht fallen, wenn sie nicht in die gleiche<br />

Gegend wiese, aus <strong>de</strong>r die Lahnkolonisten herbeigezogen sind. 34 Weisen nicht weiterhin<br />

<strong>Orte</strong> wie L i c h t e n b e r g (SSO) und L a n g e n a u (SSW) bei Freiberg, *H e t z -<br />

d o r f (Nr. 46) bei Oe<strong>de</strong>ran sowie vor allem F o r c h h e i m bei Lengefeld nach<br />

Oberf r a n k e n? Ist nicht auch das Dorf F r a n k e n s t e i n 35 bei Oe<strong>de</strong>ran ein beredtes<br />

Zeugnis? Sprechen nicht zwei Urkun<strong>de</strong>n aus <strong>de</strong>n Jahren 1162 und 1185, die auf<br />

diese Gegend sich beziehen, von <strong>de</strong>r f r ä n k i s c h e n Mundart (franconica lingua),<br />

und bieten auch zwei Worte gven<strong>de</strong> = Gewän<strong>de</strong> und len = Hufe dar?<br />

Neben <strong>de</strong>n Thüringern und Franken begegnen wir, allerdings nicht so zahlreich<br />

B a i e r n (wohl Oberpfälzer) und S a c h s e n , d. h. Nie<strong>de</strong>rsachsen. Für jene spricht<br />

Beierfeld (1233) bei Schwarzenberg, für diese Sachsenfeld (1233) bei Schwarzenberg 36<br />

und vor allem die Sächsstadt (civitas Saxonum) in Freiberg. Hier schlagen auch Ortsnamen<br />

wie S t o l l b e r g, Q u e d l i n b u r g (früherer Name <strong>de</strong>s Städtchens Elterlein,<br />

das be<strong>de</strong>utet „kleine Ruine“) und B r a u n s c h w e i g (Brunswic 1349) bei Freiberg<br />

neben Hals und Rothenfurth.<br />

Etwas ganz Eigenes ist um die I<strong>de</strong>ntität von <strong>Orte</strong>n im Würschnitztale und im Südzipfel<br />

<strong>de</strong>s Vogtlan<strong>de</strong>s (z. T. im Böhmischen):<br />

1. Neukirchen bei Chemnitz – Markneukirchen (im 14. Jahrh. einfach<br />

Neukirchen);<br />

2. Adorf bei Chemnitz – Stadt Adorf;<br />

33 <strong>Die</strong> Abgrenzungsurkun<strong>de</strong> <strong>de</strong>s Klosters Altzella vom Jahre 1185 nennt nördlich von Langenau an <strong>de</strong>r<br />

Striegis 4 Dörfer eines gewissen E c h a r d (Eckhardt). Es sind L i n d a, W e g e f a r t h und die<br />

b e i d e n S c h ö n a u (Oberschöna zerfiel einst in 2 Gemein<strong>de</strong>n, d. h. es waren 2 Ortschaften).<br />

Alle 4 <strong>Orte</strong> bil<strong>de</strong>n noch heute e i n Kirchspiel: in Oberschöna steht die Pfarrkirche; Wegefahrt ist<br />

ihr Filial.<br />

34 Obwohl sie außerhalb <strong>de</strong>s Erzgebirges liegen, möchte ich doch, weil sie nahe seiner Nordgrenze sich<br />

befin<strong>de</strong>n, die bei<strong>de</strong>n Dörfer Groß- und Klein-Voigtsberg (V o g i l s berg 1223/24) anführen. Ihre ersten<br />

Ansiedler brachten <strong>de</strong>n Namen aus ihrer Heimat, <strong>de</strong>m hessischen Vogelsberg <strong>mit</strong>, in <strong>de</strong>m wir<br />

auch ein Dorf Völsberg antreffen.<br />

35 Das nördlich davon gelegene Wingendorf, d. i. das kleine Dorf heißt noch 1349 Klein-F r a n k e n -<br />

stein (Frankenstein minor).<br />

36 Vergl. auch <strong>de</strong>n Flurnamen „Sachsengrund“ bei Eibenstock.<br />

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3. Kirchberg bei Stollberg – Kirchberg (im Böhmischen) bei Bad Brambach;<br />

4. Erlbach bei Stollberg – Erlbach bei Markneukirchen;<br />

5. Ursprung bei Stollberg – Ursprung (im Böhmischen) bei Bad Brambach;<br />

6. Nie<strong>de</strong>r-Würschnitz bei Stollberg – Unter-(!) Würschnitz bei Stadt Oelsnitz;<br />

7. Ober-Würschnitz bei Stollberg – Ober-Würschnitz bei Stadt Oelsnitz;<br />

8. Oelsnitz i. E. – Stadt Oelsnitz. 37<br />

Vielleicht darf man noch hinzufügen:<br />

9. Berg und Wald Hohenstein (nach <strong>de</strong>m die <strong>mit</strong> Ernstthal vereinigte Stadt heißt)<br />

– Berg Hohenstein (an <strong>de</strong>r böhmischen Grenze) bei Markneukirchen;<br />

10. Hohndorf bei Lichtenstein – Hohndorf bei Stadt Adorf.<br />

Auch hier kann man nicht von Zufälligkeit sprechen. Vor allem sprechen dagegen<br />

die <strong>mit</strong>gewan<strong>de</strong>rten Namen von Oelsnitz und Würschnitz. <strong>Die</strong>se Siedler kamen also<br />

aus <strong>de</strong>m Vogtlan<strong>de</strong> herbei als ein Überschuß <strong>de</strong>r dortigen Bauernsöhne. Da es sich um<br />

fast ein Dutzend i<strong>de</strong>ntischer Bezeichnungen han<strong>de</strong>lt, gibt die Sache zu <strong>de</strong>nken; auch<br />

dürfte <strong>de</strong>r Name „Neukirchen“ zu beachten sein. Er erklärt sich besser im Vogtländischen,<br />

nicht in <strong>de</strong>r Chemnitzer Pflege; hier versteht man ihn, wenn man ihn als „<strong>mit</strong>gewan<strong>de</strong>rt“<br />

betrachtet. Wir beobachten, daß von Chemnitz nach Wolkenstein zu<br />

Thüringer, Bayern (Vogtlän<strong>de</strong>r) und Rheinfranken als Nachbarn sich zusammenfin<strong>de</strong>n.<br />

Noch ein Umstand möchte kurz berücksichtigt wer<strong>de</strong>n: was können uns die Flurnamen<br />

von <strong>de</strong>r Heimat <strong>de</strong>r ersten Anbauer heute noch verraten. Ich hebe hier nur die<br />

am meisten charakteristischen Befun<strong>de</strong> heraus. Das Wort „Knock“, d. i. Hügel entstammt<br />

<strong>de</strong>r oberpfälzischen Mundart, <strong>de</strong>ren Merkmale das Vogtländische an <strong>de</strong>r sächsisch-bayrischen<br />

Grenze aufweist. Wir treffen auf diese Flurbezeichnungen im Sü<strong>de</strong>n<br />

<strong>de</strong>r Amtshauptmannschaft Zwickau (z. B. Bärenwal<strong>de</strong>, Hartmannsdorf, Saupersdorf)<br />

und im Bezirke von Schwarzenberg (z. B. Eibenstock: Windisch-Knock, Grünstädtel,<br />

Sosa: <strong>de</strong>r Hirschknock). Weiter nach Osten zu beginnt das Schwanken zwischen<br />

(Raschauer) „Knock“ und „Knochen“, übrigens ein Beweis dafür, daß man <strong>de</strong>n mundartlichen<br />

Ausdruck richtig ge<strong>de</strong>utet. Wir stoßen hier auf ostfränkisch-vogtländische<br />

Bauern, die unser Westerzgebirge urbar machten, aber beim Fündigwer<strong>de</strong>n <strong>de</strong>r Erze<br />

von obersächsischer Bergmannsbevölkerung überflutet ward. Das oberfränkisch-oberpfälzische<br />

„-brunn“ tritt in <strong>de</strong>n F l u r namen häufiger als in <strong>de</strong>n O r t s namen: das<br />

führt uns viel weiter nach Osten und nach Nor<strong>de</strong>n. <strong>Die</strong> gleiche Tatsache gilt für die<br />

F l u r namen auf „-reut“. Dementsprechend ist <strong>de</strong>r Strom <strong>de</strong>r Siedler <strong>mit</strong> dieser<br />

Mundart weiter vorgedrungen, als man nach <strong>de</strong>n O r t s namen annehmen durfte!<br />

Ich füge noch ein paar Beson<strong>de</strong>rheiten hinzu. Es han<strong>de</strong>lt sich um <strong>de</strong>n Ausdruck „Beunt“<br />

(Peinte), d. i. ein von Flurzwang und Gemeinnutzung losgelöstes, meist eingezäuntes<br />

Grundstück. <strong>Die</strong>ser Flurname fin<strong>de</strong>t sich allein im Erzgebirge zu Eibenstock; nehmen<br />

wir noch hinzu, daß dicht in <strong>de</strong>r Nähe auf <strong>de</strong>r Grenze <strong>de</strong>r Forstreviere Eibenstock und<br />

Auersberg die waldige Bergkuppe „Wintergrün“ und nördlich von Eibenstock „die<br />

Grün“, sowie bei Bockau „die hohe Reut (Reit[h])“ liegen, zu <strong>de</strong>nen sich <strong>de</strong>r „Wendische<br />

Knock“ bei Eibenstock (s. o.) hinzugesellt, dann können wir getrost feststellen,<br />

daß die Siedler dieses Striches aus <strong>de</strong>m nordöstlichen Bayern, wohl aus <strong>de</strong>m Fichtelgebirge<br />

stammen. Ein ebenso seltener Ausdruck wie „Härte“, d. i. Wiesenstück <strong>mit</strong> be-<br />

37 Nur zögernd vergleiche ich L u g a u bei Stollberg <strong>mit</strong> Loch (Untereichigt bei Adorf).<br />

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son<strong>de</strong>rs festem, harten Bo<strong>de</strong>n, stößt uns dreimal im Erzgebirge auf, zu Oberdorf bei<br />

Stollberg, zu Thum (im einverleibten Dorf Thum) und in Neukirchen bei Chemnitz.<br />

Bei letzterem <strong>Orte</strong> wür<strong>de</strong> dies Vorkommen ein Zeugnis für die oben ange<strong>de</strong>utete Besiedlung<br />

vom Vogtland aus be<strong>de</strong>uten können!<br />

Noch einmal greifen wir zurück auf die im ersten Teile er<strong>mit</strong>telten Namen. Vor unserem<br />

geistigem Auge erstehen die langsam sich vorwärts bewegen<strong>de</strong>n Züge <strong>de</strong>r bäuerlichen<br />

Auswan<strong>de</strong>rer, die sich im Lahntale, in <strong>de</strong>r Rhön, in <strong>de</strong>r Oberpfalz, im<br />

Frankenlan<strong>de</strong> (Main), im Fichtelgebirge um <strong>de</strong>n Führer sammeln. Wie er nun geheißen<br />

haben mag, er trug das Risiko: er führte seine Pflegebefohlenen <strong>de</strong>n Weg nach Osten<br />

in die Wäl<strong>de</strong>r <strong>de</strong>s Erzgebirges. Hier wur<strong>de</strong> in gemeinsamer Arbeit gero<strong>de</strong>t,<br />

während Weib und Kind im Sommerlager kampierten; das neu gewonnene Land ward<br />

vermessen und verteilt: bald dann ward gepflügt und bestellt; die Blockhäuser entstan<strong>de</strong>n<br />

<strong>mit</strong> Ställen und Scheunen, die <strong>de</strong>n ersten Ertrag <strong>de</strong>r neuen Fel<strong>de</strong>r, die jungfräulich<br />

trugen, in ihre Räume aufnehmen sollten. Dorf reihte sich an Dorf in <strong>de</strong>n<br />

gelichteten Wäl<strong>de</strong>rn; um je<strong>de</strong>s vom an<strong>de</strong>rn unterschei<strong>de</strong>n zu können, belegte man sie<br />

<strong>mit</strong> <strong>de</strong>m Namen <strong>de</strong>rer, die unternehmend die Fahrt geleitet und <strong>de</strong>n Grund (fundus)<br />

zu <strong>de</strong>m <strong>Orte</strong> gelegt hatten. Bis auf wenige, die durch feindliches Feuer verwüstet o<strong>de</strong>r<br />

infolge mangeln<strong>de</strong>r Fruchtbarkeit wie<strong>de</strong>r verlassen wur<strong>de</strong>n, stehen die Dörfer. Mancher<br />

ihrer Namen hat sich im Laufe <strong>de</strong>r Zeiten geän<strong>de</strong>rt, verkürzt o<strong>de</strong>r abgeschliffen,<br />

und mancher, <strong>de</strong>r ihn tagtäglich in <strong>de</strong>n Mund nimmt, weiß nichts von seiner Be<strong>de</strong>utung,<br />

nichts von seiner Ursache. Aber gleichviel, solange sie stehen, bleiben sie dauern<strong>de</strong><br />

Denkmäler wagemutiger Männer, die im Erzgebirge neue Stätten für <strong>de</strong>utsches<br />

Volkstum schufen, Denkmäler „dauern<strong>de</strong>r als Erz“.<br />

Mit Dank nenne ich zuletzt als benützte Schriften:<br />

• O. Philipp, <strong>Die</strong> Besiedlung <strong>de</strong>s südwestlichen Sachsens nach <strong>de</strong>n <strong>de</strong>utschen<br />

Flurnamen. (Zeitschrift für <strong>de</strong>utsche Mundarten VII [1912], Seite 226 – 249.)<br />

• P. Sey<strong>de</strong>l, Westsachsen – eine rheinfränkische Kolonie. 1922.<br />

• Dr. P. Knauth, Ortsnamenkun<strong>de</strong> <strong>de</strong>s östlichen Erzgebirges. 1927<br />

Quelle: Glückauf, Zeitschrift <strong>de</strong>s Erzgebirgsvereins, 58. Jahrgang, Nr. 4/1938, S. 49-57<br />

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