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Auf den Spuren Franz Joseph Haydns in Wien - Vienna

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<strong>Auf</strong> <strong>den</strong> <strong>Spuren</strong> <strong>Franz</strong> <strong>Joseph</strong> <strong>Haydns</strong> <strong>in</strong> <strong>Wien</strong><br />

Von der Alten Universität bis zum Grab<br />

Von Anna Ehrlich.<br />

Dauer: (bis zum Haydnhaus, ohne Besuch des Grabste<strong>in</strong>s): ca. 1 Std. 30 M<strong>in</strong>.<br />

H<strong>in</strong>weis: Fragen Sie <strong>in</strong> Ihrem Hotel oder <strong>in</strong> der Tourist-Info am Albert<strong>in</strong>aplatz (täglich von 9–19<br />

Uhr) nach dem Gratis-Stadtplan und dem <strong>Wien</strong>-Programm (mit <strong>den</strong> aktuellen Veranstaltungen) des<br />

<strong>Wien</strong>Tourismus. Auch die <strong>Wien</strong>-Karte wird auf Ihrem Haydn-Spaziergang e<strong>in</strong> nützlicher Begleiter<br />

se<strong>in</strong> (72 Stun<strong>den</strong> freie Fahrt auf U-Bahn, Bus und Tram und 210 Vorteile bei Museen &<br />

Sehenswürdigkeiten, Theatern & Konzerten, beim E<strong>in</strong>kaufen, <strong>in</strong> Cafés, Restaurants und beim<br />

Heurigen um 18,50 €).<br />

Der erste Teil unseres Spaziergangs führt durch die Altstadt, die damals noch von mächtigen<br />

Stadtmauern umgeben war.<br />

<strong>Joseph</strong> <strong>Haydns</strong> letztes Fest<br />

Am 27. März 1808 strömte alles, was <strong>in</strong> <strong>Wien</strong> Rang und Namen hatte, <strong>in</strong> die Neue Aula der<br />

Universität, heute Sitz der Akademie der Wissenschaften (Dr. Ignaz Seipl-Platz). Man feierte <strong>den</strong><br />

76. Geburtstag von <strong>Franz</strong> <strong>Joseph</strong> Haydn (1732–1809) mit e<strong>in</strong>er <strong>Auf</strong>führung se<strong>in</strong>es Oratoriums „Die<br />

Schöpfung“. Unter lautem Jubel wurde der greise Meister auf e<strong>in</strong>em Tragsessel <strong>in</strong> <strong>den</strong> Festsaal 1<br />

gebracht, es war e<strong>in</strong> mühsamer und letzter öffentlicher <strong>Auf</strong>tritt. Unter <strong>den</strong> Gästen sah man <strong>Haydns</strong><br />

ehemaligen Schüler Beethoven, der damals noch nicht ahnen konnte, dass e<strong>in</strong>es se<strong>in</strong>er Werke,<br />

„Well<strong>in</strong>gstons Sieg <strong>in</strong> der Schlacht bey Vittoria“, 1813 hier se<strong>in</strong>e Uraufführung erleben sollte.<br />

(Beethoven dirigierte dabei selbst, <strong>den</strong> donnern<strong>den</strong> Beifall des Publikums konnte er wegen se<strong>in</strong>er<br />

Taubheit jedoch nur mehr an <strong>den</strong> Handbewegungen erkennen.)<br />

Die Ankeruhr<br />

Wir verlassen die Aula und folgen e<strong>in</strong>er der bei<strong>den</strong> Gassen, die rechts und l<strong>in</strong>ks davon zum<br />

Luegerplatz führen, und überqueren die Rotenturmstraße. Nach e<strong>in</strong> paar weiteren Schritten bef<strong>in</strong><strong>den</strong><br />

wir uns auf dem Hohen Markt. Es lohnt sich, genau um zwölf Uhr mittags hier e<strong>in</strong> Viertelstündchen<br />

zu verweilen: Von e<strong>in</strong>er Brücke herab bietet die Ankeruhr, entworfen vom Maler <strong>Franz</strong> von Matsch<br />

und benannt nach der Anker-Versicherungs-Gesellschaft, <strong>den</strong> zahlreichen Schaulustigen täglich e<strong>in</strong><br />

historisches Spektakel. Unter Orgelklängen schreiten zwölf berühmte Persönlichkeiten und Paare aus<br />

Österreichs Vergangenheit langsam h<strong>in</strong>ter dem großen Glasfenster vorüber, jeweils e<strong>in</strong>e Stunde<br />

symbolisierend. Als vorletzte, für die elfte Stunde, ersche<strong>in</strong>t Maria Theresia mit ihrem Gatten Kaiser<br />

<strong>Franz</strong> I. Sang Haydn schon als Knabe häufig vor diesen Herrschern <strong>in</strong> der Hofburgkapelle und der<br />

Schönbrunner Schlosskapelle, so folgt er ihnen nun als Mann und Letzter im Zuge, ursprünglich unter<br />

1 Der prachtvolle Festsaal der Akademie der Wissenschaften kann wochentags von 8 bis 17 Uhr besichtigt<br />

wer<strong>den</strong>, sofern ke<strong>in</strong>e Veranstaltungen stattf<strong>in</strong><strong>den</strong> (bitte beim Portier fragen).<br />

1


<strong>den</strong> Klängen se<strong>in</strong>er für ihren Enkel geschaffenen Kaiserhymne. Diese wurde nach dem Untergang der<br />

Monarchie aus politischen Grün<strong>den</strong> durch die Melodie „Die Himmel erzählen die Ehre Gottes“ aus der<br />

„Schöpfung“ (Nr. 13) ersetzt, wodurch der gesamte Klangbogen etwas aus dem musikalischen<br />

Gleichgewicht geraten ist.<br />

Der Sängerknabe von St. Stephan<br />

Sobald die letzten Töne verklungen s<strong>in</strong>d, gehen wir zur Rotenturmstraße zurück und nach rechts zum<br />

Stephansplatz bis zum Riesentor, dem Haupte<strong>in</strong>gang des Stephansdomes. Ihm gegenüber (heute<br />

Platzmitte) befand sich unter anderen längst abgerissenen Bauten das Haus des Domkapellmeisters, <strong>in</strong><br />

dem die Sängerknaben von St. Stephan untergebracht waren. <strong>Joseph</strong> Haydn war neun Jahre lang e<strong>in</strong>er<br />

von ihnen. Der aus Rohrau stammende Bub wurde 1740 dem Kapellmeister und Komponisten Johann<br />

Georg Reutter dem Jüngeren (1708–1772) zur Ausbildung anvertraut, fünf Jahre später folgte se<strong>in</strong><br />

jüngerer Bruder Johann Michael. Das Leben der Chorknaben war sehr abwechslungsreich, sie sangen<br />

nicht nur im Dom, sondern auch auf <strong>den</strong> Festen der Aristokratie und des Kaiserhofes. E<strong>in</strong>e Anekdote<br />

berichtet, der kle<strong>in</strong>e Haydn habe auf Veranlassung der Kaiser<strong>in</strong> Maria Theresia <strong>in</strong> Schönbrunn<br />

Schläge bezogen, weil er auf dem dortigen Baugerüst herumgeklettert war. Außer viel Lob für ihre<br />

Kunst, Unterricht im Geigen- und Klavierspiel, Kost und Quartier erhielten die Knaben nichts. Als<br />

<strong>Joseph</strong> Haydn 1749 wegen des Stimmwechsels für <strong>den</strong> Chor nicht mehr verwendbar war, fand er sich<br />

ganz alle<strong>in</strong> <strong>in</strong> der großen Stadt wieder und wusste oft nicht, wie er se<strong>in</strong>en Lebensunterhalt bestreiten<br />

sollte.<br />

Heirat und Ehe<br />

Mit dem Dom ist auch noch e<strong>in</strong> späterer Lebensabschnitt <strong>Haydns</strong> verbun<strong>den</strong>: Am 26. November 1760<br />

heiratete er hier heimlich e<strong>in</strong>e Perückenmacherstochter aus <strong>Wien</strong>, Anna Maria Aloysia Keller, deren<br />

jüngere Schwester Therese er liebte – die aber war 1756 <strong>in</strong>s Sankt-Nikolaus-Kloster der Clariss<strong>in</strong>nen<br />

<strong>in</strong> <strong>Wien</strong> e<strong>in</strong>getreten. Es verwundert nicht, dass die Ehe unglücklich wurde: „Me<strong>in</strong> Weib war unfähig<br />

zum K<strong>in</strong>dergebären, und daher war ich auch gegen die Reize anderer Frauenzimmer weniger<br />

gleichgültig“, lautete e<strong>in</strong>er der wenigen Kommentare <strong>Haydns</strong> dazu. Die Dame soll ungebildet, ohne<br />

Verständnis für ihren genialen Mann und verschwenderisch gewesen se<strong>in</strong>, er bezeichnete sie sogar<br />

e<strong>in</strong>mal als „höllische Bestie“.<br />

Haydn und Mozart<br />

Von der rückwärtigen Seite des Domes f<strong>in</strong><strong>den</strong> wir e<strong>in</strong>en Durchgang zur Domgasse und stehen nach<br />

e<strong>in</strong> paar Metern vor dem als Museum e<strong>in</strong>gerichteten Mozarthaus 2 . Hier wohnte Wolfgang Amadeus<br />

Mozart vom 29. September 1784 bis zum 24. April 1787 recht behaglich und glücklich. Er empf<strong>in</strong>g<br />

zahlreiche Besucher. Se<strong>in</strong> Vater Leopold blieb 1785 über zwei Monate lang zu Gast und war<br />

2<br />

Mozarthaus <strong>Vienna</strong>: tägl. 10–20 Uhr, günstiger mit der <strong>Wien</strong>-Karte. Das <strong>Wien</strong>er Mozart-Zentrum auf über<br />

1.000 Quadratmetern.<br />

2


anwesend, als <strong>Joseph</strong> Haydn hier se<strong>in</strong>e <strong>Auf</strong>wartung machte. Dieser versicherte ihm bei der<br />

Gelegenheit:<br />

„Ich sage Ihnen vor Gott, als e<strong>in</strong> ehrlicher Mann, Ihr Sohn ist der größte Componist, <strong>den</strong> ich von<br />

Person und dem Namen nach kenne; er hat Geschmack, und überdieß die größte<br />

Compositionswissenschaft.“<br />

Haydn hatte damals gerade se<strong>in</strong>e Streichquartette op. 33 „nach neuer Art” vollendet. Sie <strong>in</strong>spirierten<br />

Mozart zu <strong>den</strong> Haydn gewidmeten sechs Streichquartetten. Die bei<strong>den</strong> Komponisten blieben e<strong>in</strong>ander<br />

stets <strong>in</strong> freundschaftlicher und wechselseitiger Bewunderung verbun<strong>den</strong> und befruchteten e<strong>in</strong>ander <strong>in</strong><br />

ihrem Werk.<br />

Harte Jugendjahre<br />

Zurück auf dem Stephansplatz gehen wir über <strong>den</strong> Graben zur Seilergasse bis zur Kupferschmiedgasse<br />

und dort l<strong>in</strong>ks zum Neuen Markt weiter, der zu <strong>Haydns</strong> Zeit e<strong>in</strong> völlig anderes Gesicht hatte. Die<br />

„Mehlgrube“, e<strong>in</strong> damals sehr vornehmes Unterhaltungsetablissement an der Stelle des heutigen<br />

Hotels Ambassador, bot Haydn und anderen stellungslosen Musikern besonders im Fasch<strong>in</strong>g<br />

Gelegenheit, sich etwas Geld zu verdienen. Da wurde für die Feste des Adels, die man <strong>in</strong> ganz <strong>Wien</strong><br />

wegen der vornehmen Abstammung der Gäste spöttisch „Ahnenbälle“ nannte, aufgespielt.<br />

Wir machen nun e<strong>in</strong>en kurzen Zeitsprung von <strong>den</strong> dürftigen Jugendjahren zu <strong>den</strong> Jahren des Ruhmes:<br />

In e<strong>in</strong>em der ersten Häuser am Platz zur rechten Hand, dem „Hoföbstlerischen Haus“ (es stand an der<br />

Stelle von Nr. 2 und wurde 1894 abgerissen), wohnte Haydn von 1792 bis 1797. Hier komponierte er<br />

die Kaiserhymne, woran e<strong>in</strong>e Ge<strong>den</strong>ktafel er<strong>in</strong>nert. Das Ende des Platzes wurde damals vom Palais<br />

Schwarzenberg beherrscht, wo am 30. April 1798 <strong>Haydns</strong> „Schöpfung“ mit überwältigendem Erfolg<br />

vor e<strong>in</strong>em erlesenen Publikum uraufgeführt wurde.<br />

Aber jetzt wieder zurück <strong>in</strong>s Jahr 1750, als der unterstandslose Haydn versuchte, sich so recht und<br />

schlecht durchzuschlagen. E<strong>in</strong> Bekannter vermittelte <strong>den</strong> trübseligen jungen Mann mit Hilfe des<br />

Hofdichters und Librettisten Pietro Metastasio (1698–1782) zum Opernkomponisten und<br />

Gesangslehrer Nicola Antonio Porpora (1686–1768). Wir folgen <strong>den</strong> bei<strong>den</strong> auf ihrem Weg dorth<strong>in</strong><br />

durch die Plankengasse und die Stallburggasse und betreten mit ihnen <strong>den</strong> Michaeler-Durchgang, der<br />

von der Habsburgergasse zum Michaelerplatz führt. Unser Weg führt <strong>in</strong>s „Große Michaelerhaus“<br />

neben der Kirche, wo der dankbare Haydn die nächsten fünf Jahre <strong>in</strong> Porporas Diensten <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er<br />

armseligen Dachkammer schlief. Sie war ungeheizt und <strong>in</strong> so schlechtem Zustand, dass es sogar durch<br />

das undichte Dach here<strong>in</strong>schneite, aber es gab immerh<strong>in</strong> e<strong>in</strong> Klavier:„Ich konnte auf me<strong>in</strong>em von<br />

Würmern zerfressenen Klavier arbeiten und beneidete ke<strong>in</strong>en König um se<strong>in</strong> Glück“<br />

Da das Haus später aufgestockt wurde, blieb der Raum nicht erhalten, nur e<strong>in</strong>e Ge<strong>den</strong>ktafel er<strong>in</strong>nert<br />

noch daran. Haydn bekannte später, dass er „bey Porpora im Gesange, <strong>in</strong> der Komposition und <strong>in</strong> der<br />

italienischen Sprache sehr viel profitirte“ und ihm „die echten Fundamente der Setzkunst“ verdankte.<br />

Metastasio wohnte ebenfalls im Haus, was Haydn die Perfektion se<strong>in</strong>er Italienisch-Kenntnisse und das<br />

3


Knüpfen zahlreicher nützlicher Kontakte erleichterte. Er durfte auf Metastasios Wunsch sogar dessen<br />

eifersüchtig bewachtes Protegé, die berühmte Komponist<strong>in</strong> und Sänger<strong>in</strong> Marianna Mart<strong>in</strong>ez (1744–<br />

1812), im Klavierspiel unterrichten. Da Haydn im Lauf se<strong>in</strong>es Lebens etliche Texte des Hofdichters<br />

vertonte, ist auch er neben Salieri und Mozart auf dessen Denkmal <strong>in</strong> der M<strong>in</strong>oritenkirche dargestellt.<br />

Metastasio wurde jedoch nicht dort, sondern <strong>in</strong> der Gruft der Michaelerkirche beigesetzt, se<strong>in</strong><br />

Grabmal bef<strong>in</strong>det sich im l<strong>in</strong>ken Kirchenschiff. Dass Haydn 1749 im Alter von siebzehn Jahren bereits<br />

<strong>in</strong> dieser Kirche die größte Barockorgel von <strong>Wien</strong> spielte, erzählt e<strong>in</strong>e weitere Ge<strong>den</strong>ktafel.<br />

Haydn lebte damals vom Stun<strong>den</strong>geben, Korrepetieren und der Mitwirkung an sonn- und<br />

feiertäglichen Gottesdiensten. Für jährlich 60 Gul<strong>den</strong> wurde er bei <strong>den</strong> Barmherzigen Brüdern <strong>in</strong> der<br />

Leopoldstadt engagiert, wo er um acht Uhr morgens die Messe spielen musste. Um zehn Uhr spielte er<br />

dann <strong>in</strong> der gräflich Haugwitz'schen Kapelle und um 11 Uhr sang er <strong>in</strong> der Stephanskirche für 17<br />

Kreuzer.<br />

Der Kapellmeister der Esterházy<br />

Als Haydn im Michaelerhaus wohnte, gab es noch ke<strong>in</strong>en beweisbaren Kontakt zwischen ihm und der<br />

hochadeligen Familie Esterházy, obwohl im ersten Stock die verwitwete Fürst<strong>in</strong> Maria Octavia (1683–<br />

1762) lebte. Sie war die Mutter der Fürsten Paul Anton und Nikolaus <strong>Joseph</strong>, <strong>in</strong> deren Dienste Haydn<br />

ab 1761 als Kapellmeister stand. Gehen wir nun e<strong>in</strong> paar Schritte über <strong>den</strong> Kohlmarkt <strong>in</strong> Richtung<br />

Graben und biegen nach l<strong>in</strong>ks <strong>in</strong> die Wallnerstraße e<strong>in</strong>, so stehen wir bald vor dem Palais Esterházy,<br />

wo sich Haydn <strong>in</strong> späteren Jahren häufig aufhielt. Nach dem Tode des Fürsten Nikolaus <strong>Joseph</strong> wurde<br />

das Orchester vom unmusikalischen Fürsten Anton aufgelöst, se<strong>in</strong> berühmter Kapellmeister erhielt<br />

e<strong>in</strong>e schöne Rente und bezog <strong>in</strong> <strong>Wien</strong> e<strong>in</strong> Zimmer beim Hofbeamten Johann Nepomuk Hamberger <strong>in</strong><br />

der Wasserkunstbastei (heute Seilerstätte 19/Fichtegasse 2). Dorth<strong>in</strong> kam Beethoven als se<strong>in</strong> Schüler,<br />

allerd<strong>in</strong>gs nur wenige Male. Das Haus steht zwar nicht mehr, unweit der Stelle bef<strong>in</strong>det sich aber das<br />

fasz<strong>in</strong>ierende, <strong>in</strong>teraktive Haus der Musik 3 (Seilerstätte 30), wo Sie <strong>in</strong> der dritten Etage e<strong>in</strong>en<br />

Dokumentationsraum mit Er<strong>in</strong>nerungsstücken an Haydn f<strong>in</strong><strong>den</strong>. Der Abstecher lohnt sich.<br />

Doch zurück zum Palais Esterházy mit se<strong>in</strong>em schönen Innenhof, das der fürstlichen Familie als<br />

<strong>Wien</strong>er W<strong>in</strong>tersitz diente. Nach dem Tod des Fürsten Paul Anton wurde das fürstliche Orchester 1795<br />

von Fürst Nikolaus neu gegründet und Haydn, der <strong>in</strong>zwischen se<strong>in</strong>e zwei Englandreisen h<strong>in</strong>ter sich<br />

gebracht und e<strong>in</strong> Haus <strong>in</strong> <strong>Wien</strong> Gumpendorf erworben hatte, wieder an dessen Spitze gestellt. Der<br />

Leibarzt des Fürsten, Peter Leopold Genz<strong>in</strong>ger, war mit Marianne Kayser verheiratet, e<strong>in</strong>er begabten<br />

Pianist<strong>in</strong>, mit der Haydn e<strong>in</strong>e Seelenfreundschaft verband. Er war oft <strong>in</strong> ihrem Salon im Schottenhof<br />

zu Gast. H<strong>in</strong>ter dem Palais bef<strong>in</strong>det sich übrigens im Haarhof der E<strong>in</strong>gang zum Esterházykeller 4 , wo<br />

der <strong>in</strong>zwischen weltberühmte Musiker gar nicht selten weilte, <strong>den</strong>n er war e<strong>in</strong> We<strong>in</strong>liebhaber und<br />

gönnte sich ab und zu e<strong>in</strong>en edlen Tropfen.<br />

3 Haus der Musik: tägl. 10–22 Uhr, günstiger mit der <strong>Wien</strong>-Karte. <strong>Wien</strong>s <strong>in</strong>teraktives Klangmuseum. Tipp: Im 5.<br />

Stock das Restaurant Cant<strong>in</strong>o mit Blick über <strong>Wien</strong> (Mo–Fr 12–15, 18–23 Uhr, Sa ab 18 Uhr, So 12–15 Uhr).<br />

4 Restaurant Esterházykeller, tägl. ab 11 Uhr (Sa, So ab 16 Uhr)<br />

4


Wir gehen nun wieder zurück zum Michaelerplatz und durch das Michaelertor <strong>in</strong> die Hofburg. Im<br />

Durchgang sehen Sie l<strong>in</strong>ks e<strong>in</strong> vergittertes Fenster, darüber Theatermasken, sie er<strong>in</strong>nern an das alte<br />

Hofburgtheater, das bis zum Jahre 1888 hier stand. Es war Sprechtheater, Opernbühne<br />

(Uraufführungsstätte dreier Mozartopern, <strong>Auf</strong>führungsstätte von Opern <strong>Haydns</strong>) und Konzerthaus.<br />

Anlässlich des Geburtstages von Kaiser <strong>Franz</strong> II. am 12. Februar 1797 erklang hier zum ersten Mal die<br />

Kaiserhymne. Ihre Melodie blieb <strong>den</strong> Deutschen bis heute als Hymne erhalten.<br />

S<strong>in</strong>d Sie schon etwas müde gewor<strong>den</strong>? Nehmen wir kurz Platz <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em der Cafés der Hofburg und<br />

stärken wir uns, bevor wir die Innenstadt verlassen!<br />

Der zweite Teil unseres Weges führt <strong>in</strong> die Vorstadt h<strong>in</strong>aus.<br />

Haydn-Denkmal und Haydnhaus<br />

Wir gehen zum Hel<strong>den</strong>platz und überqueren danach die R<strong>in</strong>gstraße: <strong>Auf</strong> dem 1888 enthüllten, von<br />

Kaspar Zumbusch gestalteten Denkmal Maria Theresias s<strong>in</strong>d nicht nur deren Ratgeber und<br />

Feldmarschälle, sondern zu ihrer l<strong>in</strong>ken Hand auch ihr Leibarzt Gerhard van Swieten und h<strong>in</strong>ter ihm<br />

im Hochrelief die Komponisten Gluck, Haydn und Mozart als K<strong>in</strong>d dargestellt. Wir gehen am<br />

Kunsthistorischen Museum vorbei über die Babenbergerstraße und weiter die Mariahilfer Straße<br />

stadtauswärts bis zur Mariahilferkirche (Nr. 63).<br />

Vor ihr bef<strong>in</strong>det sich Josef Natters Haydn-Denkmal, f<strong>in</strong>anziert durch e<strong>in</strong>e Spen<strong>den</strong>aktion unter<br />

<strong>Haydns</strong> Verehrern und im Jahre 1887 enthüllt. <strong>Haydns</strong> Figur ist mit großer Ausdruckskraft gestaltet,<br />

fast wie e<strong>in</strong> Lebender blickt er ziemlich erstaunt auf das hektische Treiben der modernen<br />

E<strong>in</strong>kaufsmeile zu se<strong>in</strong>en Füßen herab. Noch weiter stadtauswärts gehend gelangen wir zur Esterházy-<br />

Gasse, sie führt h<strong>in</strong>unter zum Esterházypark, wo jetzt <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Relikt aus dem zweiten Weltkriegs,<br />

dem FLAK Turm, das „Haus des Meeres“ untergebracht ist. E<strong>in</strong>st stand hier das Sommerpalais der<br />

fürstlichen Familie, und Haydn war <strong>in</strong> deren Dienst auch hier tätig. Nichts er<strong>in</strong>nert mehr an das schöne<br />

Gebäude, darum wollen wir ohne diesen Umweg auf der Mariahilfer Straße bis zur Webgasse<br />

weitergehen. Dieser folgen wir nach l<strong>in</strong>ks bis zur Schmalzhofgasse und wen<strong>den</strong> uns zweimal nach<br />

rechts: Wir stehen <strong>in</strong> der Haydngasse.<br />

Die Gasse hieß zu <strong>Haydns</strong> Zeiten „Kle<strong>in</strong>e Ste<strong>in</strong>gasse“, Haydn kaufte das Haus Nr. 78 (heute Nr. 19,<br />

„Haydnhaus“ 5 ) <strong>in</strong> der Vorstadt Obere W<strong>in</strong>dmühle vom Webermeister Ignaz Weißgram wegen se<strong>in</strong>er<br />

„e<strong>in</strong>sam stillen Lage“. Er ließ es aufstocken und bewohnte es erst nach se<strong>in</strong>er zweiten Englandreise ab<br />

dem Sommer 1797. Mit ihm zogen se<strong>in</strong>e Nichte Ernest<strong>in</strong>e Loder, die Köch<strong>in</strong> Anna Kremnitzer und<br />

der Sekretär und Notenkopist Johann Florian Elßler, Vater der berühmten Tänzer<strong>in</strong> Fanny Elßler, e<strong>in</strong>.<br />

<strong>Haydns</strong> Frau lebte nicht bei ihm, er brachte sie bis zu ihrem Tod beim Schullehrer Stoll <strong>in</strong> Ba<strong>den</strong><br />

unter. Er besuchte sie nie, erst am 22. März 1800 begab er sich zur Eröffnung ihres Testaments<br />

persönlich <strong>in</strong> die Kurstadt.<br />

5 Haydnhaus: Mi–So, Ftg 10–13 UIhr, Mi, Do auch 14–18 Uhr<br />

5


Tod und Begräbnis<br />

Haydn überlebte se<strong>in</strong>e Frau um neun Jahre: Am 31. Mai 1809 starb er <strong>in</strong> diesem nun als sehenswertes<br />

Museum e<strong>in</strong>gerichteten Haus während der französischen Besetzung <strong>Wien</strong>s, se<strong>in</strong> Bewunderer<br />

Napoleon ließ Ehrenwachen aufstellen.<br />

Unter dem langen Trauerzug des Leichenbegängnisses befand sich die gesamte französische<br />

Generalität. Er führte vom Haydnhaus h<strong>in</strong>unter zur Schmalzhofgasse und dort über Web- oder<br />

Stumpergasse zur Gumpendorfer Straße zur Kirche St. Ägydi (Ecke Brückengasse, Ge<strong>den</strong>ktafel), wo<br />

der Leichnam dreimal um die Kirche getragen und e<strong>in</strong>gesegnet wurde. Dann brachte man ihn durch<br />

die Brückengasse über <strong>den</strong> <strong>Wien</strong>fluss und die Bräuhausgasse zur L<strong>in</strong>ie h<strong>in</strong>aus zum nächsten<br />

Kommunalfriedhof, dem Hundsturmer Friedhof. Dieser wurde 1873 aufgelassen, se<strong>in</strong> Rest ist der<br />

kle<strong>in</strong>e Haydn-Park am Gau<strong>den</strong>zdorfer Gürtel, wo der unsche<strong>in</strong>bare Grabste<strong>in</strong> an e<strong>in</strong>em Mauerstück<br />

bis heute erhalten geblieben ist. <strong>Haydns</strong> Leichnam wurde 1820 exhumiert und bef<strong>in</strong>det sich im<br />

Mausoleum <strong>in</strong> der Bergkirche von Eisenstadt, seit 1953 wieder mit dem Schädel vere<strong>in</strong>t, doch das ist<br />

e<strong>in</strong>e andere Geschichte …<br />

Anna Ehrlich, promovierte Historiker<strong>in</strong> und Jurist<strong>in</strong>, arbeitet seit vierzig Jahren <strong>in</strong> <strong>Wien</strong> als geprüfte<br />

Frem<strong>den</strong>führer<strong>in</strong> und Sachbuchautor<strong>in</strong> („<strong>Auf</strong> <strong>den</strong> <strong>Spuren</strong> der Josef<strong>in</strong>e Mutzenbacher“, „Hexen,<br />

Mörder, Henker“, „Bader, Ärzte, Scharlatane“, alle Amalthea Verlag, u.a.). Geme<strong>in</strong>sam mit e<strong>in</strong>em<br />

engagierten Team bietet sie unter dem Namen „<strong>Wien</strong> für kluge Leute – <strong>Wien</strong>fuehrung“ regelmäßig<br />

sorgfältig recherchierte Stadtführungen und Themenrundgänge an, Sonderterm<strong>in</strong>e und Rundfahrten<br />

s<strong>in</strong>d möglich.<br />

Näheres auf www.wienfuehrung.com Stand: 21. März 2007; 12.405<br />

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