mit klima - 2700 - Das City Magazin
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keine halbwegs verständliche Melodie strömt, ist<br />
das eine Geduldsprobe. Mehr für die Eltern oder<br />
den Musikschüler?<br />
Stricker: Manchmal für beide. Manchmal für<br />
keinen. Ich habe nicht gekratzt, ich fand es wunderschön,<br />
Töne zu formen. Meinen Eltern hat es<br />
gefallen. Erst später, als ich schwierige Passagen<br />
übte, war es für das zuhause vielleicht ein wenig<br />
mühsamer. Aber als Kind war das kein Problem.<br />
<strong>2700</strong>: Du wirst auch als „Teufelsgeiger“ bezeichnet.<br />
Manche Eltern sagen zu ihren erlernenden<br />
Kindern „Wann zum Teufel kannst du endlich<br />
spielen“? Ab welchen Stadium kann man erkennen,<br />
„das wird was, der, die wird was“?<br />
Stricker: Talent erkennt man früh. Wenn nicht<br />
von den Eltern, dann vom Musiklehrer. Natürlich<br />
ist es wichtig, dass die Eltern dieses Talent<br />
fördern und einen gewissen Ernst fordern. Aber<br />
keinesfalls überfordern. Jedem Kind seine Kindheit.<br />
Man kann Erfolg nicht erzwingen. Wenn<br />
die Freude wegfällt, fällt auch die Motivation<br />
weg. Sicher, man muss ordentlich an die Sache<br />
herangehen. Aber <strong>mit</strong> Maß und Ziel und dabei<br />
hat die Freude im Vordergrund zu stehen.<br />
<strong>2700</strong>: Teenageralter. Wie oder was hält den<br />
Jugendlichen, in einer Zeit, wo es unendlich viel<br />
Neues, im wahrsten positiven Sinne des Wortes,<br />
anderes, Andere zu entdecken gibt, ich meine<br />
Mädchen, Disco, Moped, Alkohol, am Proben, am<br />
Üben, was hält ihn bei der Stange, beim Bogen?<br />
Stricker: Wie in allen Belangen des Lebens<br />
sollte auch hier das Elternhaus eine wichtige<br />
48 | Gesprächskultur<br />
Stütze sein. Aber warum keine Mädchen? Keine<br />
Disco? Kein Moped? Kein Alkohol? <strong>Das</strong> richtige<br />
Maß und Selbstdisziplin sind hier wohl die richtigen<br />
Parameter. Unterstützende, Mut machende<br />
Eltern sind der Idealfall, harte Konsequenzen<br />
bringen nichts, bewirken meistens das Gegenteil.<br />
<strong>2700</strong>: Du wurdest einmal zum wichtigsten<br />
Burgenländer gewählt. Ich betone zum Wichtigsten.<br />
Denn Künstler und Sportler sind in der<br />
Regel beliebter als Politiker. Ehrungen hast du ja<br />
viele an der Zahl. Wie bist du <strong>mit</strong> diesem „Titel“<br />
umgegangen?<br />
Stricker: Ich halte von Rankings nicht sehr<br />
viel. Sie richten sich nach Trends und daher soll<br />
man sie auch nicht überbewerten. <strong>Das</strong> ist ein<br />
ständiges Auf- und Ab. Wie ich damals <strong>mit</strong> der<br />
Pannonischen Musik begonnen habe, war ich<br />
ein musikalischer Identitätsbringer. Da haben<br />
die Leute gesagt: „<strong>Das</strong> ist unsere Musik“. Diese,<br />
meine Musik ist wie das echte Leben – sie vereint<br />
burgenländische, ungarische und kroatische<br />
Elemente. Ich habe versucht, diese Kulturen <strong>mit</strong><br />
aller Eigenständigkeit auf einen musikalischen<br />
Nenner zu bringen. <strong>Das</strong> Umfeld und die Umwelt<br />
unter einen Hut zu bringen. Die Bodenständigkeit<br />
war ein wesentlicher Faktor. Viele Wiener<br />
sind seinerzeit hierher gezogen. Auch Künstler,<br />
wie beispielsweise Gottfried Kumpf, der <strong>mit</strong><br />
seinen Bildern burgenländische Geschichten erzählt.<br />
Die Burgenländer von damals sind wie die<br />
Burgenländer von heute: Tolerant, tüchtig und<br />
fleißig. Damals war von einem starken Selbst-<br />
wertgefühl wie es heute gibt, jedoch wenig zu<br />
sehen. <strong>Das</strong> lag sicherlich in der Vergangenheit<br />
begraben, das ewige Aufsehen müssen in Richtung<br />
Esterhazys und anderen.<br />
<strong>2700</strong>: Du bist eine Größe. Du hast <strong>mit</strong> so vielen<br />
und für so viele Größen gearbeitet. Wie bleibt<br />
man da am Boden? Ist deine Produktion „Erdverbunden“<br />
eine Anleitung dazu?<br />
Stricker: Nicht am Boden zu bleiben, war für<br />
mich nie Thema. Ich habe nie eine Veranlassung<br />
gesehen, abzuheben. Warum auch? Im Gegenteil.<br />
Je mehr man durch die eigene Arbeit Erfolg<br />
hat, desto demütiger muss man werden, dankbar<br />
sein, weil es gelingt. Zufriedensein bringt es<br />
wohl auf den Punkt. Materielle Dinge haben für<br />
mich keine Wertigkeit. Zufriedenheit im Herzen<br />
ist wichtig. Ich bin gegen Modetrends, gegen<br />
Uniformiertheit, gegen Globalisierung – denn<br />
dann geht die Eigenständigkeit verloren. <strong>Das</strong><br />
gilt natürlich ebenso für die Musik. Warum spielt<br />
man in Wien nicht „Wiener Musik“? Ich mag<br />
auch keine Einkaufszentren, mir ist der Greisler<br />
ums Eck lieberer.<br />
<strong>2700</strong>: Toni Stricker ist ein Meister seines Faches,<br />
ein Meister – Streicher, sein Bogen streift<br />
manchmal sanft, dann wieder bestimmt über<br />
die Saiten. Bist du privat streichelweich oder<br />
bestimmend?<br />
Stricker: Sehr bestimmend, auch laut, allerdings<br />
nur wenn es um meine Arbeit geht. Nie<br />
gegenüber Interessen anderer. Ich bin ein sehr<br />
toleranter Mensch.