mit klima - 2700 - Das City Magazin
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Schreibt und spielt <strong>mit</strong> und für Peter Alexander,<br />
Hans Moser, André Heller, Ludwig Hirsch, Michael<br />
Heltau, Erika Pluhar, Helmut Qualtinger,<br />
Joe Zawinul, Fritz Muliar, Paul Hörbiger, Kurt Sowinetz,<br />
Marianne Mendt, Elfriede Ott und später<br />
sogar <strong>mit</strong> Edita Gruberova. Und für so viele noch,<br />
und keine und keiner sind weniger erfolgreich<br />
und prominent als die Genannten.<br />
Toni Stricker kennt wegen seiner Auslandsengagements<br />
halb bis drei Viertel Europas. Viel Land.<br />
Sein Land wird aber das Burgenland. Gutes<br />
Land. Die Strickers werden in Sauerbrunn, heute<br />
graduiert, heißt es Bad Sauerbrunn, zu „Häuselbauern“<br />
– weil es ja schließlich viele Bauern im<br />
Burgenland gibt. Stricker liebt das Land, liebt<br />
die Menschen. Toni Stricker schätzt die Bauern,<br />
schätzt die Weinbauern, die Ackerbauern, die<br />
„Geigenbauern”.<br />
1971 kommt Tochter Barbara auf die Welt. Hausbau<br />
und Familie, sind die Ingredienzien für ein<br />
geruhsames Landleben, bar jeden Dranges nach<br />
Ferne und Weite – weit gefehlt, was Toni Stricker<br />
angeht. Denn was er angeht, hat in den meisten<br />
Fällen <strong>mit</strong> woanders hin gehen zu tun. Er hört<br />
auf, um anzufangen. Gleich des Violinbogens:<br />
Vor und zurück, und dieses Zurück ist gleichzeitig<br />
ein Vor, aber an anderer Stelle. Ein neuer Weg<br />
in dieselbe Richtung. Toni Stricker ist immer in<br />
Bewegung, selbst wenn er scheinbar an einem<br />
Ort weilt. Passend erinnert es ein bisschen an<br />
den „Hummelflug“ von Nikolai Rimski-Korsakow.<br />
So verlässt er seinen Platz als Konzertmeister im<br />
Jahr 1974 und tourt wieder durch europäische<br />
Lande, produziert Schallplatten und, und …<br />
Richtig, bis er 1976 auch wieder einen Punkt,<br />
einen Wendepunkt setzt, vielleicht den markantesten,<br />
nämlich einen besinnlichen. Stricker<br />
besinnt voll und ganz auf das Burgenland. Es ist<br />
kein Schlusspunkt. Und wenn es denn einer sein<br />
sollte, dann ist er gleichzeitig Ausgangspunkt,<br />
Anfangspunkt für Persönliches, für Wesentliches.<br />
Der Maler Gottfried Kumpf und der Universalkünstler<br />
André Heller sind sehr markant und<br />
sehr persönlich daran beteiligt. Die Stimmung<br />
dieses Lebensraumes gepaart <strong>mit</strong> der Stimmung<br />
eines Lebenstraumes ergibt eine neue höchst<br />
erfolgreiche Stilrichtung: Toni Strickers „Pannonische<br />
Musik“!<br />
Der Ehrung des Künstlers halber möchte ich<br />
wenigstens einen kleinen Auszug seiner Produktionen<br />
zu Papier bringen: Mit André Heller<br />
als Produzenten entstehen zwei Alben. “Brot<br />
und Wein“ (in Österreich vergoldet) und „Ernte“.<br />
Diese Alben sind auch der Start in eine intensive<br />
Schaffensperiode. Er komponiert die Musik zu<br />
Maria Plachky’s Ballet „Der Purbacher Türk“, für<br />
das Jeunesse-Ballett der Wiener Staastoper zu<br />
Herzmanovsky-Orlando’s „Der Gaulschreck im<br />
Rosennetz“, es folgen Produktionen <strong>mit</strong> Heller<br />
und Pluhar, er schreibt die Musik für TV-Märchen<br />
von Christian Kövesi (z.B. „Daniel und die Feen“<br />
und „Der Nussbär“), er schreibt die Musik für die<br />
TV-Serie „Ringstraßenpalais“, für den Film über<br />
Peter Rosegger „Der Waldbauernbub“, für die<br />
internationale TV-Produktion „Der Leutnant und<br />
sein Richter“.<br />
1987 wird Toni Stricker von einem <strong>Magazin</strong> zum<br />
wichtigsten Burgenländer gewählt. Ein (sehr<br />
wichtiger) Burgenländer in Paris - Stricker gibt<br />
ein Galakonzert und TV-Shows in der französischen<br />
Metropole (1993), Amerika-Tournee von<br />
Montreal über New York, von Chicago bis nach<br />
Los Angeles (1996), Italien- Tournee (1997), Konzerte<br />
in London (1998), Konzerte in Frankreich<br />
und Deutschland, Auftritt in Abu Dhabi und …….<br />
Zusammengefasst. Ungeheuer toll. Ungeheuer<br />
viel. Ungeheuer super. <strong>Das</strong> ist nur ein Auszug,<br />
von einem, der auszog, zu berühren!<br />
All die Dinge des Lebens – die Gefühle und<br />
Empfindungen wie Liebe und Schmerz, Freude<br />
und Trauer, kindliches Staunen, Phantasie und<br />
Träume, das Glauben und Hoffen, das Hören der<br />
Stille, das neugierige Bemühen um Erfahren von<br />
Schöpfung, Natur und Umwelt – zählen für Toni<br />
Stricker zu den Werten, die in der heutigen Zeit<br />
Gefahr laufen, bedeutungslos zu werden. Dieser<br />
wunderschöne Satz stammt von mir – leider<br />
nicht. Toni Stricker kann <strong>mit</strong> Worten und Tönen<br />
umgehen, kann <strong>mit</strong> Silben und Klängen spielen.<br />
Toni Stricker zeigt, dass das Leben gute Saiten<br />
hat. Wie gesagt: Ein vielsaitiger Künstler!<br />
<strong>2700</strong>: Toni Stricker, wie geigt’s, äh, geht’s dir?<br />
Stricker: Danke der Nachfrage, mir geht es sehr<br />
gut, denn seit meinem 80-er habe ich beschlossen,<br />
weniger Konzerte zu geben, also wenn man<br />
30 Jahre <strong>mit</strong> der Pannonischen Musik Erfolg hat,<br />
die ganze Welt bereist hat, war es Zeit, anderes<br />
zu überlegen. Zu meinem 80. Geburtstag fand im<br />
ausverkauften Wiener Konzerthaus ein Konzert<br />
<strong>mit</strong> über 100 Musikern auf der Bühne statt. Dazu<br />
gab es für mein Lebenswerk den „Amadeus“ und<br />
den „World Music Award“. Ein wunderschöner<br />
Abschied einer wunderschönen Periode.<br />
<strong>2700</strong>: Nach deinem bisherigen künstlerischen<br />
Lebenslauf warst du sehr, sehr viel beruflich<br />
unterwegs. Ist das keine Strapaze für die Beziehung,<br />
überspannt man da familiär nicht den<br />
Bogen?<br />
Stricker: <strong>Das</strong> war nie ein Problem, das hat<br />
sich in unserem Haus so eingebürgert. Da hat es<br />
klare Aufgabenverteilungen gegeben. Ich habe<br />
mich in die „Hausagenden“ nie eingemischt.<br />
Außerdem war ich ja nie lange auf einer Tournee,<br />
abgesehen von einigen Ausnahmen wie<br />
zum Beispiel <strong>mit</strong> Peter Alexander. Auch auf der<br />
Amerika-Tournee war es ziemlich komprimiert –<br />
da spielten wir in zehn Tagen 12 Konzerte.<br />
<strong>2700</strong>: Wer hat zuhause die 1. Geige gespielt?<br />
Der Maestro? Oder ist er daheim nur „einfaches“<br />
Ensemble<strong>mit</strong>glied?<br />
Stricker: Wir waren und sind zuhause ein ein-<br />
gespieltes Ensemble, das nie einen Dirigenten<br />
oder Konzertmeister gebraucht hat. Wie gesagt,<br />
erfüllte jede und jeder seine Aufgaben. Zum Beispiel<br />
war für die handwerklichen Dinge meine<br />
Frau zuständig, sie ist das „praktische Element“<br />
in unserer Familie. Bei mir hört es beim Lichtschalter<br />
auf.<br />
<strong>2700</strong>: Violine versus Nintendo DS. Die heutigen<br />
Kinder hauen lieber in Computerspielen auf die<br />
Tasten als auf Klaviertasten. Siehst du diese<br />
Entwicklung so? Was würde das für die musikalische<br />
Entwicklung des Landes bedeuten? Oder<br />
ist das eine reine Zeiterscheinung?<br />
Stricker: Früher gab es in meiner Familie viel<br />
Hausmusik. Eltern, Onkeln und Tanten haben<br />
Instrumente gespielt und es wurde gesungen. In<br />
den Familien meiner Freunde Fritz Gulda und<br />
Joe Zawinul war es ähnlich. Wir wurden praktisch<br />
<strong>mit</strong> der Musik „aufgepapperlt“. <strong>Das</strong> war für<br />
uns sozusagen die Grundnahrung, eine gesunde<br />
Aufbaukost für unsere späteren musikalischen<br />
Karrieren. Man hat dort angefangen, wo man<br />
zuhause ist, wo die Wurzeln liegen. Diese Basis<br />
eines Familienhauses ist heute ja schon eine<br />
Seltenheit, denn die Kinder werden meist, wenn<br />
überhaupt, via TV, Radio und dergleichen <strong>mit</strong><br />
der Musik vertraut gemacht. Über das Niveau<br />
dieser Medien möchte ich mich an dieser Stelle<br />
nicht äußern.<br />
<strong>2700</strong>: Mit sechs Jahren hast du deinen ersten<br />
Violinunterricht genommen. <strong>Das</strong> entspricht im<br />
allgemeinen Verständnis nicht der Figur eines<br />
Lausbuben. Warst du ein „Braver“ oder doch<br />
auch Lauser?<br />
Stricker: Geigenspielen zu erlernen, war mein<br />
eigener Wunsch. Mit 2 ½ Jahren habe ich auf<br />
der „Knopferlharmonika“ schon Lieder gespielt.<br />
So stand trotz des Wunsches ein guter Musiker<br />
zu werden, das Fußballspielen im Vordergrund.<br />
Ich spielte bei Wacker Wien, bis eben zum Eintritt<br />
ins Konservatorium. Und der Tag hat nur<br />
24 Stunden – alles ging nicht. Auf die Frage zurückzukommen,<br />
ja, ich war ein richtiger Lausbub.<br />
(„Und der kommt heute noch durch“, sagt im<br />
Hintergrund Strickers Managerin Traude Gruber)<br />
<strong>2700</strong>: Für Kinder haben ihre musikalischen Ambitionen<br />
oft andere Motivationen – der Freund<br />
lernt auch Geige, man will Gitarre lernen, weil<br />
im Fernsehen gerade eine coole Serie <strong>mit</strong> Musikern<br />
läuft. Was war deine Motivation? Schließen<br />
Musikschule und Baumkraxeln einander aus?<br />
Stricker: Meine Motivation war mein eigener<br />
Wunsch, mein eigener Wille. Heute fehlt die von<br />
mir genannte Hausmusik, also die Wurzel. Und<br />
ausschließen? Nein, überhaupt nicht, das eine<br />
ist immer eine Ergänzung für das andere, ein<br />
Ausgleich.<br />
<strong>2700</strong>: Für das Kind ist das Erlernen nicht leicht,<br />
stellt das Üben eine Überwindung dar. Für die<br />
Eltern ebenso. Solange aus dem Instrument<br />
Gesprächskultur | 47