Barlach-Dramen_Ueber.. - Peter Godzik
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„<strong>Barlach</strong> inszenieren“ anlÑÅlich von <strong>Barlach</strong>s 50. Todestag im Oktober 1988 sagte,<br />
„in einer harten Arbeit am Text“, und es stellte sich heraus, daÅ da „Rollenfutter“ ist,<br />
der Text beglaubigte sich in einer mit ÑuÅerster Skepsis begonnenen Arbeit als „total<br />
szenisch“. Obwohl KrÑmer jedem wohlfeilen metaphysischen Bezug entgegenarbeitete,<br />
selbst seinem „armen Vetter“ Hans lver fÇr den Satz „Es lÑÅt sich nicht leugnen,<br />
vor meinen Augen ist die LatÇchte heller als der Sirius“ die Laterne nicht einmal in<br />
Reichweite gÖnnte, sondern an der Rampe stehen lieÅ, wÑhrend lver in entgegengesetzter<br />
Richtung aus der DÇnenmulde in den BÇhnenhimmel sprach, brachte er um<br />
so stÑrker den Grundkonflikt <strong>Barlach</strong>scher Welterfahrung zur Geltung: das Duell des<br />
Menschen mit sich selbst. Die Falle, in der lver und sein alter ego Siebenmark, in der<br />
<strong>Barlach</strong>s <strong>Dramen</strong>gestalten stecken, ist das eigene Ich.<br />
Diese Erfahrung macht nicht nur jeder Mensch neu und jeder Regisseur und Schauspieler,<br />
der sich mit <strong>Barlach</strong> befaÅt, sondern auch das Publikum und die Theaterkritiker<br />
sind immer wieder wie zum erstenmal verblÇfft: „KrÑmer rÑumt <strong>Barlach</strong> auf. Er<br />
macht ihn durchsichtig. Er macht ihn hell“, rezensierte Friedrich Luft das Berliner<br />
Gastspiel der Bremer. „So verblÇffend hell und durchsichtig, ohne weihevolle Unbegreiflichkeit<br />
und ungebÑrdiges Wabern lÑÅt sich <strong>Barlach</strong> also spielen“, schrieb schon<br />
Reinhard Kill Çber Ciullis „Armen Vetter“ 1977 in KÖln. Nie machten sich die Regisseure<br />
in jugendlichem Alter an <strong>Barlach</strong>. Die Befragung der kÇnstlerischen Mittel und<br />
der eigenen KompromiÅlosigkeit, auf die man sich mit <strong>Barlach</strong> einlÑÅt, hat offenbar<br />
auch etwas mit der Lebensmitte zu tun. Frank-Patrick Steckel, dem 1977 in Frankfurt<br />
eine auÅerordentlich kluge Inszenierung des „Armen Vetter“ gelang, ÑuÅerte auf der<br />
Hamburger Podiumsdiskussion: „Ich glaube nicht, daÅ ich zehn Jahre frÇher wirklich<br />
verstanden hÑtte, was in dem StÇck steht. Ich meine, ich weiÅ nicht, ob ich es heute<br />
verstanden habe, aber damals hÑtte ich, glaube ich, Çberhaupt keine Chance gehabt,<br />
das StÇck zu verstehen.“ Und Rolf Winkelgrund Çberlegte, er habe „mit einer so nach<br />
der HÑlfte des Lebens einsetzenden Unruhe begonnen, dem <strong>Barlach</strong> nun endlich mal<br />
auf den Grund gehen zu wollen.“ FÇr die Freundlichkeiten zu seinem 50. Geburtstag<br />
bedankte sich <strong>Barlach</strong> bei Tilla Durieux so: „Ich frage mich mit leichtem Unwillen, wo<br />
soll das hinaus, wenn man immer Ñlter wird? Da muÅ etwas nicht in Ordnung sein<br />
hinsichtlich der allgemeinen Vorstellung vom Leben, es stellt sich der dumme Vergleich<br />
mit der Wurst ein, die auch immer kÇrzer wird, soll man so fortwursteln wie<br />
bisher? Da man nicht haltmachen kann oder rÇckwÑrts krabbeln, so muÅ man sein<br />
Heil schon in immer neuen Dimensionen suchen und den Stengel des Daseins in die<br />
Dicke wachsen lassen, wenn's angeht.“<br />
Helmar Harald Fischer, Ernst <strong>Barlach</strong>: „Ich bin ein Spieler von Profession“, in: Die Deutsche BÄhne,<br />
September 1989, jetzt abgedruckt in: Ernst <strong>Barlach</strong> Gesellschaft, Mitteilungen 1990, S. 7-15.<br />
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