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Barlach-Dramen_Ueber.. - Peter Godzik

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lachs Werken lebt die Ahnung der Kunst unseres Zeitalters, der Zeit der BewuÅtseinsseele.<br />

Ernst <strong>Barlach</strong> wurde am 2. Januar 1870 in Wedel an der Unterelbe geboren. Dort<br />

verlebte er auch seine Jugend, in dieser weiten, den Menschen in seine eigenen<br />

Seelentiefen verweisenden Landschaft. Seine Liebe gehÖrte schon frÇh dem kÇnstlerischen<br />

Tun: Zeichnen, Schnitzen und Dichten interessierten ihn gleichermaÅen. Das<br />

fÇhrte ihn 1888 dazu, sich in Hamburg auf den Beruf eines Zeichenlehrers vorzubereiten.<br />

Aber sein erster Lehrer hielt ihn fÇr vÖllig unbegabt und riet ihm, diese BemÇhungen<br />

fÇr immer aufzugeben. <strong>Barlach</strong> wechselte zur Bildhauerei Çber. Und hier fand<br />

er im freien zeichnerischen Kompositionen den ihm gemÑÅen Weg, nicht im starren<br />

Abbilden, sondern im selbstÑndigen Gestalten. Das bleibt auch an der Dresdner<br />

Akademie so, bis er von dort eines Tages mit einem Freund nach Paris aufbricht.<br />

Seine autobiographischen Skizzen aus dieser Zeit tragen die áberschrift „Wohin<br />

treibt der Kahn?“ Aber die UngewiÅheit, die sich in diesen Worten ausdrÇckt, ist nur<br />

eine scheinbare. Innerlich sucht und findet <strong>Barlach</strong> gerade in dieser Zeit zu sich: „Es<br />

begab sich irgendwann bei arglosem Hin- und Hertreiben eine Abkehr vom unbedachten<br />

Hinnehmen jeder Zufallsform. Ich fiel – wenigstens gelang das erst einmal,<br />

spÑter nochmals und am Ende nicht ganz selten – dem Erlesen zu, sei es einer entschiedenen,<br />

starken, grotesken und lieblichen Form oder dem nachspÇrenden Ahnen<br />

eines leisen, humorigen oder wÇsten Wertes hinter der Alltagsmaske. Zaghaft genug<br />

fing ich an, wegzulassen, was zur StÑrkung einer unklar gewuÅten oder gewollten<br />

Wirkung nicht beitragen konnte, war nicht mehr schlechthin Dulder und Diener des<br />

sichtbaren Seins. Es unterlief mir die Frechheit, es zu organisieren, wobei nun freilich<br />

die Weiterfahrt zunÑchst noch oft genug stockte.“<br />

<strong>Barlach</strong> fand in dieser Zeit ein vÖllig neues VerhÑltnis zur Form. Was daran äuÅerlichkeit<br />

ist, gestaltet er nun aus dem den Dingen innewohnenden Geistbild und erhebt<br />

so durch seine kÇnstlerische Kraft die Form zum Inhalt. Fortan ringt er nun um<br />

diese Ahnung der mÖglichen Geistkommunion in der Kunst. Zwar erlebt er noch<br />

manche RÇckschlÑge, vor allem 1905 in Berlin, aber eine RuÅlandreise bringt ihm<br />

dann doch die endgÇltige Erkenntnis der Richtigkeit seiner Ahnungen. Nach einem<br />

lÑngeren Aufenthalt in Florenz zieht er sich in das stille mecklenburgische GÇstrow<br />

zurÇck, um dort in grÖÅtmÖglicher Konzentration seiner Erkenntnis kÇnstlerische<br />

Wirklichkeit zu verleihen. Sie ist ihm Leben und Welt zugleich geworden, und das<br />

kÇnstlerische Schaffen zur Einheit: Das graphische, plastische und dramatische<br />

Werk <strong>Barlach</strong>s ist nun nicht mehr voneinander zu trennen. UnermÇdlich schuf er<br />

Werk um Werk. An seinem 65. Geburtstag wurde er noch Öffentlich gefeiert, doch<br />

wenige Monate spÑterem FrÇhsommer des Jahres 1935, zog sich drohend verfinsterndes<br />

GewÖlk auch Çber seinem Haupt zusammen: In Altona wurde die AuffÇhrung<br />

des „Echten Sedemunds“ durch den Eingriff der nationalsozialistischen Amtsleitung<br />

der Kulturgemeinde abgesetzt und zu Ausstellungen eingereichte Graphiken<br />

erhielt er zerrissen und bespuckt zurÇck. Noch schwebte sein Engel zwischen den<br />

Spitzbogenpfeilern im GÇstrower Dom, aber wie lange noch? Der Ungeist feierte Triumphe.<br />

Das Pfingstblatt der Örtlichen Zeitung schrieb: „<strong>Barlach</strong> ist uns innerlich<br />

fremd, deswegen gibt es keine Gemeinschaft zwischen uns und ihm. Wir hoffen, daÅ<br />

die letzten Spuren seiner schrecklichen Werke bald von den StÑtten, wo sie noch<br />

stehen, beseitigt werden ..., vor allem diese Kriegerdenkmale in der Çbelsten, verzerrten,<br />

bolschewistischen Weise!“<br />

äuÅerlich schwer getroffen, arbeitete <strong>Barlach</strong> innerlich unbeirrt an den Gestalten zum<br />

„Fries der Lauschenden“. Sie alle, der Wanderer, dem er seine ZÇge geliehen hat,<br />

die TÑnzerin, der GlÑubige, der Blinde, der Begnadete, der Empfindsame, die Pilgerin<br />

und die Erwartende lauschen keinem irdischen Ton. Ihr HÖren ist auf andere TÖne<br />

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