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Barlach-Dramen_Ueber.. - Peter Godzik

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EinfÅhrung<br />

Das Drama <strong>Barlach</strong>s steht allein im ersten Menschenalter des 20. Jahrhunderts. Es<br />

hat der deutschen BÇhne Aufgaben gestellt, deren Bearbeitung weiterhin Aufgabe<br />

der Zukunft bleibt. Auf der Szene waren die AuffÇhrungen, die das Jahrzehnt zwischen<br />

1920 und 1930 brachte, HÖhepunkte sowohl des Theaters wie der Dramatik<br />

jener Epoche. Das Berliner Staatstheater der Zeit Leopold JeÅners hat den Ruhm,<br />

die groÅartigsten Inszenierungen der vier wichtigsten TragÖdien <strong>Barlach</strong>s geschaffen<br />

zu haben, in AuffÇhrungen, vor denen man die Konsequenz bedauerte, mit der <strong>Barlach</strong><br />

nach einem einmaligen Versuch jeden Besuch einer Vorstellung eines seiner<br />

Werke vermied. Man durfte ihm davon erzÑhlen – er war aber nicht mehr zu bewegen,<br />

ins Theater zu gehen, obwohl diese AuffÇhrungen HÖhepunkte der BÇhnenleistung<br />

nicht nur jener Zeit bedeuteten. Als erstes Drama brachte das Staatstheater<br />

die „Echten Sedemunds“ im Jahre 1921 (diese AuffÇhrung hat <strong>Barlach</strong> als einzige<br />

gesehen), dann den „Armen Vetter“ 1923, die „SÇndflut“ 1925 und den „Blauen Boll“<br />

1930. Den „Toten Tag“ spielte 1923 das Neue Volkstheater in der KÖpenicker StraÅe,<br />

das damals mit der VolksbÇhne vereinigt war. Die „Gute Zeit“ kam 1929 in Gera am<br />

ReuÅischen Theater unter Martin Gien zur AuffÇhrung.<br />

Die „Echten Sedemunds“ hatte Leopold JeÅner selbst inszeniert; der alte Sedemund<br />

war Fritz Kortner, Grude Rudolf Forster; den jungen Sedemund spielte Lothar MÇthel,<br />

Sabine war Annemarie Seidel. Die drei weiteren <strong>Dramen</strong> ÇberlieÅ JeÅner JÇrgen<br />

Fehling zur Inszenierung, der zu den BÇhnenbildern Rochus Glieses den expressionistischen<br />

<strong>Barlach</strong>stil und damit den ersten Theaterstil fÇr den Dramatiker <strong>Barlach</strong><br />

schuf; ob es der endgÇltige war, muÅ abgewartet werden.<br />

Vom „Armen Vetter“, der zuerst mit Heinrich George als Siebenmark und Johanna<br />

Hofer, spÑter Agnes Straub als FrÑulein Isenbarn herauskam, bis zum „Blauen Boll“,<br />

der wieder mit George als Boll, Helene Fehdmer als Frau Boll und Margarethe Melzer<br />

als Grete (den „Herrn“ spielte Fehling selber) den AbschluÅ der Reihe brachte,<br />

ergaben sich EindrÇcke von einem Tiefgang und einer Wucht, wie sie das Berliner<br />

Theater nicht oft geboten hat.<br />

Die „SÇndflut“, von der das Publikum das von <strong>Barlach</strong> gewollte Bild nicht zu empfangen<br />

schien, zumal eine so entscheidende Gestalt wie Zebid, die Calans Kind in die<br />

Arche rettet, gestrichen war, trat neben diesen beiden zurÇck, obwohl sie eine hinrei-<br />

Ående schauspielerische Leistung brachte, den Calan Albert SteinrÇcks, der in der<br />

Erinnerung noch weit vor den Noah Heinrich Georges gerÇckt ist.<br />

Der „Tote Tag“ blieb die Ruhmestat des kleinen Endellschen Theaters in der KÖpenicker<br />

StraÅe. Agnes Straub als Mutter, Carl Ludwig Achaz als der Sohn, Aribert WÑscher<br />

als der blinde Kule bereiteten hier dem Drama <strong>Barlach</strong>s in Bereichen den Boden,<br />

denen der Zugang zu dieser Welt aus Spuk und Lachen, Geist und Grauen,<br />

áberlegenheit und tiefer Freude am Dasein noch erheblich schwerer war als den HÖrern<br />

des Staatstheaters, obwohl auch die der Tiefgang dieser Welt, trotz allem besten<br />

Wollen, ebenfalls schicksalhaft aus seinem Bereich herausstellte.<br />

Denn das bleibt, Çberblickt man rÇckschauend noch einmal das Gesamtwerk des<br />

Dramatikers <strong>Barlach</strong>, auch fernerhin zunÑchst sein Schicksal, daÅ die endgÇltige<br />

Einordnung dieses Werks sowohl in die seelische Welt der Nation wie in das Gesamtbild<br />

der Entwicklung erst von der Zukunft aus wird vollzogen werden kÖnnen.<br />

Die Substanzbereiche, in denen sich die VorgÑnge der TragÖdien wie der KomÖdien<br />

bewegen, liegen so tief, daÅ der Abstieg zu ihnen einer groÅen Allgemeinheit nicht<br />

mehr vollziehbar ist – insonderheit heute, in der Zeit ohne Publikum nicht. Sie vernimmt<br />

wohl das dunkle Raunen dieser Tiefe; aber sie vermag in sich nicht entsprechende<br />

Erfahrungen heraufzubeschwÖren, um das Vernehmen in Verstehen zu ver-<br />

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