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Barlach-Dramen_Ueber.. - Peter Godzik

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ZugÉnge und Interpretationen<br />

Theodor DÑubler 1917<br />

Ernst <strong>Barlach</strong> kann nur als Dramatiker erfaÅt werden, wenn man ebenso auf seine<br />

Bildwerke wie auf seine Dichtungen eingeht. ... Da er kein Rhapsode, kein Lyriker,<br />

sondern Dramatiker ist, schuf er sich Gruppen, die Beziehungen von Menschen zueinander,<br />

VerkÖrperungen eines Schicksals darstellen. ... Die griechische TragÖdie<br />

war Sonnengeschehen. ... In der nordischen Nacht wird man hÑren. Im Dunkeln gewinnen<br />

die Stimmen, nicht an Stimmung, sondern an absolutem Wert. ... GewiÅ, in<br />

<strong>Barlach</strong> ist noch viel Naturalismus vorhanden, aber trotzdem sind seine Figuren als<br />

Gesetzesvorschreiber fÇr eignes Geschehen nur transzendent zu fassen. ... So eine<br />

<strong>Barlach</strong>sippe hockt dauernd in einem NachtschoÅ ... Es gibt etwas Biblisches in <strong>Barlach</strong>s<br />

Wesen. Auch er spricht aus Bauern und Fischern. In seinen <strong>Dramen</strong> handeln<br />

jenseitige Gestalten, die durch verschiedene Menschen verteilt, diese auf unsichtbare<br />

Weise zur Liebe zwingen und zu Kampf anspornen, um selber offenbar zu werden.<br />

... <strong>Barlach</strong>s Gestalten sagen immer etwas Deutsames; im Nebel fÑllt einem das<br />

Sprechen schwer, man stÖÅt nur das Notwendigste hervor.<br />

Theodor DÇubler, Ernst <strong>Barlach</strong> als Dramatiker. Ansprache im Kunstsalon Cassirer 3. Dezember<br />

1917, in: Elmar Jansen (Hg.), Ernst <strong>Barlach</strong>: Werk und Wirkung. Berichte, GesprÇche und Erinnerungen,<br />

Berlin: Union 1972, S. 109-116.<br />

Herbert Ihering 1918<br />

<strong>Barlach</strong> erlebt den Begriff „Drama“ primitiv als etwas Neues, das keine Tradition und<br />

keine Geschichte hat. In seinen Szenen ist das Erstaunen eines Mannes, der entdeckt<br />

hat, daÅ man Menschen und Reden erfinden und diese zusammentun und in<br />

Landschaft und RÑume setzen kann. Sein Werk hat den Augenaufschlag eines aufgestÖrten<br />

Urmenschen, der in halbwachen TrÑumen das gÖttliche Geheimnis der<br />

Seele ahnt und anhebt, sich und der Welt von dieser Ahnung Rechenschaft zu geben.<br />

<strong>Barlach</strong> schreibt gewissermaÅen noch nicht Buchstaben, Worte und SÑtze – er<br />

legt sich eine ungefÇge, langsame Zeichensprache zurecht. Dieser Sprache fehlt es<br />

an den MÖglichkeiten der VerkÇrzung und der Konzentrierung. Sie muÅ fÇr jede Wiederholung<br />

das vollstÑndige Bild in seiner ganzen UmstÑndlichkeit wieder einsetzen.<br />

Ein anderer Eindruck: <strong>Barlach</strong>s Drama hat die Rede eines Menschen, der lange<br />

stumm war, und die Sprache erst fand, als er schon zu viel erlebt hatte. Nun muÅ er<br />

die Lasten von sich wÑlzen, und die Sprache, die fÇr den seelischen Ausdruck erst<br />

am Ende einer langen Entwicklung befÑhigt ist, soll ihre ersten Laute sofort fÇr die<br />

letzten seelischen Erfahrungen hergeben. Unter <strong>Barlach</strong>s Sprache verstehe ich dabei<br />

nicht nur die Ausdrucksweise seiner Gestalten, sondern den ganzen Bau seiner<br />

Szenen, die Situationen, die SchauplÑtze, die BÇhnenanweisungen. Das Drama also<br />

in seiner Gesamtheit als Sprache und VerstÑndigungsmittel.<br />

Herbert Ihering, Ernst <strong>Barlach</strong>. Der arme Vetter (26.5.1918), in: ders., Aktuelle Dramaturgie, Berlin:<br />

Die Schmiede 1924, S. 100-102.<br />

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