Barlach-Dramen_Ueber.. - Peter Godzik

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06.02.2013 Aufrufe

Die SÇndflut (1924) uraufgefÇhrt: 1924 Stuttgart (Regie: Wolfgang Hoffmann-Harnisch; Dramaturgie: Curt Elwenspoek) inszeniert: 1925 KÖnigsberg (Fritz JeÅner), Hamburg (Friedrich Brandenburg), Erfurt (Hans SchÇler), Berlin (JÇrgen Fehling), Gera (Walter Bruno Iltz), Breslau (Leo Mittler), NÇrnberg (Ludwig SchÖn), 1927 Plauen (Robert Ludwig), Frankfurt (Fritz Peter Buch ), Rostock (Ernst Immisch), KÖln (Alfons Godard), Barmen-Elberfeld (Otto Maurenbrecher), 1928 Dessau (Georg Hartmann), Wiesbaden (Wolff von Gordon), 1929 Coburg (Hermann Schultze-Griesheim), Zwickau (Hermann Schultze-Griesheim), 1930 OsnabrÇck (Hermann Pfeiffer), 1932 Essen (Hannes KÇppers), 1946 Hamburg (Hans TÇgel), 1948 GÇstrow (Fritz Nygrin), 1952 Hannover (JÖns Andersson), 1953 Detmold (Gillis van Rappard), MÇnchen (Werner Simon), 1954 Darmstadt (Gustav Rudolf Sellner), Leipzig (Herbert Dost), 1955 Bielefeld (Friedrich Steig), 1958 Mannheim (Heinz Joachim Klein), LÇbeck (Ottokar Panning), Celle (Hannes Razum), TÇbingen (Ernst Kuhr), 1959 MÇnchen (Peter LÇhr), 1961 MÇnster (Hans TÇgel), 1962 Kassel (Hermann Schaffner), 1964 Aachen (Walther Blatt), 1966 Linz (Gerhard Knick), 1967 Rendsburg (Hans-Walther Deppisch), 1970 OsnabrÇck (Volker Jeck), Minden u.a. (Horst Eydel), Ingolstadt (Heinz Joachim Klein), 1990 Santa Barbara/USA (Peter Lackner), 1997 Leipzig (Eberhard Keienburg), 2001 Karlsruhe: Oper von Wilfried Maria Danner (Michael Hampe/ Claus H. Henneberg), 2004 Berlin (Susanne Truckenbrodt) In diesem Drama in fÇnf Teilen geht Barlach der Frage nach, woher denn das BÖse in der Welt komme. Es ist eine Auseinandersetzung mit Gottesvorstellungen. Barlach bedient sich dazu der Geschichte Noahs, dessen Rettung und der seiner Familie. Noah folgt immer Gottes Willen, und seine SÖhne sollen ihm darin folgen, auch die Frauen der Familie. Noah, dem Frommen (►ReligiositÑt), stellt Barlach Calan, den Starken (►Autonomie), gegenÇber. Dieser Calan, ein verlorenes Kind Gottes, vertritt seinen eigenen Willen. So wie er bestreitet auch der bucklige AussÑtzige die Existenz Gottes. Letzterer wiederum tritt in verschiedenen Gestalten auf. So ist das ganze Drama ein Ringen zwischen dem irdisch Starken, Calan, und dem Herrn, Gott; wobei Noah zwischen beiden steht. Calan zwingt Noah, Zeuge eines blutigen Opfers zu werden. Doch Noah ist unfÑhig zu handeln. Das bleibt den SÖhnen Sem und Ham vorbehalten. Calan, der sich letztlich doch vor den wogenden Wassermassen (►Sintflut) in Sicherheit bringen will, nachdem er seinen Besitz verloren hatte, dieser Calan wird an den AussÑtzigen gefesselt und mit seinem Opfer, dem seiner HÑnde beraubten Hirten, dem Untergang Çberlassen. Barlach malt geradezu eine Schreckensvision dieses Todeskampfes in Wort und Bild. Die vor den Wassermassen flÇchtenden Nager fressen fÖrmlich die ZurÇckgebliebenen auf, so auch deren Augen und Zungen. Doch Calan, der Starke, bittet Noah in einem letzten GesprÑch nicht um Gnade, sondern ruft aus: „Als die Ratten meine Augen aus den HÖhlen rissen, bin ich sehend geworden.“ So Çberleben in diesem Drama die Angepassten, die, denen die Ausrottung aller anderen ganz normal erscheint, die eine Schicksalsergebenheit leben und dies Gottergebenheit nennen. Hannelore Dudek in: Ernst Barlach – der Dramatiker, 1995, S. 45. 10

Der blaue Boll (1926) uraufgefÇhrt: 1926 Stuttgart (Regie: Friedrich Brandenburg; Dramaturgie: Curt Elwenspoek) inszeniert: 1930 Berlin (JÇrgen Fehling), 1934 Altona (Kurt Eggers-Kestner), 1953 Essen (Heinz Dietrich Kenter), 1959 Mannheim (Heinz Joachim Klein), 1961 Berlin (Hans Lietzau), 1967 Darmstadt (Hans Bauer), 1972 LÇneburg (Max LÖhlein), 1981 Berlin (Frank-Patrick Steckel), 1983 Hamburg (Michael Gruner), LÇbeck (Paul BÑcker), 1985 Berlin (Rolf Winkelgrund), 1990 Karlsruhe (Fritz GroÅ), 1991 MÇnster (Nikola Weisse), MÇnchen (Hans Lietzau; Video-Aufnahme), 1995 Neustrelitz u.a. (Peter LÇdi), Schwerin (Ingo Waszerka), 1999 Bremen (Thomas Bischoff), 2000 Bad Godesberg (Valentin Jeker) Im Blauen Boll, einem Drama in sieben Bildern, steht der Gutsbesitzer Boll, nicht nur rot, sondern schon blau vom Genuss guten Essens und Trinkens, im Zentrum des Geschehens, des Werdens. Auch Grete, die Frau des Schweinehirten, im Dorf als „Hexe“ bezeichnet, will eine andere werden. Und Boll soll ihr dabei helfen. Eigentlich fÇhlt er sich von ihr, der jungen Frau, als Mann angezogen, doch bringt es das Geschehen mit sich, daÅ er fÇr sie die Verantwortung Çbernimmt, sie aus der Herberge zur TeufelskÇche in die Kirche bringt und dort auf ihre ErnÇchterung wartet. Zwar wollte Grete Gift haben, um sich und ihre drei Kinder „vom Fleische“ zu erlÖsen, doch war es nur Alkohol, der sie einen Blick in die HÖlle tun lieÅ, wo sie vertraute Gestalten, so auch Boll und ihre Kinder, erblickte. Dieser Schrecken bringt sie zur Einsicht, daÅ sie zu ihren Kindern, ihrem Mann, Çberhaupt zurÇck ins Leben zu gehen habe. Die Menschen um Boll, seine Frau Martha und sein Vetter, der Gutsbesitzer Prunkhorst, fÇrchten jede änderung; Martha versteigt sich sogar zur Aussage, daÅ ihr ein toter Boll lieber sei als ein verÑnderter. Doch muÅ sie „das Werden“ Bolls hinnehmen. Der Vetter gar erlebt die änderung seiner selbst nicht mehr. War Boll zu Beginn des Dramas vom Schlaganfall bedroht, so erleidet Prunkhorst ihn nach einer durchzechten Nacht. DaÅ Barlach Alkoholgenuss und dessen Auswirkungen (►Alkoholismus) durchaus kannte, ist in seinem „SelbsterzÑhlten Leben“ aufgeschrieben: „Ich lernte unter seiner (Grabers) Anleitung ehrbar zechen, einen Trunk tun, ohne die Besinnung zu verlieren ... Ich litt an Herzbeschwerden und ward Patient bei Dr. Klencke. Klencke riet mir MÑÅigkeit an.“ Und genau diese MÑÅigkeit will auch der neue Boll Çben, jedoch vor allem er selbst sein. Hannelore Dudek in: Ernst Barlach – der Dramatiker, 1995, S. 48. 11

Der blaue Boll (1926)<br />

uraufgefÇhrt:<br />

1926 Stuttgart (Regie: Friedrich Brandenburg; Dramaturgie: Curt Elwenspoek)<br />

inszeniert:<br />

1930 Berlin (JÇrgen Fehling), 1934 Altona (Kurt Eggers-Kestner),<br />

1953 Essen (Heinz Dietrich Kenter), 1959 Mannheim (Heinz Joachim Klein),<br />

1961 Berlin (Hans Lietzau), 1967 Darmstadt (Hans Bauer),<br />

1972 LÇneburg (Max LÖhlein),<br />

1981 Berlin (Frank-Patrick Steckel), 1983 Hamburg (Michael Gruner), LÇbeck (Paul<br />

BÑcker), 1985 Berlin (Rolf Winkelgrund),<br />

1990 Karlsruhe (Fritz GroÅ), 1991 MÇnster (Nikola Weisse), MÇnchen (Hans Lietzau;<br />

Video-Aufnahme), 1995 Neustrelitz u.a. (<strong>Peter</strong> LÇdi), Schwerin (Ingo Waszerka),<br />

1999 Bremen (Thomas Bischoff),<br />

2000 Bad Godesberg (Valentin Jeker)<br />

Im Blauen Boll, einem Drama in sieben Bildern, steht der Gutsbesitzer Boll, nicht nur<br />

rot, sondern schon blau vom Genuss guten Essens und Trinkens, im Zentrum des<br />

Geschehens, des Werdens. Auch Grete, die Frau des Schweinehirten, im Dorf als<br />

„Hexe“ bezeichnet, will eine andere werden. Und Boll soll ihr dabei helfen. Eigentlich<br />

fÇhlt er sich von ihr, der jungen Frau, als Mann angezogen, doch bringt es das Geschehen<br />

mit sich, daÅ er fÇr sie die Verantwortung Çbernimmt, sie aus der Herberge<br />

zur TeufelskÇche in die Kirche bringt und dort auf ihre ErnÇchterung wartet.<br />

Zwar wollte Grete Gift haben, um sich und ihre drei Kinder „vom Fleische“ zu erlÖsen,<br />

doch war es nur Alkohol, der sie einen Blick in die HÖlle tun lieÅ, wo sie vertraute<br />

Gestalten, so auch Boll und ihre Kinder, erblickte. Dieser Schrecken bringt sie zur<br />

Einsicht, daÅ sie zu ihren Kindern, ihrem Mann, Çberhaupt zurÇck ins Leben zu gehen<br />

habe.<br />

Die Menschen um Boll, seine Frau Martha und sein Vetter, der Gutsbesitzer Prunkhorst,<br />

fÇrchten jede änderung; Martha versteigt sich sogar zur Aussage, daÅ ihr ein<br />

toter Boll lieber sei als ein verÑnderter. Doch muÅ sie „das Werden“ Bolls hinnehmen.<br />

Der Vetter gar erlebt die änderung seiner selbst nicht mehr. War Boll zu Beginn des<br />

Dramas vom Schlaganfall bedroht, so erleidet Prunkhorst ihn nach einer durchzechten<br />

Nacht.<br />

DaÅ <strong>Barlach</strong> Alkoholgenuss und dessen Auswirkungen (►Alkoholismus) durchaus<br />

kannte, ist in seinem „SelbsterzÑhlten Leben“ aufgeschrieben: „Ich lernte unter seiner<br />

(Grabers) Anleitung ehrbar zechen, einen Trunk tun, ohne die Besinnung zu verlieren<br />

... Ich litt an Herzbeschwerden und ward Patient bei Dr. Klencke. Klencke riet mir<br />

MÑÅigkeit an.“ Und genau diese MÑÅigkeit will auch der neue Boll Çben, jedoch vor<br />

allem er selbst sein.<br />

Hannelore Dudek in: Ernst <strong>Barlach</strong> – der Dramatiker, 1995, S. 48.<br />

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