Medizin - Berliner Ärzteblatt
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PD Dr. med. Stephan Rosenkranz:<br />
Die Prognose ist ohne wirksame<br />
Therapie schlecht, die mittlere<br />
Überlebenszeit unbehandelter<br />
Patienten mit idiopathischer<br />
PAH (NHYA-Klasse III) beträgt<br />
nach Diagnosestellung lediglich<br />
2,8 Jahre. Besonders ungünstig<br />
ist der Verlauf bei Patienten<br />
mit Sklerodermie-assoziierter und<br />
HIV-assoziierter PAH. Obgleich<br />
die Erkrankung über eine Erhöhung<br />
des pulmonal arteriellen<br />
Drucks definiert ist (pulmonal arterieller<br />
Mitteldruck > 25 mmHg),<br />
sind die Druckwerte kein aussagekräftiger<br />
Verlaufsparameter.<br />
Entscheidend für die Prognose ist<br />
die Funktion des rechten Ventrikels.<br />
Dementsprechend sind<br />
die wichtigsten prognostischen<br />
Parameter diejenigen, die die<br />
rechtsventrikuläre Funktion an-<br />
zeigen. Dies sind in der Echokardiographie<br />
der Tei-Index, die<br />
sog. TAPSE („Tricuspid annular<br />
plane systolic excursion“) und<br />
die Größe des rechten Vorhofs,<br />
und in der invasiven Diagnostik<br />
(Rechtsherzkatheter) der rechtsatriale<br />
Druck, das Herzzeitvolumen<br />
(HZV) und die gemischt venöse<br />
Sauerstoffsättigung. Darüber<br />
hinaus sollten das klinische<br />
Befinden bzw. die körperliche<br />
Leistungsfähigkeit des Patienten<br />
(6-Min-Gehstrecke, NYHA/WHO-<br />
Klasse) und Laborparameter (zum<br />
Beispiel NTproBNP zur Beurteilung<br />
der Rechtsherzbelastung)<br />
zur Verlaufsbeurteilung herangezogen<br />
werden. Die Beurteilung<br />
des Behandlungserfolgs sowie<br />
Therapieentscheidungen sollten<br />
stets durch die integrative Betrachtung<br />
mehrerer Parameter<br />
erfolgen.<br />
BÄ: Mit welchen modernen<br />
Verfahren wird die PAH heute<br />
diagnostiziert und weshalb gibt<br />
es zum Teil noch immer zeit-<br />
<strong>Berliner</strong> <strong>Ärzteblatt</strong> (Rotes Blatt) 07/08/2008/121/201<br />
liche Verzögerungen zwischen<br />
dem Beginn erster warnender<br />
Anzeichen und einer gesicherten<br />
Diagnose?<br />
PD Dr. med. Stephan Rosenkranz:<br />
In der Tat beträgt die Zeit vom<br />
Symptombeginn bis zur Diagnosestellung<br />
nach Daten ver-<br />
PD Dr. med. Stephan Rosenkranz:<br />
Eine individuelle, zielorientierte Behandlung<br />
von Patienten mit gesicherter<br />
PAH sollte unabhängig vom<br />
klinischen Stadium umgehend eingeleitet<br />
werden.<br />
schiedener Register im Mittel<br />
27 Monate. Manche Patienten<br />
erleben bis zur korrekten Diagnosestellung<br />
eine wahre Odyssee,<br />
da bei der Abklärung des<br />
Symptoms Dyspnoe differenzialdiagnostisch<br />
an die PAH schlichtweg<br />
nicht gedacht wird. Dies ist<br />
angesichts der Bedeutung einer<br />
frühzeitigen Diagnosestellung<br />
und eines rechtzeitigen Therapiebeginns<br />
absolut inakzeptabel,<br />
und das Bewusstsein für<br />
die Erkrankung PAH muss unter<br />
den Kolleginnen und Kollegen<br />
weiter verbessert werden. Die<br />
wichtigsten Verfahren im Rahmen<br />
der initialen Diagnostik<br />
sind die Echokardiographie, mit<br />
dessen Hilfe Zeichen der Rechts-<br />
herzbelastung detektiert und der<br />
systolische pulmonal arterielle<br />
Druck abgeschätzt werden können,<br />
und die Spiroergometrie,<br />
die insbesondere eine Störung<br />
des Gasaustauschs unter Belastung<br />
anzeigen kann. Zur Diagnosesicherung<br />
ist bei jedem Patienten<br />
eine Rechtsherzkatheteruntersuchung<br />
indiziert. In jedem<br />
Fall ist vor dem Beginn einer medikamentösen<br />
Therapie die korrekte<br />
ätiologische Zuordnung<br />
nach der Venedig-Klassifikation<br />
wichtig, da die medikamentösen<br />
Behandlungsoptionen primär nur<br />
für die PAH (Klasse I), nicht jedoch<br />
für andere Formen der pulmonalen<br />
Hypertonie zugelassen<br />
sind.<br />
BÄ: Welche Bedeutung hat eine<br />
frühe Diagnose und vor allem<br />
eine frühzeitige individuelle,<br />
zielorientierte Behandlung der<br />
PAH?<br />
PD Dr. med. Stephan Rosenkranz:<br />
Da es sich um eine schwerwiegende<br />
Erkrankung handelt,<br />
die unbehandelt mit einer<br />
schlechten Prognose einhergeht,<br />
mittlerweile jedoch wirk-<br />
same Behandlungsoptionen exis-<br />
tieren, kommt der frühen Dia-<br />
gnosestellung und Therapieeinleitung<br />
eine große Bedeutung<br />
zu. Aktuell befindet sich der<br />
Großteil der Patienten (ca. 75 Prozent)<br />
bei Diagnosestellung im<br />
Stadium NYHA/WHO III. Da die<br />
Erkrankung in frühen Stadien naturgemäß<br />
besser zu behandeln ist<br />
als in fortgeschrittenen Stadien,<br />
müssen Diagnosestellung und<br />
Therapieeinleitung so früh wie<br />
möglich erfolgen. Eine individuelle,<br />
zielorientierte Behandlung<br />
von Patienten mit gesicherter<br />
PAH sollte unabhängig vom klinischen<br />
Stadium umgehend eingeleitet<br />
werden.<br />
21<br />
<strong>Medizin</strong>