LEOPOLD IM SPIEGEL DER ZEIT - a3kultur
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KritiK & Meinung<br />
<strong>IM</strong>PRESSUM – <strong>a3kultur</strong><br />
Chefredakteur: Jürgen Kannler (kaj) (V.i.S.d.P.)<br />
Titelvorlage: Mozartfest<br />
Grafik: Andreas Holzmann<br />
Redaktionelle Mitarbeit in dieser Ausgabe:<br />
Marco Milling (mmi), Verena Simon (ves),<br />
Sarvara Urunova (sur), Andrea Reichart (ran), Bettina<br />
Kohlen (bek), Iacov Grinberg (igb), Martin Vodalbra<br />
Fotos: Stefan Heyne, Sammlung Häussler, Pressefoto<br />
Alvaro Solar, Pressefoto Alexander Rosenblatt, Pressefoto<br />
Toysymphony, Stadttheater Augsburg, Homepage<br />
Lighthouse Fotografie, Pressefoto Augsburg International,<br />
Hubert Bauer-Falkner, Bühnenfreunde Augsburg,<br />
Homepage Eukitea, Pressefoto Urban Voodoo<br />
Gastbeiträge: Thomas Weitzel<br />
Schlussredaktion: Christiane Kühn (S. 1/3/5/7/12)<br />
Verlag: studio a ug,<br />
Austraße 27, 86153 Augsburg, www.<strong>a3kultur</strong>.de<br />
Tel.: 0821 – 508 14 57, Fax: 0821 – 349 91 37<br />
Druck: Mayer & Söhne,<br />
Oberbernbacher Weg 7, 86551 Aichach<br />
studio a übernimmt für unverlangt eingesendete Unterlagen und<br />
Daten keine Haftung. Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben<br />
nicht notwendigerweise die Meinung der Redaktion wieder. Eine<br />
Verwertung der urheberrechtlich geschützten Beiträge, Abbildungen,<br />
Anzeigen etc. ist unzulässig und strafbar, soweit sich aus<br />
dem Urhebergesetz nichts anderes ergibt<br />
<strong>a3kultur</strong>-edition<br />
OriginALe<br />
9»Camel«: Multimediadruck aus der Serie<br />
»RGNL« von lab binaer im Format 42 x 29,7 cm<br />
Limitiertes Einzelblatt 180 €<br />
Mappe mit je einer Arbeit von Günther<br />
Baumann, Bettina Kohlen, lab binaer,<br />
Sebastian Lübeck, Frank Mardaus, Eckhardt<br />
Matthäus, Udo Rutschmann, Felix Weinold<br />
und Frauke Wichmann für 990 €<br />
Reservierungen unter: www.<strong>a3kultur</strong>.de<br />
w w w . a 3 k u l t u r . d e<br />
Kindermund tut Wahrheit kund Blumenmaler<br />
Eine reale Geschichte Kunst oder Sachbeschädigung?<br />
Wir besichtigten mit meiner Bekannten und<br />
ihrem 13-jährigen Sohn die Ausstellung »Fotografien<br />
2006-2012« von Stefan Heyne im Höhmannhaus.<br />
Uns Erwachsenen schienen die dort<br />
ausgestellten Fotos als interessante Betrachtungsweise<br />
alltäglicher Gegenstände, etwas Besonderes<br />
haben wir aber dort nicht gesehen. Wie sagt man<br />
heute in Jungdeutsch »Süß, aber nicht cool«.<br />
Der Junge war aber deutlich erbost. »Was für unscharfe<br />
Fotos« – brauste er auf. »Warum sind sie so<br />
unscharf?«. Dann folgte – ganz für uns unerwartet<br />
– seine Philippika:<br />
Man zeigt uns einige Geräte, die uns einen Eindruck<br />
geben, wie es den alten Menschen geht. Ich<br />
weiß, dass die älteren Menschen nur unscharf<br />
sehen. Wenn die Kultur eine unscharfe Ansicht<br />
als etwas Neues und Progressives bezeichnet und<br />
rühmt, kann das bedeuten, dass die Kultur auch<br />
alt geworden ist.<br />
Ich sehe die Zeichen dieser Alterung. Als die<br />
europäische Kultur jung war, entstand im 16.<br />
Jahrhundert der Hase von Dürer – wir sahen es<br />
in Nürnberg, das Bild ist ganz realistisch und absolut<br />
scharf. Hier im Schaezlerpalais haben wir<br />
absolut scharfe Bilder und in dem benachbarten<br />
Graphischen Kabinett feine Radierungen und<br />
Kupferstiche aus ein paar Jahrhunderten danach<br />
gesehen. Ende des 19. Jahrhunderts folgte dann<br />
der unscharfe Impressionismus und der noch<br />
unschärfere Pointillismus. Danach kam die abstrakte<br />
Kunst mit verwässerten Klecksen auf Leinwand<br />
oder Papier, und jetzt kommt die Unschärfe<br />
auch in der Fotografie und wird als Fortschritt<br />
hochgejubelt. Ich finde, dass die Gerüchte über<br />
die Vergreisung Europas in der modernen Kunst<br />
bestätigt werden. Die europäische Kunst ist nicht<br />
nur alt geworden, sie ist auch vergreist!<br />
Ich habe nichts gefunden, um dem Jungen zu<br />
widersprechen. Das Sprichwort behauptet, dass<br />
Kindermund Wahrheit kund tut. Was denken<br />
Sie darüber, lieber Leser? (Iacov Grinberg)<br />
Als die Leiterin des zentralen Stadtmarketings<br />
Augsburg, Ursula Baier Pickartz, vor noch nicht<br />
allzu langer Zeit erwog, das omnipräsente Stängelein<br />
mit den fünf Blütenblättern für Marketingzwecke<br />
zu nutzen, wurde sie vom OB zurückgepfiffen.<br />
Ihr ging es wohl um die Außenwirkung der Stadt,<br />
der es nicht schaden würde, ein wenig unkonventioneller,<br />
kreativer und mit einem Hauch<br />
suburbanem Schick daherzukommen. Aber wie<br />
kann man als Kommune etwas vermarkten, das<br />
höchstrichterlich als Sachbeschädigung angesehen<br />
wird?<br />
Anders gefragt: Sollte man von Strafverfolgung absehen,<br />
wenn sich der Zankapfel gut vermarkten<br />
ließe? Das muss ein bitterer Kampf um Prinzipien<br />
gewesen sein, den die Stadtverwaltung da mit<br />
sich selbst ausfechten musste. Die Überlegungen<br />
hielten sich, bis die Blümlein juristisch zum Mähen<br />
freigegeben wurden.<br />
Der bereits vorbestrafte Blumenmaler wurde verurteilt,<br />
muss allerdings nicht ins Gefängnis. Sein<br />
Geständnis und die gezeigte Reue haben ihn davor<br />
bewahrt. Wie groß sein Bedauern wirklich ist,<br />
sei dahingestellt. Allerdings kann er dem – wie er<br />
sagt – »Mist«, den er gebaut hat, durchaus auch<br />
Positives abgewinnen. Noch im Gerichtsgebäude<br />
kündigte er an, seine Blumen jetzt selbst vermarkten<br />
zu wollen.<br />
Hat ihn die Stadtverwaltung da auf eine Idee gebracht?<br />
Mittlerweile gibt er Autogrammstunden<br />
und sieht nun auch die Kunsthochschulen in der<br />
Pflicht, ihm aufgrund seiner künstlerischen Verdienste<br />
einen Platz anzubieten.<br />
Keine Frage: Graffiti kann Kunst sein, egal ob<br />
legal oder illegal. Und die Resonanz, die der Blumenmaler<br />
erfährt, zeigt auch, dass er einen Nerv<br />
getroffen hat. Doch dass der Hype um die Blume<br />
diese gleich zu Kunst oder gar zum Augsburger<br />
Kulturgut erhebt, kann bezweifelt werden. Auch<br />
das Verhalten von Stadt und Maler zeigen, dass es<br />
sich hierbei wahrscheinlich eher um einen wirtschaftlichen<br />
als um einen künstlerischen Glücksgriff<br />
gehandelt hat. (Marco Milling)<br />
08. bis 21. Oktober 2012<br />
02<br />
Bauten als Zeugen der nS-Zeit<br />
Architekturmuseums Schwaben zeigt<br />
Bauten und Orte in Augsburgs<br />
Das Kaufhaus Landauer war ein Begriff in Augsburg<br />
und Umgebung. Im August 1934 musste die<br />
jüdische Eigentümerfamilie ihr Unternehmen<br />
unter Druck zu einem Preis veräußern, der deutlich<br />
unter seinem Wert lag. Das Kaufhaus Landauer<br />
war verschwunden, es wurde zum »rein<br />
arischen« Zentralkaufhaus, das bis in die 1980er-<br />
Jahre bestand.<br />
Dies ist eines von rund 100 Beispielen, an denen<br />
das Architekturmuseum Schwaben derzeit exemplarisch<br />
die NS-Geschichte Augsburgs verortet. Im<br />
Unterschied zu bisherigen Ausstellungen zur regi-<br />
onalen Baugeschichte liegt der Fokus diesmal<br />
nicht auf den architektonischen Aspekten der gezeigten<br />
Bauten und Orte, sondern auf ihrer Nutzung.<br />
Alle wichtigen Bereiche und Aspekte<br />
werden behandelt: Arisierung, NS-Einrichtungen,<br />
Propaganda und Kultur, Zwangsarbeit und Widerstand,<br />
Aufrüstung und Unterhaltung. Ein Mosaik<br />
aus Verwaltungsbauten, Theatern, Geschäftsbauten<br />
und Wohnhäusern, aber auch Bauten der<br />
Rüstungsindustrie und KZ-Außenlagern lässt eine<br />
Augsburger Geschichte der NS-Zeit entstehen.<br />
Ein Teil der vorgestellten Bauten wurde im Krieg<br />
zerstört oder stark beschädigt, vieles wich einer<br />
neuen Bebauung, doch an anderem gehen wir<br />
achtlos täglich vorbei. Die Ausstellung des Architekturmuseums<br />
lenkt unser Augenmerk auf diese<br />
Zeugen der Geschichte.<br />
In den Museumsräumen werden ausgewählte<br />
Beispiele des Projekts gezeigt. Unbedingt zu empfehlen<br />
ist deshalb der ausgezeichnete Katalog (24<br />
Euro), der sämtliche untersuchten Bauten und<br />
Orte in Wort und Bild darstellt.<br />
Die Ausstellung »Bauten erinnern. Augsburg in<br />
der NS-Zeit« ist bis 20. Februar 2013 im Architekturmuseum<br />
Schwaben zu sehen, geöffnet Dienstag<br />
bis Sonntag von 14 bis 18 Uhr. (Bettina Kohlen)<br />
�www.architekturmuseum.de/augsburg