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Lernpaket Mythos Ferrari - Völklinger Hütte

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Weltkulturerbe <strong>Völklinger</strong> <strong>Hütte</strong><br />

Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur<br />

Generaldirektor Prof. Dr. Meinrad Maria Grewenig<br />

Bild der Maschine<br />

von Frank Krämer<br />

Das Auto ist die Plastik des 20. Jahrhunderts<br />

Wolf Vostell, 1969<br />

Als vor gut 125 Jahren das erste sich fortbewegende Automobil der staunenden<br />

Öffentlichkeit vorgestellt wurde, ging ein Jahrhunderttraum in Erfüllung. Grenzenlose<br />

Mobilität und die fixe Idee der „Beschleunigung― lassen in eine technik-und fortschrittlich<br />

gedachte Zukunft blicken. Das Phänomen „Automobil― verändert die Welt. Und in dem Maße,<br />

wie sich der Erfindungsreichtum der Autokonstrukteure vergrößerte und das Phänomen<br />

„Vier Räder, ein Motor, ein Fahrer― sich durchsetzte, wurde in der Gesellschaft und in der<br />

Kunst das Thema vielfältig aufgegriffen. Bereits lange vor dem Automobil mit dem<br />

Aufkommen der Eisenbahn, den Dampfschiffen und den ersten Flugzeugen waren die<br />

industriellen Begleiterfindungen Gegenstand künstlerischer Auseinandersetzung. Die<br />

Umformung der Landschaft durch die Eisenbahn, der Übergang von der Agrar- zur sich<br />

urbanisierenden Gesellschaft, die Selbstdarstellung der Industriebarone und die Heroisierung<br />

der Arbeit sind die Schwerpunkte der Rezeption des industriellen 19. Jahrhunderts. Städte<br />

wachsen als Folge industrieller Errungenschaften und mit ihnen wird der Zeitgeist in einer<br />

neuen künstlerischen Sprache, die neue Gesten, Formen aus der Geschwindigkeits- und<br />

Zeitmetaphorik umfasst in das 20. Jahrhundert überführt.<br />

Mit dem Manifest der Futuristen von 1909 wird die benzindurchtränkte Euphorie rund um das<br />

Automobil in der Kunst geradezu heraufbeschwört: „Wir erklären, dass sich die Herrlichkeit<br />

der Welt um eine neue Schönheit bereichert hat: die Schönheit der Geschwindigkeit. Ein<br />

Rennwagen, dessen Karosserie große Rohre schmücken, die Schlangen mit explosivem Atem<br />

gleichen ... ein aufheulendes Auto, das auf Kartätschen zu laufen scheint, ist schöner als die<br />

Nike von Samothrake.―( Filippo Tommaso Marinetti: Manifest des Futurismus, erschienen in:<br />

Le Figaro, Paris, 20. Februar 1909)<br />

Der Rausch der Geschwindigkeit wird in Autorennen mit religiösem Eifer gepriesen. Ohne die<br />

Autorennen, die den Rausch der Geschwindigkeit huldigen, ist der Siegeszug des Automobils<br />

schwer vorstellbar: Der Rennfahrer als Held des Fortschritts und erst recht die technischen<br />

Meisterleistungen um das Auto sind Meilensteine des neu bestimmten Lebensgefühl der<br />

Epoche. So wundert es kaum, dass in dem als „impressions de route en automobile―<br />

angekündigtem Artikel vom 19. November 1907 im Le Figaro der Schriftseller und Autonarr<br />

Marcel Proust die „abstrakte Musik― des Motorengeräusches betont und die Hand des<br />

Fahrers am Steuer den „Weihekreuzen in den Händen der Apostel, die sich an den<br />

Chorsäulen der Sainte-Chapelle in Saint Denis lehnen― gleichsetzt.<br />

Das heroische Zeitalter des Automobils entwickelt sich demnach in einer Zeit großer<br />

Umbrüche, zu der auch die Weiterentwicklungen der fotografischen Erfindungen beitragen.<br />

Mit der Fotografie, dem Bild der Maschine, wird die Welt kleiner-und mit dem Auto ungeahnte<br />

Privilegien der Mobilität geschaffen. Das Blickfeld erweitert sich.<br />

Weltkulturerbe <strong>Völklinger</strong> <strong>Hütte</strong><br />

Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur<br />

66302 Völklingen / Saar<br />

Redaktion: Peter Backes, Dorothée Fellinger, Frank Krämer, Jeanette Wagner<br />

Tel. 06898/9100-159, Fax 06898/9100-111<br />

mail@voelklinger-huette.org Seite 83

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